NOTARZT 2022; 38(01): 37
DOI: 10.1055/a-1703-5601
Leserbrief

Antwort auf den Leserbrief zum Beitrag: "Reanimation nach außerklinischer ECMO-Anlage - eine außerordentliche Erfolgsgeschichte"

Bernhard Floerchinger
1   Herzchirurgie, Klinikum der Universität Regensburg, Regensburg, Deutschland
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Sehr geehrter Herr Nitsche,

vielen Dank für Ihren Kommentar zur berichteten Kasuistik. Anbei meine Anmerkungen.

  1. Bezüglich einer flächendeckenden Verfügbarkeit eines ECMO-Systems für die Präklinik ist zu bemerken, dass diese therapeutische Option einen hohen logistischen Aufwand, Personal, Fahrzeug, Material, und Erfahrung der Anwender erfordert. Eine flächendeckende Verfügbarkeit gibt es meines Wissens derzeit nicht. Jedoch betreiben verschiedene Arbeitsgruppen diese Projekte. Im Falle von Regensburg gibt es derzeit zwei Möglichkeiten einer Alarmierung: 1. Bei jedem Notruf mit dem Meldebild eines Kreislauf-Stillstandes erfolgt über die ILS Regensburg die Mitalarmierung des ECPR-Teams, welches sich anschließend mit der ILS in Verbindung setzt und in Abhängigkeit vom Szenario den Einsatz annimmt – dies erfolgt ohne Zeitverlust, d. h. die Abstimmung mit der ILS findet während der Anfahrt statt. 2. Jeder Notarzt hat die Möglichkeit, über die ILS Regensburg ein ECPR-Team nachzufordern. In jedem Fall wird die Entscheidung zur ECMO-Unterstützung vom ECPR-Team getroffen.

  2. Die Beschreibung „[…] nach vorheriger Freilegung der Leisten […]“ [1] gibt lediglich die Tatsache wieder, dass der Notarzt die Hose und Unterwäsche des Patienten entfernt hat, um eine möglichst schnelle perkutane Punktion zu erreichen. Damit war nicht die Freilegung der Femoralgefäße gemeint. Davon sollte Abstand genommen werden, da 1. nur ein Teil der notärztlichen Kolleginnen und Kollegen dies beherrschen dürfte, 2. notwendiges Instrumentarium nicht auf RTW und/oder NEF vorgehalten wird, 3. die Risiken und Komplikationen, z. B. einer Blutung, die ohnehin schon marginale Kreislauf-Situation des Patienten ggf. verschlechtern könnte, 4. die Entscheidung zur ECMO-Unterstützung durch das ECPR-Team getroffen wird und somit eine Freilegung der Femoralgefäße ggf. unnötig ist.

  3. Über die Option, den Patienten unter laufender LUCAS-Reanimation in das nächstgelegene Klinikum Passau zu verlegen, ist durchaus nachgedacht worden. Trotz Nutzung des LUCAS-Systems zur kontinuierlichen Herz-Druckmassage war aus Sicht des Notarztes eine Verbringung des Patienten aus dem Wohnhaus, in den RTW, mit anschließender Fahrt in das Klinikum Passau, dortiger Verbringung in das Herzkatheter-Labor mit folgender ggf. Unterstützung mit einer venoarteriellen ECMO dort, mit einem höheren Risiko, insbesondere für das neurologische Outcome, assoziiert. Die geschätzte Fahrtzeit von unter 25 Minuten (die Tür-zu-Tür/HKL-Zeit ist aus Sicht des Notarztes, der mit den Örtlichkeiten des Landkreises Passau vertraut ist, sehr wohlwollend geschätzt) bildet dies nicht hinreichend ab, sondern hier muss die umfangreiche Manipulation am Patienten mit in Erwägung gezogen werden. Der Notarzt hielt es für effektiver, ein ohne weitere Maßnahmen stabil laufendes „System“ bis zum Eintreffen des ECPR-Teams aufrechtzuerhalten und eine hämodynamische Unterstützung vor Ort zu etablieren, mit der der Patient dann sicher transportiert werden kann. Dennoch ist anzumerken, dass bei Nichtverfügbarkeit der ECMO die Verlegung in das Klinikum Passau unter laufender LUCAS-Reanimation die einzige weitere Option gewesen ist. Der Notarzt hat das System und den Algorithmus genutzt, mit dem er vertraut ist – in einer Situation, in der eine schnelle Entscheidung zu treffen ist, ist dies sicherlich angemessen und hoffentlich nachvollziehbar.

  4. Schließlich ist noch anzumerken, dass der Patient sich zu keinem Zeitpunkt in stationärer Behandlung einer herzchirurgischen Abteilung befunden hat, d. h. eine herzchirurgische Abteilung des aufnehmenden Krankenhauses war aus Sicht des Notarztes keine Voraussetzung für die Aufnahme des Patienten.

Mit kollegialen Grüßen

Prof. Dr. Bernhard Flörchinger



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Article published online:
25 February 2022

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