PPH 2021; 27(02): 102
DOI: 10.1055/a-1334-8833
Rund um die Psychiatrie

Für Sie gelesen: Aktuelle Studien

Jörg Kußmaul

O‘Reilly CA, Hall N. Grandiose narcissists and decision making: Impulsive, overconfident, and skeptical of experts – but seldom in doubt. Personality and Individual Differences 2021; 168: 110280. https://doi.org/10.1016/j.paid.2020.110280

Hintergrund: Narzissmus zeichnet sich aus durch Grandiosität, Selbstvertrauen, Risikobereitschaft, Impulsivität, eine überhöhte Sicht auf die eigenen Fähigkeiten, ein Gefühl der Berechtigung und geringes soziales Einfühlungsvermögen. Um eigene Ziele zu erreichen, neigen narzisstische Menschen dazu, andere Personen zu beeinflussen und reagieren aggressiv und feindselig, wenn sie herausgefordert werden.

Hohe Leitungspositionen in Organisationen werden oftmals von narzisstischen Menschen besetzt. Sie stellen – ebenso wie im Umgang mit anderen Menschen – das eigene Interesse vor das der Organisation. Diese Forschungsarbeit untersuchte, wie sich narzisstische Verhaltensweisen auf die Qualität von Entscheidungen in Organisationen auswirken.

Methode: Es wurden zwei verschiedene Studienansätze mit 252 Probanden implementiert. In beiden Studien wurde das „16-item Narcissistic Personality Inventory“ genutzt, um narzisstische Verhaltensweisen zu messen. Weitere Skalen wurden verwendet, um die Einflussfaktoren auf das Verhalten zu beurteilen, zum Beispiel Selbstvertrauen, Urteilsvermögen und Schuldzuweisungen. Für die Datenanalyse wurden Korrelations- und Signifikanzberechnungen angewendet.

Ergebnis: Bei narzisstischen Menschen mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein, Impulsivität und Ignoranz gegenüber Expertenratschlägen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie schlechte Entscheidungen treffen. Dabei gilt, dass nicht der Narzissmus per se die Wahrscheinlichkeit erhöht, eine falsche Wahl zu treffen, sondern dessen Auswirkungen. Insbesondere konnte aufgezeigt werden, dass Narzissten darauf beharren, dass etwas vermeintlich richtig war oder die Schuld an einer falschen Entscheidung einer anderen Person zuschrieben.

Fazit: Narzisstische Menschen in Leitungspositionen treffen oftmals falsche Entscheidungen. Diese sind insbesondere dann risikoreich, wenn das Leben und die Lebensweise anderer Menschen direkt beeinflusst werden. In Krisensituationen können aber gerade diese narzisstischen Attribute eine schnelle und selbstbewusste Entscheidungsfindung, Stabilität und Sicherheit für andere Menschen ausstrahlen.

Dr. Jörg Kußmaul

Delvecchio E, Germani A, Raspa V et al. Parenting Styles and Child’s Well-Being: The Mediating Role of the Perceived Parental Stress Europe‘s Journal of Psychology 2021 16 (3) 514–531 https://doi.org/10.5964/ejop.v16i3.2013

Hintergrund: Wissenschaftler, Experten und politische Entscheidungsträger betonen, dass Kind-Eltern-Beziehungen eine große Rolle dabei spielen, die Entwicklung und das positive Wohlbefinden des Kindes zu fördern. Der Erziehungsstil wird als einer der entscheidenden Faktoren angeführt, der das Kind dabei fördert, mit seiner Umwelt zu interagieren und sich an sie anzupassen.

Der autoritative Erziehungsstil wird als liebevoll und ermutigend beschrieben, bewusst werden Einschränkungen und Freiheiten bezüglich der Autonomie eines Kindes getroffen. Im Gegensatz dazu zeichnet sich der autoritäre Erziehungsstil dadurch aus, stark kontrollierend, fordernd und tendenziell emotional distanzierend zu sein. Grundsätzlich wird der autoritative Erziehungsstil als optimale Form der Erziehung empfohlen, während sich der autoritäre Erziehungsstil als die negativste Form erwies. Diese Studie untersuchte, ob sich autoritative und autoritäre Erziehungsstile darauf auswirken, dass Probleme in der Interaktion mit Kindern entstehen und inwiefern sich die Wahrnehmung der Probleme intensiviert.

Methode: Die Studie wurde an einer Stichprobe von 459 Paaren durchgeführt, darunter Mütter (n = 459) und Väter (n = 459) von Kindern im Alter von 2–10 Jahren. Es wurden die folgenden Fragebögen verwendet: Parenting Styles & Dimensions Questionnaire, Strengths and Difficulties Questionnaire und Difficult Child Subscale of the Parenting Stress Index-Short Form.

Ergebnis: Beide Elternteile waren deutlich weniger in der Wahrnehmung und Erziehung des Kindes gestresst, wenn der Erziehungsstil autoritativ war. Im Gegensatz dazu führte ein autoritärer Erziehungsstil zu mehr Stress in der Interaktion zwischen Eltern und Kind. Zudem wurde das Verhalten des Kindes von den Eltern eher als problematisch wahrgenommen. Dies wiederum beeinflusste das Verhalten des Kindes zusätzlich negativ und förderte weitere Probleme in der Eltern-Kind-Interaktion.

Fazit: Die Studie betont die signifikante Verbindung zwischen dem Erziehungsstil der Eltern und entsprechend geringeren oder vermehrten Verhaltensproblemen eines Kindes.

Dr. Jörg Kußmaul



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Article published online:
22 March 2021

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