Gesundheitswesen 2021; 83(12): 962-964
DOI: 10.1055/a-1672-9404
Editorial

Babyboom, Pillenknick und unser großes Problem: der demographische Wandel

Können wir uns das Neben- und Gegeneinander noch leisten?
Thomas Kühlein
,
Sandra Blumenthal
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Kein Medikament war je so wirksam wie die Antibabypille. Sie hat wesentlichen Anteil an zwei der größten Herausforderungen unseres Gesundheitswesens. Erstens dem Glauben, alle Medikamente würden so gut wirken und zweitens dem demographischen Wandel. Unsere Kultur ist von der Idee geleitet, dass man letztlich durch Investition in Forschung und Technik alle Probleme lösen und alle Unsicherheit des Lebens beseitigen kann. Dies hat zu einer Flut diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten geführt, deren unkritischer oder gewinnorientierter Einsatz sich am besten mit dem Begriff Überversorgung beschreiben lässt. Vor allem binden sie unsere teuerste und knappste Ressource, das medizinische Personal, das an anderer Stelle fehlt. Ein Gesundheitswesen, das schon in normalen Zeiten an der Grenze seiner Belastbarkeit steht, kommt in Krisenzeiten schnell an die Grenzen seiner Resilienz. Die Politik der vergangenen 20 Jahre hat Wettbewerb und Konkurrenz im Gesundheitswesen gefördert. Hat dieser Ansatz wirklich zu einer effizienteren, kostengünstigeren und besseren Medizin geführt? Werden Innovation und Wettbewerb die richtigen Antworten sein, wenn es darum geht das Problem des demographischen Wandels zu lösen? Wir glauben beides nicht und fordern deshalb zu Diskussion und Kooperation auf.



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Article published online:
10 December 2021

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