Klinische Neurophysiologie 2020; 51(04): 242-244
DOI: 10.1055/a-1272-9008
FNTA | Methoden

Das 10–20-Elektrodensystem – praktisch

Volker Milnik
,
Helmut Buchner
,
Jens Blankenstein
 

Die Elektrodenplatzierung nach dem 10-20-System mit allen 21 Elektroden ist eine Mindestanforderung an eine qualifizierte EEG-Registrierung. Die Arbeit erklärt das 10–20-System und Schritt für Schritt die Durchführung einer EEG-Ableitung.


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Das EEG macht elektrische Aktivität des Gehirns sicht- und messbar. Die Differenz der Potenziale zwischen 2 Orten am Kopf wird verstärkt. Die Position der Ableitelektroden ist deshalb von großer Bedeutung, zum einen für den Seitenvergleich innerhalb einer EEG-Untersuchung, zum anderen zum Vergleich von wiederholten Ableitungen einer oder auch zwischen Personen. Die Vergleichbarkeit von EEG-Untersuchungen ist deshalb eine wichtige Anforderung. Die Empfehlung die Elektrodenpositionen zu standardisieren geht auf den ersten internationalen EEG-Kongress in London im Jahr 1947 zurück. Auf Initiative von H.H. Jasper wurde auf dem vierten internationalen EEG-Kongress im Jahr 1957 das so genannte 10–20-System vereinbart, das 1958 veröffentlicht wurde [1].

Die EEG-Kommission der DGKN hat in den Richtlinien für die Durchführung und Auswertung der EEG-Untersuchung als Mindestanforderung definiert: „Die Elektrodenplatzierung muss nach dem 10–20-System erfolgen und alle 21 Elektroden sind zu setzen“ [2].

Das Ziel dieser Arbeit ist es die Praxis der Platzierung von EEG-Elektroden zu vermitteln. Eine umfassende Darstellung der Methodik der Elektroenzephalografie bleibt entsprechenden Lehrbüchern vorbehalten [3] [4] [5] [6].

Nach dem 10–20-System werden die Elektroden in relativen Abständen zu Bezugspunkten am Kopf platziert: Nasion, Inion, sowie die präaurikularen Punkte rechts und links, siehe unten. Die Bezeichnung der Positionen erfolgt nach Namen für den Ort mit dem Zusatz von geraden Zahlen für rechts und ungeraden für links bzw. dem Zusatz z für die Mittellinie ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Das 10-20-Elektrodensystem. Fp=frontopolar, F=frontal, C=zentral, P=parietal, O=okzipital, T=temporal.

Der Vorteil des 10–20-Systems liegt darin, dass sich das aufgespannte Netz von Positionen an jede Kopfgröße angepasst. Größere Asymmetrien eines Kopfes können zu individuellen Abweichungen führen. Diese müssen dann zur Beurteilung des EEGs dokumentiert werden. Zur Suche nach temporal generierter epileptischer Aktivität können Elektrodenpositionen ergänzt werden mit den sogenannten tiefen temporalen Positionen T1 und T2 ([Abb. 1]).

Allgemeine Anforderungen

Gerät und Raum

  • technische Prüfung des Gerätes nach Einweisung

  • ausreichende Raumgröße für Untersuchungsliege bzw. Bett (Untersuchung i. d. R. im Liegen)

  • ausreichend klimatisierter Raum, störungsfrei und abdunkelbar (z. B. Lärm, Licht)

  • technische Störungen sollten vermieden werden z. B. leistungsstarke Elektromotoren oder Starkstromleitungen in der Nähe, eine Abschirmung ist in der Regel nicht erforderlich [7]

  • Der Raum sollte so ausgestattet sein, dass der Untersucher den Bildschirm des EEG-Geräts, den Patienten und den Raumeingang gleichzeitig sehen kann.


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Vorbereitung

Bereithalten von Untersuchungsmaterial:

  • EEG-Haube, oder ein anderes System der Elektrodenbefestigung

    • 19 EEG-Elektroden (Silber/Silberchlorid-Elektroden), 1 Erdelektrode und 2 Ohrelektroden, ggf. Einmalklebeelektroden

  • EKG-Elektroden, ggf. Elektrookulografie (EOG)- und Elektromyografie (EMG)-Elektroden

  • Wattestäbchen

  • Desinfektionsmittel (zur Entfettung der Haut)

  • Elektrodengel (zur Reduktion des Übergangwiderstandes)

  • Photostimulationslampe

ACHTUNG Hygienerichtlinien beachten! Alles da? Alles gut zurechtgelegt? Welche Hygienerichtlinien gelten (Hygienerichtlinien sind nicht einheitlich festgelegt, es gelten somit immer die hausinternen Hygienerichtlinien!) und sind sie aktualisiert?


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Vorbereitung Patient

  • Information über den Ablauf der Untersuchung


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Setzen der Elektrodenhaube und der EEG-Elektroden

Bestimmen der Bezugspunkte

Das Ausmessen der Elektrodenpositionen erfolgt über vier gut definierte Bezugs-Tastpunkte, die sind zuverlässig und trotz unterschiedlicher Kopfformen und -größen zufinden:

  • Nasion (tiefster Punkt an der Nasenwurzel am Übergang zur Stirn)

  • Inion (unterer Knochenhöcker in der Mittellinie des Hinterkopfs am Ansatz der Nackenmuskeln)

  • präaurikulare Punkte rechts und links (Vertiefung vor dem äußeren Gehörgang)

Diese Bezugspunkte sind sicher zu markieren ([Video 1]).

Video 1 Bezugspunkte: Nasion, Inion, Tragus.


Qualität:

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Bestimmen von Cz=Vertex

Verbindet man die Linien zwischen Nasion und Inion und den präaurikulären Punkten miteinander erhält man einen Schnittpunkt über dem Vertex=Cz ([Video 2]).

Video 2 Bestimmen des Cz und subtrahieren von jeweils 10 % der gesamten Strecke.


Qualität:

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Bestimmen der 10–20-Abschnitte

Aus den vorhandenen Punkten ergeben sich die Ausgangsmesspunkte für die Quer-und Längsreihen. Diese Messstrecken werden in 10 und 20%-Abschnitte aufgeteilt, wonach das Elektrodensystem seinen Namen hat ([Video 3]).

Video 3 Fp F P O T.


Qualität:

ACHTUNG Die Elektrodenpositionen T, Fp, F, P und O, jeweils rechts und links sind wichtig um die richtige Position einer Haube fest zu legen.


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Elektrodenhaube aufsetzen

Die Haube besteht aus flexiblen miteinander verbundenen Bändern, die das 10–20-System über dem Kopf aufspannen und die Elektroden befestigen ([Video 4]).

Video 4 Elektrodenhaube aufsetzen.


Qualität:

ACHTUNG Bei wenigen Haaren ist das kein Problem. Bei vielen und dichten Haaren muss die Spannung der Haube ausreichend, aber nicht zu hoch sein, um die Elektroden auf die Kopfhaut zu drücken.


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Elektroden setzen

Die Elektroden müssen am vorbestimmen Punkt mit niedrigem Übergangswiderstand – unter 5 kΩ – sicher platziert werden. Dazu wird die Haut mit einer gering aufrauenden und entfettenden Paste an einem Wattestäbchen „radiert“ ([Video 5]).

Video 5 Elektroden setzen – Die gesamte Zeit zum Setzen der Elektroden betrug 7,5 Min. und wurde hier auf 2 Min. gekürzt.


Qualität:

Nach dem alle Elektroden sicher ohne wackeln befestigt sind werden die Abstände geprüft.

Abschließen erfolgt eine Blickprüfung der Elektrodenpositionen rund um den Kopf wobei v. a. auf die Symmetrie – rechts zu links – und die Abstände geachtet wird.

Gegebenenfalls werden die Elektroden an T1 und T2 ergänzt, bei einer Haube zumeist mit Klebeelektroden. Die Positionen werden wie folgt gefunden: Linie zwischen dem äußeren Gehörgang und dem lateralen Augenwinkel, vom Ohr 1/3 der Strecke in der Richtung auf das Auge und 1 cm aufwärts [8].


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Elektroden zu Verstärker

Die Elektroden werden mit dem jeweiligen Eingang des Verstärkers verbunden ([Video 6]).

Video 6 Verkabeln der Elektroden. Die gesamte Zeit zum Verkabeln der Elektroden betrug 3,5 Min. und wurde hier auf 1 Min. gekürzt.


Qualität:

Dabei müssen Verwechslungen ausgeschlossen werden. Besser wiederholt prüfen ([Video 7]).

Video 7 Prüfung: richtige Elektrode zu Brause.


Qualität:

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Prüfen der Elektrodenübergangswiderstände

Die Widerstände werden vom EEG-Gerät meist gegen die Erdelektrode nacheinander gemessen ([Video 8]).

Video 8 Elektroden Widerstände messen.


Qualität:

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Verbessern der der Elektrodenübergangswiderstände

Wiederstände über 5 kΩ müssen durch erneutes „radieren“ verbessert werden.

Die Elektrodenübergangswiderstände werden anschließend erneut geprüft.


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Aufnahme des EEG

Der Untersucher hat den Bildschirm, die Veränderungen des EEG als auch den Patienten fortlaufend im Blick. Eine synchrone Videoaufnahme des Patienten hat sich sehr bewährt ([Video 9]). Die Autenblockade solte mindestens 10 Sekunden dauern. Zum Ende werden die Elektrodenübergangswiderstände erneut geprüf.

Video 9 EEG-Aufnahme.


Qualität:

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Abbau der Elektroden und der Haube

Nach Abschluss der Aufnahme werden die Elektroden entfernt und die Haube abgenommen.

Reinigen der Elektroden und Haube

Nach Abschluss der Untersuchung werden die Elektroden einzeln gereinigt ([Video 10]). Alle Materialien, der Untersuchungsstuhl und der Raum werden entsprechend der Hygienestandards gereinigt.

Video 10 Putzen der Elektroden.


Qualität:

Die gesamte Länge der Arbeit eines sehr erfahrenen Untersuchers und bei sehr einfachen Bedingungen – wenig Haare – beträgt ca. 25 Min. Zusätzlich sollte die Zeit der Registrierung selbst mindestens 20 Min. betragen.

Das Ableiten eines EEG ist keine mal schnell gemachte Sache, dazu ist Übung erforderlich und v. a. Einhalten der Qualitätsstandards sowie nicht zuletzt der Hygiene.


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Autorinnen/Autoren

Volker Milnik
Klinik für Neurologie, St. Augustinus Krankenhaus gGmbH, Düren

Helmut Buchner
Mechernich

Jens Blankenstein
Klinik für Neurologie, St. Augustinus Krankenhaus gGmbH, Düren

Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Helmut Buchner

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
04. Dezember 2020

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Abb. 1 Das 10-20-Elektrodensystem. Fp=frontopolar, F=frontal, C=zentral, P=parietal, O=okzipital, T=temporal.