Klin Monbl Augenheilkd 2022; 239(01): 79-85
DOI: 10.1055/a-1327-3633
Klinische Studie

Quantifizierung der frühen und intermediären altersabhängigen Makuladegeneration mittels OCT-„en-face“-Darstellung

Article in several languages: English | deutsch
Frauke Jürgens
1   Retinologie, Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster, Deutschland
,
1   Retinologie, Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster, Deutschland
,
Henrik Faatz
1   Retinologie, Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster, Deutschland
,
Britta Heimes-Bussmann
1   Retinologie, Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster, Deutschland
,
Daniel Pauleikhoff
1   Retinologie, Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster, Deutschland
2   Zentrum für Augenheilkunde, Universität Duisburg-Essen, Duisburg, Deutschland
,
Albrecht Peter Lommatzsch
1   Retinologie, Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster, Deutschland
2   Zentrum für Augenheilkunde, Universität Duisburg-Essen, Duisburg, Deutschland
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Hintergrund Bei der frühen und intermediären altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) kommt es zu Ablagerungen unterhalb des retinalen Pigmentepithels (RPE) in Form von Drusen. Diese frühen Stadien der AMD beinhalten ein unterschiedliches Risiko zur Entwicklung einer späten AMD. Bisher erfolgte die Klassifizierung und Quantifizierung der frühen AMD anhand von Fundusfotos. Für klinische Studien, welche die Beeinflussung von Drusen überprüfen, erscheint dies zu wenig sensitiv. Das SD-OCT mit flächiger Darstellung segmentierter Analyseschichten ermöglicht eine En-face-Darstellung der Drusen. In der vorliegenden Studie wurden die Möglichkeiten einer Quantifizierung der frühen und intermediären AMD mit dem Verfahren des En-face-OCT untersucht.

Material und Methoden Es wurden 31 Augen von 29 Patienten mit früher und intermediärer AMD untersucht. Hierzu wurden Fundusfotos (Kowa VX-10i, Kowa, Tokyo, Japan) und En-face-OCT-Aufnahmen (RTVue XR Avanti, Optovue, Inc., Freemont, CA, USA) erstellt. Zunächst wurden verschiedene Schnittebenen (6 µm unterhalb des RPE, auf dem RPE, 6 µm und 9 µm oberhalb des RPE) und unterschiedlichen Schichtdicken (5, 10, 20 und 30 µm) analysiert, um die beste Segmentierung zur Darstellung der Drusen zu bestimmen. Die Drusen wurden manuell markiert und die Anzahl und Fläche berechnet. Diese Analyse wurde mit den standardisierten Drusenanalysen auf Fundusfotos verglichen. Zusätzliche Veränderungen einer frühen und intermediären AMD wie Pigmentepithelabhebungen (PEDs) und Subretinal drusenoid Deposits (SDD) sowie kleine Atrophien wurden ebenso dokumentiert und verglichen.

Ergebnisse Als beste Segmentierung zur Abgrenzung der Drusen auf den En-face-OCT-Aufnahmen konnte eine Segmentierung 6 µm unterhalb RPE mit einer Schnittdicke von 20 µm gefunden werden. Der Vergleich der Drusenquantifizierung auf En-face-OCT-Aufnahmen mit der standardisierten Drusenanalyse auf Fundusfotos zeigte eine sehr gute Vergleichbarkeit. Andere Veränderungen der frühen und intermediären AMD, wie PEDs, SDD und kleine Atrophien, waren auf den En-face-OCT-Aufnahmen besser beurteilbar.

Schlussfolgerung Die Analyse und Quantifizierung von Drusen auf En-face-OCT-Aufnahmen mit einer 20-µm-Segmentierung 6 µm unterhalb des RPE ermöglicht eine differenzierte Quantifizierbarkeit verschiedener Drusencharakteristika. Zudem können auch weitere Veränderungen der frühen und intermediären AMD analysiert werden. Dies könnte in zukünftigen Beobachtungs- und Behandlungsstudien zur Quantifizierung von Drusen eingesetzt werden.


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Einleitung

Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist eine degenerative Erkrankung der Netzhaut im Bereich der Makula und betrifft Menschen ab einem Alter von rund 50 Jahren [1]. Bis heute finden weltweit unterschiedliche Klassifikationssysteme Verwendung, was die klinische Variabilität der Erkrankung widerspiegelt [2].

Das AMD Classification Committee der Beckmann-Initiative für Makulaforschung arbeitete 2013 ein klinisches Klassifikationssystem der AMD aus, das internationale Anerkennung und Anwendung findet [3].

Die frühe Form der AMD ist durch das Vorhandensein von Drusen (extrazelluläre Ablagerungen unterhalb des Pigmentepithels) und Hyper- und/oder Hypopigmentierungen des retinalen Pigmentepithels (RPE) charakterisiert [4]. Ferris et al. prägten den Begriff der intermediären AMD und beschreiben damit das fortgeschrittene Stadium der frühen AMD. Hier beträgt die Drusengröße mehr als 125 µm [3] ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Intermediäre AMD im Fundusfoto mit weichen Drusen, harten Drusen, Hypo- und Hyperpigmentierungen.

Bei bis zu 80% der Bevölkerung über 60 Jahren können Drusen nachgewiesen werden. Sie können ohne Symptome auftreten oder insbesondere bei zentral gelegenen weichen Drusen Metamorphopsien hervorrufen. Harte Drusen sind kleiner als 63 µm und sind klinisch als gelbliche Spots zu erkennen [5]. Weiche Drusen imponieren ophthalmoskopisch als gelblich-gräuliche, scheibenförmige Veränderungen und können partiell von Pigmentveränderungen durchsetzt sein. Sie können sich zurückbilden oder auch konfluieren. Konfluierende weiche Drusen verursachen eine gut begrenzte Abhebung des RPE, eine sog. drusenoide Pigmentepithelabhebung (DPED) [6], [7]. Subretinal drusenoid Deposits (SDD) weisen ophthalmoskopisch betrachtet eine Ähnlichkeit zu den sog. regulären Drusen auf und liegen betont temporal oberhalb der Fovea. Ihre individuelle Größe beträgt 50 bis 400 µm [8]. Eine Atrophie ist klinisch als scharf begrenztes, depigmentiertes Areal zu erkennen. Sie kann neu entstehen oder sich aus Hyperpigmentierungen oder Drusen entwickeln [9].

Zur Diagnostik von retinalen Erkrankungen steht heute eine Vielzahl von digitalen Untersuchungsmethoden zur Verfügung.

Die Farbfundusfotografie wird insbesondere zur Dokumentation retinaler Veränderungen eingesetzt und hat keine primäre diagnostische Bedeutung. Sie spielt für die AMD sowie für andere Erkrankungen der Makula in vielen multizentrischen Studien eine bedeutende Rolle [10].

Die nicht invasive Technik der optischen Kohärenztomografie (OCT) ist das Verfahren der 1. Wahl zur Untersuchung makulärer Veränderungen [11]. Sie ist ein geeignetes Verfahren zur Darstellung der Drusen bei früher AMD.

Ziel dieser Studie ist es, Möglichkeiten einer neuen Quantifizierung der frühen und intermediären AMD mittels SD-OCT (Spectral-Domain-OCT) in En-face-Darstellung herauszufinden. Bisher erfolgte eine Klassifizierung und Quantifizierung der frühen und intermediären AMD (Drusen) anhand von Fundusfotos und der Auswertung der Drusencharakteristika im ETDRS-Grid (ETDRS: Early Treatment Diabetic Retinopathy Study). Zur Beurteilung der Beeinflussung der Drusen in klinischen Studien erscheint dieses Verfahren zu wenig sensitiv.


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Material und Methode

In einer konsekutiven Fallstudie wurden Patienten mit einer frühen und intermediären AMD untersucht. Einschlusskriterium war das Vorhandensein von weichen Drusen. Ausschlusskriterium war eine unzureichende Bildqualität in den entsprechenden Untersuchungsmethoden.

Es konnten 31 Augen von 29 Patienten mit früher oder intermediärer altersabhängiger Makuladegeneration und weichen Drusen eingeschlossen werden. Das mittlere Alter der Patienten betrug 74,2 Jahre. Der jüngste eingeschlossene Patient war 59 und der älteste Patient 88 Jahre alt. 22 Patienten waren weiblich und 7 waren männlich.

Das Partnerauge zeigte bei 7 Patienten ebenfalls den Befund einer frühen oder intermediären AMD, bei 23 Patienten eine exsudative AMD und bei 1 Patienten eine andere Erkrankung. Keiner der Patienten hatte am Partnerauge einen Normalbefund oder eine geografische Atrophie.

Das OCT-Gerät RTVue XR Avanti (Optovue, Inc., Freemont, CA, USA) mit der Softwarefunktion AngioVue ermöglicht die Darstellung der Netzhaut in En-face-Ansicht in definierten Schnittebenen (Segmentierungen).

Um die weichen Drusen bestmöglich in der Fläche zu beurteilen, musste zunächst eine geeignete Schnittebene definiert werden. Hierzu wurden bei 20 Patienten mit weichen Drusen bei früher oder intermediärer AMD Aufnahmen mit dem Avanti OCT erstellt. Es wurden En-face-Bilder in verschiedenen Schnittebenen in Bezug auf das RPE (6 µm unterhalb des RPE, auf dem RPE, 6 µm oberhalb des RPE und 9 µm oberhalb des RPE) und in verschiedenen Schichtdicken (5, 10, 20 und 30 µm) dargestellt und die Bilder miteinander verglichen ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Beispiel für die Darstellung der Drusen in En-face-Ansicht im Avanti OCT in verschiedenen Schichtdicken und Abständen zum RPE. Angaben in µm in Bezug auf das RPE. Positive Werte beziehen sich auf Bereiche unterhalb des RPE, negative Werte beziehen sich auf Bereiche oberhalb des RPE.

Die Schichtanalyse erfolgte mit 3 × 3 mm2 großen Aufnahmen. Eine Abweichung von ± 1 µm wurde toleriert. In den Aufnahmen waren die weichen Drusen als dunkle (hyporeflektive) Areale zu erkennen. Subjektiv erschienen die Drusen unschärfer, je größer die Schichtdicke war. Die Drusenfläche zeigte sich klarer abgegrenzt, je kleiner die Distanz zum RPE war. Je weiter oberhalb des RPE, desto kleiner wirkten die Drusenflächen und desto häufiger kam es zu Artefakten. Als Artefakt wurde ein hyporeflektives Areal in der En-face-Ansicht definiert, das in der horizontalen Schnittebene nicht als Druse bestätigt werden konnte. Die Artefaktbildung zeigte sich insbesondere bei flachen, konfluierenden Drusen und bei sehr nahe beieinander liegenden, steil ansteigenden Drusen.

In der Ebene knapp unterhalb des RPE von 6 µm bis 25 µm unterhalb des RPE konnte bei allen Patienten eine gute Abgrenzung der Drusen in der Fläche erreicht werden, sodass diese Schnittebene als Standard für die weitere Untersuchung gewählt wurde.

Es wurden 31 Augen bei 29 Patientinnen und Patienten mit dem Avanti OCT untersucht. Die En-face-Bilder der 3 × 3 mm2 großen Netzhautabschnitte wurden gemäß der zuvor beschriebenen Methode dargestellt und als jpg-Dateien gespeichert. Die Auswertung der Parameter erfolgte mithilfe der Software ImageJ 1.50i (National Instituts of Health, Bethesda, MD, USA). Zunächst wurde jeweils die Größe des Bildausschnittes mit den entsprechenden Bildpixeln definiert als 3 × 3 mm2. Weiche Drusen waren als schwarze Flächen dargestellt. Jede schwarze Fläche wurde parallel in der Software AngioVue des Avanti OCT überprüft, ob es sich hierbei um eine Druse oder um ein Artefakt handelte ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Beispiel für die Analyse der Drusen in En-face-Ansicht in der Schnittebene 6 – 25 µm unterhalb des RPE: Überprüfung der schwarzen Fläche in En-face-Ansicht im entsprechenden B-Scan und parallel Markierung der Drusenfläche in der Software ImageJ.

Jede Drusenfläche wurde in der Software ImageJ schwarz markiert. Die markierten Flächen wurden mittels der Threshold-Color-Funktion vom restlichen Bildhintergrund abgehoben. Anhand dieses Bildes erfolgte die Beurteilung der Drusenanzahl und der Drusenfläche. Die Flächenmessung wurde mithilfe der Funktion „ROI-Manager“ (ROI: Region of Interest) berechnet.

Um zu überprüfen, ob das untersuchte Auge eine Atrophie oder eine PED oder SDD aufweist, wurden die B-Scans in dem entsprechenden Bereich beurteilt.

Digitale Fundusaufnahmen wurden mit der Kowa Funduskamera VX-10i der Firma Kowa, Tokyo, Japan, aufgenommen und mit der Software Heidelberg Eye Explorer Version 1.0.10.0 oder neuer oder der Software HEYEX Viewer Version 6.5.7.0 dargestellt und beurteilt.

Die Beurteilung der Fundusfotografien erfolgte in Anlehnung an die internationale Klassifikation von Bird et al. [1], wurde jedoch zur besseren Vergleichbarkeit mit den Aufnahmen der OCT stark modifiziert. So wurde ein quadratisches Grid erstellt und die zentrale 3 × 3 mm2 große Fläche beurteilt. Aufgrund der unterschiedlichen Maßstäbe der Fundusfotos wurde das quadratische Grid mit dem ETDRS-Grid kombiniert auf Folie gedruckt und am Computerbildschirm an den entsprechenden Maßstab der Fundusaufnahme angepasst. Mithilfe des ETDRS-Grids im Spectralis OCT wurden je 3 Schnittpunkte mit den retinalen Gefäßen aufgesucht und am Bildschirm entsprechend übereinander gelagert ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Fundusfotografie mit entsprechender Überlagerung des quadratischen Grids und des EDTRS-Grids.

Die Messung der Drusenfläche erfolgte ebenfalls in Anlehnung an die internationale Klassifikation. In den zentralen 4 Abschnitten (superior, nasal, inferior und temporal) wurde jeweils der prozentuale Anteil der Drusenfläche abgeschätzt und auf die entsprechende Fläche in mm2 umgerechnet. Die größte Druse wurde gemessen und maßstabsgetreu umgerechnet.

Die Beurteilung über eine vorhandene Atrophie, eine PED und retikuläre Pseudodrusen erfolgte durch Betrachtung der Fundusaufnahme.


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Ergebnisse

Die Anzahl der weichen Drusen korrelierte in beiden Messmethoden mit der Drusenfläche. Je mehr weiche Drusen vorhanden waren, desto größer war die Fläche der weichen Drusen (Rangkorrelation nach Spearmans Rho = 0,731; p = 0,001 < 0,05 [OCT Avanti] und Rho = 0,581; p = 0,0006 < 0,05 [Fundusfoto]).

Die durchschnittliche Fläche der weichen Drusen, gemessen im Avanti OCT, betrug 1,86 mm2 und im Fundusfoto 1,75 mm2. Es bestand kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Messmethoden Avanti OCT und Fundusfoto (Wilcoxon-Test für gepaarte Stichproben: n = 31; p = 0,4331 > 0,05; [Abb. 5]).

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Abb. 5 Vergleich der Fläche der weichen Drusen gemessen im Avanti OCT und im Fundusfoto.

In der Passing-Bablok-Regression wurden keine statistisch signifikanten systematischen Differenzen zwischen den beiden Messmethoden nachgewiesen (Rangkorrelation nach Spearmans Rho = 0,697; p < 0,0001 < 0,05). Die Formel der Steigung der Regressionsgeraden lautet: y = − 0,106 + 1,132× ([Abb. 6]).

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Abb. 6 Darstellung der Drusenflächen gemessen im Avanti OCT und im Fundusfoto im Verteilungsdiagramm.

Hinsichtlich der Identifikation von PEDs in den bildgebenden Verfahren Avanti OCT und Fundusfotografie gab es einen großen Unterschied. Insgesamt wurden 16 PEDs im Avanti OCT erkannt, während im Fundusfoto nur 8 PEDs gesehen wurden.

Die Unterschiede im Erkennen einer Atrophie waren geringer. Im Avanti OCT wurde bei 6 Augen eine Atrophie gesehen, während im Fundusfoto bei 5 Augen eine Atrophie erkannt wurde.

Subretinal drusenoid Deposits konnten mittels OCT Avanti in der En-face-Ansicht nicht in der untersuchten Netzhautschicht dargestellt werden. Die Beurteilung erfolgte anhand der B-Scans. Bei 7 Augen wurden SDD im Avanti OCT gesehen, während im Fundusfoto bei 6 Augen SDD erkannt wurden.

Alle Veränderungen, die im Fundusfoto gesehen wurden, wurden auch im Avanti OCT erkannt. Eine Übersicht gibt [Tab. 1].

Tab. 1 Pigmentepithelabhebungen, Atrophie und SDD gemessen im Avanti OCT und im Fundusfoto.

Avanti

Foto

SDD

%

SDD

%

ja

7

22,58

6

19,35

nein

24

77,42

25

80,65

insgesamt

31

100,00

31

100,00

Atrophie

%

Atrophie

%

ja

6

19,35

5

16,13

nein

25

80,65

26

83,87

insgesamt

31

100,00

31

100,00

PED

%

PED

%

ja

16

51,61

8

25,81

nein

15

48,39

23

74,19

insgesamt

31

100,00

31

100,00

Die Datenauswertung erfolgte mit MedCalc Statistical Software Version 17.9.7 (MedCalc Software bvba, Ostende, Belgien).

Die Analyse einiger morphologischer Parameter erfolgte aufgrund der geringen Stichprobengröße deskriptiv, da diese für statistische Testverfahren auf Zusammenhänge bzw. Unterschiede zu gering war.

Um einen monotonen Zusammenhang zwischen 2 Variablen festzustellen, wurde der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman bestimmt. Der Pearsons-Korrelationskoeffizient und die Passing-Bablock-Regression fanden bei dem Vergleich zweier Messmethoden Verwendung. Mit dem Wilcoxon-Test für gepaarte Stichproben wurde die Gleichheit der zentralen Tendenzen zweier Stichproben geprüft.


#

Diskussion

Es liegen vielfältige Studien bez. manueller und/oder automatisierter Quantifizierung von Drusen in der Fundusfotografie sowie in der OCT vor [12], [13], [14], [15], [16], [17]. Dies zeigt das Bestreben, eine alternative und wiederholbare Methode zur Quantifizierung von Drusenmaterial zu entwickeln. Derzeit erfolgt in klinischen Studien zur AMD die Analyse und Stadieneinteilung anhand von Fundusfotos. Die Auswertung erfolgt manuell durch gut ausgebildete sog. „Grader“, welche die Fundusfotografien entsprechend den jeweils vorgegebenen Parametern auswerten.

Bereits bei der Auswertung der Fundusfotografien wurde mehrfach eine computergestützte Messung der Drusen angestrebt. Ziel war es meist, eine automatisierte Methode zu entwickeln, um die Anzahl, die Fläche und die Größe der Drusen festzustellen und um im Verlauf die Progression (im Sinne einer Änderung der Drusenfläche) zu messen [18], [19].

Um das entwickelte Verfahren zur Darstellung von Drusenflächen in der OCT zu bewerten, wurde das bisherige Verfahren der Beurteilung der Drusen mittels Fundusfotografie herangezogen. Zusätzlich zur Drusenflächenmessung wurden in beiden Untersuchungsmethoden weitere Parameter erhoben, die zur Bewertung der frühen AMD von Bedeutung sind.

Es zeigten sich sehr unterschiedliche Ergebnisse bei der Analyse der PEDs. Die deutlich höhere Anzahl der PEDs im Avanti OCT kann durch eine bessere Beurteilbarkeit der Drusenflächen in Bezug auf das abgehobene RPE zustande kommen. In der Fundusfotografie kann eine möglicherweise unscharfe Begrenzung zur „gesunden“ Netzhaut dazu führen, dass die Druse kleiner gemessen wird, als sie tatsächlich ist. Der Unterschied im Auffinden von Atrophien war bei beiden Untersuchungsmethoden nur gering. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Anzahl der Atrophien vernachlässigt wurde und kein Vergleich der Größe der Atrophien erfolgte. Auch die Beurteilung der SDD zeigte in beiden bildgebenden Verfahren einen sehr geringen Unterschied, obwohl die Analyse sehr unterschiedlich war. Die SDD wurden in der Fundusfotografie betont temporal oberhalb der Fovea detektiert. Eine Beurteilung der SDD im Avanti OCT war nur im B-Scan möglich, hier konnte keine bevorzugte Lokalisation festgestellt werden.

Sowohl in der Fundusfotografie als auch in der OCT Avanti wurde eine positive Korrelation der Anzahl der weichen Drusen mit der Fläche der weichen Drusen nachgewiesen. Prinzipiell kann es, insbesondere bei fortgeschrittenen Stadien und großen Drusen, auch zum Konfluieren der Drusen kommen, was die Anzahl wieder verringern würde. In einer Studie von Diniz et al. wurden die manuelle Drusenflächenmessung in der Farbfundusfotografie und Scanning-Laser-Ophthalmoskopie in Retromode sowie die automatisierte Flächenmessung in der Cirrus HD-OCT (Carl Zeiss, Meditec, Inc.) verglichen. Bei der automatisierten Messung war die Anzahl der Drusen signifikant niedriger als bei den manuell ausgewerteten Bildern. Die Flächenmessung hingegen war vergleichbar, was darauf hindeutet, dass durch den Algorithmus konfluierende Drusen als eine Druse gewertet werden [15].

In dieser Studie war die Flächenmessung in beiden Verfahren vergleichbar, während die zusätzlich erhobenen Parameter zur frühen AMD genauer in der SD-OCT bewertet werden konnten. Die Darstellung der Drusen in ihrer Fläche in Verbindung mit der Beurteilung im Querschnitt (B-Scan) ermöglicht einerseits eine bessere und genauere Analyse der Flächen, PEDs, Atrophien und retikulären Drusen, steht jedoch auch in Verbindung mit einem deutlich höheren Zeitaufwand. Anzustreben wäre eine automatisierte Flächenmessung, ohne dass kleine und flache Drusen vernachlässigt werden, wie es bereits in der Literatur beschrieben wurde [15], [16], [17].

Gregori et al. bewerten die Drusenflächen, gemessen in der Fundusfotografie sowie in der SD-OCT mittels Cirrus HD-OCT, im Hinblick auf die Progression der Drusenflächen. In dieser Untersuchung waren die Drusenflächen, gemessen in der SD-OCT, kleiner als in den digitalen Fundusfotos, da kleine, flache und subretinal gelegene drusenoide Ablagerungen bei der automatisierten Messung vernachlässigt werden. Die Autoren sind der Meinung, dass die automatisierte Drusenflächenmessung dennoch für den klinischen Alltag Relevanz hat, da insbesondere mittelgroße und große Drusen für die Progredienz der frühen AMD eine bedeutende Rolle spielen. Sie weisen ebenfalls darauf hin, dass eine automatisierte, standardisierte Messung im Verlauf vergleichbarer sei [16].

Im Unterschied zu den Untersuchungsergebnissen von Gregori et al. waren die in dieser Arbeit gemessenen Drusenflächen in der SD-OCT größer als im Fundusfoto. Hier muss beachtet werden, dass bei der manuellen Messung auch jede flache und kleine RPE-Elevation, die durch drusenoide Ablagerungen entsteht, gemessen wurde. Für den klinischen Alltag ist eine automatisierte Messung der Drusenfläche deutlich praktikabler, dennoch ist es wichtig zu verstehen, an welcher Stelle die Aussagekraft einer automatisierten Messung limitiert ist.

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) durch Deep Learning und/oder maschinelles Lernen eröffnet weitere Möglichkeiten der automatisierten Bildanalyse bei der AMD [20], [21], [22], [23]. Hierbei handelt es sich um maschinell durchgeführte, „intelligente“ Entscheidungsprozesse. Während beim maschinellen Lernen Fähigkeiten mithilfe von Algorithmen erlernt werden, wird beim Deep Learning ein tiefes neuronales Netz zur Datenanalyse genutzt [24].

Es konnte auch gezeigt werden, dass die neuen Techniken der KI effektiv zur Detektion, Stadieneinteilung und Prädiktion der AMD herangezogen werden können [25]. In einer Studie von Burlina et al. konnten bei der Stadieneinteilung der AMD anhand von Fundusfotos, in Anlehnung an die Stadieneinteilung der ARED-Studie, durch Deep Learning und ärztliche Beurteilung vergleichbare Ergebnisse erzielt werden [26]. Die Arbeitsgruppe um Lee et al. untersuchte die Möglichkeit, OCT-Aufnahmen mittels Deep Learning zu analysieren, um zwischen einer gesunden Netzhaut und einer vorhandenen AMD zu unterscheiden [20]. Auch Venhuizen et al. konnten zeigen, dass eine Stadieneinteilung der AMD anhand von OCT-Aufnahmen mittels maschinellen Lernens und ärztlicher Beurteilung vergleichbare Ergebnisse aufweisen. Der Vorteil des maschinellen Lernens wird in der schnellen und zuverlässigen Analyse einer großen Anzahl von OCT-Bildern, insbesondere bei großen AMD Studien, gesehen. Es bietet auch die Möglichkeit eines OCT-basierten AMD-Screenings [22].


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Schlussfolgerung

Trotz einiger Limitationen, insbesondere durch das geringe Patientenkollektiv, konnte in dieser Arbeit ein Verfahren zur Quantifizierung von Drusen bei früher und intermediärer AMD entwickelt werden, das auf verschiedene Untersuchungsgeräte angewandt werden kann. Voraussetzung ist hier die Möglichkeit einer En-face-Ansicht in einer definierten Netzhautebene. Auch wenn in einigen Studien die Analyse von Drusenvolumina zur Quantifizierung der AMD bevorzugt wird [13], [14], spielt die Drusenfläche eine bedeutende Rolle.

Das beschriebene Verfahren ermöglicht außerdem die Beurteilung anderer Netzhautveränderungen bei früher und intermediärer AMD, wie Atrophien, PED und SDD. Es ist vergleichbar mit der bisherigen Methode der Auswertung der Fundusfotografien und ist in einigen Aspekten, wie z. B. der Begrenzung der Drusen, noch sensitiver.

Jedoch ist diese Methode der Quantifizierung und Klassifizierung der frühen und intermediären AMD für den klinischen Alltag und für klinische Studien aufgrund des hohen Zeitaufwands nicht praktikabel und muss in einem weiteren Schritt auf die Möglichkeit eines automatisierten Verfahrens untersucht werden.

Auch die Einbeziehung von KI im Sinne von maschinellem Lernen und Deep Learning kann hier große Vorteile bringen.


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Conflict of Interest/Interessenkonflikt

The authors declare that they have no conflict of interest./Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Correspondence/Korrespondenzadresse

Frauke Jürgens
Retinologie
Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster
Hohenzollernring 74
48145 Münster
Deutschland   
Phone: + 49 (0) 25 19 35 27 11   
Fax: + 49 (0) 25 19 35 27 19   

Publication History

Received: 21 August 2020

Accepted: 28 October 2020

Article published online:
29 January 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Fig. 1 Fundus photograph of intermediate AMD with soft drusen, hard drusen, hypo- and hyperpigmentation.
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Fig. 2 Example of en-face drusen imaging by Avanti OCT with different slice thicknesses and distances from the RPE. Values in µm relative to the RPE. Positive values refer to areas underneath the RPE, negative values to those above the RPE.
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Fig. 3 Example of drusen analysis in en-face imaging in the slice 6 µm to 25 µm underneath the RPE: Checking the black area in en-face imaging in the corresponding B-scan, paralleled by marking of the drusen area in the ImageJ software.
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Fig. 4 Fundus photography with corresponding overlay of the square grid with the EDTRS grid.
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Fig. 5 Comparison of the soft drusen area as measured by Avanti OCT and fundus photography.
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Fig. 6 Distribution diagram of the drusen areas as measured by Avanti OCT and fundus photography.
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Abb. 1 Intermediäre AMD im Fundusfoto mit weichen Drusen, harten Drusen, Hypo- und Hyperpigmentierungen.
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Abb. 2 Beispiel für die Darstellung der Drusen in En-face-Ansicht im Avanti OCT in verschiedenen Schichtdicken und Abständen zum RPE. Angaben in µm in Bezug auf das RPE. Positive Werte beziehen sich auf Bereiche unterhalb des RPE, negative Werte beziehen sich auf Bereiche oberhalb des RPE.
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Abb. 3 Beispiel für die Analyse der Drusen in En-face-Ansicht in der Schnittebene 6 – 25 µm unterhalb des RPE: Überprüfung der schwarzen Fläche in En-face-Ansicht im entsprechenden B-Scan und parallel Markierung der Drusenfläche in der Software ImageJ.
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Abb. 4 Fundusfotografie mit entsprechender Überlagerung des quadratischen Grids und des EDTRS-Grids.
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Abb. 5 Vergleich der Fläche der weichen Drusen gemessen im Avanti OCT und im Fundusfoto.
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Abb. 6 Darstellung der Drusenflächen gemessen im Avanti OCT und im Fundusfoto im Verteilungsdiagramm.