Schlüsselwörter
Aniridie - Aphakie - Irisprothetik - perforierende Keratoplastik
Einleitung
Der partielle oder totale Verlust der Iris kann bedingt sein durch okuläre Traumata,
chirurgische Maßnahmen, entzündliche Prozesse oder kongenitale Fehlbildungen [1]. Die betroffenen Patienten leiden vor allem unter Symptomen wie Visusminderung und
Blendempfindlichkeit und sind durch die kosmetische Beeinträchtigung im Rahmen des
Irisdefektes gestört [2].
Inzwischen gibt es verschiedene therapeutische Maßnahmen, um den Irisdefekt chirurgisch
zu behandeln. Dazu gehört u. a. die Versorgung mittels künstlicher Irisprothesensysteme.
Zu diesen Systemen gehört auch die Artificial Iris der Firma Ophtec (relabeled, ursprünglich
Firma Reper). Dabei handelt es sich um eine 0,2 mm starke, faltbare Irisprothese aus
hydrophoben Acrylmaterial. Es werden verschiedene Modelle unterschieden. Grundsätzlich
existiert die Prothese mit (Modellnummer 1) und ohne (Modellnummer 0) optischer Wirkung,
wobei nochmals eine Unterscheidung hinsichtlich der Fixationsart (C: sulcusfixiert,
F: kapselsackfixiert) getroffen werden kann. Das hier verwendete Modell C1 ist demnach
sulcusfixiert und deckt einen Dioptriebereich von 0,0 bis 40,0 dpt ab bei einem Gesamtdurchmesser
von 13,5 mm und einem Optikdurchmesser von 3,5 mm. Alle Irisprothesen sind in 120
verschiedenen Farbmusterdesigns erhältlich, sodass anhand eines Farbfächers eine sehr
individuelle Auswahl
passend zum Partnerauge getroffen werden kann.
Kasuistik 1
Anamnese und Befund
Eine 81-jährige Patientin wurde in unserer Klinik vorstellig bei spontaner Luxation
der 7 Jahre zuvor implantierten Hinterkammerlinse sowie des Kapselsacks in den Glaskörperraum
am linken Auge. Es erfolgte eine Pars-plana-Vitrektomie zur Bergung von IOL und Kapselsack.
Dabei kam es zur Iridodialyse von 6 : 00 über 9 : 00 bis 1 : 00 Uhr. Es erfolgte eine
Irisrefixation an der Sklera mit Prolene 10 – 0. Nach stationärer Entlassung und konservativer
Weiterbehandlung durch den niedergelassenen Kollegen konnte 6 Monate postoperativ
am linken Auge ein Visus unter Aphakiekorrektur + 12,0 dpt von 0,5 LogMAR nachgewiesen
werden. Es zeigte sich ein reizfreier Vorderabschnitt mit Aphakie, klarer Hornhaut,
Korneoskleralfäden im oberen Bereich, tiefer Vorderkammer, Irisbasisausriss von 7 : 00
über 8 : 00 bis 9 : 30 Uhr und großem Irisdefekt von 9 : 30 über 11 : 00 bis 12 : 00
Uhr ([Abb. 1]) bei einem Intraokulardruck von 9 mmHg und zirkulär anliegender
Netzhaut. Wegen ausgeprägter Blendempfindlichkeit und Aphakie wurde die operative
Aphakie-/Aniridieversorgung des linken Auges geplant.
Abb. 1 Vorderabschnitt links präoperativ.
Operation und Verlauf
Ein Jahr nach der komplikativen Primärversorgung des linken Auges erfolgte die operative
Rekonstruktion mittels Artificial Iris Modell C1 (Sklerafixierung) der Firma Ophtec
mit Farbnummer 1048. Die refraktive Stärke der IOL von + 22 dpt wurde via IOL-Master
700 (Firma Zeiss) unter Nutzung der SRK-T/II-Formel mit einer A-Konstanten von 119,4
berechnet.
Die Bindehaut des linken Auges wurde bei 4 : 00, 8 : 00 und 12 : 00 Uhr eröffnet.
Der Sulcus ciliaris wurde diaphanoskopisch markiert bei 4 : 00, 8 : 00 und 12 : 00
Uhr. Doppelt armierter Prolene-Faden wurde an den 3 Ösen der IOL-Haptik verknotet.
Entsprechend der vorherigen Markierung wurden Führungskanülen bei 4 : 00, 8 : 00 und
12:00 Uhr ab externo in die Sklera eingeführt und im Anschluss wurde ein 3-stufiger
kornealer Tunnel mit 4,5 mm Breite eröffnet und die Artificial Iris bei 4 : 00, 8 : 00
und 12:00 Uhr unter Nutzung der Führungskanülen als Leitschiene nach außen geführt.
Mittels Z-Naht nach Szurman [3] wurde die Aniridie-IOL nun fixiert. Bei gut sitzender IOL und tonisiertem Bulbus
wurde die Bindehaut mit Vicryl 8 – 0 und die Sklerotomie bei 6:00 Uhr mit Vicryl 7 – 0
verschlossen.
Nach zwischenzeitlich erfolgter stationärer Aufnahme zur Hornhautpflege bei deutlicher
Stippung und Nachlegung der Bindehautnaht bei Fadenausriss bei 8:00 Uhr konnte 6 Monate
postoperativ am linken Auge ein Visus von 0,6 LogMAR bei einer subjektiven Refraktion
von sph + 1,5, cyl − 3,5, A 110° ermittelt werden. Der Vorderabschnitt stellte sich
reizfrei dar mit gut sitzender IOL ([Abb. 2 a]). Im Vorderabschnitts-OCT konnte der gute Sitz der IOL mit Abgrenzung von optischem
Teil zu irisprothetischem Teil sehr gut dargestellt werden ([Abb. 2 b]). Die Patientin zeigte sich sehr zufrieden über das kosmetische Ergebnis im Vergleich
zum Partnerauge ([Abb. 2 c]) und die reduzierte Blendempfindlichkeit. Allerdings zeigten sich ein zartes Epithelödem
mit Zunahme der Hornhautdicke ([Abb. 2 d]) und eine Minderung der Endothelzellzahl auf 386 Zellen/mm² im Sinne
einer beginnenden Hornhautendotheldekompensation bei unauffälliger Endothelzellzahl
am Partnerauge (1219 Zellen/mm²). Bei fehlenden subjektiven Beschwerden sahen wir
vorerst von entsprechenden operativen Maßnahmen im Sinne einer DMEK ab und ordinierten
zusätzlich Omnisorb Augentropfen (ATR).
Abb. 2 Von links oben nach rechts unten: a Vorderabschnitt links 6 Monate postoperativ. b Vorderabschnitts-OCT links 6 Monate postoperativ. c Übersichtsaufnahme 6 Monate postoperativ. d Pachymetrie links 6 Monate postoperativ.
Kasuistik 2
Anamnese und Befund
Ein 21-jähriger Patient wurde in unserer Klinik primär versorgt bei perforierender
Hornhaut-, Sklera-, Irisverletzung, Linsenverlust sowie nasaler und temporaler Lidverletzung
am linken Auge durch eine explodierte Glasflasche. Im Vorderabschnittsbefund zeigte
sich die Hornhaut zentral von 3 : 00 über 6 : 00 bis 9 : 00 Uhr perforiert. Die Perforation
setzte sich bei 3 : 00 und 9 : 00 Uhr auf der Sklera fort. Zudem war die Iris im oberen
Bereich an der Iriswurzel ausgerissen und es zeigte sich ein vollständiger Linsenverlust.
Der Visus lag zu diesem Zeitpunkt bei Handbewegungen, die Tensio war molle und die
Netzhaut bei bestehender Glaskörperhämorrhagie anliegend. Es erfolgte am selben Tag
eine Abtragung des nekrotisierten Irisgewebes sowie eine Sklera- (Vicryl 7 – 0), Bindehaut-
(Vicryl 9 – 0) und Hornhautnaht (Ethilon 10 – 0) Zudem wurde das Lid mittels Hautnähten
(Vicryl 5 – 0) nasal und temporal des linken Auges rekonstruiert und zusätzlich zur
lokalen Abschirmung
(Gentamycin ATR und Cefuroxim ATR) eine systemische Antibiose (Cefuroxim 1,5 g
2 × tgl. i. v.) über 10 Tage durchgeführt. In der Bildgebung via CT konnte ein Fremdkörper
ausgeschlossen werden. Eine Woche postoperativ erfolgte am linken Auge eine Pars-plana-Vitrektomie
zur Entfernung des persistierenden Hämophthalmus. Dabei zeigte sich eine subretinale
Blutung nasal der Papille und temporal der Makula. Die Linse konnte im Glaskörperraum
nicht aufgefunden werden, sodass am ehesten ein Verlust nach extern im Rahmen des
Unfallereignisses angenommen werden kann. Intraoperativ erfolgte eine Irisnaht bei
12 : 00 Uhr mit Prolene 10 – 0. Zur stationären Entlassung lag der Visus links weiterhin
bei Handbewegungen, der Bulbus war gut tonisiert und die Netzhaut anliegend.
Nach konservativer Weiterbehandlung durch den niedergelassenen Kollegen und zwischenzeitlicher
Entfernung von lockeren Hornhautfäden konnte 8 Monate nach der primären Wundversorgung
am linken Auge ein Visus unter Aphakiekorrektur + 10,0 dpt von 0,8 LogMAR nachgewiesen
werden. Es zeigte sich ein reizfreier Vorderabschnitt mit Aphakie, großer zentraler
Hornhautnarbe von 3 : 00 über 6 : 00 bis 9 : 00 Uhr, tiefer Vorderkammer, Irisdefekt
von 9 : 00 über 12 : 00 bis 3 : 00 Uhr ([Abb. 3]) bei einem Intraokulardruck von 20 mmHg und zirkulär anliegender Netzhaut. Wegen
vermindertem Visus durch die Hornhautnarbe, ausgeprägter Blendempfindlichkeit durch
den großflächigen Irisdefekt und die Aphakie wurde die operative Aphakie-/Aniridieversorgung
in Kombination mit einer Keratoplastik des linken Auges geplant.
Abb. 3 Vorderabschnitt links 8 Monate nach Primärversorgung.
Operation und Verlauf
15 Monate nach der Primärversorgung des linken Auges erfolgte die operative Rekonstruktion
mittels Artificial Iris Modell C1 (Sklerafixierung) der Firma Ophtec mit Farbnummer
3223. Die refraktive Stärke der IOL von + 24,5 dpt wurde via IOL-Master 700 (Firma
Zeiss) unter Nutzung der SRK-T/II-Formel mit einer A-Konstanten von 119,4 berechnet.
Zu Beginn erfolgte eine Peritomie des linken Auges. Der Sulcus ciliaris wurde diaphanoskopisch
bei 4 : 00, 8 : 00 und 12 : 00 Uhr markiert und entsprechende Skleradeckel präpariert.
Zur Stabilisierung des Bulbus wurde der Flieringa-Ring aufgelegt. Danach erfolgte
an den 3 Ösen der IOL-Haptik das Vorlegen von 10-0-Prolene-Schlaufen mittels Cow-Hitch-Technik
nach Peden et al. [4]. Danach wurden die Schlaufen mittels Häkchen gefasst. Anschließend wurde die perforierende
Hornhauttransplantation mit dem Hessburg-Barron-Trepanationssystem (7,5 mm) am Spender-
und Empfängerauge durchgeführt. Daran schloss sich das Einfädeln der vorgelegten Prolene-Schlaufen
durch die Ösen und das Fassen der Haptiken an. Anschließend erfolgte das Aufnähen
des Hornhauttransplantates mit 4 Einzelknopfnähten sowie fortlaufender Naht mit Nylon
10 – 0. Bei gut zentrierter IOL wurde diese mit den vorgelegten Prolene-Fäden lamellär
in der Skleratasche fixiert. Der
Skleradeckel wurde mit Nylon 10 – 0 verschlossen. Bei gut sitzender IOL und tonisiertem
Bulbus wurde die Bindehaut mit Vicryl 8 – 0 genäht. Postoperativ erfolgte die antibiotische
Abschirmung lokal mit Ofloxacin ATR und nach erfolgtem Epithelschluss die Abstoßungsprophylaxe
durch Dexamethason ATR zusätzlich zur systemischen Abstoßungsprophylaxe via Prednisolon
in absteigender Dosierung.
Drei Monate postoperativ befand sich der Visus links bei 0,7 LogMAR, wobei der nahtbedingte
Astigmatismus bereits etwas nachgelassen hatte (subjektive Refraktion linkes Auge:
sph + 2,0, cyl − 3,0, A 100°), aber immer noch eine Cornea-plana-ähnliche Hornhautkonfiguration
mit zentraler Aufsteilung bestand ([Abb. 4 a]). Der Vorderabschnitt links stellte sich weiterhin reizfrei dar bei gut sitzendem,
klarem Transplantat mit zentraler Artificial Iris ([Abb. 4 b]), einer Tensio von 20 mmHg und einer zirkulär anliegenden Netzhaut. Im Vorderabschnitts-OCT
des linken Auges ließ sich das Irisimplantat mit optischem und prothetischem Anteil
sehr gut darstellen und im Bereich der Hornhaut war der Übergang von eigener zu Spenderhornhaut
gut erkennbar ([Abb. 4 c]). Der Patient war auch hinsichtlich des kosmetischen Ergebnisses (vor allem im Vergleich
zum Partnerauge) sehr zufrieden ([Abb. 4 d]).
Abb. 4 Von links oben nach rechts unten: a Hornhauttopografie links 3 Monate postoperativ. b Vorderabschnitt links 3 Monate postoperativ. c Vorderabschnitts-OCT links 3 Monate postoperativ. d Übersichtsaufnahme 3 Monate postoperativ.
Diskussion
Die ersten chirurgischen Methoden zur Rekonstruktion der Iris wurden bereits in den
1950er-Jahren von Peter Choyce entwickelt [5]. Seitdem hat sich das Spektrum möglicher Rekonstruktionsvarianten erheblich erweitert.
So werden von verschiedenen Firmen Modelle zur reinen Irisrekonstruktion oder alternativ
mit zusätzlicher optischer Wirkung angeboten.
Das hier verwendete Modell C1 der Firma Ophtec kombiniert die optische Wirkung einer
Intraokularlinse mit der Rekonstruktion der Iris. Es stellt dabei eine Weiterentwicklung
der 311 Aniridie-IOL II dar, die nur über ein Spektrum von 4 verschiedenen Farben
verfügte (schwarz, grün, braun oder blau), zur Sklera-, Sulcus- und intrakapsulären
Fixation geeignet und ebenfalls mit und ohne Optik verfügbar war [6]. In verschiedenen Untersuchungen zeigten sich für dieses ältere Modell als postoperative
Ergebnisse eine Visusverbesserung und Abnahme der Blendempfindlichkeit [7], [8]. Als mögliche Komplikationen traten Glaukom, zystoides Makulaödem und Iritis auf
[8]. Wobei derartige Komplikationen deutlich häufiger in Augen zu finden waren, die
eine komplexe medizinische und chirurgische Vorgeschichte hatten [1]. In einer Fallbeschreibung zur
Implantation von Modell C1 über 6 Monate postoperativ wurden keine Komplikationen
wie Anstieg des Augeninnendrucks oder Endothelzellverlust festgestellt [9].
Eine Kombination der Aniridie-IOL mit einer perforierenden Keratoplastik ist für Modell
311 möglich und beschrieben [10]. In einer Übersicht zur Kombination von IOL-Implantation, Irisrekonstruktion mittels
Prothese (Artificial Iris, Human Optics) und perforierender Keratoplastik als Triple
Procedure zeigten sich im Ergebnis eine Visusverbesserung, eine höhere kosmetische
Zufriedenheit und insgesamt eine Verbesserung der Lebensqualität [11].
In den hier vorgestellten Kasuistiken über die Implantation der Aniridie-IOL Modell
C1 der Firma Ophtec konnte in beiden Fällen postoperativ ein Visusanstieg und eine
deutliche Abnahme der Blendempfindlichkeit bei hoher Zufriedenheit mit dem kosmetischen
Ergebnis ermittelt werden. Die Möglichkeit der Kombination mit einer perforierenden
Keratoplastik wurde ebenfalls in einem der vorgestellten Fälle erfolgreich durchgeführt.
Bis zum aktuellen Zeitpunkt kam es postoperativ nicht zu den in der Literatur vorbeschriebenen
möglichen Komplikationen wie Iritis, Anstieg des Intraokulardrucks oder Transplantatversagen
[11]. Allerdings zeigte sich in Kasuistik 1 eine beginnende Hornhautendotheldekompensation,
wobei an dieser Stelle auf das Alter der Patientin und den Zustand nach Voroperationen
am betreffenden Auge hingewiesen werden muss. Aufgrund des noch relativ kurzen Nachbeobachtungszeitraums
kann jedoch zu möglichen Komplikationen noch keine
abschließende Aussage getroffen werden.
Zusammenfassend lässt sich anhand der beiden beschriebenen Fälle die Implantation
der Aniridie-IOL Modell C1 von Ophtec als praktikabel durchführbare und risikoarme
Methode der Irisrekonstruktion bewerten, die eine gute postoperative Patientenzufriedenheit
erzeugt und mit weiteren operativen Eingriffen (z. B. perforierende Keratoplastik)
kombinierbar ist. Die entscheidenden Vorteile des hier verwendeten Modells liegen
dabei in der besonders hohen Stabilität aufgrund der 3-Punkt-Fixierung, in der Möglichkeit
zur Versorgung mit Optik und Irisprothese in einem operativen Schritt und in der hohen
Individualität in der Anpassung durch die große Farbauswahl.