Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(02): 85
DOI: 10.1055/a-1693-6150
Für Sie notiert

COVID-19-Impfung bei immunvermittelten inflammatorischen Erkrankungen

Simon D. et al.
SARS-CoV-2 vaccination responses in untreated, conventionally treated and anticytokine-treated patients with immune-mediated inflammatory diseases.

Ann Rheum Dis 2021;
80: 1312-1316
DOI: 10.1136/annrheumdis-2021-220461
 

Die bislang verfügbaren Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 induzieren im Allgemeinen eine protektive Immunantwort sowie die Produktion virusspezifischer Antikörper. Wie effektiv und sicher die Vakzinen bei Personen mit immunvermittelten inflammatorischen Erkrankungen sind, ist allerdings kaum untersucht. Insbesondere ist unklar, inwiefern die Erkrankungen per se oder die entsprechende immunmodulatorische Therapie die humorale Impfantwort beeinflussen.


#

Deutsche Forscherinnen und Forscher schließen nun diese Wissenslücke. An der am Deutschen Zentrum für Immuntherapie (DZI) in Erlangen durchgeführten Studie nahmen 84 Patientinnen und Patienten mit einer immunvermittelten inflammatorischen Erkrankung (z. B. Spondyloarthritis, rheumatoide Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen, Psoriasis) sowie 182 gesunde Kontrollen teil. Alle Teilnehmenden hatten eine leere COVID-19-Anamnese. In allen Fällen war im Dezember 2020 bzw. im Januar 2021 der Test auf Anti-SARS-CoV-2-IgG-Antikörper negativ ausgefallen und alle Personen hatten anschließend mindestens eine Dosis des mRNA-Impfstoffs BNT162b2 (BioNTech/Pfizer) erhalten. Frühestens 10 Tage später untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Serumproben der Studienteilnehmenden auf IgG-Antikörper gegen die S1-Domäne des Spike-Proteins und testeten deren neutralisierende Kapazität.

Ergebnisse

Die Patientinnen und Patienten mit einer immunvermittelten inflammatorischen Erkrankung waren im Schnitt 53 und die Kontrollen 40 Jahre alt. In 66 bzw. 57% der Fälle handelte es sich um Frauen. Rund 43% der Erkrankten wurden mit biologischen oder gezielt wirkenden synthetischen krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Medikamenten (DMARD) behandelt, 24% erhielten konventionelle synthetische DMARDs und 29% erhielten keine Therapie. Die Mehrheit der Probandinnen und Probanden (96%) hatte zum Studienzeitpunkt bereits die zweite Impfdosis erhalten. Alle Kontrollen entwickelten – frühestens 11 Tage nach der Erstimpfung – virusspezifische Antikörper. Bei 5 der Patientinnen und Patienten mit einer immunvermittelten inflammatorischen Erkrankung blieb dagegen die Impfantwort aus (p=0,003). Während bei 181 der 182 Gesunden (99,5%) eine neutralisierende Aktivität der Antikörper nachweisbar war, war dies nur bei 76 der 84 Patientinnen und Patienten (90,5%) der Fall (p=0,0008). Insgesamt stellten die Forschenden bei den Personen mit einer immunvermittelten inflammatorischen Erkrankung im Vergleich zu den Kontrollen eine deutlich schwächere und verzögerte Impfantwort fest – und zwar unabhängig vom Erkrankungstyp und der Art der Behandlung (biologische/gezielt wirkende synthetische DMARDs, konventionelle synthetische DMARDs bzw. keine Therapie).

Fazit

Personen mit einer immunvermittelten inflammatorischen Erkrankung sprechen schlechter auf die SARS-CoV-2-Vakzine an als Gesunde. In jedem zehnten Fall bleibt die Bildung neutralisierender Antikörper sogar ganz aus, so die Autorinnen und Autoren. Das liege offenbar an der Erkrankung selbst und nicht an der immunmodulatorischen Therapie. Obwohl die Bedeutung der zellvermittelten Immunität für den Impfschutz unklar sei, empfehlen sie, bei diesen Risikopersonen die humorale Immunantwort zu objektivieren.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


#
#

Publication History

Article published online:
07 April 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany