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DOI: 10.1055/a-1660-9437
Selbstmanagement fördern – Onlinekurse als Therapieergänzung
Patient-Education-Onlinekurse ermöglichen eine bewusste Auseinandersetzung mit der Krankheit: Die Nutzer*innen erwerben neues Wissen, welches sie bei der Alltags- oder Emotionsbewältigung unterstützt. Das fand Verena Haselmayr in ihrer Bachelorarbeit durch die Befragung von vier an rheumatoider Arthritis erkrankten Personen heraus.
Verena Haselmayr …
... arbeitete zunächst als Sozialpädagogin in einem Jugendwohnhaus mit minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen. Schon hier stellte sie sich die Frage, wie der Alltag trotz weniger Möglichkeiten sinnvoll gestaltet werden kann. So war es oftmals nicht für jede bzw. jeden möglich, einen Deutschkurs zu besuchen, wenn das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen war. Einen Deutschkurs als bedeutungsvolle Aktivität dennoch absolvieren zu können, erforderte viel Kreativität und Vernetzungsarbeit. 2018 entschied sie sich, an der Fachhochschule für Gesundheitsberufe in Oberösterreich Ergotherapie zu studieren. Das Studium schloss sie im Juli 2021 ab, seitdem ist sie in der Pädiatrie tätig. Ihr Interesse für Orthopädie, Rheumatologie und Traumatologie besteht jedoch nach wie vor.
Kontakt: V.Haselmayr@gmx.at


Die Bachelorarbeit
Rheumatoide Arthritis ist eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen der Gelenke. Die daraus resultierenden Symptome wie Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und anhaltende Müdigkeit können die Bewältigung des Alltags zum Teil lebenslang erschweren. Es zeigte sich, dass Gesundheit und Wohlbefinden bei chronischen Krankheiten langfristig gefördert werden, wenn die Betroffenen ihr Gesundheitsverhalten verändern. Selbstmanagement hat beispielsweise das Potenzial, die Selbststeuerung zu verbessern, eine aktive, eigenständige Problembewältigung und im besten Fall ein Leben in Einklang mit den eigenen Zielen zu ermöglichen. Voraussetzungen für Selbstmanagement sind Wissen, Fähigkeiten und Ressourcen. Onlinekurse können Betroffenen und deren Angehörigen gesundheitsrelevante Informationen an die Hand geben.
Patientenedukation dient der Alltags- und Emotionsbewältigung.
Verena Haselmayr untersuchte in ihrer Bachelorarbeit, welche Aspekte des Selbstmanagements durch Patient-Education-Onlinekurse zum Thema rheumatoide Arthritis angesprochen werden. Die österreichische Onlineplattform Selpers OG bietet solche Kurse an. Die kostenlosen Schulungen richten sich an Patient*innen und deren Angehörige und haben das Ziel, über die Erkrankung aufzuklären, Tipps für den Alltag zu geben sowie Personen dazu zu befähigen, ihr Leben und ihre Gesundheit zu bewältigen.
In ihrer qualitativen Studie befragte Verena Haselmayr vier an rheumatoider Arthritis erkrankte Frauen im Alter von 48 bis 76 Jahren. Diese testeten die Kurse „Rheumatoide Arthritis und Alltag“ sowie „Rheumatoide Arthritis und Psyche“ von www.selpers.com. Die 60–90-minütigen Kurse enthielten sowohl theoretische Hintergrundinformationen als auch Tipps zu Gelenkschutz oder Atemtechniken.
Ergebnis
Es zeigte sich, dass durch das Absolvieren der Onlinekurse eine bewusste Auseinandersetzung mit der Krankheit stattfand. Alle Teilnehmerinnen eigneten sich dadurch neues Wissen an, das sie in ihren Alltag integrierten. Eine Teilnehmerin nutzte beispielsweise statt wie gewohnt ihre Einkaufstasche nun einen Rucksack sowie ein gelenkschonenderes Rheumamesser für die Zubereitung von Mahlzeiten.
Bei langer Krankheitsdauer war der Wissenserwerb aufgrund bereits bestehender Erfahrungen geringer. Dennoch empfanden alle an Rheuma Erkrankten die Kurse als hilfreich, vor allem im Bereich der Alltags- und Emotionsbewältigung. Im Alltag nutzten sie zum Beispiel wieder vermehrt den bereits bekannten Quarkwickel sowie Bewegungsübungen. Das Bewusstwerden über die chronische Erkrankung und ein achtsamerer Umgang im Alltag mit sich selbst waren wesentliche Erkenntnisse. So wurden die Teilnehmerinnen dazu motiviert, Gefühle mithilfe von Meditation besser zu kontrollieren. Eine Patientin lernte, Pausen bewusst einzusetzen sowie sich ein heißes Vollbad ohne schlechtes Gewissen zu gönnen. Eine weitere Teilnehmerin versuchte, mit Atemübungen negative Gefühle aufgrund von Schmerzen zu bewältigen.
Die Motivation zur Veränderung im Alltag fand statt, wenn es die Selbstständigkeit förderte, Sinn ergab und für die Situation passend erschien. Neu Gelerntes wurde auch dann umgesetzt, wenn die Betroffenen das Gefühl hatten, dass es ihnen guttut. Die Teilnehmerinnen empfanden die Inhalte als sehr ansprechend und alltagsrelevant. Vor allem kurz nach Diagnosestellung seien die Kurse zu empfehlen, können aber auch zu einem späteren Zeitpunkt noch wichtige Erkenntnisse vermitteln.
Fazit
Die Integration von Patient-Education-Kursen in das Therapiesetting kann sinnvoll sein, um Wissen über die Erkrankung zu vermitteln und somit die Gesundheitskompetenz der Betroffenen zu erhöhen. Mit einer zuvor durchgeführten Bedürfnisanalyse können Ergotherapeut*innen dabei unterstützen, geeignete Kurse auszuwählen, welche die Patient*innen selbstständig zu Hause absolvieren. In der Ergotherapie können offene Fragen geklärt sowie die Integration und Umsetzung in den Alltag unterstützt werden. Dies trägt dazu bei, das Selbstmanagement zugunsten eines positiveren Umgangs mit der Erkrankung nachhaltig zu fördern.
Verena Haselmayr
4 Fragen an Verena Haselmayr
Wie sind Sie auf das Thema Ihrer Bachelorarbeit gekommen?
In einer Vorlesung über Rheumatologie hörte ich zum ersten Mal von Patient Education. Thema und Krankheitsbild weckten sofort mein Interesse. Im Austausch mit meiner Dozentin Dr. Renate Ruckser-Scherb entwickelte sich die Idee für meine erste Bachelorarbeit und auf dieser Literaturstudie aufbauend das qualitative Design für die zweite.
Welche Chancen und Schwierigkeiten sehen Sie in der Online-Patientenedukation?
Ich sehe sie als wertvolle Ressource, um Patient*innen über ihre Krankheit zu informieren. So werden sie befähigt, Entscheidungen hinsichtlich ihres Gesundheitsverhaltens zu treffen – zum Beispiel bei akuten Schmerzen eine Atemübung durchzuführen. Dies kann sich positiv auf das Selbstmanagement und in weiterer Folge auf die Selbstwirksamkeit auswirken. Patientenedukation per Onlinekurs ist womöglich nicht immer ganzheitlich auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt. Daher ist es wichtig, dies in der Therapie zu reflektieren und auf die eigene Situation bzw. den Alltag zu übertragen.
Was nehmen Sie aus der Auseinandersetzung mit Ihrem Bachelorthema mit?
Ich nehme vor allem mit, wie wichtig Patientenedukation ist. Meiner Meinung nach sollte dies in der Therapie ein fixer Bestandteil sein, um Patient*innen im Alltag dazu zu befähigen, ihre Erkrankung selbst zu managen.
Haben Sie in der letzten Zeit auch selbst an Onlinekursen teilgenommen?
Ja, ich habe einige Kurse absolviert. Während der Pandemie wurde unser Studium auf Onlinelehre umgestellt, da wir keinen Präsenzunterricht haben durften. Aber auch Fortbildungen habe ich online besucht.
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Bachelorarbeit
- 1 Haselmayr V. Effekte eines Patient-Education-Onlinekurses auf das Selbstmanagement von Menschen mit rheumatoider Arthritis. Bachelorarbeit 2 an der FH Gesundheitsberufe Oberösterreich 2021
Publication History
Article published online:
04 January 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Bachelorarbeit
- 1 Haselmayr V. Effekte eines Patient-Education-Onlinekurses auf das Selbstmanagement von Menschen mit rheumatoider Arthritis. Bachelorarbeit 2 an der FH Gesundheitsberufe Oberösterreich 2021

