PPH 2020; 26(06): 309
DOI: 10.1055/a-1246-0005
Rund um die Psychiatrie

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Jörg Kußmaul

Berlanda S, Pedrazza M, Fraizzoli M et al. Addressing Risks of Violence against Healthcare Staff in Emergency Departments: The Effects of Job Satisfaction and Attachment Style. BioMed Research International 2019; Article ID 5430870, 12 pages. https://doi.org/10.1155/2019/5430870

Hintergrund: Weltweit nimmt gewalttätiges Verhalten gegenüber Pflege- und medizinischem Personals im Gesundheitswesen zu. Viele Beschäftigte sehen die hauptsächlich von Patienten, deren Besuchern und Angehörigen ausgeübte Gewalt als nicht abwendbares Risiko ihrer Arbeit an. Forschungen zeigen, dass erlebte Gewaltsituationen gegen Pflege- und medizinisches Personal schwerwiegende Folgen für die körperliche und mentale Gesundheit haben kann.

Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz von Gewalt gegen Pflege- und medizinisches Personal in verschiedenen Notaufnahmen in Krankenhäuser zu ermitteln und den Zusammenhang zwischen Gewalt sowie bestimmten psychosozialen Faktoren (Bindungsstil, Alter und Arbeitszufriedenheit) zu untersuchen.

Methode: Die Studie umfasste 149 Probanden, die als Pflege- und medizinisches Personal in Notaufnahmen arbeiten. Die Probanden wurden gebeten, einen Online-Fragebogen (Rücklaufquote 38 %) zu beantworten, mit dem Art und Ausmaß der erlebten Gewalt (emotional, physisch und sexuell), des sicheren Bindungsstils sowie der Arbeitszufriedenheit gemessen wurde. Zudem wurden demografische und professionsbezogene Merkmale erhoben. Die Daten wurden statistisch mit einer multiplen Regressionsmodel analysiert.

Ergebnis: Die Ergebnisse zeigen, dass die Gewalt (häufigste Form ist die emotionale Gewalt) von Patienten und deren Besuchern sowie Angehörigen in Notaufnahmen ein hohes Risiko für das Pflege- und medizinische Personal darstellt. Das Gewaltrisiko wird dabei von verschiedenen Faktoren beeinflusst, die sowohl die Pathologie dieser Personengruppe betreffen als auch die Art und Weise, wie der Arbeitsplatz und die Arbeitsabläufe organisiert sind. Es wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Gewalterfahrungen zwischen den Geschlechtern jedoch bei den Professionen gefunden. Pflegepersonal erleidet häufiger emotionale und körperliche Gewalt als medizinisches Personal. Je höher die Arbeitszufriedenheit und das Lebensalter des Personals ist, desto seltener wurden sie Opfer von Gewalt.

Fazit: Fort- und Weiterbildungsprogramme zur Gewaltprävention sollten um gezielte Interventionen ergänzt werden, um die Arbeitszufriedenheit von Pflege- und medizinischem Personal zu steigern. Dadurch lassen sich berufsbezogene Gewalterfahrungen vermeiden, reduzieren oder das Ausmaß minimieren.



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Article published online:
23 November 2020

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