Renson T.
et al.
High prevalence of spondyloarthritis-like MRI lesions in postpartum women: a
prospective analysis in relation to maternal, child and birth
characteristics.
Ann Rheum Dis 2020;
79: 929-934
In der belgischen Studie wurde untersucht, wie häufig
kernspintomografisch-nachweisbare iliosakrale Knochenmarködeme nach
vaginaler Geburt bei den Probandinnen vorliegen, wie sie sich im Verlauf
entwickeln und wie die Ödeme mit mütterlichen, kindlichen oder
Geburts-assoziierten Parametern zusammenhängen.
Insgesamt wurden 35 Frauen zwischen 18 und 45 Jahren (im Mittel 29,7 Jahre) in
die Studie eingeschlossen. Ausschlusskriterien waren unter anderem vorliegende
Spondyloarthritiden, entzündliche Darmerkrankungen,
Mehrlingsschwangerschaften und Geburt per Sectio.
Bei den Frauen wurde innerhalb von 10 Tagen nach einer unkomplizierten, vaginalen
Geburt eine Magnetresonanztomografie (MRT) der Iliosakralgelenke angefertigt.
Die Aufnahmen wurden nach der Spondyloarthritis Research Consortium of Canada
(SPARCC) Methode bewertet. Die MRT wurde nach 6 Monaten wiederholt. Wenn die
Kriterien einer Sakroiliitis nach ASAS erfüllt waren (erfasst werden u.
a. Knochenmarködem, Kapsulitis, Enthesitis, hohe
Signalintensität im Gelenkspalt, Erosionen, Sklerose, Fettmetaplasie,
Ankylose), wurde nach 12 Monaten eine weitere Aufnahme angefertigt.
Im Schnitt hatten die Probandinnen einen BMI von 25 und hatten im Rahmen der
Schwangerschaft 10 Kilogramm zugenommen. Bei 63% war diese Geburt die
erste. Im Mittel dauerten die Geburten acht Stunden, 63% der
Probandinnen hatten während der Geburt eine Periduralanästhesie
bekommen. Die Neugeborenen wogen im Mittel 3341 g, waren 50 cm
groß und hatten einen Kopfumfang von 34 cm. Eine Teilnehmerin
war HLA-B27 positiv.
Bei 77% (27/35) der Probandinnen zeigte sich kurz nach der Geburt
(nach höchstens 10 Tagen, im Mittel nach 5 Tagen) ein sakroiliakales
Knochenmarködem, bei 60% war die ASAS-Definition einer
Sakroiliitis erfüllt. Nur 31% der Frauen litten zu dem Zeitpunkt
der Aufnahme an Rückenschmerzen.
Nach 6 Monaten zeigten sich die Veränderungen noch bei 46% der
Probandinnen (15/33. Zwei Probandinnen nahmen nicht mehr teil),
15% erfüllten die Sakroiliitis-Definition. Nach 12 Monaten lag
bei 12% (4/33) der Probandinnen noch eine Sakroiliitis vor. Der
Rückgang der Knochenmarködeme, die mit dem SPARCC Score erfasst
wurden, war statistisch signifikant.
Die Patientinnen, bei denen die Ödeme bestehen blieben, waren zum
größten Teil über 30 Jahre alt. In der Studie wurden
wenige strukturelle Gelenkveränderungen (etwa Fett-Metaplasien),
Kapsulitiden und Enthesitiden nachgewiesen. Die Autoren deuten das als
Bestätigung dafür, dass es sich eher um mechanische und nicht
entzündliche Veränderungen handelt.
Die Wissenschaftler konnten keine Korrelation zwischen dem Vorliegen von
Knochenmarködemen und kindlichen Parametern (Gewicht, Kopfumfang,
Geschlecht) feststellen.
Allerding war das Vorliegen eines Knochenmarködems statistisch mit einer
kürzeren Dauer der Geburt und dem Fehlen einer
Periduralanästhesie assoziiert. Die Autoren argumentieren, dass der
mechanische Stress bei einer kürzeren Geburt und bei einer Geburt unter
Schmerzen höher sein könnte.
Die Studie zeigt, dass sakroiliakale Knochenmarködeme bei Frauen nach
der Geburt häufig vorkommen und oftmals die Kriterien einer
Sakroilitis erfüllen. Allerdings bilden sich die
Veränderungen zum größten Teil innerhalb von Monaten
zurück. Die Autoren empfehlen, die Indikation zur MRT der
Iliosakralgelenke bei postpartalen Frauen vor allem in den ersten sechs
Monaten nach der Geburt zurückhaltend zu stellen und die Diagnose
einer axialen Spondyloarthritis kurz nach der Geburt im Verlauf zu
überprüfen. Auffällige Befunde wenige Monate nach
der Geburt sollten weiter beobachtet werden, bevor die Diagnose gestellt
wird.
Marisa Kurz M.Sc. B.A. München