Handchir Mikrochir Plast Chir 2021; 53(06): 572-573
DOI: 10.1055/a-1628-2104
Leserbrief

Leserbrief zur Arbeit: Patientenzufriedenheit nach geschlechtsangleichender Mastektomie in Frau-zu-Mann transidenten Patienten – eine Analyse unter Verwendung eines modifizierten Breast Q Fragebogens

Lars Kamolz
1   Klinische Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Medizinische Universität Graz
,
Christian Laback
2   Division of Plastic, Aesthetic and Reconstructive Surgery, Department of Surgery, Medical University Graz
› Author Affiliations

Sehr geehrte Herausgeber,

mit großem Interesse haben wir die Arbeit „Patientenzufriedenheit nach geschlechtsangleichender Mastektomie in Frau-zu-Mann transidenten Patienten – eine Analyse unter Verwendung eines modifizierten Breast Q Fragebogens“ [1] gelesen. Die Arbeit unterstreicht wichtige Aspekte in Bezug auf Patientenzufriedenheit nach geschlechtsangleichender Mastektomie und zeigt abermals deutlich auf, dass die Mastektomie eine entscheidende Rolle in der Behandlung von Frau-zu-Mann transidenten Patienten spielt [1] und in ihrer Wichtigkeit nicht unterschätzt werden darf. Gerade in den letzten Jahren haben sich mit dieser Thematik unterschiedlichste Arbeitsgruppen international beschäftigt und zahlreiche Arbeiten zu diesem Themenkomplex veröffentlicht.

Generell hat die Entfernung der Brust einen entscheidenden Einfluss auf das Körperbild der Menschen und auch auf die Sexualität [2] und das natürlich nicht nur bei transidenten Patienten.

Bei Frau-zu-Mann Pat. zeigte die Arbeitsgruppe [2] in Ihrer Arbeit aus 2021, dass die Mastektomie einen wichtigen Beitrag dazu liefert, dass diese Patienten ihren Platz in der Gesellschaft finden und sich bei Sozialkontakten „leichter“ tun. Dieses wiederum trägt dann entscheidend dazu bei, dass sich die Menschen in ihrem Körper wohler fühlen, selbstbewusster sind und die Lebensqualität insgesamt steigt. Auch zahlreiche andere Arbeitsgruppen konnten in ihren Studien zeigen, dass dieser Operationsschritt gerade im Prozess der Frau-zu-Mann-Werdung sich positiv auf die Psyche und das Wohlbefinden auswirkt [3]. Poudrier et al. [4] zeigten in Ihrer Arbeit, dass 98 % der Patienten der Meinung waren, dass dieser Operationsschritt einen positiven Einfluss auf ihr Leben hatte; 85 % bezeichneten diesen Einfluss sogar als sehr groß und entscheidend für ihr öffentliches (91 %) und für ihr Privatleben (93 %). 96 % gaben sogar an, dass der maskuline Oberkörper für sie sehr wichtig für die Bestätigung ihrer persönlichen Geschlechtsidentität und ihres Ausdrucks war. Um die Bedeutung dieses Operationsschrittes zu unterstreichen, gaben die Autoren außerdem an, dass zwar nicht alle Studienteilnehmer zu 100 % mit dem Ergebnis zufrieden waren, keiner aber den Schritt insgesamt bereut hat. Auch diese Erkenntnis deckt sich mit der aktuellen HaMiPla-Arbeit [1], die auch bestätigt, dass eigentlich alle Patienten diesen Schritt erneut setzen würden.

Viele der aktuellen Arbeiten befassen sich natürlich auch mit der Wahl der geeigneten operativen Techniken und wie diese mit der Patienten-Zufriedenheit korrelieren [3], [4], [5], [6], [7], [8], [9], [10] bzw. wie wichtig die Wahl des geeigneten Operationsverfahren ist, um die Patienten-Zufriedenheit zu steigern und Korrektureingriffe zu vermeiden.

So hat die Arbeitsgruppe um Kühn [8] in ihrer Arbeit auch nochmals bestätigt, dass die passende Mastektomie-Technik eine genaue Evaluierung des Patienten in Bezug auf Brustgröße, Ausmaß der Ptose, Hautelastizität und andere Faktoren voraussetzt. Auch andere Arbeiten bestätigten, dass die Wahl der Operationstechnik patientenbasiert erfolgen sollte und nicht blind nach einem Schema oder basierend auf einer oder zwei Techniken. Auch die Patientenmeinung sollte natürlich dabei berücksichtigt werden.

Wichtig ist aber auch, dass neben der Chirurgenmeinung v. a. die Patientenmeinung auch bezüglich der Evaluierung des Operationsergebnisses erfasst wird; einerseits, da anscheinend die Chirurgen sehr oft strenger das Ergebnis beurteilen als die Patienten selbst [6], andererseits natürlich, da die Patientenmeinung in Bezug auf Zufriedenheit natürlich entscheidend ist. Ammari et al. [7] haben nämlich in Ihrer Arbeit bestätigt, dass nicht nur die Chirurgenmeinung wichtig ist, sondern v. a. auch sogenannte RPOMs (Patient Reported Outcome Measures) entscheidend sind. Diese sind aber nicht nur wichtig für die Evaluierung der Zufriedenheit, sondern sollten auch zur Individualisierung des Behandlungsplans, wie oben bereits gesagt, herangezogen werden. Weiters schlussfolgern sie in Ihrer Arbeit, dass diese Methoden auch zum Vergleich von Ergebnissen herangezogen werden sollten und damit zu einer Verbesserung der Behandlungsqualität beitragen könnten. Einer dieser Scores, auf den sie sich die Arbeitsgruppe exemplarisch bezieht, ist der BREAST Q. Der BREAST Q wird aber auch von anderen Arbeitsgruppen [3] verwendet. Die Arbeitsgruppe gibt so beispielsweise an, dass dieser zwar nicht genau für diese Patientengruppe entwickelt worden ist und bei einigen Fragen auch nicht als optimal anzusehen ist, aber dennoch ihrer Meinung nach sehr gut geeignet ist, die Verbesserung der Lebensqualität zu erfassen. Hier setzt jetzt genau die Arbeit [1] an, die den BREAST Q an die spezifischen Bedürfnisse der transidenten Patienten angepasst hat und abermals die Wichtigkeit dieses Operationsschrittes in Bezug auf Lebensqualitätsverbesserung hervorhebt. Insgesamt scheint dieses Thema „Patientenzufriedenheit nach geschlechtsangleichender Mastektomie in Frau-zu-Mann transidenten Patienten“ an Bedeutung gewonnen zu haben, so dass auch mit neuen und interessanten Studien zu rechnen ist.

Publikationshinweis

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Publication History

Article published online:
07 December 2021

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  • Literatur

  • 1 Patientenzufriedenheit nach geschlechtsangleichender Mastektomie in Frau-zu-Mann transidenten Patienten – eine Analyse unter Verwendung eines modifizierten Breast Q Fragebogens. HaMiPla in Press.
  • 2 Skórzewska M, Kurylcio A, Rawicz-Pruszyński K. et al. Impact of Mastectomy on Body Image and Sexuality from a LGBTQ Perspective: A Narrative Review. J Clin Med 2021; 10: 567
  • 3 Agarwal CA, Scheefer MF, Wright LN. et al. Quality of life improvement after chest wall masculinization in female-to-male transgender patients: A prospective study using the BREAST-Q and Body Uneasiness Test. J Plast Reconstr Aesthet Surg 2018; 71: 651-657
  • 4 Poudrier G, Nolan IT, Cook TE. et al. Assessing Quality of Life and Patient-Reported Satisfaction with Masculinizing Top Surgery: A Mixed-Methods Descriptive Survey Study. Plast Reconstr Surg 2019; 143: 272-279
  • 5 Bustos VP, Bustos SS, Mascaro A. et al. Transgender and Gender-nonbinary Patient Satisfaction after Transmasculine Chest Surgery. Plast Reconstr Surg Glob Open 2021; 9: e3479
  • 6 Black CK, Fan KL, Economides JM. et al. Analysis of Chest Masculinization Surgery Results in Female-to-Male Transgender Patients: Demonstrating High Satisfaction beyond Aesthetic Outcomes Using Advanced Linguistic Analyzer Technology and Social Media. Plast Reconstr Surg Glob Open 2020; 8: e2356
  • 7 Ammari T, Sluiter EC, Gast K. et al. Female-to-Male Gender-Affirming Chest Reconstruction Surgery. Aesthet Surg J 2019; 39: 150-163
  • 8 Kühn S, Keval S, Sader R. et al. Mastectomy in female-to-male transgender patients: A single-center 24-year retrospective analysis. Arch Plast Surg 2019; 46: 433-440
  • 9 Morselli PG, Summo V, Pinto V. et al. Chest Wall Masculinization in Female-to-Male Transsexuals: Our Treatment Algorithm and Life Satisfaction Questionnaire. Ann Plast Surg 2019; 83: 629-635
  • 10 van de Grift TC, Elfering L, Bouman MB. Surgical Indications and Outcomes of Mastectomy in Transmen: A Prospective Study of Technical and Self-Reported Measures. Plast Reconstr Surg 2017; 140: 415e-424e