Schlüsselwörter
Kontaktekzem - Edding - allergisches Kontaktekzem Typ IV - grüner Permanentmarker
Key words
contact allergy - green permanent marker
Kasuistik
Wir berichten von einer 74-jährigen Patientin, die ca. 26 Stunden nach Markierung
durch einen grünen Permanentmarker (Edding® 3300, Edding International GmbH, Ahrensburg) ein Kontaktekzem Typ IV nach Coombs
und Gell entwickelte. Anamnestisch bestanden in der Vorgeschichte keine weiteren Grunderkrankungen,
nur eine Pflasterallergie war bekannt. Eine atopische Diathese wurde verneint.
Die zu behandelnden Krampfadern werden in unserem Venenkompetenzzentrum präoperativ
beim stehenden Patienten mit einem grünen Permanentmarker angezeichnet. Dieses sogenannte
„Mapping“ dient zum einen zur Erleichterung der Operation durch Vereinfachung des
Auffindens der erkrankten Vene beim liegenden Patienten, zum anderen detektiert es
den Bereich, der präoperativ mittels Tumeszenz-Lokalanästhesie betäubt werden muss.
Sollte es bei der Setzung der Tumeszenz-Lokalanästhesie zu einer Tätowierung kommen,
erscheint die grüne Farbe der natürlichen Venenzeichnung noch am ähnlichsten.
Die geplante Operation verlief ohne weitere Komplikationen erfolgreich. Es wurde eine
inguinale Crossektomie links mit zusätzlichen Miniphlebektomien in Tumeszenz-Lokalanästhesie
durchgeführt. 26 Stunden nach Markierung der zu operierenden Vene entwickelte die
Patientin am noch zu operierenden rechten Bein, strickt der eingezeichneten grünen
Markierungslinien, juckende, erythematöse Plaques sowie vereinzelt Papeln und Vesiculae
auf erythematösem Grund ([Abb. 1a, b]).
Abb. 1 a, b Allergisches Kontaktekzem auf grünen Permanentmarker 26 Stunden nach Markierung mit
juckenden, erythematösen Plaques sowie vereinzelt Papeln und Vesiculae auf erythematösem
Grund.
Wir stellten die Diagnose einer allergischen Kontaktdermatitis. Die Patientin berichtete
aufgrund des ausgeprägten klinischen Befundes über starken Juckreiz sowie hohen Leidensdruck.
Daher begannen wir eine systemische Therapie initial mit 100 mg Prednisolon per os
(1 mg/kg KG). Diese wurde 2-tägig um 25 mg reduziert und konnte schließlich am 7.
Tag abgesetzt werden. Begleitend führten wir eine topische Therapie mittels Diflucortolonvalerat
durch. Da die Patientin auf die zugelassene Standarddosis von Cetirizindihydrochlorid
10 mg Tbl. nicht ausreichend ansprach, erhöhten wir die Tagesdosis auf bis zu 2-mal
täglich bei Bedarf (Off-Label-Use). Eine Höherdosierung von nicht sedierenden H1-Antihistaminika
der 2. Generation auf bis zur 4-fachen Dosis wird bei Symptompersistenz bei der Therapie
der chronischen Urtikaria empfohlen (ebenfalls Off-Label-Use) und ist uns bekannt.
Innerhalb von 2 Wochen kam es hierunter zu einer deutlichen Besserung des Hautbildes
und der Beschwerdesymptomatik. Zur weiteren Abklärung stellten wir die Patientin im
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zur allergologischen Testung vor. Die Epikutantestung
der DKG-Standardreihe sowie Leder- und Textilfarben (ausgenommen Dispers Rot 11 und
p-Phenylendiamin) zeigte eine 2-fach positive Reaktion gegenüber Perubalsam sowie
eine 3-fach positive Reaktion gegenüber dem verwendeten Permanentmarker der Firma
Edding an Tag 2 und Tag 3 ([Abb. 3]). Die restliche Epikutantestung war negativ.
Abb. 3 Erythem mit Infiltrat und konfluierenden Vesikeln. Epikutantestungsreaktionen extrem
positiv (+++) am Tag 3 auf Perubalsam und Edding 3300 Permanentmarker grün. Quelle:
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Allergologie.
Die Patientin berichtete uns über eine länger zurückliegende Operation mit Verwendung
eines grünen Permanentmarkers. Hier sei es danach jedoch zu keiner Hautreaktion gekommen.
Das innerhalb von 24 Stunden einsetzende Kontaktekzem sowie die 3-fach positive Testreaktion
in der Epikutantestung sind hinweisend auf eine hochgradige Sensibilisierung. Bedauerlicherweise
waren die Parafarbstoffe Dispers Rot 11 sowie p-Phenylendiamin bei der Epikutantestung
laut Allergieambulanz nicht lieferbar. Eine erneute Epikutantestung im späteren Verlauf
wurde seitens der Patientin abgelehnt.
Da die herstellende Firma keine näheren Informationen oder Materialproben aufgrund
des Produktinhaltsgeheimnisses teilte, war eine weitere Aufschlüsselung mit Angaben
der Zusammensetzung der im Farbstift enthaltenen Inhaltsstoffe nicht möglich. Die
Operation an dem anderen Bein wurde mit einem schwarzem Permanentmarker (VISCOT SURGICAL
SKIN MARKERS VISMARK™ fine REG 1400 Marker) durchgeführt, der präoperativ bereits
mittels Epikutantestung sowie nach mehreren eigenständigen Selbstversuchen seitens
der Patientin ohne Reaktion zur Anzeichnung freigegeben wurde ([Abb. 2a, b]).
Abb. 2 a, b Bein rechts 24 Stunden postoperativ nach Markierung durch einen schwarzen, zuvor
getesteten Permanentmarkers.
Diskussion
Kontaktekzeme stellen eine der häufigsten Hauterkrankungen in Deutschland dar.
In Deutschland wird der von irgendeiner Form des Kontaktekzems betroffene Bevölkerungsanteil
auf 15–20 % geschätzt. Die Lebenszeitprävalenz für das allergische Kontaktekzem wird
auf etwa 15 % geschätzt [12].
Allergische Kontaktekzeme sind durch Reizstoffe oder durch exogen einwirkende Allergene
ausgelöste, akute, subakute oder auch chronische Entzündungsreaktionen. Das Ausmaß
hängt vom Grad der Sensibilisierung sowie der Intensität des Allergenkontakts ab.
Das allergische Kontaktekzem ist eine antigenspezifische, T-Zell-vermittelte, verzögerte
Immunreaktion vom Typ IV (Gell u. Coombs, „verzögerter Typ") und kann zu einem klinisch
polymorphen Bild führen. Die entzündlichen Hautveränderungen reichen von juckenden
schuppenden Erythemen und Vesiculae und Plaques bis hin zu ausgeprägten Schwellungen
mit Bullae oder gar Ulzerationen. Ebenfalls werden Streuphänomene vom primären Einwirkbereich
des Allergens beobachtet. Diagnostisch ist neben einer gründlichen Anamnese und körperlichen
Untersuchung vor allem der Epikutantest wichtig, um Typ-IV-Sensibilisierungen zu detektieren.
Differenzialdiagnostisch sollte an ein kumulativ-toxisches Ekzem oder ein atopisches
Ekzem gedacht werden. Aber auch die Psoriasis vulgaris oder das nummuläre Ekzem stellen
wichtige Differenzialdiagnosen dar [9]
[10]
[12].
Sowohl die Compliance des Patienten als auch die Aufklärung des Arztes über die Erkrankung,
das Ausschalten der diagnostisch ermittelten Noxen und die Schutz- und Pflegemaßnahmen
sind für die langfristige Behandlung eines Kontaktekzems von entscheidender Bedeutung.
Mittel der ersten Wahl zur symptomatischen topischen Therapie des allergischen Kontaktekzems
sind Glukokortikoid-haltige Salben oder Cremes der Klasse II–III. Unterstützt wird
diese durch eine konsequente längerfristige Basistherapie. Ist eine topische Therapie
nicht wirksam oder undurchführbar kann bei besonders akuten, großflächigen oder therapierefraktären
Fällen eine kurzzeitige systemische Therapie mit Glukokortikoiden über mehrere Tage
bis 2 Wochen erfolgen [8].
Allergische Reaktionen in Form einer Kontaktdermatitis bzw. eines Kontaktekzem auf
Inhaltsstoffe von Permanentmarkern sind äußerst selten, wurden jedoch in der Vergangenheit
bereits von einigen wenigen Autoren beschrieben. Martin-Garcia et al. [1] zeigten in ihrem dokumentierten Fall ein nach 24 Stunden aufgetretenes allergisches
Kontaktekzem ausgelöst durch einen blauen Permanentmarker ebenfalls der Marke Edding
3000 (Edding International GmbH, Ahrensburg) nach Liposuktion. Die nachfolgende Durchführung
von Epikutantests in 3 verschiedenen Farben (rot, blau und schwarz) zeigten alle positive
Testreaktion auf Abitol jeweils nach 48 und 96 Stunden. Abitol ist ein Gemisch aus
verschiedenen Hydroabietylalkoholen und zählt im weitesten Sinne zur Gruppe der Klebstoffe.
Es wurde hier erstmalig als auslösendes Allergen als eine Komponente des Permanentmarkers
Edding 3000 beschrieben.
Ein ähnlicher Fall ereignete sich in der Klinik für plastische und rekonstruktive
Chirurgie am Kantonspital Sankt Gallen. Matthias K. F. Spiegel et al. [2] berichteten von einer 52-jährigen Patientin, die einen Tag nach geplanter Mastektomie
mit Sentinel-Lymphknotenexstirpation ein Kontaktekzem entwickelte. Das scharf begrenzte
Erythem trat am ersten postoperativen Tag entlang der mit einem grünen Edding 3000
gezeichneten anatomischen Orientierungslinien auf. Im weiteren Verlauf entwickelten
sich zusätzlich juckende Plaques und Vesiculae auf erythematösem Grund. Im Epikutantest
zeigte sich an Tag 2 und 3 eine deutliche Sensibilisierung gegenüber Alkydharz. Alkydharze
sind synthetische hydrophobe Polymere, die durch Kondensation mehrwertiger Alkohole
mit mehrprotonigen Säuren unter Zusatz von Ölen bzw. Fettsäuren entstehen. Sie sind
wichtige Inhaltsstoffe in vielen synthetischen Farben aufgrund ihrer Vielseitigkeit
und niedrigen Kosten. Über Sensibilisierungen gegenüber Disperse Orange 3 und Solvent
Yellow 146 (Orosal Yellow 4 GN) wurde in vergangenen Kasuistiken berichtet [3]
[4]. Eine 62-jährige Patientin reagierte mit einem juckenden Kontaktekzem im Bereich
der eingezeichneten Markierung auf denselben grünen Permanentmarker Edding 3000. Solvent
Yellow 146 war hier jedoch das verantwortliche Allergen und zeigte sich im Epikutantest
positiv.
Gemäß der World Health Organization sollte das präoperative Anzeichnen zur Vermeidung
von Eingriffsverwechselung („Wrong Site Surfers“) mittels Permanentmarker erfolgen
[5]. Eingriffsverwechslungen sind dadurch vermeidbar und können so großen individuellen
Schaden abwenden. Es gibt jedoch aktuell immer noch keinen Konsens darüber, welcher
Marker dazu genutzt werden sollte. Die meisten Permanentmarker beinhalten typischerweise
keine länger anhaltenden toxischen Inhaltsstoffe. Anhand der Literatur wurden nur
sehr selten allergische Reaktionen beschrieben. Permanentmarker sind nicht entwickelt
worden für den direkten Kontakt auf der Haut. Eine Empfehlung der Hersteller von Permanentmarkern
für den direkten Kontakt auf der Haut gibt es daher nicht. Spezielle Permanentmarker
für die Haut sind im Handel erhältlich, welche bei einem Großteil der Operationen
heute schon genutzt werden. Direkte Vorschriften zur ausschließlichen Nutzung dieser
gibt es aufgrund der geringen Anzahl von Kontaktallergien auf handelsübliche Permanentmarker
aktuell jedoch nicht. Bei der Verwendung von Permanentmarkern sollte daher auf eine
hautfreundliche Testung geachtet werden, bzw. Patienten sollten über eine kontaktallergische
Reaktion präoperativ aufgeklärt werden.