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DOI: 10.1055/a-1247-9025
Research

Auswirkungen des Marathontrainings auf die Kniegelenke
Das Laufen langer Strecken erfreut sich immer größerer Beliebtheit trotz der bekannten Belastung auf die Kniegelenke und des erhöhten Risikos von Verletzungen und vorzeitiger Entwicklung von Arthrose. Die Inzidenz von muskuloskelettalen Beschwerden, insbesondere des Kniegelenks, beträgt bei Marathonvorbereitungen bis zu 90 %. Dennoch laufen mehr als 30 Millionen Menschen jährlich Marathondistanzen, darunter immer mehr Erst- und ältere Läufer.
Bislang gibt es zwar Studien, die die Auswirkungen von Marathonläufen auf das Knie mittels einer Magnetresonanztomografie (MRT) untersucht haben, jedoch mangelt es, u. a. aufgrund unterschiedlicher Designs und geringer Probandenzahlen, an aussagekräftiger Evidenz. Daher war es das Ziel der vorliegenden Studie, die Auswirkungen des Marathonlaufens auf beide Kniegelenke mittels MRT vor und nach dem Marathonlauf zu erfassen.
Insgesamt nahmen 115 gesunde, asymptomatische Erstmarathonläufer (51 m, 64 w) im Alter von 25–73 Jahren (medianes Alter: 44 Jahre), die für den Londoner Marathon 2017 registriert waren, an der Studie teil. Alle Teilnehmer unterzogen sich zwei Monate vor Aufnahme des viermonatigen Marathontrainings einer MRT. Das Marathontraining konnte von 31 Teilnehmern aus verschiedenen Gründen nicht beendet werden. Von den restlichen 84 Teilnehmern absolvierten 83 den Marathon erfolgreich. Von diesen kamen 71 und von den Nicht-Marathonläufern 11 zum zweiten MRT, das zwei Wochen nach dem Marathonlauf aufgenommen wurde. Zusätzlich wurden die Teilnehmer gebeten, den KOOS (Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score) zur Erfassung von Kniebeschwerden, auszufüllen.
Zwischen den Läufern, die erfolgreich am Marathon teilnahmen (n = 71), und denen, die nicht teilnahmen (n = 11), gab es keine signifikanten Unterschiede bezüglich Alter (p = 0,78), Baseline-BMI (p = 0,38), Größe (p = 0,26) und Geschlecht (p = 0,98). Der KOOS wurde von 65/71 Marathonläufern und 5/11 Nicht-Marathonläufern ausgefüllt und ergab eine Normalverteilung in beiden Gruppen sowie keine signifikanten Unterschiede zwischen vor und nach dem Marathon. Bezüglich der Kniestrukturen ergaben sich folgende MRT-Ergebnisse (Tab. 1). Die MRTs wurden von zwei erfahrenen Radiologen ausgewertet. Bei Unterschieden wurden Konsenswerte gebildet.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Meniskusschäden nicht zwingend einer Teilnahme an einem Marathon im Wege stehen. Von den 37 Marathonläufern, die mit Meniskusläsion ins Marathontraining (und demnach in den Marathon) starteten, konnte nur ein Teilnehmer den Marathon nicht beenden. Zwischen den Teilnehmern mit und denen ohne Meniskusläsion gab es keine signifikanten Unterschiede in der Laufzeit. Wie der Tabelle zu entnehmen ist, führten sowohl das Training als auch der Marathon sowohl zu Verbesserungen als auch zu Verschlechterungen der Kniestrukturen. Verschlechterungen zeigten sich im lateralen Knorpel der Patella und im Knochen sowie im iliotibialen Band. Ebenfalls nicht verschlimmert haben sich die asymptomatischen Meniskusläsionen, sodass die Autoren resümieren, dass das Marathontraining und -laufen zwar oberhalb der regulären Bewegungsempfehlungen liegen, jedoch protektive Effekte in den medialen und lateralen Strukturen des tibiofemoralen Gelenkes aufweisen. Grund hierfür scheint die Stärkung der Beinmuskulatur zu sein.
Obwohl die vorliegende Studie keine endgültigen Ergebnisse über die Langzeitfolgen von Marathontraining und -lauf liefern kann, so gibt sie dennoch einen Hinweis darauf, dass Laufen im Rahmen des ersten Marathons protektive Effekte auf die Kniegesundheit, insbesondere auf die medialen und lateralen Kniestrukturen zu haben scheint. Wie die Autoren resümieren, könnte dies durchaus an dem knochen- und muskelstärkenden Reiz liegen, den das regelmäßige Laufen mit sich bringt. Allerdings muss beachtet werden, dass ein Teilnehmer aufgrund eines Meniskusrisses den Marathon nicht beenden konnte und alle anderen Meniskusläsionen asymptomatisch waren. Wie die Ergebnisse bei völlig gesunden Knien oder bei bereits aktiven Marathonläufern aussähen, lässt sich aus dieser Studie nicht ableiten, zumal von den 31 Teilnehmern, die nicht am Marathon teilnehmen konnten, 8 eine Verletzung angaben.
Dennoch bestätigt die vorliegende Studie, dass auch bei vorhandenen asymptomatischen Veränderungen der Kniestrukturen Marathonlaufen möglich ist. Die vorliegende Studie ist die erste mit einer größeren Teilnehmerzahl und einem hochauflösenden MRT, welches die genaue Untersuchung der vorliegenden Fragestellung – die Auswirkungen des Marathonlaufens auf die Kniestrukturen – überhaupt erst ermöglicht. Als anfälligstes Gelenk wurde das patellofemorale Gelenk ausgemacht, sodass dieses in Zukunft im Marathontraining gezielt präventiv auf die Belastung vorbereitet werden kann.
Design: prospektive, longitudinale Kohortenstudie
Teilnehmer: 71/82 gesunde Erwachsene, die ihren ersten Marathon absolvierten, im Vergleich zu 11/31, die nur am Marathontraining teilnahmen
Parameter: MRT-Aufnahmen und Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score
Resultate: keine signifikanten Veränderungen der Kniestrukturen vor Beginn des Marathontrainings und einen Monat nach dem Marathonlauf
Siri Goldschmidt
Horga LM, Henckel J, Fotiadou A et al. Can marathon running improve knee damage of middle-aged adults? A prospective cohort study. BMJ Open Sport & Exercise Medicine 2019; 5: e000586
Publication History
Article published online:
04 December 2020
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