Hebamme 2021; 34(01): 12-13
DOI: 10.1055/a-1332-8026
Studienergebnisse
Gelesen & kommentiert

Risk of complicated birth at term in nulliparous and multiparous women using routinely collected maternity data in England

Christine Loytved

Zusammenfassung

Ziele

Auf Grundlage von Routinedaten englischer Kliniken sollte mit dieser Kohortenstudie die Frage beantwortet werden, ob die bereits bestehende Risikoklassifizierung für Schwangere in Hinblick auf die anstehende Geburt verbessert werden kann.


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Methodik

Die Autoren und Autorinnen werteten dazu die Daten aller Schwangeren in England aus, die mit nur einem Kind (keine Totgeburt) am Termin waren. Dazu wählten sie eine Zeitspanne von 12 Monaten (2015-2016) und analysierten die Einträge der Datenbanken Maternity Information Systems (MIS) des National Health Service (NHS) sowie Hospital Episode Statistics (HES), welche alle Klinikeinweisungen registrieren. Mit Hilfe der Kriterien aus der Leitlinie Intrapartum Care des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) teilten sie insgesamt 322.949 Schwangere aus 87 Klinikverbänden in drei Gruppen nach ihrem Risikostatus ein: „low risk“(36,4 %; n = 117.552), „intermediate risk“ (13,2 %; n = 42.547) und „increased risk“ (50,4 %; n = 162.850). Aus diesen Angaben lässt sich ablesen, dass mehr als die Hälfte aller Schwangeren, die zur Geburt die Klinik aufsuchen, als Frauen mit erhöhten Risiken eingestuft werden. Als Risiken zählen ein BMI über 34, eine Vorerkrankung, ein Problem bei vorherigen Geburten und Komplikationen in der aktuellen Schwangerschaft. Für alle drei Gruppen untersuchten die Autoren und Autorinnen das Geburtsoutcome. Als „kompliziert“ definierten sie eine Geburt, wenn eines der folgenden Kriterien bei Mutter oder Kind erfüllt war: vaginal-operative Geburt, sekundärer Kaiserschnitt, Dammriss dritten oder vierten Grades, starke postpartale Blutung oder 5-Minuten-Apgar-Wert kleiner gleich sieben. Wie Kinder mit Fehlbildungen eingestuft werden, wird nicht deutlich.


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Ergebnisse

Von allen 322.949 Schwangeren hatten 14,3 % einen primären Kaiserschnitt, 27 % eine Einleitung und die verbleibenden 58,7 % der Frauen erlebten einen spontanen Geburtsbeginn (siehe Tabelle 3 im Originaltext).

Die beiden zuletzt genannten Gruppen (insgesamt 276.766 Frauen) fasst das Autoren-Team als Frauen auf, die „a trial of labour“ hatten. Diese 276.766 Schwangeren verbleiben zwar für die Auswertung in den drei Risikogruppen, werden aber mit dem Ziel, die Parität als zusätzlichen Risikofaktor herauszustellen, in drei weitere Kategorien untergeteilt: 1) Erstgebärende, 2) Mehrgebärende mit Zustand nach Sectio und 3) Mehrgebärende ohne Zustand nach Sectio. Die jeweilige Häufigkeit an „komplizierten“ Geburten fällt erwartungsgemäß aus. Verglichen mit der letzten Gruppe, den 55.426 „low risk“ Mehrgebärenden ohne Zustand nach Sectio, bei denen die Rate an komplizierten Geburten bei 8,8 % liegt, haben alle anderen Gruppen höhere Raten (in Klammern: Rate an komplizierten Geburten in der jeweiligen Bezugsgruppe): 1) „intermediate risk“ Mehrgebärende ohne Zustand nach Sectio (10,7 % von 25.385 Geburten) und 2) „increased risk“ Mehrgebärende ohne Zustand nach Sectio (17,0 % von 57.330 Geburten). Den dritten Platz teilen sich – mit sehr großem Abstand zu den Plätzen 1 und 2 – die „increased risk“ Mehrgebärenden mit Zustand nach Sectio ohne weitere Risiken (42,9 % von 7.993 Geburten) und die „low risk“ Erstgebärenden (43,4 % von 59.413 Geburten). Danach folgen die „intermediate risk“ Erstgebärenden (45,8 % von 15.616 Geburten) und die „increased risk“ Mehrgebärenden mit Zustand nach Sectio als Gesamtgruppe (55,4 % von 19.694 Geburten). Schlusslicht bilden die „increased risk“ Erstgebärenden (57,5 % von 43.902 Geburten). Das Autoren-Team unterstreicht, dass Mehrgebärende ohne Zustand nach Sectio selbst mit „increased risk“ noch seltener von komplizierten Geburten betroffen sind als „low risk“ Erstgebärende.


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Schlussfolgerung der Autorinnen / Autoren

Aufgrund dieser Ergebnisse sollten – nach Ansicht des Forschungsteams – die beiden Kriterien Parität und Zustand nach Sectio vorrangig beachtet werden, bevor die Schwangeren nach der Klassifikation von NICE in Risikogruppen eingeteilt werden. Eher unerwartet ziehen sie daraus auch Konsequenzen zur Wahl des Geburtsortes: Erstgebärende benötigten eine höhere klinische Aufmerksamkeit.


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Publication History

Article published online:
24 February 2021

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