Schlüsselwörter
Hyperpigmentierung - Chronisch venöse Insuffizienz - Purpura pigmentosa progressiva
- kutane leukozytoklastische Angiitis - Livedovaskulopathie - Postinflammatorisch
- Diabetische Dermatopathie - Erythema gyratum repens
Keywords
Hyperpigmentation - Chronic venous insufficiency - Schamberg disease - Cutaneous small
vessel vasculitis - Livedoid vasculitis - Postinflammatory - Diabetic Dermatopathy
- Erythema gyratum repens
Hyperpigmentierungen am Bein treten häufig bei Patienten auf. Eine einzelne ursächliche
Diagnose gibt es aber nicht. Dieser Beitrag soll einen kurzen Einblick in mögliche
Differenzialdiagnosen geben, die zugrunde liegenden Pathomechanismen nennen und Behandlungsmöglichkeiten
diskutieren.
Chronisch-venöse Insuffizienz
Chronisch-venöse Insuffizienz
Bei Hyperpigmentierungen ist zunächst im phlebologischen Alltag an die chronisch-venöse
Insuffizienz (CVI) zu denken.
Die CVI hat ein breites Spektrum an sichtbaren Veränderungen, u.a. reversible oder
persistierende Ödeme, Corona phlebectatica paraplantaris, perimalleoläre Kölbchenvenen,
Atrophie blanche, das floride oder abgeheilte Ulcus cruris und die Purpura jaune d’ocre
[1].
Dabei steht die Purpura jaune d’ocre für die Hyperpigmentierungen am Bein ([Abb. 1]).
Abb. 1 Chronisch-venöse Insuffizienz (CVI), hier Darstellung der bräunlichen Hyperpigmentierung
mit zentraler Atrophie blanche und Corona phlebectatica paraplantaris. Quelle: Prof.
Dr. med. E. Rabe.
Sie entsteht durch die chronische Rückflussstörung von venösem Blut bei Klappeninsuffizienz
oder Obstruktion im Rahmen von Varikose oder postthrombotischen Veränderungen. In
der Folge entsteht eine ambulatorische venöse Hypertonie, die sich bis in den kapillären
Bereich fortsetzt. Dort kommt es zu einer Permeabilitätsstörung mit Übertritt von
Erythrozyten und Leukozyten ins Interstitium und einer chronischen Entzündungsreaktion.
Die zugrunde gegangenen Erythrozyten sind für die Hämosiderinablagerung mit sichtbarer
Hyperpigmentation verantwortlich [2]. Als weitere Folge können die chronischen Störungen irreversible Veränderungen an
den Venen, der Kutis, dem subkutanen Fettgewebe und den Muskelfaszien hervorrufen
[2]. Patienten können zudem über Schmerzen, Spannungs- oder Schweregefühl in den Beinen
klagen.
Die Behandlung der CVI sollte grundsätzlich immer eine Kompressionstherapie einschließen.
Diese umfasst Kompressionsverbände, Kompressionsstrümpfe unterschiedlicher Kompressionsklassen
bis hin zu den neuen medizinisch adaptiven Kompressionstherapien (MAK) [3].
Sollte der CVI eine Varikose zugrunde liegen, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten
der Therapie, die hier nur exemplarisch aufgeführt werden sollen.
Die interventionellen Behandlungsmöglichkeiten umfassen die Sklerosierung, die operative
Entfernung der erkrankten Venen und die endothermischen Verfahren.
Zur chemischen Ablation kann entweder die Flüssig- oder die Schaumsklerosierung angewandt
werden [3].
Die operative Behandlung der CVI umfasst die Krossektomie und das Entfernen der erkrankten
Venen durch das Strippingverfahren [3]. Bei den endothermischen Verfahren, etwa Laser- oder Radiofrequenzablation, kommt
es durch die Hitze zu einem Schrumpfungsprozess der behandelten Vene, die im weiteren
zeitlichen Verlauf vom Körper resorbiert wird [3]
[4].
Purpura pigmentosa progressiva
Purpura pigmentosa progressiva
Die Purpura pigmentosa progressiva (PPP), auch Morbus Schamberg genannt, präsentiert
sich meist mit einem symmetrischen Beginn an den Unterschenkeln, selten greift diese
dann auf Oberschenkel, den Stamm und Arme über [5].
Es zeigen sich unregelmäßig konfigurierte, unterschiedlich große bräunliche bis rote
Flecken mit randständigen, cayennepfefferartigen Petechien ([Abb. 2]) [6].
Abb. 2 Purpura pigmentosa progressiva (PPP), hier Darstellung von bräunlichen bis rotbräunlichen
Makulae und randständigen, cayennepfefferartigen Petechien.
Im Verlauf wechselt die Hyperpigmentierung ins Gelblich-Ockerfarbige.
In den meisten Fällen verläuft die PPP asymptomatisch und hat einen chronischen Verlauf
über mehrere Monate bis Jahre [5]. Die Ätiopathogenese ist nicht vollständig verstanden. Diskutiert werden Arzneimittel,
Infekte und andere Faktoren (z.B. Nahrungsmittelzusatzstoffe, CVI und Kontaktallergene)
als auslösende Faktoren [7].
Die Therapie ist meist frustran und kosmetisch unbefriedigend. Zunächst gilt es bei
Verdacht auf auslösende Faktoren diese zu meiden. Bei einer zugrunde liegenden CVI
kann eine adäquat durchgeführte Kompressionstherapie die Abnahme der PPP begünstigen
[5]. Kurzzeitig können zudem topische glukokortikosteroidhaltige Cremes und Salben helfen.
Bei ausgeprägten Formen können Creme- oder Bade-PUVAs durchgeführt werden [5]. Bei ausgeprägten Formen können auch systemische Glukokortikoide verschrieben werden.
Kutane leukozytoklastische Angiitis
Kutane leukozytoklastische Angiitis
Die kutane leukozytoklastische Angiitis ist eine Kleingefäßvaskulitis, die durch eine
neutrophile Entzündung gekennzeichnet ist, die überwiegend auf die oberflächlichen
kutanen postkapillären Venolen beschränkt ist und keine systemische Vaskulitis oder
Glomerulonephritis aufweist [8]. Die Krankheit kann in jedem Alter auftreten und zeigt typischerweise eine nicht
blanchierende, tastbare Purpura und/oder Petechien der unteren Extremitäten mit unifokaler
oder multifokaler Verteilung ([Abb. 3]) [9].
Abb. 3 Kutane leukozytoklastische Angiitis, hier Darstellung der kleinfleckigen roten bis
rotbräunlichen Purpura. Quelle: Universitätsklinikum Essen.
Die Läsionen können verschmelzen, ulzerieren oder von hämorrhagischen Blasen umgeben
sein [10]. Eine Urtikaria kann ebenfalls beobachtet werden. Läsionen sind normalerweise nicht
schmerzhaft, obwohl sie Brennen und Juckreiz verursachen können. Fieber, (Poly-)Arthralgien,
Arthritiden oder Myalgien können ebenfalls bestehen [10].
Die Krankheit kann idiopathisch sein (in bis zu 50% der Fälle) oder sekundär durch
Infektionen, Medikamente, Bindegewebserkrankungen oder Malignome verursacht werden
[10].
Die Therapie ist davon abhängig, ob es einen auslösenden Faktor gibt. Falls ein auslösender
Faktor isoliert werden kann, sollte dieser eliminiert oder behandelt werden [8]. Bei Schmerzen sollten Analgetika eingesetzt werden. Je nach Ausprägung der kutanen
leukozytoklastischen Angiitis können entweder nur topische Kortikosteroide und Kompression
oder zusätzlich systemische Kortikosteroide eingesetzt werden [11]. Zum Ausschluss einer Nierenbeteiligung sollte ein 24-h-Sammelurin oder eine Urinproteinanalyse
durchgeführt werden [11].
Livedovaskulopathie
Die Livedovaskulopathie ist eine seltene chronische Gefäßerkrankung, die durch blitzfigurenartige
Hyperpigmentierungen und anhaltende schmerzhafte Ulzerationen der unteren Extremitäten
gekennzeichnet ist [12]. Der Zustand tritt hauptsächlich am Unterschenkel oder Fuß auf.
Die genaue Ursache der Livedovaskulopathie ist weiterhin unklar, und es gibt verschiedene
Theorien, die sich auf Anomalien innerhalb der Blutgefäßwand und im zirkulierenden
Blut beziehen. Es ist wahrscheinlich, dass verschiedene Anomalien zur Gerinnung in
kleinen Blutgefäßen der Unterschenkel führen können [5]
[13]. Die Gefäßverschlüsse führen zu einer Entzündung und Nekrose der darüber liegenden
Haut, Ulzerationen und einer sehr langsamen Heilung [12]. Es besteht keine primäre Vaskulitis. Klinisch präsentieren die Patienten blitzfigurenartige
retikuläre, sattrote, livide, flächig indurierte Plaques und Erytheme ([Abb. 4]) [5]
[12].
Abb. 4 Livedovaskulopathie, hier beispielhaft die Livedo reticularis dargestellt.
Zumeist zeigen sich außerdem bizarre, meist sehr schmerzhafte und therapieresistente
flache Ulzera im Knöchelbereich [5]. Diese bilden sich oft im Jahreszeitenwechsel aus.
Die Therapie umfasst ein striktes Rauchverbot, das Absetzten von oralen Kontrazeptiva
bei Frauen und eine Antikoagulation [14]. Die Antikoagulation kann entweder mit einem niedermolekularen Heparin (z.B. Enoxaparin
1 mg/kg KG pro Tag), unfraktioniertem Heparin oder einem oralen Faktor-X-Inhibitor
(z.B. Rivaroxaban initial 2 × 10mg/Tag p.o., dann symptomadaptierte Therapie mit 1
× 10 mg/Tag p.o. [15]) eingeleitet werden.
Postinflammatorische Hyperpigmentierung
Postinflammatorische Hyperpigmentierung
Postinflammatorische Pigmentierungen sind eine oft vorübergehende Pigmentierung, die
auf eine Verletzung (z.B. eine thermische Verbrennung) oder eine entzündliche Störung
der Haut (z.B. Dermatitis, Infektion) folgt [16]. Eine postinflammatorische Pigmentierung wird auch als erworbene Melanose bezeichnet.
Eine tiefergreifende Verletzung kann zu einer postinflammatorischen Hypopigmentierung
führen, die auch dauerhaft sein kann [17].
Eine postinflammatorische Hyperpigmentierung folgt auf eine Schädigung der Epidermis
und/oder der Dermis mit Ablagerung von Melanin in den Keratinozyten und/oder der Dermis
[16]
[17].
Eine Entzündung in der Epidermis regt Melanozyten an, die Melaninsynthese zu erhöhen
und das Pigment auf umgebende Keratinozyten zu übertragen (epidermale Melanose) [16]
[18].
Postinflammatorische Hyperpigmentierungen befinden sich an der Stelle der ursprünglichen
Verletzung, nachdem sie verheilt ist. Die Läsionen haben eine hellbraune bis schwarze
Farbe ([Abb. 5]). Die Flecken können dunkler werden, wenn sie UV-Strahlen ausgesetzt werden [16]
[17].
Abb. 5 Postinflammatorische Hyperpigmentierung, Hyperpigmentierung am dorsalen Unterschenkel
nach perkutaner Phlebektomie. Quelle: PD Dr. med. F. Pannier.
Eine effektive Therapie ist nicht bekannt. Ein ausreichender Sonnenschutz mit LSF
50+ sollte immer empfohlen werden [16]. Kosmetische Abdeckungsstifte können verwendet werden.
Diabetische Dermatopathie
Diabetische Dermatopathie
Die diabetische Dermopathie, auch Binkley-Flecken oder prätibiale Pigmentflecken genannt,
ist eine Hauterkrankung, die durch hellbraune oder rötliche, ovale oder runde, leicht
eingedrückte schuppige Stellen gekennzeichnet ist, die am häufigsten am Schienbein
auftreten ([Abb. 6]) [19]
[20]. Obwohl diese Läsionen bei jedem auftreten können, insbesondere nach einer Verletzung
oder einem Trauma in der Region, sind sie eines der häufigsten Hautprobleme bei Patienten
mit Diabetes mellitus [20].
Abb. 6 Diabetische Dermatopathie, prätibialer bräunlicher, ovaler Naevus. Quelle: Prof. Dr.
med. E. Rabe.
Diabetische Dermatopathie-Läsionen sind harmlos. Sie erfordern normalerweise keine
Behandlung und neigen dazu, nach einigen Jahren zu verschwinden, insbesondere nach
einer verbesserten Blutzuckerkontrolle [21]. Im Allgemeinen sollten Bagatelltraumata vermieden werden.
Erythema gyratum repens
Das Erythema gyratum repens ist ein seltener paraneoplastischer Typ eines ringförmigen
Erythems mit einem charakteristischen figürlichen Erscheinungsbild der Holzmaserung.
Es besteht häufig ein Zusammenhang mit Malignomen [22].
Die starke Assoziation zwischen Erythema gyratum repens und Malignomen hat zu verschiedenen
pathogenetischen Hypothesen geführt.
Die Haupthypothese ist, dass das Erythema gyratum repens das Ergebnis einer Kreuzreaktion
zwischen 2 verschiedenen Antikörpern ist, die jeweils gegen Tumorantigene und Hautantigene
reagieren. Das verantwortliche Hautantigen ist nicht bekannt [23].
Eine alternative Hypothese ist, dass ein Tumor möglicherweise Substanzen produziert
hat, die in der Lage sind, die Bestandteile der Haut zu verändern, was zur Ablagerung
von Antikörpern und zur Komplementaktivierung führt [23].
Das Erythema gyratum repens präsentiert sich mit konzentrischen erythematösen Ringen,
die ein charakteristisches Aussehen der Holzmaserung aufweisen ([Abb. 7]) [24]. Die Ringe schreiten in Wellen voran [24]. Das Erythema gyratum repens ist sehr juckend. Die ringförmigen Plaques betreffen
am häufigsten die Gliedmaßen und den Rumpf [24].
Abb. 7 Erythema gyratum repens, ringförmiges Erythem mit einem charakteristischen figürlichen
Erscheinungsbild der Holzmaserung. Quelle: Universitätsklinikum Essen.
Die Behandlung des Erythema gyratum repens besteht darin, das primäre Malignom zu
identifizieren und zu behandeln. Das Erythema gyratum repens verschwindet normalerweise,
sobald das Malignom entfernt wurde, beispielsweise durch chirurgische Resektion. Topische
Steroide haben sich nicht als wirksam erwiesen [24].
Fazit
Eine Hyperpigmentierung des Beins ist ein Symptom, dem eine onkologische, dermatologische,
endokrinologische oder phlebologische Erkrankung zugrunde liegen kann. Eine ursächliche
Diagnose gibt es nicht, umfassende weitere Diagnostik ist essenziell, um den Patienten
die richtige Therapie anbieten zu können.