Pneumologie 2020; 74(10): 642
DOI: 10.1055/a-1210-5408
Pneumo-Fokus

Lungenkrebs: Erhöhtes Risiko durch berufliche Dieselexposition

Ge C. et al.
Diesel Engine Exhaust Exposure, Smoking, and Lung Cancer Subtype Risks: A Pooled Exposure-response Analysis of 14 Case-control Studies.

Am J Respir Crit Care Med 2020;
DOI: 10.1164/rccm.201911-2101OC.
 

Dieselabgase sind entsprechend der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) nachgewiesenermaßen krebserregend (Gruppe 1 humaner Karzinogene). In einer umfangreichen Analyse von Fallkontrollstudien hat ein internationales Team die Exposition-Wirkungs-Beziehung von Dieselabgasen in beruflichen Situationen auch bei niedrigen Konzentrationen < 50 µg/m3/Jahr) und den Einfluss von Zigarettenrauch untersucht.


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Die Untersuchung fasste Daten von 14 krankenhaus- und bevölkerungsbasierten Fallkontrollstudien aus 13 europäischen Ländern und Kanada zusammen. Damit sollten folgende Aspekte, die mit beruflicher Dieselabgasexposition assoziiert sind, beurteilt werden:

  • Lungenkrebsrisiko nach Geschlecht,

  • Einfluss des Raucherstatus sowie Lungenkrebs-Subtyp bei Männern,

  • Effekte von Dieselabgasexposition und Rauchen bei Männern,

  • Exzess-Lebenszeitrisiko für Lungenkrebs

Die berufliche Dieselabgasexposition wurde anhand der Konzentrationen elementaren Kohlenstoffes (EC) charakterisiert. Eine quantitative Arbeitsplatz-Expositionsmatrix für EC diente der Belastungsbewertung. Das Chancenverhältnis (Odds Ratio, OR) und das 95 %-Konfidenzintervall (KI) bestimmten die Wissenschaftler mit Modellen der bedingungslosen logistischen Regression.

Konsistente Expositions-Wirkungs-Beziehung

In die abschließende Analyse flossen Daten von insgesamt 37 866 Personen ein, unterteilt in 16 901 Fälle und 20 965 Kontrollen. Die Lungenkrebsfälle setzten sich zusammen aus 6503 Plattenepithelkarzinomen, 4752 Adenokarzinomen, 2730 kleinzelligen Karzinomen, 2012 andere Lungenkrebsvarianten, 810 großzelligen Bronchialkarzinomen und 94 Fällen ohne Subtypinformationen. Männer, die jemals einer beruflichen EC-Belastung ausgesetzt waren, hatten ein erhöhtes OR für Lungenkrebs von 1,22 (95 %-KI 1,15 – 1,29). Auch in den niedrigsten Kategorien von Expositionsdauer (a, 1 – 9 Jahre) und kumulativer Exposition (b, > 0 – 22 µg/m3/Jahr) war das OR erhöht: a: 1,07 (95 %-KI 1,00 – 1,16) und b: 1,09 (95 %-KI 1,00 – 1,19).

Das Exzess-Lungenkrebsrisiko, das mit beruflicher EC-Belastung assoziiert war, betrug für Männer und Frauen kombiniert 3,0 % bei einer Belastung von 50 µg/m3/Jahr, 0,99 % bei 20 µg/m3/Jahr und 0,04 % bei 1 µg/m3/Jahr. Steigende kumulative EC-Belastungen erhöhten bei Männern das OR für Plattenepithelkarzinome (p-Trend < 0,01) und kleinzellige Karzinome (p-Trend = 0,02). Für Plattenepithelkarzinome waren alle Kategorien kumulativer EC-Belastungen mit einem erhöhten OR assoziiert (OR 1,13; 95 %-KI 1,01 – 1,26). In den höchsten EC-Expositionskategorien hatten Männer das höchste Risiko für Adenokarzinome (OR 1,23; 95 %-KI 1,09 – 1,39) und großzellige Bronchialkarzinome (OR 1,31; 95 %-KI 1,02 – 1,67). Der Raucherstatus hatte bei Männern in der höchsten Belastungskategorie keinen Einfluss auf das Lungenkrebsrisiko:

  • immer Nichtraucher: OR 1,41; 95 %-KI 1,04 – 1,88

  • ehemalige Raucher: OR 1,47; 95 %-KI 1,31 – 1,65

  • aktuelle Raucher: OR 1,40; 95 %-KI 1,24 – 1,57

Fazit

Diese große Fallkontrollstudie belegt bei Männern einen durchgängigen Zusammenhang von beruflicher Dieselabgasbelastungen und dem Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Die Exposition-Wirkungs-Beziehung wurde nicht durch den Raucherstatus beeinflusst. Das erhöhte Erkrankungsrisiko betraf alle untersuchten Lungenkrebs-Subtypen.

Matthias Manych, Berlin


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Publication History

Article published online:
15 October 2020

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