Suchttherapie 2022; 23(01): 18-24
DOI: 10.1055/a-1694-1938
Schwerpunktthema

Gewalttätigkeiten in Partnerschaften – Männer und Frauen mit Suchtproblemen als Opfer und Täter/Täterinnen

Intimate Partner Violence – Men and Women with Substance Use Problems as Victims and Perpetators
Irmgard Vogt
1   Frankfurt University of Applied Sciences, Frankfurt am Main
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Zusammenfassung

In diesem Beitrag geht es um Gewalttätigkeiten in Partnerschaften und den Zusammenhang mit dem Konsum bzw. Missbrauch von Alkohol und anderen (stimulierenden) psychoaktiven Substanzen. Hellfelddaten, die vom Bundeskriminalamt zusammengestellt werden, belegen, dass rund ¼ derjenigen, die wegen Gewalttätigkeiten in Partnerschaften angezeigt werden, unter dem Einfluss von Alkohol stehen; die Mehrzahl von ihnen ist männlich, die Minderheit weiblich. Jedoch belegen Befragungsdaten (sog. Dunkelfelddaten), dass das Ausmaß der Partnerschaftsgewalt viel höher ist und viel höhere Zahlen von Täter:innen und Opfern existieren. Zudem zeigen Studien, die mit den Conflict Tactics Scales durchgeführt worden sind, dass das Aggressionsniveau von Männern und Frauen sich wenig voneinander unterscheidet. Das gilt allerdings nicht für sexualisierte Gewalt, Frauen sind fast immer die Opfer von sexualisierter Gewalt. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass Männer und Frauen sich in etwa gleicher Häufigkeit sowohl „nüchtern“ als auch unter dem Einfluss von psychoaktiven Substanzen in leichte aggressive Auseinandersetzungen einlassen, aber es sind vor allem Männer, die darüber hinaus gehen, insbesondere hinsichtlich sexueller Gewalt. Schätzungen auf der Basis von Behandlungsdaten weisen darauf hin, dass rund 2/3 der Frauen, die in einer Suchtbehandlung sind, Opfer von Partnerschaftsgewalt sind. Eine kleinere Gruppe von Frauen ist in kleinere aggressive Auseinandersetzungen involviert und einige wenige Frauen sind selbst gewalttätig. Diese Gruppen von Frauen benötigen unterschiedliche Hilfsprogramme ebenso wie Männer als Gewalttäter oder Opfer, damit sie sich entweder gegen Gewalt in Partnerschaften wehren können oder ihren Ärger und ihre Impulsivität kontrollieren lernen.

Abstract

The topic of the paper is intimate partner violence (IPV) and its relationship to the use/misuse of alcohol and other (stimulating) psychoactive substances. Data published by the German Federal Criminal Police Office (BKA) show that around ¼ of those who are accused of IPV are under the influence of alcohol; the majority of perpetrators are male and only a minority are female. However, questionnaire data come up with much higher numbers of perpetrators and victims of IPV. Furthermore, the level of aggression of men and women seems to be rather similar when data are collected with the Conflict Tactics Scale, but that does not hold when it comes to sexual aggression: almost always are women victims of sexual perpetration. In summary then, data on IPV show that men as well as women engage in minor troubles including some physical aggressions when abstaining as well as under the influence of psychoactive substance, but it is mostly men who go much further especially when it comes to sexual perpetration. In addiction treatment, we estimate that around 2/3 of women are victims of IPV, a much smaller group engage in minor physical aggressions and a few are perpetrators. These groups as well as men as perpetrators and victims need different treatment programs which help them to either fend off perpetrators or learn to control their anger and impulsivity.



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Article published online:
20 December 2021

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