Schlüsselwörter
Perforantenvarikose - Perforansvene - endovenöse Therapie - Radiofrequenz
Keywords
Varicose veins - perforators - endovenous - radiofrequency
Einleitung
Diagnose und Therapie der Perforantenvarikose (PV) gehören zu den Herausforderungen
in der Phlebologie [1]. Sie sind ursächlich für rund 11,7% aller primären Varikosen [2]. An mehr als der Hälfte aller Rezidivvarikosen sind PV beteiligt [3]. Die Rezidivrate 3 Jahre nach chirurgischer Behandlung einer PV liegt bei 17,8%
[4]. Die Behandlung der PV erfordert daher nicht selten Wiederholungseingriffe.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen PV und chronisch venöser Insuffizienz sowie der
Entstehung chronischer Ulzera crurium. Beides kann die herkömmliche operative Therapie
einer Perforansligatur erschweren. Dies und der generelle Trend zur Bevorzugung minimalinvasiver
Operationsmethoden führte zur Entwicklung der subfaszialen endoskopischen Perforansdissektion
(SEPS), deren Bedeutung zuletzt aber gesunken ist [5].
Endovenöse thermische Therapieverfahren werden inzwischen regelmäßig nicht nur zur
Behandlung der Stammvenenvarikose, sondern auch in der Therapie von PV erfolgreich
eingesetzt [6]. Die endovenöse Perforantenablation (EPA) bringt besondere Schwierigkeiten aufgrund
der kurzen Ablationsstrecke, der schmalkalibrigen Zielgefäße sowie ihres mitunter
abgewinkelten Verlaufs mit sich und erfordert spezielle Ablationssysteme.
Aktuell verfügbare Systeme erfordern ein Einführbesteck mit einem Kaliber von meistens
16 oder 18G, minimal aber 21G [6]. Das erschwert die Anwendung besonders im Falle schmalkalibriger Refluxquellen und
gewundener Verläufe. Im Folgenden werden erste Erfahrungen mit einem neuen System,
das durch eine Verweilkanüle mit 20G Durchmesser eingeführt wird, berichtet.
Patienten, Material und Methode
Patienten, Material und Methode
Die Indikationsstellung folgte der Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Varikose“
[7]. Kurz gefasst wurde in der Abklärung symptomatischer Patienten aller C-Stadien nach
CEAP-Klassifikation neben der ausführlichen Anamnese und einer klinischen Befunderhebung
eine standardisierte Duplexsonografie durchgeführt, in der neben der Bestätigung eines
kompetenten tiefen Venensystems andere Refluxquellen vor allem in den Stammvenen auszuschließen
waren, bevor eine EPA in Betracht kam. Die Beurteilung einer Perforansinsuffizienz
oder ihres Durchmessers war nicht selten durch die Überlagerung mit arteriellem Fluss
aufgrund der anatomischen Nähe des begleitenden Astes [8] erschwert; war keine deutliche Abgrenzung vorzunehmen, wurde auf die EPA verzichtet.
Ein direkter Refluxnachweis länger als 350ms unter Provokation (distale Kompression,
Valsalva-Manöver) oder im Farbdoppler galt als hinreichend für die Diagnosestellung.
Die Nomenklatur orientiert sich an den Publikationen von Uhl und Gillot [9].
Die EPA erfolgt unter sterilen Kautelen in der ambulanten Operationsabteilung. Sie
beginnt mit dem Platzieren der Verweilkanüle als ultraschallgeführte Freihandpunktion.
Zur Anwendung gelangt ein Linearschallkopf mit einer je nach Eindringtiefe variablen
Frequenz zwischen 14 und 6MHz. Nach Einführen des CR30kab-Katheters von F Care systems
wird die epi- oder intrafasziale Lage der Katheterspitze sonografisch dokumentiert.
In der Regel genügen 10–15ml Lidocain 1% als Tumeszenz, um eine sichtbare Kompression
der Perforans zu erzielen. Unter leichtem Druck folgt die Radiowellenverödung ([Abb. 1]) und der Rückzug des Katheters. Die behandelte Refluxstrecke, die applizierte Energie
und die Dauer der Intervention werden dokumentiert. Nach der Intervention wird ein
Kompressionsverband angelegt.
Abb. 1 Ablauf der endovenösen Perforansablation. a Präoperative Markierung, b Abdeckung und Lagerung, c ultraschallgeführte Freihandpunktion, d sonografisches Bild der Punktion, e Einsetzen des Katheters, f Injektion der Lokalanästhesie.
Das Herstellerprotokoll sieht 85W (60% der max. Ausgangsleistung des Generators) für
Venen mit einem Durchmesser von 2–5mm vor. Die Leistungsabgabe erfolgt kontinuierlich
für 2 Sekunden, dann ertönt ein akustisches Signal. Drei dieser Zyklen werden an der
ersten Katheterposition in der Faszienlücke abgewartet. So werden mindestens 500J
Energie am proximalen Insuffizienzpunkt eingetragen, was nach Herstellerangaben ausreichend
ist, eine Temperatur von 100°C zu erzielen. Sonomorphologisch weisen echoreiche Artefakte
auf das Erreichen der Zieltemperatur hin. Während der Retraktionsphase werden alle
8mm jeweils 170J Energie eingetragen.
Die erste Kontrolluntersuchung erfolgt einen Tag nach der Intervention. Danach erfolgen
nach 2 und 4–6 Wochen sowie nach 3 und 6 Monaten weitere Kontrollen. Es werden die
Eintrittsstelle der Nadel, das Befinden der Patientin/des Patienten sowie der sonografische
Befund dokumentiert. Nicht selten ist die Perforansvene unmittelbar nach dem Eingriff
schon im B-Bild nur verwaschen darstellbar oder in der Kompressionssonografie obliteriert
sichtbar; als primärer Therapieerfolg wird hingegen nur das Ausbleiben von Farbsignalen
und der Ausschluss eines Refluxes in der Dopplersonografie gewertet.
Um einen Eindruck von der patientenbezogenen Wahrnehmung zu gewinnen, haben wir darum
gebeten, nach der EPA einen standardisierten Fragebogen zu beantworten ([Tab. 1]). Unabhängig davon wurde bei Persistenz sichtbarer Seitenäste die Schaumverödung
3 Wochen nach der EPA angeboten.
Tab. 1 Fragebogenstruktur mit Antwortmöglichkeiten.
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Kategorie
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Antwortauswahl
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Zufriedenheit
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Schulnoten 1–5
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Würde es wieder tun
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ja/nein/weiß nicht
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Symptome
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beschwerdefrei oder -gebessert (deutlich oder wenig)/unverändert/unsicher
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Kosmetik
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keine oder unauffällige Narbe/störende oder entstellende Narbe
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Vom 1.-14. Tag baten wir um das tägliche Tragen einer medizinischen Kompressionsbestrumpfung
der Kompressionsklasse 2. Im Falle des Ausbleibens eines Primärerfolges wurde keine
Zweitintervention angeboten, sondern die konventionelle Perforansligatur. Alle Patientinnen/Patienten
gaben nach ausführlicher Aufklärung über die Methode und weitere Behandlungsalternativen
ihr schriftliches Einverständnis zur EPA, die als individuelle Gesundheitsleistung
regelhaft nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen wird.
Eine Prüfung durch die zuständige Ethikkommission der Landesärztekammer Brandenburg
ergab, dass kein Votum seitens der Ethikkommission erforderlich sei.
Ergebnisse
Sieben Patientinnen und 2 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 57 +/- 12 Jahren
wurden behandelt. In [Abb. 2] sind die behandelten Perforansvenen dargestellt. Der maximale Durchmesser betrug
im Schnitt 4mm. [Tab. 2] zeigt die Verteilung der CEAP-Kategorien. In 5 Fällen war die ipsilaterale V. saphena
magna voroperiert, 4-mal mit einem Stripping, 1-mal mit einer Radiofrequenzbehandlung.
Eine Patientin war am kontralateralen Bein an der Stammvene voroperiert.
Abb. 2 Lokalisation der behandelten Perforanten.
Tab. 2 CEAP-Klassifikation der Patientinnen/Patienten.
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Kategorie
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Einstufung
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Anzahl
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C
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2
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5
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|
3
|
3
|
|
4a
|
1
|
|
E
|
p
|
9
|
|
A
|
p17
|
2
|
|
p18
|
7
|
|
P
|
r
|
9
|
[Abb. 3] zeigt beispielhaft sonografische Bilder vor und nach der EPA. Der Energieeintrag
betrug im Schnitt 969J, die behandelte Refluxstrecke war durchschnittlich 2,9cm lang.
Als Komplikation entstanden ein subkutanes und ein intradermales Hämatom sowie eine
Hautverbrennung ([Abb. 4]).
Abb. 3 Farbdopplersonografisches Erscheinungsbild einer Perforansinsuffizienz prä- (a und b) und postinterventionell (c und d). a Orthograder zentripetaler Fluss in Ruhe, b Reflux nach Druck auf die Wade, c fehlendes Farbsignal nach Ablation. d Der Pfeil weist auf die postinterventionell verschlossene Faszienlücke.
Abb. 4 Hautverbrennung 2 Tage nach Perforansablation.
Die primäre Okklusionsrate betrug 78% nach einem medianen Nachverfolgungszeitraum
von 257 Tagen. Schaumverödungen erfolgten im Anschluss bei 3 Patientinnen nach im
Schnitt 14 Tagen zur Behandlung von nicht spontan regredienten Seitenästen und/oder
zum Verschluss der Perforans. Die sekundäre Erfolgsrate erreichte danach 89%.
Die Rücklaufquote des Fragebogens lag bei 89%. In der Kategorie „Zufriedenheit“ wurde
2-mal ein „ausreichend“, 1-mal ein „befriedigend“, 3-mal ein „gut“ und 2-mal ein „sehr
gut“ vergeben. Vier Patientinnen/Patienten würden sich nicht wieder einer EPA unterziehen,
obwohl nur in einem Fall keine postoperative Symptombesserung eintrat. Die besten
Ergebnisse erzielte die Kategorie „Kosmetik“ mit nur einer unauffälligen Narbe nach
der Hautverbrennung; die übrigen Eingriffe hinterließen keine sichtbare Hautveränderung.
Diskussion
Mit dem Aufkommen endovenöser Therapieverfahren lag es nahe, auch PV mit einer Thermoablation
minimalinvasiv zu behandeln. In einem aktuellen Artikel beschreiben Woodburn et al.
die Verschlussrate inkompetenter Perforanten mit nur 55% unter Verwendung der segmentalen
RFA [10]. Proebstle und van den Bos sehen in ihrem Review 2017 wenig Evidenz für die RFA
bei PV [11].
Dazu tragen auch die bisher berichteten geringen Fallzahlen bei. Hissink et al. berichten
über ihre Erfahrungen mit der Lasertherapie in 58 Fällen, darunter befanden sich aber
nur 12 „reine“ PV wie in unserer Serie [12]. Seine Verschlussrate lag bei 78% nach 3 Monaten. In der Arbeit von Hingorani et
al. wird ein Primärerfolg von über 80% mit der RFA in 38 Fällen von PV genannt; auch
hier waren nur 6 Fälle isoliert behandelter Perforanten enthalten [13]. Einziger Risikofaktor für ein Versagen war ein pulsatiles Flussmuster in der Perforansvene.
Die in unserer Serie erreichte durchschnittliche Energie von knapp 1kJ bei einer Insuffizienzstrecke
von knapp 3cm entspricht den Herstellervorgaben von zentral 500J und von 170J für
jede weiteren 8mm. Eine unserer EPA einer Perforansvene mit 6mm Durchmesser war damit
nicht erfolgreich. Das Protokoll gilt indes für Venen mit einem maximalen Durchmesser
von 5mm; größerkalibrige Perforansvenen erfordern eine Anpassung.
Daraus kann in unserer Kleinserie eine statistisch belastbare Aussage zu tatsächlichen
Risikofaktoren für eine erfolglose EPA sicher nicht abgeleitet werden. Unser Eindruck
deutet aber darauf hin, dass besonders kaliberstarke Perforanten mehr Energie benötigen,
als bei Einhaltung der Herstellervorgaben abgegeben wird. Die Herstellerprotokolle
für die Anwendung der zur Verfügung stehenden Systeme stellen auch Aurshina et al.
zur Diskussion, die ein verkürztes Protokoll für die Verwendung des Systems eines
anderen Herstellers vorschlugen [14].
Ein weiterer Einflussfaktor auf die Erfolgsrate ist die Erfahrung mit der Behandlungsmethode.
Diese Lernkurve bestätigen Lawrence et al., die eine Steigerung der Erfolgsrate von
56% auf 79% im Verlauf von 45 Behandlungen beobachteten [15]. Dies ist mit den technischen Schwierigkeiten der Perforansablation begründbar:
Es sind hohe Energiemengen auf einer kurzen Strecke und über schmalkalibrige Zugangssysteme
einzutragen. Das gelingt mit den bisherigen RFA-Systemen mitunter nicht auf Anhieb.
In der 2020 veröffentlichten SeCure-Studie liegt die initial primäre Verschlussrate
unter Verwendung eines über einen 21G-Zugang eingebrachten 400µm Lasers bei 75%, nach
12 Monaten waren noch 71% der behandelten Perforanten verschlossen [16]. Lawrence et al. erreichen denselben Wert nach 12 Monaten mit der RFA nur als sekundäre
Verschlussrate [15]. Ihre primäre Erfolgsrate lag bei nur 58%, und damit in der Größenordnung der segmentalen
RFA von Woodburn et al. [10].
Aurshina et al. beschreiben die Nachbeobachtung von 642 PV, die mit RFA endovenös
behandelt und über einen 2-Jahres-Zeitraum nachbeobachtet wurden. Neben 416 erfolgreichen
Fällen fanden sich 226 Rekanalisationen, von denen 52 als symptomatisch und damit
behandlungsbedürftig eingestuft wurden. Die erneute RFA war in 2 Drittel der Fälle
erfolgreich [17].
Die Notwendigkeit einer Nachbehandlung können wir in unserer Serie bestätigen. In
unserer Strategie wird zunächst der endovenöse elektrothermische Verschluss der Perforans
angestrebt, gefolgt von der 2-zeitigen Seitenastsklerosierung mit aufgeschäumtem Polidocanol
im Abstand von 2–3 Wochen. Damit waren mit den zitierten Ergebnissen aus der Literatur
vergleichbare Verschlussraten erreichbar. Auf eine Zweitablation haben wir in der
Regel verzichtet.
Die schon zitierte Serie von Lawrence et al. [15] beschreibt ausschließlich PV mit hartnäckigen Ulzerationen und kommt zu dem Schluss,
dass kein Ulkus ohne den erfolgreichen Verschluss zumindest einer inkompetenten Perforansvene
zur Abheilung gelangte. In der VUERT-Studie konnte in 56 Fällen ein statistisch rascheres
Abheilen der Ulzerationen nach erfolgreicher endovenöser Therapie der PV festgestellt
werden (p<0,05) [18].
In unserer Serie befand sich keine PV mit Ulcus cruris, sodass keine Aussage zur Effektivität
dieser Therapie für die Heilung von Ulcera crurium getroffen werden kann. Aus Sicht
der Autoren liegt die Bedeutung des vorliegenden Erfahrungsberichtes darin, dass erstmals
auch von einem Radiowellenverfahren die durch die Besonderheiten der EPA vorgegebenen
Anforderungen eines kleinkalibrigen Zugangs, hoher Flexibilität und kurzer Ablationsstrecke
erfüllt zu werden scheinen.
Dies lässt weitere Untersuchungen in dieser Richtung zu, zeigt unsere Erfahrung doch
eine hohe patientenseitige Akzeptanz trotz fehlendem Reimbursement bei überwiegend
guten bis sehr guten kosmetischen Ergebnissen. Gleichwohl ist die durch hohe Erfolgs-
und geringe Komplikationsraten charakterisierte herkömmliche Operation in Lokalanästhesie
der Goldstandard. Unsere Erfahrungen zeigen hingegen, dass auch für die EPA der PV
mit Radiowellen eine Rationale existiert.