ZUSAMMENFASSUNG
Die akute Nierenschädigung tritt heute vor allem bei Intensivpatienten nach großen
operativen Eingriffen, mit Sepsis oder im Rahmen des Versagens eines oder mehrerer
anderer Organe auf. Intensivpatienten, die einer Nierenersatztherapie bedürfen, haben
eine Krankenhausmortalität von ca. 60 %. Der Zeitpunkt des Beginns der Nierenersatztherapie
ist Gegenstand zahlreicher Studien gewesen. Zu den hartnäckigsten Legenden in der
Medizin zählt jene zum Harnstoff-Schwellenwert, der die Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie
anzeigen soll. Zwei rezente Arbeiten zeigen, dass allein ein durch den Laborwert getriggerter
Dialysebeginn, z. B. Erfüllung der AKIN-3-Kriterien, dazu führt, dass knapp die Hälfte
der Patienten eine Dialysetherapie bekommen, die sie nicht benötigt. Bezüglich der
Dosis der Nierenersatztherapie konnte eine Meta-Analyse belegen, dass neben einem
fehlenden Vorteil einer hohen Intensität der Nierenersatztherapie auf die Mortalität
sogar die Wiederaufnahme der Nierenfunktion verzögert wird. Unter der hohen Dosis
der heutzutage eingesetzten Nierenersatzverfahren kommt es auch zur vermehrten Elimination
von Elektrolyten, Nährstoffen und Antibiotika, denn die Anpassung von Antibiotika
an die Intensität der Nierenersatztherapie ist schwierig. Für die Behandlung der akuten
Nierenschädigung stehen mehrere Nierenersatzverfahren zur Verfügung: die klassische
intermittierende Hämodialyse, die kontinuierliche Nierenersatztherapie (CVVH), die
verlängerte tägliche Dialyse (PIRRT/SLED/GENIUS-Dialyse) und die Peritonealdialyse.
Trotz intensiver Forschungsbemühungen in diesem Gebiet gibt es bisher keine Studie,
die die Überlegenheit eines dieser Verfahren in Bezug auf die Mortalität oder renale
Endpunkte wie z. B. die Wiederaufnahme der Nierenfunktion belegen. Gegenwärtig gibt
es auch keinen Konsens bezüglich der Kriterien für die Beendigung der Nierenersatztherapie.
Die Menge des Urins scheint jedoch ein guter Parameter zu sein, auch die Höhe des
Kreatininanstieges in der RRT-Pause (RRT: renal replacement therapy) oder die 6-h-Kreatininclearance
eignen sich als Prädiktor für den erfolgreichen Auslass der Nierenersatztherapie.