NOTARZT 2020; 36(06): 336-345
DOI: 10.1055/a-1237-3827
Übersicht

Bergrettung im Wandel der Zeit – 100 Jahre Bergwacht in Deutschland

Mountain Rescue Service in Germany
Volker Lischke
1   Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Hochtaunuskreis, Bad Homburg, Deutschland
2   DRK-Bergwacht Hessen, Wiesbaden, Deutschland
,
Armin Berner
3   Abt. für Anästhesie und op. Intensivmedizin, Klinikum Garmisch-Partenkirchen GmbH, Garmisch-Partenkirchen, Deutschland
4   Bergwacht Bayern, Bad Tölz, Deutschland
,
Johannes Schiffer
4   Bergwacht Bayern, Bad Tölz, Deutschland
5   Kinderarztpraxis, Hausham, Deutschland
,
Ute Müller
6   Klinik für Anästhesiologie, Kreiskliniken Reutlingen GmbH, Reutlingen, Deutschland
7   DRK-Bergwacht Württemberg, Stuttgart, Deutschland
,
Marius Dehne
8   Abt. für Anästhesie, Verbundkrankenhaus Bernkastel-Wittlich, Wittlich, Deutschland
9   DRK-Bergwacht Rheinland-Pfalz, Mainz, Deutschland
,
Urs Pietsch
10   Klinik für Anästhesiologie, Kantonsspital St. Gallen, Schweiz
11   Bergwacht Schwarzwald e. V., Kirchzarten, Deutschland
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Zusammenfassung

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts haben die Freizeitaktivitäten im deutschen Alpenraum und in den Mittelgebirgen rapide zugenommen. Seit der Gründung am 14.06.1920 in München versieht die Bergwacht in Deutschland den Naturschutz- und Rettungsdienst abseits der Straße in unwegsamem Gelände im Gebirge. In diesen Regionen überwiegen traumatologische Not- und Todesfälle gegenüber medizinischen. Die Entwicklung neuer Trendsportarten hat auch die Entwicklung alpiner Rettungstechniken und -gerätschaften geprägt. Moderne Rettungs-/Einsatzhubschrauber mit Rettungswinde oder Fixtau ermöglichen bei Sichtflugbedingungen eine schnelle Zuführung rettungstechnisch und notfallmedizinisch qualifizierter Bergretter und Bergwachtnotärzte sowie einen schnellen Abtransport der notfallmedizinisch versorgten Patienten. Trotz moderner Rettungshubschrauber müssen bodengebundene Rettungsverfahren bei der Bergwacht weiterhin ausgebildet und bei schlechter Sicht, starken Niederschlägen bzw. teilweise auch bei Nacht jederzeit durchgeführt werden können. Moderne Ausbildungs- und Trainingseinrichtungen der Bergwacht ermöglichen eine situationsgerechte Aus- und Weiterbildung der Bergretter. Die Bergwacht im Deutschen Roten Kreuz versieht zusammen mit der Bergwacht Bayern im Bayerischen Roten Kreuz und der Bergwacht Schwarzwald e. V. die satzungsgemäßen Aufgaben sowie die Anforderungen des „Komplexen Hilfeleistungssystems“ des Deutschen Roten Kreuzes als integraler Bestandteil der präklinischen Notfallrettung abseits der Straße in unwegsamem Gelände seit nunmehr 100 Jahren.

Abstract

At the beginning of the last century, leisure activities in the German Alpine region and the low mountain ranges increased rapidly. Since its foundation 1920, the Mountain Rescue Service in Germany (Bergwacht) has been providing nature conservation and rescue services off the road in rough mountain terrain. In these regions, trauma-related emergencies and deaths predominate over medical emergencies. The development of new sports has also influenced the evolution of rescue techniques and equipment. Rescue helicopters with winches enable the fast supply of rescue technicians and qualified mountain rescue emergency physicians as well as rapid medevac of patients. Despite rescue helicopters, ground-based rescue procedures must continue to be trained by the rescue service to deliver medical care even in adverse conditions. State-of-the-art training and education facilities make it possible to train and educate the mountain rescue assistants according to the situation. With more than 13 000 volunteer members, the Bavarian Mountain Rescue Service, the Black Forest Mountain Rescue Service and the Mountain Rescue Service in the German Red Cross, have proved to be an integral part of pre-clinical emergency rescue in rough terrain for 100 years providing emergency medical services for all kinds of casualties in all mountain areas in the country.

Kernaussagen
  • Die Bergwacht garantiert seit nunmehr 100 Jahren in Deutschland die Rettung aus unwegsamem Gelände abseits der Straße in Mittel- und Hochgebirgsregion. Im „Komplexen Hilfeleistungssystem“ des Deutschen Roten Kreuzes (allumfassende Versorgung von Hilfeersuchenden in unterschiedlichen Notlagen) ist die Bergwacht ein integraler Bestandteil der präklinischen Notfallrettung.

  • Leistungsstarke Rettungshubschrauber mit Rettungswinde ermöglichen eine schnelle Heranführung von Einsatzkräften an die Einsatzstelle und die nachfolgende Rettung verunfallter oder erkrankter Bergsportler.

  • Bei eingeschränkten Witterungsbedingungen müssen Bergrettungseinsätze weiterhin jederzeit auch bodengebunden durch die Bergwacht durchgeführt werden. Der Erfolg dieser bodengebundenen Rettungen ist im besonderen Maße abhängig von der Fitness und der Vertrautheit der Bergretter mit der alpinen Umgebung.

  • Begleitend zur alpinen Rettungstechnik ist die alpine Notfallmedizin heute integraler Bestandteil der modernen Bergrettung. Alpinistisch erfahrene Ärzte können sich gemäß den Richtlinien der ICAR zum Alpin- oder Bergrettungsnotarzt weiterbilden.

  • Durch moderne und einsatzerprobte Schulungskonzepte werden Einsatzkräfte der Bergwacht im „Bergwacht-Zentrum für Sicherheit und Ausbildung“ in Bad Tölz auf die Anforderungen in der Bergrettung aus- und weitergebildet.



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Article published online:
17 September 2020

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