Schlüsselwörter
Abdominoplastik - Cutis laxa - Fleur-de-Lis-Abdominoplastik - Lipoabdominoplastik
- postbariatrische Chirurgie
Key words
Abdominoplasty - Liposuction - Fleur-de-Lis abdominoplasty - lipoabdominoplasty
Einleitung
Seit einigen Jahren sind weltweit mehr Menschen fettleibig als untergewichtig [1]. Laut der letztmalig veröffentlichten Studie des Robert Koch-Institut (RKI) aus
dem Jahr 2014, welche im Rahmen des Gesundheitsmonitorings regelmäßig Daten zu Übergewicht
und Adipositas erhebt, waren in Deutschland 67 % der Männer und 53 % der Frauen übergewichtig.
Als „stark übergewichtig“ (adipös) wurden etwa ein Viertel der erwachsenen Deutschen
eingestuft [2]. Übergewicht und Adipositas lassen sich anhand des Body-Mass-Index (BMI) auf einfache
Weise kategorisieren. Der BMI ist ein durch Körpergröße und Gewicht bestimmbares Maß,
welches häufig zur Beschreibung in unter-, normal- und übergewichtig eingesetzt wird
[3]. Nach der interdisziplinären Leitlinie der Qualität S3 zur „Prävention und Therapie
der Adipositas“ (2014) der deutschen Adipositas-Gesellschaft e. V. wird ein BMI zwischen
25–29,9 kg/m² als Übergewicht bezeichnet [4].
Die chirurgische Therapie der Adipositas hat sich in den letzten Jahren immer mehr
etabliert. Nach erfolgreicher Gewichtsreduktion und Stabilisierung des Gewichtes stehen
dann häufig die plastisch-chirurgischen Rekonstruktionen oder Wiederherstellungsoperationen
(= WHO) an. Die medizinische Notwendigkeit der Rekonstruktion der Körperform wird
in der aktuellen S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas“ eindeutig festgelegt und
empfohlen [5]. Die am häufigsten beklagte Körperdeformität ist die des Bauches [6], [7] im Sinne einer mehr oder weniger ausgedehnten Hautfettschürzenbildung, die zu Komplikationen
wie Intertrigines, topischen Hautreizungen und Einklemmungserscheinungen sowie auch
zu auffälligen ästhetischen Veränderungen führen können. Die Abdominoplastik bei Patienten
nach massivem Gewichtsverlust stellt häufig eine größere Herausforderung dar als die
Abdominoplastik bei Patienten mit einem geringen bis moderaten Hautüberschuss. Denn
postbariatrische Patienten haben häufig überschüssige Hautfettansammlungen sowohl
in der horizontalen wie auch vertikalen Ebene.
Erstmalig wurde die Fleur-de-Lis-Abdominoplastik 1967 von Castanares und Goethel beschrieben
und anschließend durch Dellon 1985 noch weiter modifiziert [8], [9]. Mit dieser Technik war es nun möglich, das überschüssige Gewebe sowohl in der transversalen
wie auch vertikalen Dimension zu resezieren und damit eine definiertere Körperkontur
zu ermöglichen. In den letzten Jahren erwies sich die Fleur-de-Lis-Technik als eine
sichere und effektive Prozedur zur Korrektur ausgedehnter Hautfettüberschüsse, zumal
die Komplikationsrate vergleichbar zur standardisierten transversen Abdominoplastik
ist [10]. Obwohl die Fleur-de-Lis-Technik sehr gute Straffungsergebnisse mit guter Konturierungsmöglichkeit
bietet, stören sich viele Patienten und Operateure an den sichtbaren Narben, Nabeldeformitäten
und dem störenden Nachsacken des Gewebes am Oberbauch.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob eine radikale Liposuktion
kombiniert mit einer konventionellen Abdominoplastik in der Lage ist, einen vertikalen
Schnitt zu vermeiden.
Material und Methoden
In unserem zertifizierten Adipositaszentrum werden jährlich mehr als 150 Abdominoplastiken
durchgeführt. Aus diesem großen Pool an Patienten haben wir zunächst eine definierte
Gruppe von 20 Patientinnen nach bariatrischer Operation und massiver Gewichtsreduktion
ausgewählt, welche grundsätzlich für eine FDL-Abdominoplastik in Frage gekommen wären.
Entsprechend der gängigen Literatur sollte bei folgenden Patienten die Möglichkeit
eines Mittelschnittes erwogen werden: 1. Patienten, die ohnehin eine mediane Laparotomienarbe
haben, 2. Patienten mit einem großen Hautfettüberschuss am Oberbauch, 3. Patienten,
die sich eine bessere Konturierung der Taille und Flanken wünschen [11]. Wir haben zur Auswahl unserer Studiengruppe insbesondere Patienten mit einer Doppelbauchbildung
und vertikalem Überschuss sowie Hautfettschürzenbildungen gemäß der Pittsburgh Rating
Scale (PRS) Grad 3 [12] bevorzugt. Der BMI sollte klassischerweise < 35 kg/m² sein. Patienten mit einem
hohen Risiko aufgrund eines ausgedehnten Nebenerkrankungsprofils (z. B. nach Herzinfarkten,
thromboembolischen Ereignissen in der Vorgeschichte, Gerinnungsstörungen sowie insulinabhängiger
Diabetes mellitus Typ 2) wurden in die Studie nicht mit eingeschlossen. Weitere Faktoren
wie Alter, unterschiedliche Hautqualität (z. B. Striae distensae) wurden bei der Patientenauswahl
für diese Studie nicht berücksichtigt. Der Nachbeobachtungszeitraum betrug 18 Monate.
In einer ausführlichen Beratung wurden die Vor- und Nachteile einer FdL-Technik gegen
die Kombination aus vibrationsassistierter Tumeszenz-Liposuktion (Power-assisted-Liposuction
= PAL) und konventioneller Abdominoplastik abgewogen. Wichtiger Teil der Aufklärung
war der Hinweis, dass im Falle eines nach der Liposuktion verbleibenden zu großen
Hautüberschüsses bereits intraoperativ auf die FdL-Technik gewechselt wird. Den Patientinnen
wurde auch die Möglichkeit geboten, im Falle eines moderaten Nachsackens mit Hautüberschuss
am Oberbauch eine Korrektur mittels reversed Abdominoplastik im Rahmen der anstehenden
Bruststraffung durchführen zu lassen. Im Falle eines massiven vertikalen Nachsackens
wurde den Patientinnen die Nachkorrektur mit einer vertikalen Narbe in Aussicht gestellt.
Die Patienten hatten alle 24 h postoperativ eine strenge Bettruhe einzuhalten und
konnten im Mittel nach 2 Tagen entlassen werden. Das postoperative Regime entsprach
dem der üblichen Abdominoplastik mit 6-wöchigem Tragen von Kompressionswäsche und
strenger Restriktion von Sport und körperlicher Belastung während dieser Zeit.
Die Patientenzufriedenheit wurde mittels des konzernweit standardisierten Patientenbefragungsbogen
der Sana-Kliniken ermittelt. Bewertet wurden die ärztliche Versorgung, welche auch
das Aufklärungsgespräch beinhaltete, sowie das Straffungsergebnis. Die Bewertungsskala
erstreckte sich gemäß den Schulnoten von 1–6 („sehr gut“ bis „ungenügend“).
Ferner haben wir eine retrospektive Analyse der Komplikationen und der Schnitt-Naht-Zeit
einer Vergleichsgruppe von ebenfalls 20 Patienten durchgeführt, welche alle im Zeitraum
vom Januar 2018 bis Dezember 2019 eine Fleur-de-Lis-Abdominoplastik haben durchführen
lassen. Da die Lipoabdominoplastiken ausnahmslos von einem Operateur durchgeführt
wurden, haben wir auch bei der Analyse der Vergleichsgruppe lediglich die Patienten
ausgewertet, welche vom gleichen Operateur operiert worden sind, um die Validität
der Ergebnisse zu erhöhen ([
Tab. 1
]).
Tab. 1
Studiengruppe (Lipoabdominoplastik) versus Vergleichsgruppe (FdL-Technik)
|
Alter (Jahre)
|
Ursprungsgewicht (kg)
|
Gewichtsabnahme (kg)
|
BMI (kg/m²)
|
Resektat (g)
|
Liposuktionsmenge (ml)
|
S/N-Zeit (min)
|
|
Lipoabdominoplastik
|
40 J.
|
133 kg
|
56 kg
|
27,3 kg/m²
|
2453 g
|
1286 ml
|
132 min
|
|
FdL-Technik
|
45 J.
|
147 kg
|
55 kg
|
29,1 kg/m²
|
2968 g
|
---
|
120 min
|
Operationstechnik
Die Patientinnen wurden am Morgen der Operation wach und stehend angezeichnet. Markiert
wurden die abzusaugenden Areale am Oberbauch sowie an den Flanken und der Taille.
Neben der Markierung der Mittellinie erfolgte die horizontale Markierung der Schnittführung
im Sinne einer konventionellen Abdominoplastik, welche bei uns in der Regel ca. 6–7
cm über der vorderen Kommissur zu liegen kommt. Sodann erfolgt das Einbringen von
Tumeszenzlösung in den Oberbauch sowie Flanke/Taille beidseits sowie Unterbauch und
Mons pubis mit der 5-mm-Basket-Kanüle [13], [14]. Die vibrationsassistierte Liposuktion erfolgt an diesen Arealen sowohl in der tiefen
wie auch oberflächlichen Fettschicht, bis die Fettdicke ca. 2 cm beträgt. Neben der
vibrationsassistierten Liposuktion des Oberbauches erfolgte zudem immer eine Liposuktion
der Flanken und Taillenregion zur besseren Konturierung. Durch die Liposuktion soll
der Doppelbauch ausgedünnt und aufgelöst werden, um diesen nach Resektion der kaudalen
Fettschürze ausreichend nach kaudal straffen zu können und die Retraktionsfähigkeit
der Haut anzuregen, wie es bei konventionellen Liposuktionen der Fall ist. Hierdurch
soll dann eine weitere Resektion in der vertikalen Ebene verhindert werden. Anschließend
folgen die üblichen operativen Schritte einer konventionellen Abdominoplastik. Oberhalb
des Nabels wird die Unterminierung des Hautfettlappens auf eine Breite von 7–8 cm
reduziert, um Durchblutungsstörungen zu verhindern. Anschließend erfolgt der Verschluss
der Rektusdiastase durch Fasziendoppelung mittels Flaschenzugnähten mit Vicryl 0 von
kranial nach kaudal. Gabe von Bupivacain zur Betäubung der anterioren Interkostalnerven
als Schmerzprophylaxe. In Beach-Chair-Lagerung der Patientin Bestimmen des kaudalen
Überstandes. Unter Zug Pinchtestung in der Mittellinie, um sicherzugehen, dass tatsächlich
kein Hautüberschuss in der vertikalen Ebene und vor allem an der lateralen Bauchregion
(Flanken/Taille) verblieben ist. Alle Resektate werden gewogen. Setzen zahlreicher
adhäsiver Nähte zwischen Bauchdecke und Rektusfaszie (sog. „Baroudinähte“) mit Vicryl
2.0. Nach temporärer Hautklammerung erfolgt die übliche Kontrolle auf Symmetrie und
ausreichender Straffung. Sodann Festsetzen der neuen Nabelposition und Einlegen von
Redondrainagen. Die gleichzeitige Straffung des Mons pubis erfolgt bei uns regelhaft.
Anschließend erfolgt ein dreischichtiger Hautverschluss. Abschließend Anlegen eines
Kompressionsbauchmieders.
Ergebnisse
Studiengruppe
Alle Patienten waren weiblich. Drei der 20 Patientinnen waren Raucherinnen, dies war
allerdings kein Ausschlusskriterium. Ebenso litten 2 der 20 Patientinnen unter einem
diätetisch eingestellten Diabetes mellitus Typ 2. Ein medikamenten-/insulinpflichtiger
Diabetes mellitus Typ 2 war ein Ausschlusskriterium. Keine Patientin hatte eine Bauchwandhernie.
Das Ursprungsgewicht vor der massiven Gewichtsreduktion rangierte zwischen 100–168
kg, durchschnittlich 133,4 kg. Die durchschnittliche Gewichtsreduktion lag bei 56,5
kg. Im Mittel betrug der BMI 27,3 kg/m². Das Durchschnittsalter unserer Studiengruppe
betrug 40 Jahre (28–54 Jahre). Alle Patientinnen wiesen auch eine Rektusdiastase z.
B. nach Schwangerschaft auf. Acht Patientinnen hatten Schwangerschaften durchlebt.
Im Schnitt hatten diese Patientinnen 1–4 Kinder (eine Zwillingsschwangerschaft) geboren.
Im Durchschnitt wurde bei den Patientinnen ca. 1286 ml reines Fett aus Oberbauch,
Flanken- und Taillenregion abgesaugt und 2453 g Hautfettlappen entfernt. Die durchschnittliche
OP-Dauer bemessen an der Schnitt-Naht-Zeit betrug 132 min.
In 19 von 20 Fällen (95 %) konnte eine sowohl für die Patientinnen wie auch für uns
zufriedenstellende Bauchdeckenstraffung mit Konturierung der Körperform auch ohne
vertikale Narbe erreicht werden. In einem Fall war das Straffungsergebnis mangelhaft,
so dass auf Wunsch der Patientin im Rahmen der Bruststraffung zusätzlich eine vertikale
Straffung des Bauches durchgeführt wurde. Anschließend zeigte sich auch diese Patientin
mit dem Ergebnis zufrieden.
Als Major-Komplikation wurde definiert: 1. Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention
(z. B. Nachblutungen), 2. Notwendigkeit einer erneuten stationären Aufnahme und Behandlung
(z. B. i.v.-Antibiose bei Infekt), 3. Notwendigkeit von perkutanen Drainageneinlagen
(z. B. rezidivierende Serome), 4. transfusionspflichtige Blutungen, 5. intensivmedizinische
Behandlung, 6. prozedurabhängige Morbidität (z. B. thromboembolische Ereignisse) [15], [16].
Wir verzeichneten eine Major-Komplikation. Es gab eine Infektion, die mit systemischer
Gabe von Antibiotika und perkutaner Drainageneinlage (infiziertes Serom) unter stationären
Bedingungen ohne operative Revision (5 %) beherrscht werden konnte.
Hinsichtlich Minor-Komplikationen gab es keine Wundheilungsstörung (0 %), keine Nekrosen
(0 %), keine Hämatome (0 %), keinen Nabelverlust (0 %). In 2 Fällen (2/20 = 10 %)
gab es ein Serom, welches jeweils einmalig abpunktiert werden musste, aber keiner
Drainageneinlage oder erneuter Punktion bedurfte. In weiteren 2 Fällen zeigte sich
eine prolongierte Schwellungsphase mit Lymphstau des Mons pubis mit kompletter Remission
im Verlauf unter konservativer Behandlung. Die Notwendigkeit einer reversed Abdominoplastik
war in einem Nachbeobachtungszeitraum von 18 Monaten nicht gegeben. Die Patientenzufriedenheit
war hoch, zumal narbensparend gearbeitet wurde und eine zusätzliche Konturierung der
Körperform mit Ausdünnung der Fettschicht erfolgt ist. Die Narben waren stets dünn
und reizarm (siehe [
Abb. 1
]–[
Abb. 5
]).
Abb. 1 Vorher-Nachher-Bilder einer 54 jährigen Patientin vor a, b und 1 Jahr nach Lipoabdominoplastik c, d.
Abb. 2 Vorher-Nachher-Bilder einer 40 jährigen Patientin vor a, b und 1 Jahr nach Lipoabdominoplastik c, d.
Abb. 3 Vorher-Nachher-Bilder einer 51 jährigen Patientin vor a, b und 1 Jahr nach Lipoabdominoplastik c, d, e.
Abb. 4 Vorher-Nachher-Bilder einer 42 jährigen Patientin mit eingezogener Appendektomie-
und Cholezystektomienarbe vor a, b und 1 Jahr nach Lipoabdominoplastik c, d.
Abb. 5 Vorher-Nachher-Bilder einer 42 jährigen Patientin vor a und 18 Monate nach Lipoabdominoplastik b.
FdL-Gruppe
Die FdL-Vergleichsgruppe wies 20 Patienten auf (2 Männer, 18 Frauen). 2 Patienten
waren Raucher. Das durchschnittliche Ursprungsgewicht vor der Gewichtsreduktion betrug
147 kg, die durchschnittliche Gewichtsreduktion nach bariatrischer Operation lag bei
55 kg. Der BMI betrug im Schnitt 29 kg/m². Das Durchschnittsalter der Vergleichsgruppe
war 45 Jahre. Das durchschnittliche Resektionsgewicht der entfernten Hautfettüberschüsse
betrug 2968 g. Bei allen Patienten wurde die Rektusdiastase verschlossen. Die Durchschnittliche
OP-Zeit betrug 120 min. Das postoperative Regime war gleich dem der Studiengruppe.
Die Anzahl der Komplikationen war insgesamt höher als bei der Lipoabdominoplastik-Gruppe.
Es zeigten sich insgesamt 6 (30 %) Wundheilungsstörungen am T-Punkt und Nabel sowie
eine (5 %) Hautnekrose, welche alle konservativ behandelt wurden. Es gab eine Revision
aufgrund einer (5 %) Nachblutung sowie ein Hämatom (5 %), welches im Rahmen der Nachsorge
ohne stationären Aufenthalt entlastet werden konnte. In 2 Fällen entwickelten sich
Serome, welche mit ein bis zwei Punktionen im Rahmen der Nachsorge behandelt werden
konnten. In einem Fall (5 %) kam es ebenfalls zu einem Nachsacken am Oberbauch im
Verlauf ([
Tab. 2
]).
Tab. 2
Komplikationen Lipoabdominoplastik versus FdL-Abdominoplastik
|
Komplikationen
|
Lipoabdominoplastik (%)
|
FdL-Abdominoplastik (%)
|
|
Nachblutungen
|
0
|
1 (5 %)
|
|
Hämatom
|
0
|
1 (5 %)
|
|
Thromboembolisches Ereignis
|
0
|
0
|
|
Hautnekrosen
|
0
|
1 (5 %)
|
|
Wundheilungsstörungen
|
0
|
6 (30 %)
|
|
Infekt (infiziertes Serom)
|
1 (5 %)
|
1 (5 %)
|
|
Serom
|
2 (10 %)
|
2 (10 %)
|
|
Nabelverlust
|
0
|
1 (5 %)
|
|
Passagerer Lymphstau Mons pubis
|
2 (10 %)
|
0
|
|
Nachsacken am Oberbauch
|
1 (5 %)
|
1 (5 %)
|
Diskussion
Das Hauptziel einer plastisch-chirurgischen Abdominoplastik ist es, überschüssige
Haut und Fett zu entfernen, vorhandene Rektusdiastasen und Hernien zu behandeln und
dabei narbensparend zu arbeiten. In der postbariatrischen Chirurgie ist vor allem
die Kontur wichtiger als das übliche narbensparende Vorgehen vieler plastisch-chirurgischer
Techniken [11]. Viele Patienten nach massivem Gewichtsverlust akzeptieren zwar die vertikale Narbe
einer Fleur-de-Lis-Abdominoplastik, empfinden diese aber dennoch als Stigma. Insbesondere
bei schlechter Narbenheilung oder Nabeldeformität sinkt die Patientenzufriedenheit
Dies gilt insbesondere für junge Patientinnen.
Grundsätzlich gehen FdL-Abdominoplastiken mit einer leicht erhöhten Rate an Komplikationen
einher als die traditioneller Abdominoplastiken. Diese beinhaltet vor allem Wundheilungsstörungen
am T-Punkt [17], [18]. Dies stimmt auch mit unseren Auswertungen überein. Durch den Verzicht auf die vertikale
Schnittführung konnte auch dieses Risiko minimiert werden.
In der Literatur werden die Voraussetzungen für eine FdL-Abdominoplastik genannt.
Allerdings fiel auf, dass in Standardwerken der Körperstraffungsliteratur wie z. B.
von Matarasso et al. und Rubin et al. [11], [19] häufig „mildere“ Befunde (PRS Grad 2 des Abdomens) für eine Bauchdeckenplastik mit
vertikaler Narbe herangezogen wurden. Diese zeigten hinsichtlich der postoperativen
Körperkonturierung ansprechende Ergebnisse, allerdings zeichneten sich auch Narbenverbreiterungen/-hypertrophien
und Nabeldeformitäten ab, die unserer Ansicht nach bei derartigen Ausgangsbefunden
nicht notwendig gewesen wären. Bei den ausgeprägten Befunden (PRS Grad 3) zeigte sich
gelegentlich trotz der Durchführung einer FdL-Abdominoplastik ein Nachsacken mit Konturunregelmäßigkeiten,
insbesondere am Oberbauch.
Trotz umfangreicher FdL-Schnittführung hat sich die angestrebte Straffung der Bauchwand
langfristig nicht eingestellt. Wir führen dies auch auf die bei diesen Patienten nicht
durchgeführte Absaugung zurück.
Traditionell wurde in der Abdominoplastik eine ausgedehnte Unterminierung durchgeführt.
Dadurch kommt es allerdings zu einer höheren Komplikationsrate mit Wundnahtdehiszenzen,
Wundheilungsstörungen und Nekrosen [20], [21], [22].
Die Kombination der Abdominoplastik und einer Liposuktion (Lipoabdominoplastik) führte
zunächst zu unbefriedigenden Ergebnissen. Insbesondere in den 90er Jahren gab es eine
Reihe von Veröffentlichungen, welche im Ergebnis von einer ausgedehnten Unterminierung
des gesamten Bauches bei Liposuktion während einer Abdominoplastik aufgrund einer
erhöhten Komplikationsrate abrieten [23], [24], [25]. Nach Entwicklung eines sicheren Verfahrens der Lipoabdominoplastik sank die Komplikationsrate
und ist heute nahezu ähnlich der traditionellen Bauchdeckenstraffung [26], [27]. Zunehmend wird sogar die Lipoabdominoplastik mit zirkumferentieller Liposuktion
zum Standard und wird als komplikationsarmes Verfahren weltweit regelmäßig angewendet
[28].
Wichtig ist, dass die scharfe Unterminierung begrenzt wird, um die Perforatoren des
Bauchhautlappens zu schützen [29], [30]. Gleichzeitig kann durch die ausgedehnte Liposuktion mittels stumpfer Kanüle der
Bauchhautlappen ausreichend mobilisiert werden, ohne die Durchblutung zu kompromittieren.
Die Vorteile einer Liposuktion sind neben diesen Aspekten auch eine bessere Konturierung
und Skulpturierung der Körperform. Zudem ist auch eine gewisse Retraktionsfähigkeit
der Haut nach durchgeführter Liposuktion bekannt und wurde bereits durch einige Studien
der letzten Jahre belegt [31], [32], [33]. Insbesondere die Bauchregion gilt als Areal mit guter Hautrückbildung nach Liposuktion.
Die Hautretraktionsfähigkeit kann noch höher sein, wenn eine Fettabsaugung direkt
unter der Haut (subdermal) durchgeführt wird [34], [35], [36]. Einen nennenswerten Effekt auf Dehnungsstreifen und die Hautqualität hat die Liposuktion
laut vorliegender Studien allerdings nicht.
In Anlehnung der genannten Fortschritte der letzten 30 Jahre haben wir ebenfalls die
Grundprinzipien einer Lipoabdominoplastik bei Patienten nach massivem Gewichtsverlust
mit größeren Hautlappenbildungen angewendet.
Neben der Patientenselektion haben wir im Studienprotokoll festgelegt, dass eine radikale
subdermale Liposuktion in SAFE-Technik durchzuführen ist. Bei der SAFE-Technik handelt
es sich um eine mehrschrittige Liposuktionstechnik, bei der zunächst durch Einbringen
der Tumeszenzlösung mittels vibrationsassistierter 5mm-Basket-Kanüle die Fettzellen
herausgelöst und separiert werden (Separation). Im Anschluss werden die Fettzellen
mit einer 1–5-mm-Kanüle abgesaugt (Aspiration). Dann findet die sogenannte „Fatty
Equilibration“ statt, was das Nivellieren und Glätten von Unebenheiten bedeutet (SAFE)
[13], [14]. Mit dieser Technik sind radikale subdermale Liposuktionen zur Verbesserung der
Hautretraktionsfähigkeit komplikationsarm durchführbar. Ferner kommt es durch die
sog. „Fatty Equilibration“ kaum zu Unebenheiten und Konturstörungen. Zudem wird durch
die Liposuktion der Bauchhautlappen ausreichend mobilisiert, um eine maximale kaudale
Resektion mit spannungsfreiem Verschluss am Schamhügel durchführen zu können.
Im Ergebnis zeigten sich sehr zufriedenstellende Resultate mit einer guten Körperformung
des Bauches ohne vertikalen Schnitt in 19 von 20 Fällen. Die Patientenzufriedenheit
wurde postoperativ abgefragt und war hoch, besonders befriedigend war der Umstand,
dass die Hautüberschüsse narbensparend beseitigt werden konnten. Ein weiteres Indiz
für die Patientenzufriedenheit war, dass bei 19 von 20 Fällen keine Revision (Reversed
Abdominoplastik, vertikaler Schnitt) verlangt wurde. Die Komplikationsrate war im
Vergleich zur FdL-Vergleichsgruppe niedrig. Die Schnitt-Naht-Zeit beider Verfahren
unterscheidet sich in unserer Arbeit nicht in einem signifikanten Ausmaß. Vor allem
wenn man beachtet, dass durch die Liposuktion eine bessere Körperkonturierung ohne
vertikale Schnittführung erzielt werden kann. In einem Fall kam es nach der Lipoabdominoplastik
zu keiner zufriedenstellenden Konturierung. In der Analyse ergab sich, dass bei dieser
Patientin lediglich 650 ml reines Fett abgesaugt wurde, womit sich die Liposuktionsmenge
weit unter dem Durchschnitt von 1286 ml befand. Wir werten die Unterschiede im Endresultat
als Indiz für die Bedeutung der radikalen superfiziellen Liposuktion bei der Durchführung
dieser Technik.
Die postoperative Korrektur in Fleur-de-Lis-Technik war dann von der Patientin gewünscht.
Die geringe Komplikationsrate erklären wir uns dadurch, dass wir uns sowohl bei der
Durchführung der Liposuktion wie auch bei der anschließenden Unterminierung an gängige
Empfehlungen zur Patientenselektion und zum operativen Vorgehen aus aktuellen Studien
gehalten haben [37], [38], [39]. Wir haben Durchblutungsstörungen verhindert, indem wir bei der Liposuktion einerseits
radikal waren, andererseits aber immer eine Fettdicke von ca. 2 cm belassen haben,
um den dermalen Plexus nicht zu verletzen. Bei der Unterminierung haben wir zur Seromprophylaxe
die Skarpafaszie erhalten und die Unterminierung des Bauchhautfettlappens kranial
des Nabels deutlich reduziert, um Komplikationen wie Durchblutungsstörungen und Serome
zu verhindern [40], [41]. Durch das Setzen von Baroudinähten [42], [43] wurden der Totraum verkleinert und die Spannung vom Bauchhautlappen genommen. Unserer
Ansicht nach ist auch die postoperative strenge 24-stündige Bettruhe unter einer Antithromboseprophylaxe
mit niedermolekularen Heparinen mit verantwortlich für die geringe Komplikationsrate.
Postbariatrische Patienten leiden häufig nicht nur unter den massiven Hautfettüberschüssen,
sondern auch unter diversen Striae distensae, welche ein Ausdruck für den Elastizitätsverlust
und die schlechte Hautqualität darstellen. Allerdings korrelierte die Anzahl an Striae
distensae nicht unbedingt mit einem schlechteren Endergebnis in unserer Studie.
Die geringe Anzahl des Patientenkollektivs und auch der relativ kurze Nachbeobachtungszeitraum
ist kritisch zu sehen, da aus den genannten Ergebnissen eine Schlussfolgerung nicht
mit statistischer Signifikanz zu ziehen ist. Allerdings zeigt sich die klare Tendenz
dahingehend, dass die Lipoabdominoplastik auch bei WHO-Patienten anwendbar ist [44], [45]. So ist ähnlich den rein ästhetischen Indikationen trotz deutlich umfangreicherer
Hautweichteilüberschüsse und gleichzeitig verminderter Hautqualität mit sehr guten
Ergebnissen zu rechnen.
Schlussfolgerung
Die postbariatrische Chirurgie hat sich genauso wie die anderen Felder der Plastischen
Chirurgie weiterentwickelt. Sowohl Patienten wie auch Operateure wünschen sich nicht
nur eine funktionelle Wiederherstellung der Körperkontur, sondern auch ein ästhetisch
ansprechendes Ergebnis. Um solche Ergebnisse erzielen zu können, muss neben der Konturierung
auch das Narbenbild und vor allem die Positionierung der Narben bedacht werden. Im
Rahmen unserer Serie konnten wir aufzeigen, dass die Hautqualität und damit die Hautrückbildungsfähigkeit
insbesondere junger postbariatrischer Patienten nicht unterschätzt werden sollte.
Genau wie bei Patienten mit einer ästhetischen Indikation sind auch bei diesen Patienten
gängige Verfahren wie die Liposuktion zur Verbesserung des Endresultates anwendbar
und können das Setzen langer Narben vermeiden. Die Annahme, dass postbariatrischen
Patienten nur die Körperkonturierung wichtig sei und nicht die Narbenverläufe, können
wir aus unserem klinischen Alltag nicht bestätigen.
Wir möchten dennoch betonen, dass die Lipoabdominoplastik die Fleur-de-Lis-Technik
nicht ersetzen kann, denn Patienten mit einem übermäßigen Hautfettüberschuss und außerordentlich
schlechter Hautqualität eignen sich nicht für diese Art des Straffungsverfahren. Dennoch
ist es unserer Ansicht nach möglich, die Anzahl an FdL-Abdominoplastiken mit dieser
OP-Technik in der postbariatrischen Chirurgie dramatisch zu senken.
Eine weitere Überlegung ist, ob technische Erweiterungen der Liposuktion, wie z. B.
laser- oder ultraschallassistierte Verfahren mit zusätzlichen hautstraffenden Effekten,
noch bessere Ergebnisse liefern können. Dies gilt es in der Zukunft zu überprüfen.