Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2021; 16(02): 64-68
DOI: 10.1055/a-1348-6415
Praxis
Grundlagen und Behandlung
© Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG

Darmgesundheit: Wichtiges Puzzleteil bei Heuschnupfen

Antje Rössler
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Publication Date:
15 April 2021 (online)

 

Summary

Die Manifestation eines Heuschnupfens oder anderer Allergien lässt sich nicht allein über eine Erhöhung von lgE-Antikörpern erklären. Ätiologisch relevant ist die sogenannte Kausalitätstriade. Faktoren der Kausalitätstriade sind unter anderem eine immunologisch nicht abgearbeitete virale, bakterielle oder parasitäre Infektion, Allergene und ein Umweltreizstoff. Der Darmschleimhaut kommt bei der Regulation von überschießenden Immunreaktionen eine Schlüsselrolle zu. Deswegen ist es sinnvoll, sie bei der Diagnostik und Behandlung von Heuschnupfen und anderen Allergien zu berücksichtigen.


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Weshalb ALLERGIEN ein multifaktorielles Geschehen darstellen und sich im Rahmen ihrer Behandlung eine Schleimhauttherapie empfiehlt

Kurz Gefasst
  1. Die Manifestation eines Heuschnupfens oder anderer Allergien lässt sich nicht allein über eine Erhöhung von lgE-Antikörpern erklären. Ätiologisch relevant ist die sogenannte Kausalitätstriade.

  2. Faktoren der Kausalitätstriade sind unter anderem eine immunologisch nicht abgearbeitete virale, bakterielle oder parasitäre Infektion, Allergene und ein Umweltreizstoff.

  3. Der Darmschleimhaut kommt bei der Regulation von überschießenden Immunreaktionen eine Schlüsselrolle zu. Deswegen ist es sinnvoll, sie bei der Diagnostik und Behandlung von Heuschnupfen und anderen Allergien zu berücksichtigen.

Die Leidenszeit für Pollenallergiker beginnt von Jahr zu Jahr früher und hält länger an. Warum ist das so? Die Anfälligkeit für Heuschnupfen und andere Allergien wird durch Faktoren, die in diesem Beitrag aufgezeigt werden, wesentlich beeinflusst. Und was die Belastung durch diese Faktoren angeht, zeigt sich in der Bevölkerung ein deutlicher Aufwärtstrend. Therapeutisch gilt es, diese Risikofaktoren zu kennen, eine Exposition, idealerweise auch gegenüber bekannten Kreuzallergenen, zu vermeiden und das Immunsystem zu stärken. Dabei spielt die Intaktheit der Darmschleimhaut eine wichtige Rolle.

Wie relevant ist die erbliche Disposition?

Eine erbliche Disposition zur Manifestierung einer Atopie (die allergische Rhinokonjunktivitis gehört zum atopischen Formenkreis) sollte immer erwogen werden, insbesondere dann, wenn beide Eltern Atopiker sind (Prävalenz der Atopie von 60–80 % in der Folgegeneration). Aber die Entstehung einer Atopie kann nicht allein der Genetik zugeschrieben werden. Neben der Ernährung, der Säure-Basen-Balance und dem psychischen Zustand spielen auch – wie im Folgenden ausgeführt – weitere Provokationsfaktoren eine wichtige Rolle.


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Wie entsteht Heuschnupfen?

Bei Allergien handelt es sich um ein hochkomplexes Geschehen mit einer überschießenden Reaktion des Immunsystems, das nicht auf einen einzelnen Faktor oder Auslöser zurückgeführt werden kann, sondern vielmehr multifaktoriell verursacht ist. Unterschiedliche Immunmediatoren sind daran beteiligt, dass es zu einer manifesten Allergie oder allergieähnlichen Beschwerden mit vielseitigen Symptomenkomplexen kommen kann.

Die allergische Rhinokonjunktivitis, besser bekannt als Heuschnupfen, stellt für den Organismus eine immunologische Intoleranz dar, die sich nur manifestiert, wenn drei Faktoren längerfristig gegeben sind. Eine alleinige Erhöhung von IgE-Antikörpern reicht nicht aus, um eine Allergie in Gang zu halten, da eine Konfrontation mit Antigenen und eine entsprechende Antikörperproduktion im physiologischen Zustand nach ca. drei Wochen ihren Höhepunkt erreicht hat und dann genauso schnell wieder abfällt, wie sie hochreguliert wurde. Der Organismus hat ein Toleranzsystem entwickelt, das Immunsystem über natürliche und adaptive T-regulierende Helferzellen auszugleichen, um die für eine Allergie typische nicht angepasste und überschießende Abwehrreaktion des Immunsystems zu relativieren. Daher müssen erst weitere Faktoren hinzukommen, damit sich eine Allergie manifestiert. Erst diese halten die Produktion von lgE weiter in Gang und verhindern ein Absinken.


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Welche weiteren Belastungsfaktoren gibt es?

Die sogenannte Kausalitätstriade ist für die Manifestation der typischen nicht angepassten und überschießenden Abwehrreaktion des Immunsystems verantwortlich und kann die Funktion verschiedener Organsysteme betreffen: Chronische Infekte, hervorgerufen durch Bakterien und/oder Hefepilze auf den Schleimhäuten des Respirations- und vor allem des Magen-Darm-Traktes, können das System belasten. Zu einer kumulativ-toxischen Steigerung der Gesamtbelastung tragen Stoffwechsel- und Abbauprodukte (Endo-, Exo- und Mykotoxine, Indol, Skatol, Biogene Amine und andere) bei. Hinzu kommen toxische Schwermetallrückstände aus Amalgamfüllungen, Kronen und Zahnbrücken oder Pessaren oder Ionomerstoffe aus verschiedenen Implantaten (Kunststoffe, Silikon, Acrylate, Dental-Zement). Darüber hinaus spielen endogene Belastungsfaktoren durch Umweltstressoren eine Rolle im allergischen Geschehen.

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Abb. 1 Ein Hauptallergen allein reicht nicht, damit sich eine Allergie manifestieren kann (Symbolbild). Quelle: Kirsten Oborny, Thieme Gruppe

Primär findet der Kontakt mit den oben genannten Fremdstoffen und Chemikalien im Respirationstrakt über die Atemluft, im Magen-Darm-Trakt über Nahrungsmittel und Trinkwasser sowie über die Haut statt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass von einer manifesten Allergie nur gesprochen werden kann, wenn die folgenden drei Faktoren gleichzeitig gegeben sind:

  • das Bestehen einer immunologisch nicht abgearbeiteten viralen, bakteriellen oder parasitären Infektion, zum Beispiel durch Staphylococcus aureus, Bordetella pertussis, Mykobacterium tuberculosis, Respiratory Syncitial Virus (RSV) sowie Herpesviren (zum Beispiel Epstein-Barr-Virus [EBV] oder Cytomegalievirus [CMV])

  • das Vorhandensein eines Hauptallergens aus der Nahrung, durch Pollen oder von Tierhaaren

  • Ein Reizstoff aus der Umwelt kommt dauerhaft hinzu (zum Beispiel Phenole, Schwermetalle, Aluminiumkumulation, PCB, Herbizide, Pestizide, Weichmacher aus Plastikflaschen etc.) [[1]].


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Allergieentstehung: Wie hängen Darmgesundheit und Immunsystem zusammen?

Kommt es aufgrund genetischer Prädisposition, körperlichem Zustand und/oder schädlicher Umwelteinflüsse zu Kommunikationsstörungen zwischen der Darm-Mikrobiota, dem Darmepithel und dem Darmimmunsystem, entstehen Barrierestörungen. Im schlimmsten Fall entwickelt sich ein durchlässiger Darm (Leaky Gut), der intestinale und extraintestinale Erkrankungen zur Folge haben kann. Ein Reizdarmsyndrom, chronisch entzündliche Darmerkrankungen sowie Leberbelastungen sind häufig zu diagnostizieren. Auch Allergien können die Folge sein.

Eine neuere Arbeit zeigt, dass mindestens 50–60 % der Reizdarmpatienten (seit 2016 werden diese korrekterweise als Patienten mit „Darm-Gehirn-Interaktionsstörungen“ bezeichnet [[2]]) eine nicht-klassische Lebensmittelallergie haben können. Die untersuchten Patienten zeigten keine Reaktion auf Lebensmittelantigene bei klassischen Lebensmittelallergietests (Haut-Prick-Test und Serum-IgE-Test auf gängige Lebensmittelantigene) [[3]].

Die Mechanismen, mit denen sich der Organismus vor einem unkontrollierten Übertritt von Substanzen oder Mikroben aus dem Darminhalt in die Blutbahn schützt, sind vielgestaltig. Angeborene natürliche Schutzvorrichtungen wie die Dichtheit des epithelialen Zellverbands, die Schleimbildung, die Lysozym- und Defensin-Produktion und die Makrophagenaktivität sowie spezifische Immunreaktionen (zum Beispiel Antikörper-Produktion der Plasmazellen) greifen dabei ineinander. Sie haben sich im Laufe der Evolution zu einem komplexen und fein abgestimmten Netzwerk entwickelt, das normalerweise für eine optimale Barrierefunktion sorgt. Diese verhindert überschießende entzündliche oder allergische Reaktionen. Ein wichtiges Stellglied in diesem Netzwerk ist die Schleimschicht, die zur Abwehr von Bakterien, Viren und Parasiten körpereigene, antimikrobielle Peptide bereithält.

Deshalb scheint es sinnvoll, die Schleimhaut des Darms – ihr Zustand ist über einen Stuhl-Befund darstellbar – in der Diagnostik unbedingt zu berücksichtigen, da ihr bei der Regulation von immunologischen Überschussreaktionen eine Schlüsselrolle zukommt [[4]].


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Was passiert bei einer allergischen Reaktion?

  1. Allergene dringen über die natürlichen Schutzbarrieren – bestehend aus Schleimhäuten und dem antiseptisch wirkenden Schutzanstrich von physiologischen Bakterien – in den Körper ein. Sie werden von antigenpräsentierenden Zellen absorbiert, an ein sogenanntes HLA-Molekül der Klasse II gebunden und entsprechenden immunkompetenten T-Lymphozyten präsentiert.

  2. Es findet eine Erkennung durch T4-Zellen vom Typ-T-Helferzelle 2 (TH2) statt. Diese produzieren Botenstoffe, sogenannte Zytokine, die eine Entzündungsreaktion auslösen (dazu gehören die Interleukine 4 [IL-4] und 13 [IL-13]). Die Synthese von IgE durch B-Lymphozyten wird auf diese Weise angeregt.

  3. An Mastozyten binden sich IgE-Antikörper. Auf die Stimulation durch weitere Allergene wird mit der Freisetzung von Entzündungsmediatoren reagiert. Prominentester Vertreter ist das Histamin. Darüber hinaus sind Prostaglandine, die durch die Aktivierung des Enzyms Cyclooxygenase 2 (Cox2), und Leukotriene, die durch das Enzym 5-Lipoxygenase (5-Lox) synthetisiert werden, beteiligt.

  4. Als Reaktion auf diese Allergene können ödematöse Schwellungen der Schleimhäute an allen im Körper befindlichen Schleimhäuten auftreten. Diese stellen eines der Hauptsymptome einer Allergie dar.

  5. T-Lymphozyten setzen diese Reaktionen über die Ausschüttung von IL-5, IL-3 und des Granulozyten-Monozyten-Kolonien-stimulierenden Faktors (GM-CSF) fort. Auf diese Weise werden eosinophile Granulozyten in die Entzündungsbereiche geschleust [[5]].

Wie sehen die Folgen einer solchen zunächst physiologischen Reaktion langfristig aus?

Durch die Reaktionskaskade können die Zellstrukturen des Immunsystems und/oder des Zentralnervensystems dauerhaft angegriffen sowie Stoffwechselvorgänge behindert oder sogar blockiert werden. In Folge kann direkt ein immunotoxischer oder mitogener Effekt auf die Blutzellsubpopulationen sowie ein Absinken des sekretorischen Immunglobulins registriert werden, sofern eine Stuhllabordiagnostik genutzt wurde. Dies ist in der Regel verbunden mit einer erhöhten Infektanfälligkeit der Haut, der Schleimhäute, der Bronchien und des Darmes, die bei Allergikern besonders ausgeprägt ist, und kann in einem direkten Zusammenhang mit dem Schweregrad für Covid-19-Infektionen stehen. Das Darmmikrobiom von Covid-19-Patienten ist gestört [[6]].

Auch können sich über die neurotoxischen Wirkungen von Umweltschadstoffen Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten, Zittern, Antriebslosigkeit, Schlaf- und Herzrhythmusstörungen bis hin zu Lähmungen und depressiven Problemen entwickeln. Das erklärt auch die gestörte Freisetzung von Katecholaminen bei umweltsensitiven Hyperkinetikern (Dopamin) und Atopikern (Noradrenalin) und somit den Dauerstress aus immunologischer Sicht [[1]]. Dieser kann ein Auslöser für eine wiederholte Mobilisierung von Schadstoffen sein, die im Fett- und Bindegewebe, im Knochen sowie im Nervensystem gespeichert sind. Über das Blut-Lymphe-Nerven-System kann sich diese proentzündliche Disposition bis über die Blut-Hirn-Schranke hinaus bemerkbar machen.


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Erweiterte Diagnostik bei Heuschnupfen

Folgende diagnostischen Überlegungen und Schritte sind ratsam, um strukturiert bei Verdacht auf einen Heuschnupfen oder andere Allergien vorzugehen:

  1. Ausführliche Anamnese mit einer Darmcheckliste und Abfrage von Ernährungsgewohnheiten, Impfungen, möglichen Schwermetallbelastungen (Beruf, Zahnfüllmaterial, Deo etc.)

  2. Standardtest auf IgE-AK zum Beispiel mithilfe von PräScreen® Allergie oder Allergo-Screen® Nahrungsmittel Bluttest. Hilfreich ist der PräScreen® IgG-Test (alle Tests Fa. Ganzimmun Diagnostics AG), der gleichzeitig IgG-AK ermittelt, um auch die Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu detektieren, die das Immunsystem verzögert aktivieren können

  3. Parallel dazu eine erweiterte Mikrobiota-Diagnostik mit Test auf Glutenunverträglichkeit; bei Auffälligkeiten von entzündlichen Faktoren im Anschluss gegebenenfalls auch weitere differenzialdiagnostische, nicht invasive Stuhlparameter oder eine Mikrobiom-Gensequenzierung zur Erfassung von nicht bebrütbaren Keimen

  4. Zunächst klassisches Blutlabor, bei chronischen oder ausgeprägten Allergien auch unbedingt ein ärztlich durchgeführtes Virenscreening

  5. Vollblutmineralanalyse, um Defizite im Mineralstoff- und Spurenelementhaushalt festzustellen, insbesondere Zink und Magnesium

  6. Vitamin-D3-Spiegel, Vitamin-B12-Spiegel über Holo-Transcobalamin und Folsäurestatus aus dem Serum

  7. Lymphozytentypisierung, Zytokinprofil (Interleukine) in hierfür spezialisierten Laboren


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Beispiele therapeutischer Optionen bei Heuschnupfen

Da die verschiedenen oben aufgeführten Faktoren bei der Behandlung von Heuschnupfen zu berücksichtigen sind, ist in vielen Fällen eine individuelle Therapie erforderlich. Diese muss sich unter anderem an den Laborergebnissen orientieren. Eine vorausgegangene oder sogar noch bestehende Belastung durch virale, bakterielle oder parasitäre Infektionen muss therapeutisch miteinbezogen werden. Die Belastung durch Schwermetalle in Zahnfüllungen erfordert gegebenenfalls eine Zahnsanierung mit unterstützenden entgiftenden Maßnahmen (Unterstützung von Leber, Nieren). Mikronährstoffmängel müssen behoben werden, und es sollte eine Ernährungsumstellung erfolgen. Diese muss sich am Ergebnis der Reaktionen auf Unverträglichkeitstests orientieren, um einen dauerhaften Erfolg zu erzielen und das Immunsystem von Triggern zu entlasten. Darüber hinaus sollte die neue Ernährung auch auf Magen und Darm antientzündlich wirken. Hier empfiehlt sich die zusätzliche Beratung durch eine Diätassistenz mit zertifizierter Qualifikation im Bereich Immunologie und Darmgesundheit.

Der Blasen-Meridian bezieht seine Energie aus dem Dünndarm- Meridian. Daher ist eine erfolgreiche Allergiebehandlung ohne Nieren- und Blasenstärkung nicht möglich. Diese kann im Akutfall den Gebrauch von Antihistaminika deutlich reduzieren. Mit zum Beispiel Akutur® spag. Peka (Fa. Pekana), 3 × tgl. 25 Tr. in etwas Flüssigkeit, steht ein die Organfunktion der Niere unterstützendes spagyrisches Präparat zur Verfügung.

Eine besondere Rolle spielt der Darm im Zusammenhang mit der Therapie von Heuschnupfen, nicht nur weil er geschätzte 70 % des Immunsystems beherbergt, sondern auch durch seine Verdauungsleistung (Enzyme, Diaminoxidasebildung, Transportproteine) und seine Funktion als Ausscheidungsorgan. Für viele dieser Aufgaben ist die Darmschleimhaut (mit)verantwortlich. Sie bildet mit der Muzinschicht und darüber befindlicher Darmmikrobiota eine wichtige Barrierefunktion und schützt die Darmwand vor Entzündungen.

Schleimhauttherapie

Therapeutisch sollte daher an erster Stelle das Potenzial von anabolen Peptiden für die Regeneration der Schleimhäute genutzt werden, um eine vorhandene Durchlässigkeitsstörung oder sogar Entzündung zurückzudrängen, zum Beispiel mit Stoffwechselprodukten von Escherichia coli, wie sie enthalten sind in Colibiogen® oral und im wirkstoffidentischen Synerga® (Fa. Laves), das keine Aromen enthält und nicht durch Konservierungsmittel stabilisiert wird.

Naturheilkundliche Stoffwechselpräparate, die keine Bakterien enthalten, besitzen einige Vorteile: Einerseits wird sogenannten anabolen Eiweißbausteinen eine Wirkung auf immunmodulierende Faktoren zugerechnet. Andererseits besteht kaum eine Gefahr einer unkontrollierten Stimulation von überschießenden Reaktionen, da sie keine Proteine, DNS oder höhermolekulare Zellwandstrukturen enthalten. Die enthaltenen essenziellen und nicht essenziellen Aminosäuren dienen dem Aufbau von Struktur- und vor allem Reparaturproteinen. Diese haben eine wichtige Funktion im Hormon- und Neurotransmitterstoffwechsel, bei der hepatischen Entgiftungsreaktion sowie der Synthese von Substanzen, die der Energiebereitstellung dienen. Eine ausreichende Proteinbiosynthese ist davon abhängig, ob die einzelnen Aminosäuren im Körper in den richtigen Mengen und im richtigen Verhältnis zueinander vorhanden sind. Ihr therapeutischer Einsatz in der Regeneration von geschädigten Schleimhautsystemen, insbesondere bei einem Leaky-Gut-Syndrom, aber auch bei einer Allergie, ist nicht mehr wegzudenken. Hand in Hand mit Probiotika lässt sich die Symbiose wiederherstellen [[4]].

Es empfiehlt sich eine anfängliche Therapie für 14 Tage. Danach kann das Milieu der Darm-Mikrobiota zusätzlich mit Milchsäurebakterien unterstützt werden, zum Beispiel mit Lactobiogen ® (Fa. Laves), BactoFlor® oder Mikrobiom-Intercell® (beide Präparate Fa. Intercell-Pharma). Auf diese Weise wird die Darm- Mikrobiota wieder mit den dafür physiologisch geeigneten Bakterien besetzt und die Vermehrung der residenten wandständigen Mikrobiota angeregt.

Die Schleimhauttherapie mit anabolen Peptiden ist sofort einsetzbar, ohne dass abgewartet werden muss beziehungsweise klar ist, ob eine echte Allergie oder eine Nahrungsmittelunverträglichkeit vom verzögerten Typ vorliegt. Der Einsatz empfiehlt sich sogar vorbeugend bereits vor der Allergiesaison zum Schutz der Schleimhäute [[7]].

Zur Therapiebegleitung bei jeglicher Art von Schleimhautentzündungen empfehlen sich zudem als gute Basistherapeutika (aber nicht als Akutmittel) zu den oben genannten Präparaten Opsonat ® spag. Peka Tropfen (Fa. Pekana) oder Cedron Komplex Nr. 163 Dilution (Fa. Nestmann), um die Regeneration der Barrierefunktion der Schleimhäute noch besser zu unterstützen. Zudem können alternativ hochqualitative essenzielle Aminosäuren oder entfettetes, entkaseiniertes Colostrum eingesetzt werden.


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Wie lange muss man die Schleimhaut behandeln?

In der Regel dauert es etwa drei bis vier Monate, bis sich eine Schleimhaut vollständig regeneriert hat. Zwar ist die Besserung nach einer Schleimhauttherapie oft nach wenigen Tagen bis Wochen spürbar, doch ein verfrühtes Absetzen der Therapeutika kann einen Rückfall nach sich ziehen. Um eine Erstverschlimmerung zu vermeiden, sollte bei sensiblen Patienten (zum Beispiel Neurodermitikern oder Allergikern mit Hautproblemen oder Asthma) einschleichend behandelt werden.

Während der Zeit, in der sich die Schleimhaut regenerieren muss, sollte mit lebenden Bakterien, die eine stark immunanregende Wirkung haben (zum Beispiel E. coli, etwas geringer auch Enterokokken) nicht oder (nur bei jeglichem Fehlen von Entzündlichkeitsparametern im Stuhl!) sehr vorsichtig therapiert werden, weil sie ein ohnehin stark gefordertes Immunsystem zusätzlich belasten können. Ist die Schleimhaut wieder intakt, können lebende Bakterien eingesetzt werden, um eine physiologische Mikrobiota aufzubauen, die den Körper zusätzlich vor Allergenen schützen kann. In der Regel ist das ab dem 30. Tag einer konsequenten Schleimhauttherapie gut möglich.


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Therapieoption in besonders hartnäckigen Fällen

Für besonders hartnäckige und schon länger bestehende allergische Reaktionen, die sich mit steigendem Alter eventuell noch verschlimmert haben, steht naturheilkundlich eine Low-Dose-Immuntherapie mittels der Mikroimmuntherapie zur Verfügung. Mit dieser kann die achtwöchige Schleimhautaufbautherapie in Kombination mit einer gezielten probiotischen Therapie vervollständigt werden. Zur Therapie werden mittels Ergebnis des Zytokinprofils entsprechend immunmodulierende Kombinationen von zielgerichteten Immunbotenstoffen in niedrigen Dosierungen über entsprechend individuelle Präparate ausgewählt. Die Mikroimmuntherapie ist darauf ausgerichtet, die Sekretion von proentzündlichen Botenstoffen herunterzuregulieren [[8]]. Langfristiges Ziel sollte es daher sein, die Barrierefunktion des Darms und aller damit verbundenen Schleimhautsysteme zu unterstützen. Dies ist nur möglich, wenn die Homöostase des Proteinumsatzes sichergestellt ist [[9]]. Dazu ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 und Folat erforderlich, da diese einen der wichtigsten Remethylierungsprozesse von Homocystein zum Methionin bewerkstelligen. Methionin ist wiederum für die Produktion von nicht essenziellen Aminosäuren im Organismus wichtig, um den Mukosablock selbstinitiierend zu schützen und zu regenerieren [[10]]. Weitere wichtige Orthomolekularia sind Zink, Vitamin C und Magnesium.

Dieser Artikel ist online zu finden:
http://dx.doi.org/10.1055/a-a-1348-6415


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PHDR. Antje Rössler, MSC., MSC.

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Antje Rössler hat unter anderem Abschlüsse in Gesundheitswissenschaften und Public Health, Klinischer Ernährungsmedizin, Ernährung und Sport und als PTA. Sie ist Therapeutin für Orthomolekulare Medizin sowie Geschäftsführerin der Akademie für Immunologie und Darmgesundheit® in Hamm. Sie bietet akkreditierte unabhängige Fachfortbildungen für Angehörige aller Heilberufe und für Pharmazeuten an, insbesondere zum Thema Immunologie, Darmgesundheit und Krebsprävention.


Internet: www.akademie-immunologie.de

No conflict of interest has been declared by the author(s).

  • Literatur

  • 1 Ionescu JG. Die Kausalitätstriade allergischer Erkrankungen. OM & Ernährung 2006; 117: F10-F15
  • 2 Drossman DA. Functional Gastrointestinal Disorders: History, Pathophysiology, Clinical Features and Rome IV. Gastroenterology. Feb 19 2016
  • 3 Fritscher-Ravens A, Pflaum T, Mösinger M. et al. Many Patients With Irritable Bowel Syndrome Have Atypical Food Allergies Not Associated With Immunoglobulin E. Gastroentrerology. May 14 2019
  • 4 Rössler A. Epidemiologische Analyse zur Eignung einer erweiterten Darm- Mikrobiota-Diagnostik als Public Health Auftrag. Dissertation. 2017
  • 5 Urbanek R, Nemat K. Allergologie. Entstehung allergischer Entzündung mit beteiligten Zytokinen und Mediatoren. Pädiatrie. 2019: 253-263
  • 6 Lamers MM, Beumer J, van der Vaart J, Knoops K. et al. SARS-CoV-2 productively infects human gut enterocytes. Science 2020; Jul 3 369 (6499) 50-54
  • 7 Blecher P, Ruëff F, Thomas P, Przybilla B. Preventive effect of an E.coli-filtrate (EF) in seasonal allergic rhinoconjunctivitis (SAR). Allergy Clin. Immun. News, Supp.2 1878. 1994
  • 8 Im Internet: https://www.mikroimmuntherapie.com/wirkungsweise/ (Stand: 09.03.2021)
  • 9 Karlson P, Doenecke D. Karlsons Biochemie und Pathobiochemie. 15. Aufl. Stuttgart und New York: Thieme; 2005
  • 10 Marshall WJ, Lapsley M, Day AP, Ayling R, Muth M. (Hrsg.) Clinical biochemistry. Metabolic and clinical aspects. 3. Aufl. Edinburgh und New York: Churchill Livingstone/Elsevier; 2014

  • Literatur

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Abb. 1 Ein Hauptallergen allein reicht nicht, damit sich eine Allergie manifestieren kann (Symbolbild). Quelle: Kirsten Oborny, Thieme Gruppe