Aktuelle Rheumatologie 2020; 45(05): 381-382
DOI: 10.1055/a-1219-9085
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Tanezumab verbessert Funktion und Schmerzen bei Knie- und Hüftarthrose

Rezensent(en):
Marisa Kurz
Berenbaum F. et al.
Subcutaneous tanezumab for osteoarthritis of the hip or knee: efficacy and safety results from a 24-week randomised phase III study with a 24-week follow-up period.

Ann Rheum Dis 2020;
79: 800-810
 

    Der Nervenwachstumsfaktor NGF ist an der Schmerzentstehung bei Arthrose beteiligt. Studien mit dem monoklonalen anti-NGF-Antikörper Tanezumab mussten in der Vergangenheit abgebrochen werden, weil sich nach der Gabe bei einigen Patienten die Arthrose rasch verschlimmert hatte. Inzwischen wird das Medikament in niedrigeren Dosen eingesetzt und subkutan statt intravenös verabreicht. In einer Phase III Studie wurden nun Wirksamkeit und Sicherheit von Tanezumab bei Knie- und Hüftarthrose untersucht.


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    An der doppelblinden, randomisierten Placebo-kontrollierten Phase III Studie nahmen insgesamt 849 Arthrose-Patienten von 104 Zentren in Europa und Japan teil. Primäre Endpunkte der Studie waren eine Veränderung im Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC) für Schmerz und Funktion, sowie im Patient’s Global Assessment of OA (PGA-OA) nach 24 Wochen. Als Sicherheitsendpunkte wurden unter anderem neurologische Schäden und Schäden der Gelenke erfasst.

    Eingeschlossen wurden volljährige Patienten mit Knie- oder Hüftarthrose und einem Kellgren-Lawrence Grad≥2, deren Schmerzen sich unter Paracetamol, nicht-steroidalen Antirheumatika, Tramadol und anderen Opioiden nicht adäquat besserten, oder die diese Medikamente nicht einnehmen konnten oder wollten. Die Patienten hatten im Index-Gelenk einen WOMAC Schmerz-Score und Funktions-Score von≥5 und die Bewertung im PGA-OA war „mäßig“, „schlecht“ oder „sehr schlecht“.

    Ausschlusskriterien waren unter anderem Hinweise auf eine atrophe oder hypotrophe Arthrose, Nekrosen, Frakturen, schwere Fehlstellungen, andere Arthropathien, metabolische Knochenerkrankungen, Tumore oder schwere Traumata oder Operationen in der jüngsten Vorgeschichte. Auch wurden Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen ausgeschlossen. Die Patienten durften während der Studie gewisse Mengen an Paracetamol und nicht-steroidialen Antirheumatika einnehmen, nicht jedoch in den 24 Stunden vor der Gabe der Studienmedikation.

    Die Patienten erhielten über einen Zeitraum von 24 Wochen alle 8 Wochen (insgesamt also 3-mal) entweder 2,5 mg Tanezumab, 5 mg Tanezumab oder ein Placebo subkutan (Placebo n=282, Tanezumab 2,5 mg n=283, Tanezumab 5 mg n=284). Danach wurden die Scores wieder bestimmt. Nebenwirkungen wurden noch bis zur Woche 48 beobachtet.

    Die Patienten waren zwischen 26 und 89 Jahren alt, das mittlere Alter lag bei etwa 64 Jahren, 69,1% waren weiblich, in 83% der Fälle war das Indexgelenk das Knie.

    Nach 24 Wochen zeigte sich in der Gruppe, die 5 mg Tanezumab erhalten hatte, im Vergleich zur Placebo-Gruppe eine statistisch signifikante Verbesserung im WOMAC Schmerz-Index (−0,62±0,18, p=0,0006), im WOMAC Funktions-Index (−0,71±0,17, p<0,0001) und im PGA-OA (−0,19±0,07, p=0,0051). In der 2,5 mg Tanezumab-Gruppe zeigten sich auch statistisch signifikante Verbesserungen in den WOMAC Schmerz und Funktions-Indizes, nicht aber im PGA-OA. Der Anteil der Patienten, deren WOMAC Schmerz Index sich um mindestens 50% verbesserte, lag in der Placebo-Gruppe bei 33,8%, in der 2,5 mg Gruppe bei 45,5% und in der 5 mg Gruppe bei 47,9%.

    Eine schnell voranschreitende Arthrose (rapidly progressive osteoarthritis RPOA) trat in der Placebo-Gruppe nicht auf, aber bei 1,4% (4/283) der Probanden der 2,5 mg Tanezumab-Gruppe und 2,8% (8/284) der Probanden der 5 mg Tanezumab-Gruppe. Auch litten die Patienten unter Tanezumab in beiden Dosierungen häufiger unter Par- und Hypästhesien. Zu einem Gelenkersatz kam es während der Studiendauer in den drei Gruppen gleich häufig (6,7–7,8%).

    Fazit

    Tanezumab verbessert Scores für Funktion und Schmerz bei Patienten mit Knie- oder Hüftarthrose, die nicht auf Standard-Schmerzmedikamente ansprechen. Jedoch kommt es in seltenen Fällen zu einer RPOA. Eine längere Beobachtungsstudie der Autoren wird das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Therapie weiter untersuchen.

    Marisa Kurz M.Sc. B.A. München


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    14. Oktober 2020

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