Aktuelle Dermatologie 2020; 46(08/09): 356-361
DOI: 10.1055/a-1147-3103
Eine Klinik im Blickpunkt

Die Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie der Universitätsmedizin Rostock – von Fischschuppenerkrankungen, Mondscheinkindern und viel, viel Mee(h)r!

The Clinic and Policlinic for Dermatology and Venereology of the University Medical Center Rostock: From Ichthyoses, Children of the Moon, and much much Mee(o)r!
S. Emmert
1   Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsmedizin Rostock
,
R. Panzer
1   Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsmedizin Rostock
,
S. Rode
1   Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsmedizin Rostock
,
A. Thiem
1   Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsmedizin Rostock
,
J. Tietze
1   Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsmedizin Rostock
,
V. Blaschke
2   Leiter Medizincontrolling, Universitätsmedizin Rostock
,
T. Fischer
1   Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsmedizin Rostock
,
L. Böckmann
1   Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsmedizin Rostock
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die Universität Rostock und die Universitätsmedizin als Gründungsfakultät ist die drittälteste Alma Mater in Mitteleuropa – 2019 hat sie ihr 600-jähriges Bestehen gefeiert. Die Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie der Universitätsmedizin Rostock kann auf eine ähnlich lange Tradition zurückblicken – sie ist das drittälteste Ordinariat nach Breslau und der Charité in Berlin. Gemäß dem universitären Motto „Traditio et Innovatio“ hat sich aus dieser Tradition, begründet durch angesehene Ordinarien wie Wolters, Frieboes oder auch Flegel zu DDR-Zeiten, in den letzten 4 Jahren eine moderne universitäre Dermatologische Universitätsklinik (DUK) mit hoher Entwicklungsdynamik und einem Masterplan DUK2030 für alle Bereiche der Krankenversorgung, Forschung und Lehre entwickelt. Unter einem Dach sind stationäre, teilstationäre, ambulante und operative Patientenversorgung zusammen mit dem histologischen und klinischen Labor und den Forschungslaboren vereint. Unter anderem durch Zentrumsgründungen vor Ort (Hautkrebszentrum, Immuntherapiezentrum, Allergologisches Zentrum, Gefäß- und Wundzentrum, Zentrum für Seltene (Haut-) Erkrankungen) und auf europäischer Ebene (Europäisches Referenznetzwerkzentrum für seltene Hauterkrankungen) hat diese interdisziplinäre Zusammenarbeit die Klinik lokal und überregional sehr gut vernetzt. Ein junges, hochengagiertes und noch expandierendes Team hat diese bisherige Entwicklung ermöglicht. Dafür kann allen Beteiligten nicht genug gedankt werden. Dieser und die folgenden Artikel geben einen Einblick in die dermatologische Welt der Universitätsmedizin Rostock.


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Abstract

The University of Rostock celebrated its 600th anniversary in 2019. The University Medical Center was among the founding faculties of the University that is the third-oldest alma mater in middle Europe. The Clinic and Policlinic for Dermatology and Venerology of the University Medical Center Rostock looks back to a similar tradition – it is the third-oldest dermatology following Breslau and the Charité in Berlin. According to “Traditio et Innovatio”, the motto of the University, and based on the longstanding dermatological tradition with renowned directors like Wolters, Frieboes, or Flegel during the years of East-Germany we developed a modern Dermatological University Clinic (DUC) with high dynamics in all aspects of patient care, research as well as teaching over the last 4 years. A master plan DUC2030 for the next decade already exists. Under one roof in-patient and out-patient care together with the dermato-histologic and mycologic laboratory and the research labs are united. The clinic is already embedded in a fruitful collaborative network locally and beyond. To this end, the establishment of local interdisciplinary centers (Skin Cancer Center, Center for Immunotherapies, Allergologic Center, Wound Center, Center for Rare (skin) Diseases) and even European-wide centers (European Reference Networkcenter for rare skin diseases) were very helpful. A young, highly motivated, and still expanding team has achieved this extraordinary development. All people involved herein cannot be thanked enough for their support so far. This and the following articles offer some insights into the dermatological world of the University Medical Center Rostock.


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Einleitung

Mecklenburg-Vorpommern ist ein Flächenland mit ca. 1,6 Millionen Einwohnern. Im letzten Jahr hat es Bayern als beliebtestes innerdeutsches Urlaubsland abgelöst. In den Sommermonaten erhöht sich so durch Touristen die Bewohnerzahl um ein Vielfaches. Aber braucht es vor dem Hintergrund einer immer mobileren Gesellschaft überhaupt eine universitäre Hautklinik in Rostock, der mit 210 000 Einwohnern größten Stadt im Bundesland und dessen industriellem Zentrum mit Schiffsbau-, Schifffahrts- und Übersee-Hafenindustrie? Immerhin gibt es auch Hautkliniken in Greifswald und Schwerin und die Ballungszentren Hamburg und Berlin sind in ca. 2 Stunden erreichbar? So würde wohl ein nüchtern kalkulierender Gesundheitsmanager argumentieren, wenn er einen Ruf nach Rostock bekäme – und wohlmöglich absagen.

Aber als ich damals, Anfang 2015, den Ruf auf die zu diesem Zeitpunkt kleinste universitäre Dermatologie Deutschlands erhielt, ergaben sich bei genauerer Betrachtung der Situation erstaunliche und äußerst reizvolle Perspektiven.

Zum einen braucht es eine universitäre Dermatologie vor Ort, um die Bevölkerung auf aktuellstem medizinischen Niveau zu versorgen. Es ist eben gerade keine Option für ca. 800 000 Einwohner in und um Rostock regelmäßig nach Berlin oder Hamburg aufgrund chronischer oder onkologischer dermatologischer Erkrankungen zu fahren. Selbst die Anfahrt vom Fischland Darß oder aus Waren nach Rostock stellt für nicht wenige Patienten eine körperliche und auch finanzielle Herausforderung dar. Und das alles vor dem Hintergrund einer weiter abnehmenden und alternden Bevölkerung. Im Allgemeinen hat sich so bundesweit die Ansicht durchgesetzt, dass universitäre Kliniken die medizinischen Spitzenzentren für eine Region darstellen sollten. Dies impliziert jedoch weitere wichtige Aufgaben neben einem das gesamte Fachgebiet umfassenden Behandlungsangebot: gute Facharztausbildung, Rekrutierung der neu ausgebildeten Fachärzte für die ambulante Versorgung in der jeweiligen Region, konkurrenzfähige Schulungs- und Weiterbildungsangebote nicht nur für die jungen, sondern v. a. auch die etablierten Kolleginnen und Kollegen in den Praxen des Einzugsgebietes – kurzum: das Interessante, das Spannende, das Innovative eines Fachgebietes muss vorgehalten und angeboten werden. Und natürlich sollte die Klinik gut mit der Region vernetzt sein.

Zum anderen braucht es eine universitäre Dermatologie in Rostock, um nicht nur durch ein aktuelles klinisches Fortbildungsangebot sondern auch durch aktuelle klinische und translationale Forschung das Fach allgemein, aber insbesondere am Standort weiter zu entwickeln und so das Behandlungsangebot stetig zu verbessern. Klinische Studien zu neuen Behandlungsmethoden machen den Standort für Patienten und Mitarbeiter und niedergelassene Kolleginnen und Kollegen attraktiv. Durch translationale, grundlagenorientierte Forschung unterstützen Naturwissenschaftler die Kliniker, die Behandlung von Hauterkrankungen weiter zu verbessern. Dies wird im Übrigen auch durch das gesamte Bundesland unterstützt, indem die Gesundheitswirtschaft in ihrer Gänze, die Plasmamedizin sogar im Besonderen, eine der wichtigsten Branchen darstellt und sich als ein verlässlicher Wachstumsbereich, als Wissenschafts-, Wirtschafts- und Jobmotor erweist.

Damit ist auch erklärt, dass es unbedingt eine universitäre Einrichtung sein muss: denn nur durch Lehre und v. a. Forschung, die die Krankenversorgung flankieren, kann Interessantes, Neues und Spannendes in der Dermatologie vorgehalten, durch verschiedenste Forschungs- und Lehrveranstaltungen auf internationalem Niveau aufgezeigt und damit das Fach allgemein und am Standort im Speziellen weiterentwickelt werden.

Heute, nach gut 4 Jahren, kann konstatiert werden, dass es sich sehr gelohnt hat, den runden, dermatologischen „Rostocker Tisch“ an all seinen Ecken – sozusagen als Kontinuum – zu bearbeiten. Er ist mittlerweile reichhaltig in all seinen Facetten gedeckt und schickt sich an, auch international in die baltische Region hinein zu wirken.

Allen und allen Berufsgruppen, die in dieser Zeit an dieser rasanten Entwicklung mitgeholfen haben und dies heute weiter engagiert tun ([Abb. 1]), sage ich schon jetzt ganz herzlichen Dank – es ist toll, wie sich die hohe dermatologische Dynamik in die Entwicklungsdynamik der Fakultät, der Universität und des Bundeslandes einfügt.

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Abb. 1 Kollegium der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie.

Und, fast hätte ich es vergessen – das Motto der Rostocker Universität lautet: da arbeiten, wo andere Urlaub machen. Es ist in der Tat so, dass es wohl kaum eine andere Region in Deutschland gibt, in der es sich besser leben lässt.


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Historie der Dermatologischen Universitätsklinik (DUK)

Wer zu neuen Ufern aufbricht ist im Allgemeinen gut beraten, sich einmal umzusehen. Aus der Vergangenheit können Lehren gezogen und zukünftige Ziele formuliert werden. Der Rückblick kann auch Ansporn sein. Er weitet den Horizont, wenn aus der heutigen Ist-Situation heraus zukünftige Entwicklungen angestoßen und vorangebracht werden sollen.

Vielleicht nicht zuletzt deswegen trägt die Universitätsmedizin Rostock das Motto Traditio et Innovatio – aus traditionell Bewährtem Neues erschaffen. Dies hat zumindest in den letzten 600 Jahren nicht allzu schlecht funktioniert. Im letzten Jahre 2019 hat die Universität ihr 600-jähriges Bestehen gefeiert und ist damit die drittälteste Alma Mater in Mitteleuropa, sogar die älteste im Ostsee- und Hanseraum. Und es hat offensichtlich auch nicht allzu schlecht für das Fachgebiet der Dermatologie und Venerologie funktioniert. Die Universitäts-Hautklinik wurde bereits 1902 gegründet und ist damit das drittälteste Ordinariat nach Breslau und der Charité. Und sie verfügte bis 1944 über eine der weltweit größten dermatologischen Moulagensammlungen, aufgebaut durch die ersten 3 Ordinarien Wolters, Frieboes und Brill. Diesem Thema „Rostocker Moulagen“ im Kontext der medizinhistorischen Bedeutung der Universitäts-Hautklinik Rostock widmet sich der folgende Artikel von Herrn Dr. Christian Dahlke, der sich seit 2012 intensiv mit dem Thema beschäftigt. Unter Anleitung von Herrn Prof. Dr. Hans-Uwe Lammel, dem ehemaligen Leiter des Arbeitsbereiches Geschichte der Medizin der Universitätsmedizin Rostock, hat Herr Dahlke umfassend recherchiert, promoviert und die verbliebenen Moulagen dokumentiert. Dank seiner Arbeit sind die Rostocker Moulagen nun nachhaltig asserviert und Interessierten als Teil der medizinhistorischen Sammlung in der Hautklinik (http://sammlungen.uni-rostock.de) zugänglich.

Zu DDR-Zeiten hat Prof. Dr. Heinz Flegel (1923 – 2017) die dermatologische Fahne in Rostock hochgehalten. Er hat die Hautklinik von 1959 – 1989 geleitet, war nie einer Partei angehörig und in beiden Teilen Deutschlands sowie international sehr angesehen [1]. Unvergessen wird die von ihm beschriebene Erkrankung Hyperkeratosis lenticularis perstans bleiben, die im angloamerikanischen Sprachgebrauch schlicht als Morbus Flegel oder Flegel’s disease bezeichnet wird.

Kurzum – die Rostocker Hautklinik war rückblickend offensichtlich nicht so unbedeutend – ein Ansporn an diese Tradition wieder anzuknüpfen.


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DUK2030 − Krankenversorgung

Eine universitäre Klinik heutzutage zukunftssicher aufzustellen und zu organisieren ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen kein leichtes Unterfangen. Doch gerade eine dermatologische Klinik bietet hier deutlich mehr Potenzial als andere Kliniken. Z.B. ergab eine bundesweite Recherche unseres Leiters des Medizincontrollings, Dr. med. Volker Blaschke, dass der stationäre Behandlungsbedarf bei Hautkrankheiten allgemein trotz einer Bevölkerungsabnahme, aber wegen eines erhöhten Erkrankungsaufkommens immer älter werdender Patienten, konstant bleibt – ganz im Gegensatz zur Augen- oder Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde [2]. Ein weiterer Aspekt stellt der zu erwartende Anstieg von Nebendiagnosen bei stationären dermatologischen Patienten dar. Kodierte Nebendiagosen haben einen erheblichen Einfluss auf die resultierende DRG und damit die Erlöse stationärer Krankenhausfälle. Die Auswertung Rostocker Datensätze ergab z. B., dass Erlöse in der Augenheilkunde durch Nebendiagnosen kaum beeinflusst werden können. In der Dermatologie ist dies durchaus möglich, allerdings konnten ccl-bewertete Nebendiagnosen bisher nur zu einem geringen Teil in Rostock realisiert werden [3].

Deshalb ist evident, dass die bisherige Bettenkapazität der Hautklinik mit 20 vollstationären Betten völlig unterdimensioniert war. Und ebenso klar ist, dass eine universitäre Dermatologie unbedingt auch ein tagesstationäres Behandlungsangebot vorhalten muss.

Vor diesem Hintergrund wurde gleich 2016 eine Tagesklinik (TK) mit 6 Betten beantragt. Das dermatologische TK-Konzept war im Übrigen die Blaupause für weitere TK-Konzepte an der Universitätsmedizin Rostock, wie das der HNO oder der neurologischen Klinik. Zur Bewilligung – es gab bisher im gesamten Bundesland kein dermatologisches TK-Angebot [2] – bedurfte es der Unterstützung vieler. Durch diese Unterstützung ging nach relativ kurzen Verhandlungen die DUK-TK mit 6 Betten 2017 an den Start. Etwas Unruhe kam im Controlling 2018 auf, da die DUK-TK aus dem Stand eine 140 %-Belegung erreichte, eine Finanzierung aber nur zu 100 % verhandelt wurde. Deshalb wurden 4 weitere TK-Plätze beantragt und auch rasch im Jahr 2019 bewilligt, sodass die Rostocker Hautklinik heute 10 neue und modern eingerichtete tagesklinische Betten anbieten kann.

Wie hoch der Bedarf an einem kompetenten dermatologischen Behandlungsangebot in der Region ist, zeigte sich dadurch, dass parallel zur Einrichtung der Tagesklinik auch der vollstationäre Behandlungsbedarf kontinuierlich anstieg. Auch hier wurde die Bettenkapazität auf 30 vollstationäre Plätze erhöht, dem steigenden Bedarf entsprechend.

Parallel dazu haben wir, das gesamte Mitarbeiterteam der Hautklinik über alle Berufsgruppen hinweg unter Anleitung o. g. Autoren, d. h. der Führungskräfte der Klinik, eine strukturelle und inhaltliche moderne Ausrichtung der Klinik implementiert. Eine wichtige Hilfe dazu war die ebenfalls schon 2017 erfolgte Erstzertifizierung der Klinik als Hautkrebszentrum. Durch Einführung eines Qualitätsmanagements in der Klinik konnten Arbeitsabläufe und die Zusammenarbeit über wichtige Schnittstellen wie Ambulanz, Station, Tagesklinik, OP, Histologie und Allergologie neu strukturiert und, da von allen mitentwickelt und getragen, auch gewinnbringend gelebt werden. So haben wir die Rostocker Hautklinik in die folgenden Bereiche strukturiert.

Der operative Bereich wird von Oberärztin Susen Rode geleitet. Sie hat sich kontinuierlich dieser wichtigen Aufgabe angenommen, sich selbst durch Hospitationen, z. B. in Essen, weitergebildet und Standards wie die Wächterlymphknotenchirurgie auch im Halsbereich in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Nuklearmedizin und der Anästhesie eingeführt. Heute ist ein OP-Team um OÄ Rode ganztägig tätig und die Hautklinik durch 2 fixe Tage im zentralen OP-Bereich fester Teil der operativen Kliniken. Die Proktologie, ambulante Wundbehandlungen, Laserbehandlungen, Kosmetologie und die Phlebologie sind ebenfalls dort verortet.

Herr Oberarzt Dr. Rüdiger Panzer, der 2018 aus Kiel zu uns stieß, leitet die Dermato-Histologie mit eigenem Laborteam, das klinisch-mykologische Labor und hat den allergologischen Bereich zu neuer Blüte in Rostock gebracht. Äußerst erfreulich ist die Unterstützung von Herrn Prof. Brasch aus Kiel, der als „Teilzeit-Oberarzt“ Herrn Dr. Panzer für ein knappes Jahr unterstützt, bis dieser die dermato-histologische Zusatzbezeichnung erworben hat. Ein Stipendium der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft sowie Herr PD Dr. Rose aus Lübeck unterstützen Herrn Dr. Panzer ebenfalls auf dem Weg zum ausgewiesenen Dermatohistopathologen. Das Allergologie-Team bietet sämtliche allergologische Diagnostik und Provokationstestungen ambulant, teilstationär oder vollstationär an und ist dem IVDK (Informationsverbund Dermatologischer Kliniken) in Göttingen angegliedert. Der folgende Fallbericht eines aquagenen Pruritus von Frau Dr. Troitzsch beleuchtet nicht nur diesen Schwerpunkt, sondern stellt die enge, kollegiale Zusammenarbeit dar, die eine Klinik unserer Größe bietet und unbedingt bieten muss, in diesem Falle mit der Dermato-Onkologie.

Der ambulante Bereich einschließlich der Spezialambulanzen in den Schwerpunkten entzündliche Dermatosen, pädiatrische Dermatologie sowie Dermato-Onkologie wird durch Herrn Oberarzt Dr. Alexander Thiem geleitet. Er kam nach der Facharztreife mit allergologischer Zusatzqualifikation aus Würzburg zu uns. Sein jugendlicher Elan hat nicht nur die genannten Bereiche mit den dahinter stehenden assistenzärztlichen Teams modern und innovativ aufgestellt, er hat als QM-Beauftragter zusammen mit Herrn Dr. Panzer auch wichtige Weichen hin zu einer „digitalen“ Dermatologie gestellt. Auch wenn formal noch Papierakten geführt werden – die Dokumentation in den Ambulanzbereichen erfolgt nun ausschließlich digital, die Archivierung der gesamten Klinikunterlagen wurde gerade ebenfalls digitalisiert. Ein Beispiel der kompetenten Arbeit unseres „Psoriasis-Teams“ ist der nachfolgende von Herrn Grünwald verfasste Artikel.

Damit verfügt die Rostocker Dermatologie nun über 40 Betten. Dies ist eine Zahl, die dem derzeitigen Bedarf angemessen ist und ein universitäres Arbeiten ermöglicht. Allerdings ist die Wachstumsdynamik des Rostocker Standortes noch bei Weitem nicht ausgeschöpft. So haben wir zu Anfang 2020 die erste von 2 W2-Professuren mit Frau Prof. Dr. Julia Tietze besetzen können. Frau Prof. Tietze wird mit ihrer onkologischen, operativen und im Allgemeinen breiten dermatologischen Erfahrung weitere wichtige Impulse liefern und die Dermato-Onkologie mit ihrem immundermatologischen Schwerpunkt entscheidend mitprägen. Des Weiteren führt sie die extrakorporale Photopherese (ECP) als neues Behandlungsangebot ein, ein Alleinstellungsmerkmal am Standort Rostock. Damit sind aber immer noch eine Oberarztposition – mit konservativer Ausrichtung – und eine W2-Professur mit plasmamedizinischer Ausrichtung zu besetzen. Ein bereits von der Fakultät konsentiertes Entwicklungskonzept sieht deswegen eine eigene Sektion Plasmamedizin, die Aufnahme dieses international sichtbaren Schwerpunktes in die Klinikbezeichnung und einen weiteren Bettenaufwuchs auf 52 Betten vor.


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DUK2030 – Forschung

Ein medizinisches Spitzenzentrum wird ohne florierende Forschungstätigkeit wohl nicht lange existieren können. Dazu gehört zweifelsohne die klinische Forschung mit einem umfangreichen Studienangebot. Unser Studienzentrum mit eigenem Team in modernen Räumlichkeiten entwickelt sich gerade mit Phase-II- und -III-Studien zu Neurodermitis, Psoriasis und seltenen Erkrankungen wie Ichthyosen, aber auch IITs (inverstigator initiated trials) zur plasmamedizinischen Wundbehandlung oder der Behandlung oberflächiger Hauttumore mittels einer neuartigen radioaktiven Paste in Zusammenarbeit mit der Klinik für Nuklearmedizin. Weitere Studien zum Melanom oder zu kutanen Lymphomen werden dazu beitragen, unser Studienzentrum zu verstetigen.

Zu dieser Entwicklung trägt auch eine Zentrumsbildung mit intensiver interdisziplinärer Zusammenarbeit bei – ein besonders erfreulicher Aspekt in Rostock, da eine ausgeprägte supportive Kollegialität an der Fakultät besteht. Seit 2016 war die Klinik entsprechend ihren Schwerpunkten Gründungsmitglied: 1) des Hautkrebszentrums als 5. Organzentrum des Onkologischen Zentrums; 2) des Allergologischen Zentrums; 3) des Gefäß- und Wundzentrums; 4) des Zentrums für Seltene Erkrankungen. Das Zentrum für Seltene Hauterkrankungen ist Teil des neuen, bundesweiten Forums für seltene Hauterkrankungen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft [4] und sogar ein Europäisches Referenznetzwerkzentrum für seltene Hauterkrankungen (ERNskin) in den Schwerpunkten Xeroderma pigmentosum und Ichthyosen.

Neben dieser klinischen Forschung sollte auch eine florierende, translationale, grundlagenorientierte Forschung an einem universitären Spitzenzentrum bestehen. Kann Rostock hier mithalten? Räumlich bestehen im Gebäude der Hautklinik exzellente Voraussetzungen mit jetzt modern eingerichteten S1- und S2-Forschungslaboren sowie entsprechenden Geräten für molekular-genetisches und zellbiologisches Arbeiten. Seit 2018 leitet der Biologe Dr. rer. nat. Lars Böckmann das dermatologische Forschungslabor ([Abb. 2]). In beeindruckender Weise integriert er alle Forschungsaktiven und Forschungsinteressen der Klinik ohne eigene Forschungsimpulse zu vernachlässigen. Ebenfalls seit 2018 unterstützt uns der Geisteswissenschaftler Dr. Tobias Fischer als Wissenschaftskoordinator. Zusammen koordinieren sie einen mit 2,2 Mio. Euro geförderten Forschungsverbund ONKOTHER-H ([Abb. 3]) und haben eine neue GraduiertenVerbundAkademie (GVA) standortübergreifend im Bundesland etabliert. Der nachfolgende Artikel aus unserem Forschungslabor beleuchtet die verschiedenen Forschungsthemen, die von DNA-Reparatur, DNA-Toxizität, kaltem Atmosphärenplasma, synthetischer Letalität, Seneszenzforschung, neuartigen „small molecules“ bis hin zur optischen Biopsie gehen. Mit vielen anderen Forschungsgruppen hat sich, z. B. über die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Forschung (ADF), eine rege Kooperation ergeben [5]. Ab 2020 wird auch der Bereich der Biomaterialforschung neben der onkologisch ausgerichteten Forschung durch neu zu uns gestoßene Mitarbeiter an Gewicht gewinnen.

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Abb. 2 Arbeitsgruppe des Forschungslabors der Universitäts-Hautklinik Rostock.
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Abb. 3 Forschungsverbund ONKOTHER-H beim Kick-off-Meeting im Alfried-Krupp-Kolleg in Greifswald.

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DUK2030 – Lehre

Die Brücke von der Forschung zur Lehre lässt sich am besten am Beispiel unserer Doktorandin Christine Martens B. Sc. darstellen. Sie hat als Doktorandin innovative Methoden wie die CRISPR/Cas-Technologie oder die virale Transduktion für sich etabliert. Ihre Doktorarbeit ist eingereicht, im Sommer wird sie ihr PJ-Wahlfach in der Klinik absolvieren und sich zum Jahresende um eine Clinician Scientist-Stelle bewerben, die es ihr ermöglicht, neben der Facharztausbildung zusätzlich weiter wissenschaftlich aktiv zu sein. Das auf 7 Jahre angelegte und neu an der Fakultät etablierte Clinician Scientist-Programm stellt zusätzlich zur 5-jährigen Facharztweiterbildung 2 Jahre „geschützte“ Forschungszeit zur Verfügung und ein wissenschaftlich orientiertes Lehrprogramm. In ihrem nachfolgenden Artikel stellt Frau Mertens die Mondscheinkinder und ihre Forschung zu Fischschuppenerkrankungen genauer dar.

Damit ist auch zur Lehre schon alles gesagt: es fängt bei den Studenten an, sie für das Thema „Haut“ zu gewinnen. Dabei ist die Rostocker Hautklinik in allen Lehrbereichen als Fakultät und darüber hinaus aktiv: humanmedizinische, zahnmedizinische und naturwissenschaftliche Lehre. Es ist schön, zu sehen, dass wir mittlerweile auf einen konstanten Stamm an Famulanten und PJ-Studenten, Master- und Bachelorstudenten, aber auch medizinische und naturwissenschaftliche Doktoranden blicken dürfen – wichtige Parameter für ein offensichtlich fachlich und menschlich nicht uninteressantes Umfeld. Ein besonderes Highlight war der von Frau Rode zusammen mit Frau Hüning und Herrn Uslu (beide als Vertreter der DDG) durchgeführte OP-Kurs im Rahmen des Treffens der Bundesvertretung der Medizinstudierenden Deutschlands in Rostock. Er stand unter dem Motto: „Nachwuchs für die Dermatologie begeistern: Die DDG auf dem Bundeskongress der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V.“ [6].

Und gute Lehre hört nicht bei einem speziellen Ausbildungsstand auf, sondern betrifft alle zeitlebens. So hat sich unsere „Diaklinik“, in der interessante Fälle diagnostisch, differenzialdiagnostisch und therapeutisch diskutiert werden und die für alle Interessierten offen steht, etabliert. Zu den ärztlichen Fortbildungen, die Dermatologen, aber auch Allgemeinmediziner und andere Fachrichtungen ansprechen, gehört der mit dem BVDD-Vorsitzenden des Bundeslandes, Herrn Dr. Timmel, gemeinsam organisierte „Allergologentag“ in Rostock (vormals auf Rügen) im Frühjahr, die Veranstaltung „Dermatologie von A–Z“ im Herbst sowie das fast schon traditionelle „Onkologische Wintergespräch“ im Dezember. Highlight des Jahres ist die „Tagung der Norddeutschen Dermatologischen Gesellschaft“ immer Ende August in Rostock/Warnemünde [7] und die „Tagung der Dermatologischen Gesellschaft M-V“, die dieses Jahr in Rostock stattfindet. In diesem Rahmen wird auch eine Kooperation mit der Universitäts-Hautklinik in Kaunas/Litauen etabliert. Die Gesellschaft vergibt 2 Reisestipendien für den Austausch. Bleibende Eindrücke hinterlassen auch immer internationale Austausche wie das Engagement in der Israelisch-Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (IDDG) [8].


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Fazit

In den letzten 4 Jahren hat sich an der Universitätshautklinik Rostock sehr viel, durch die Unterstützung sehr vieler, sehr gut entwickelt. Gerade deshalb gilt nun umso mehr für Dermatologinnen und Dermatologen und diejenigen, die es werden wollen, der Slogan des Bundeslandes: „Mecklenburg-Vorpommern – ein Land zum Leben“.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Zimmermann R, Sollberg S, Emmert S. Nachruf für Prof. Dr. Heinz Flegel (geb. 26.10.1923 – gest. 28.10.2017). J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15: 1281-1282
  • 2 Blaschke V, Brauns B, Schmidt C. et al. Dermatologische Tageskliniken vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzgebung zur Krankenhausfinanzierung. J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15: 356-358
  • 3 Blaschke V, Brauns B, Khaladj N. et al. Increased revenues from secondary diagnoses: A comparison from dermatology, ophthalmology, and infectious diseases. Hautarzt 2018; 69: 510-515
  • 4 Emmert S, Iben S, Fischer J. et al. Ein neues Forum für seltene Hauterkrankungen. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17: 627-673
  • 5 Brandner JM, Emmert S, Wolk K. et al. Matrix meets Inflammation and DNA Repair: Meeting Report of the 3rd ADF Round Table. Exp Dermatol 2017; 26: 464-466
  • 6 Hüning S, Rode S, Nashan D. et al. Nachwuchs für die Dermatologie begeistern: Die DDG auf dem Bundeskongress der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17: 233
  • 7 Panzer R, Sander C, Wohlrab J. et al. 90. Jahrestagung der Norddeutschen Dermatologischen Gesellschaft. J Dtsch Dermatol Ges 2018; 16: 1513-1514
  • 8 Lehmann P, Emmert S, Kreuter A. et al. Überwältigende Gastfreundschaft der Israelischen Dermatologischen Gesellschaft anlässlich der 40. dermatologischen Jahrestagung in Eilat (15.–17.05.2019) unter dem Motto: GET C-O-N-N-E-C-T-E-D. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17: 1099-1101

Korrespondenzadresse

Univ.-Prof. Dr. med. Steffen Emmert
Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie der Universitätsmedizin Rostock
Strempelstraße 13
18057 Rostock

Publication History

Article published online:
20 August 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

  • Literatur

  • 1 Zimmermann R, Sollberg S, Emmert S. Nachruf für Prof. Dr. Heinz Flegel (geb. 26.10.1923 – gest. 28.10.2017). J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15: 1281-1282
  • 2 Blaschke V, Brauns B, Schmidt C. et al. Dermatologische Tageskliniken vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzgebung zur Krankenhausfinanzierung. J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15: 356-358
  • 3 Blaschke V, Brauns B, Khaladj N. et al. Increased revenues from secondary diagnoses: A comparison from dermatology, ophthalmology, and infectious diseases. Hautarzt 2018; 69: 510-515
  • 4 Emmert S, Iben S, Fischer J. et al. Ein neues Forum für seltene Hauterkrankungen. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17: 627-673
  • 5 Brandner JM, Emmert S, Wolk K. et al. Matrix meets Inflammation and DNA Repair: Meeting Report of the 3rd ADF Round Table. Exp Dermatol 2017; 26: 464-466
  • 6 Hüning S, Rode S, Nashan D. et al. Nachwuchs für die Dermatologie begeistern: Die DDG auf dem Bundeskongress der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17: 233
  • 7 Panzer R, Sander C, Wohlrab J. et al. 90. Jahrestagung der Norddeutschen Dermatologischen Gesellschaft. J Dtsch Dermatol Ges 2018; 16: 1513-1514
  • 8 Lehmann P, Emmert S, Kreuter A. et al. Überwältigende Gastfreundschaft der Israelischen Dermatologischen Gesellschaft anlässlich der 40. dermatologischen Jahrestagung in Eilat (15.–17.05.2019) unter dem Motto: GET C-O-N-N-E-C-T-E-D. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17: 1099-1101

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Abb. 1 Kollegium der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie.
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Abb. 2 Arbeitsgruppe des Forschungslabors der Universitäts-Hautklinik Rostock.
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Abb. 3 Forschungsverbund ONKOTHER-H beim Kick-off-Meeting im Alfried-Krupp-Kolleg in Greifswald.