Neue Aspekte zum „KOBRA-Qualitätsprojekt“ in der akutstationären Rheumatologie
Das Gesundheitswesen muss sich den gesteigerten Anforderungen durch den medizinisch-technischen
Fortschritt, knapper werdenden Ressourcen sowie veränderten Versorgungsstrukturen
und Entgelten stellen, welche einen Wettbewerb in der Versorgungsqualität unumgänglich
machen.
Dieser Thematik hat sich der Verband Rheumatologischer Akutkliniken e. V. (VRA) nach
Gründung im Jahr 1998 in 2 Jahrzehnten umfassend angenommen. Neben Projekten zur Struktur-
und Prozessqualität wurde bereits 2003 im Rahmen des Forschungsprojektes BIG (Benchmarking
im Gesundheitswesen) des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales ein Kontinuierliches
Outcome Benchmarking in der Rheumatologischen Akutversorgung (KOBRA) mit dem obra-Projekt
in 2003 gestartet. Die aktive Einbindung der Deutschen Rheuma-Liga als eine der größten
Patienten-Selbsthilfeorganisationen bereits mit dem Projekt-Start zu Themen wie Patientensicherheit
und später Partizipation (Einbindung des Patienten in das Behandlungskonzept), hat
kontinuierlich wichtige Impulse für die Patientenfokussierte akutstationäre Rheumaversorgung
ausgelöst.
Eckpfeiler des KOBRA-Projektes sind ein anonymisiertes Benchmarking der teilnehmenden
Rheumakliniken mittels Qualitätsindikatoren in 4 Dimensionen:
-
Medizinische Behandlungsqualität bei Tracer-Diagnosen (Polyarthritis, Spondyloarthritis,
Kollagenosen, Vaskulitiden)
-
Patientensicherheit bei den 4 Tracer-Diagnosen
-
Patientenzufriedenheit
-
Organisationseffizienz
Für planungsrelevante Qualitätsindikatoren bei der zukünftigen Krankenhausplanung
wie auch für die Qualitätsanforderungen bei den ab 2020 gültigen, vom G-BA festgelegten
und auch für die akutstationäre Rheumatologie gültigen Zentrumsregelungen, könnte
es gelingen, die Vorarbeiten des Verbandes Rheumatologischer Akutkliniken zu berücksichtigen,
wie auch möglicherweise zu implementieren.
Planungsrelevante Qualitätsindikatoren
Auch wenn die Corona-Pandemie in 2020 alle anderen Themen überlagert, so ist der gesetzlich
forcierte Trend zur Sicherstellung und Verbesserung der Qualität in der Gesundheitsversorgung
ungebrochen. Auch wenn die Idee der „qualitätsorientierten Vergütung“ auf Basis der
in der externen stationären Qualitätssicherung erhobenen Qualitätsindikatoren mittlerweile
in den Hintergrund gerückt ist, lebt sie in den sogenannten „planungsrelevanten Qualitätsindikatoren“
(Plan-QI) fort. Mittels Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) von 2016 wurde das Konzept
in das SGB V und das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) übertragen [1] – und in eine entsprechende Richtlinie gegossen [2]. Damit wird der Qualitätshebel auch in der Krankenhausplanung angesetzt. Das Gutachten
„Krankenhauslandschaft Nordrhein-Westfalen“ [3] sieht die gesamte Zukunftsfähigkeit des stationären Sektors davon abhängen, wie
gut die Krankenhäuser den „Paradigmenwechsel – weg vom Bett, hin zu einer leistungs-,
bedarfs- und qualitätsorientierten Planung“ bewältigen. Absehbar ist, dass auch für
die rheumatologischen Kliniken zukünftig Plan-QI relevant werden – und hierbei werden
neben Strukturparametern und Mindestmengen vermutlich auch Ergebniskennzahlen erhoben.
Zentrumsbildung
Mit Beginn des Jahres 2020 besteht für die rheumatologischen Akutkliniken die Möglichkeit,
sich als „Zentrum“ im Sinne der neuen Zentrumsregelungen des G-BA auszuweisen, sofern
sie die dafür notwendigen Bedingungen erfüllen. Im Kern handelt es sich dabei um spezifische
Qualitätsanforderungen, die sich gemäß Anlage 4 der Zentrumsregelungen auf strukturelle
Anforderungen (§ 1 [1]), Forschungstätigkeit (§ 1 [2]), besondere Maßnahmen des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung (§ 1 [3]) und Mindestfallzahlen (§ 1 [4]) beziehen, zzgl. ggf. besonderer Anforderungen an Kinderrheumatologische Zentren
(§ 1 [5]). Werden diese Anforderungen erfüllt, können besondere Aufgaben, insbesondere klinikübergreifender,
akutstationärer Versorgungsunterstützung, wahrgenommen werden.
Für die rheumatologischen Kliniken werden im Regelfall zunächst die Anforderungen
an die Strukturmerkmale die entscheidenden Faktoren für eine Zentrumsbewerbung sein,
da hier wenig aktive Gestaltungsmöglichkeiten gegeben sind. Hinsichtlich der geforderten
„besonderen Maßnahmen des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung“ lohnt sich
indes ein erneuter Hinweis auf das vom Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA)
angebotene Programm eines Kontinuierliches Outcome-Benchmarking in der rheumatologischen
Akutversorgung (KOBRA).
KOBRA
Das bereits seit 2003 bei vielen Mitgliedskliniken des VRA zunächst als obra-Projekt
gestartete Programm, das seit 2007 unter dem Namen KOBRA dauerhaft implementiert ist,
unterstützt einerseits die kontinuierliche Fortentwicklung der Struktur- und Prozessqualität
in den teilnehmenden Kliniken. Anderseits ist es nach wie vor das einzige Qualitätsprojekt
der akutstationären rheumatologischen Versorgung im internationalen Vergleich, das
auch die Ergebnisqualität misst, weshalb es noch immer als ein „Leitprojekt“ der Qualitätssicherung
betrachtet wird [4].
Die an KOBRA teilnehmenden VRA-Mitgliedkliniken durchlaufen einen 2-jährigen QM-Zyklus.
Auf eine Datenerhebungsphase mit Patientenbefragungen mittels validierter Instrumente
und der Ergebnisauswertung im Benchmark folgt eine Qualitätsmanagementphase mit ergebnisbezogenen
Workshops. Für die teilnehmenden Kliniken ergibt sich aus dem Wechsel von datengestütztem
Feedback und aktiver QM-Arbeit ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der am Erkenntnisgewinn
über die Behandlungsqualität und weitere Einflussfaktoren auf die Patienten- und Einweiserzufriedenheit
ansetzt [5].
Mit anderen Worten: Die an KOBRA teilnehmenden Kliniken erfüllen mit großer Wahrscheinlichkeit
bereits jetzt die wesentlichen QM- und QS-Anforderungen in den Zentrumsregelungen
– unabhängig davon, ob sie eine Zentrumsbewerbung anstreben oder nicht.
In Zusammenarbeit mit dem Göttinger aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung
und Forschung im Gesundheitsweisen, das als unabhängiges wissenschaftliches Institut
seit 2016 für die Durchführung von KOBRA verantwortlich ist, werden gegenwärtig Optionen
zur Erweiterung des KOBRA-Angebotes geprüft. Mit Blick auf die Qualitätskriterien
der Zentrumsregelungen wird unter dem Arbeitstitel KOBRA + das Ziel verfolgt, die
Kliniken bei der geforderten Berichterstattung gemäß § 1, Satz 3 der Anlage 4 zu unterstützen.
Dies umfasst dann entsprechend auch die strukturierte Datenerhebung zu den weiteren
Anforderungen und die Erstellung eines den Anforderungen entsprechenden jährlichen
Qualitätsberichts. Hierbei können zahlreiche Synergieeffekte, insbesondere bei den
KOBRA-Kliniken genutzt werden, die bereits jetzt einen hohen Vernetzungsgrad aufweisen,
eine Kommunikationsplattform nutzen und zahlreiche Strukturdaten erheben.
Unabhängig von KOBRA + strebt der VRA eine nachhaltige Qualitätsentwicklung seiner
Mitgliedskliniken an – nicht zuletzt, um seine durch KOBRA gewonnene Vorreiterrolle
bei der Qualitätssicherung in der akutstationären Versorgung zu erhalten.
Auch die Rheumatologie befindet sich in einem dynamischen Umfeld von wissenschaftlichem
Fortschritt, Digitalisierung und zunehmender Ambulantisierung, wobei die Neufassung
des § 116b SGB V durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz mittels der Ambulant Spezialfachärztlichen
Versorgung (ASV) zunehmend sektorenübergreifende Kooperationen befördern will; eine
Entwicklung, die vom VRA bereits seit 2007 aktiv mitgestaltet wird.
Prof. Dr. med. Heinz-Jürgen Lakomek
Geschäftsführer VRA
Kristin Feils
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung
im Gesundheitswesen GmbH (aQua-Institut), Göttingen
Dipl.-Kfm. Björn Broge
Geschäftsführer aQua-Institut
Impressum
Verantwortlich für den Inhalt
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Lakomek, Direktor, Universitätsklinik für Geriatrie, Johannes
Wesling Klinikum Minden