Zeitschrift für Palliativmedizin 2020; 21(03): 115-117
DOI: 10.1055/a-1143-8287
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Doppelkopf: Berend Feddersen und Sabine Petri

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Publication Date:
29 April 2020 (online)

Berend Feddersen

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Zur Person

Jahrgang 1973, verheiratet, 3 Söhne.

Medizinstudium von 1993–1999 an der Universität Greifswald und Université de Paris XI. Von 2000–2010 Facharztausbildung in der Klinik für Neurologie der LMU München. Seit 2012 Oberarzt und Leiter des SAPV-Team der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin des LMU Klinikums der Universität München. Über Drittmittel aktiv an der Implementierung, Forschung und Weiterentwicklung von Behandlung im Voraus Planen (BVP) beteiligt und im Vorstand der Deutschen interprofessionellen Vereinigung für Behandlung im Voraus Planen (DiV-BVP).

Wie kamen Sie in Ihr jetziges Tätigkeitsfeld?

Ich habe im Klinikum Großhadern der LMU München meine Facharztausbildung in der Klinik für Neurologie gemacht. Da es in der sehr forschungsstarken neurologischen Klinik sehr viele Drittmittelassistenten gibt, braucht man, um in alle facharztrelevanten Bereiche zu rotieren, relativ lange. Zur damaligen Zeit waren das ca. 10 Jahre (laut Weiterbildungsordnung 5 Jahre). Ich war insgesamt 4,5 Jahre auf der neurologischen Intensivstation, und habe dort extrem viel gelernt, was mir heute noch häufig in schwierigen Situationen in der SAPV weiterhilft. Da ich aber nicht zum x. Mal wieder auf die Stroke Unit rotieren wollte, habe ich die Chance genutzt, dass es bei uns auch möglich ist, als Neurologe für ein Jahr in die Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin zu gehen. Dort hat es mir auf der Station schon sehr gut gefallen, ich wollte nach dem einen Jahr meine Zusatzqualifikation machen. Nun wurde das gleiche Jahr aber auch einem anderen Kollegen aus der Neurologie zugesichert, sodass ich nur ein halbes Jahr bleiben konnte. Glücklicherweise war aber gerade in unserem SAPV-Team eine Stelle frei geworden, das habe ich genutzt und mache nun seit 9 Jahren das zweite halbe Jahr voll. In der SAPV hatte ich sofort das Gefühl von „nach Hause kommen“. Genau wegen dieser Arbeit: dem intensiven Kontakt zu Patienten und Angehörigen, dem extrem breiten ganzheitlichen Spektrum zwischen Seelsorge und Intensivmedizin, dieses arbeiten in extrem unterschiedlichen Settings zu Hause, hatte ich Medizin studiert. Alles was ich davor gelernt hatte fühlte sich nun wie die optimale Vorbereitung auf genau diese Arbeit an.

Was wäre für Sie die berufliche Alternative?

Mir ist es wichtig mit Menschen in engem Kontakt zu sein. Durch das inzwischen sehr straffe Zeitmanagement und die Ökonomisierung der Medizin würde ich eine berufliche Alternative für mich eher außerhalb der Medizin sehen. Mir macht es große Freude komplexe Sachverhalte mittels Zaubern und Jonglieren einfach und mit Spaß didaktisch aufzubereiten und zu vermitteln. Dementsprechend könnte ich mir eine berufliche Alternative in der Wissenschaftskommunikation, Coaching oder im Veranstaltungsmanagement vorstellen.

Wie beginnen Sie Ihren Tag?

Mit einem freudigen Satz aus dem Bett, dann einen Cappuccino und dann raus mit dem Hund.

Leben bedeutet für mich …

… bei sich selbst zu sein, alle „pseudo-wichtigen“ Zwiebelschalen abzublättern, um zum Innersten vorzudringen und dann über sich und die Welt lachen zu können.

Sterben bedeutet für mich …

… Übergang und Aufbruch zu neuen Reisezielen, verbunden mit freudig-aufgeregter Neugierde.

Welches Ziel möchten Sie unbedingt noch erreichen?

Ich möchte unbedingt noch erleben, wie die Umsetzung von Advance Care Planning – Behandlung im Voraus Planen (BVP) zu einem Kulturwandel in der Medizin führt. Ich möchte noch erleben, wie die Gespräche mit dieser empathischen, wertschätzenden und offen zugewandter Haltung nicht nur in den Pflegeeinrichtungen und in der Eingliederungshilfe, wie es aktuell der § 132 g des SGB V vorsieht, sondern auch in Alten- und Service-Zentren, bei den Hausärzten, in den Hospizvereinen, in den Krankenhäusern, in der ambulanten Pflege, für alle zugänglich geführt werden. Ich möchte erleben wie diese unabhängig vom Ort immer wieder angepasst werden, wie es ein wirklich kontinuierlicher Prozess ist. Es ist es mein Ziel mitzuerleben, wie die Umsetzung erfolgt, im Rettungsdienst, in der Nothilfe, auf der Intensivstation. Wie es wirklich zu einem Wandel kommt, der den Willen der Menschen bezüglich medizinischer Handlungsentscheidungen in den Vordergrund stellt.

Meine bisher wichtigste Lernerfahrung im Leben ist …

… es gibt veränderbare und nicht veränderbare Welten. Wenn man das mal herausgefunden hat wird es einfacher, dann kann man sich überlegen, wenn veränderbar wie man den „change“ angeht. Wenn nicht veränderbar dann „love it“ or „leave it“.

Was würden Sie gern noch lernen?

Ich würde gerne noch lernen mit anderen im Einklang zu musizieren. Ich galt als Kind immer als „unmusikalisch“. Weil mich das Warten im Stau und an roten Ampeln in der SAPV genervt hat, habe ich angefangen Mundharmonika zu spielen. Das ist perfekt, um ein paar kurze Blues-Licks zu üben. Ich stelle mir das toll vor mit anderen gemeinsam zu musizieren und vor allem zu improvisieren. In der Individualität im Einklang zu sein.

Woraus schöpfen Sie Kraft für Ihre Arbeit?

Aus dem intensiven Kontakt und Austausch mit den Menschen, aus dem eigenen Team, den Patienten und Angehörigen, den Studenten, den Teilnehmern bei Fort- und Weiterbildungen und meiner Familie. Und Humor, der ist überall, mal stärker mal versteckter, aber bis ganz zum Schluss bei den allermeisten immer dabei.

Mit wem aus der Welt- oder Medizingeschichte würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

James Bond. Kaum einer hat so viel Erfahrung mit Tod und Sterben außerhalb des medizinischen Kontextes und dabei selbst solch einen starken Fokus auf die Lebensqualität wie er. Es gäbe viel zu besprechen, besonders würden mich seine persönlichen Einstellungen zu Leben, schwerer Krankheit und Sterben interessieren. Wenn man sich die Filme chronologisch ansieht, hat man den Eindruck, dass der Grad der eigenen Reflektionsfähigkeit zunimmt. Ich hätte die Hoffnung einen Blick hinter den Agenten-Vorhang zu bekommen. Außerdem wären das Ambiente und die kulinarische Versorgung sicher exzellent.

Wenn ich einen Tag unsichtbar wäre, würde ich …

… im Kreativ-Headquarter vom Cirque du Soleil sein. So viel Fantasie, Kreativität, Ideen in einzelne Zirkusprogramme fließen zu lassen, die dann in absoluter Perfektion umgesetzt werden fasziniert mich. Ich würde gerne einen Blick in die sprudelnde Quelle werfen.

Wie können Sie Frau Petri beschreiben?

Offen, herzlich, genau, immer freundlich zugewandt, präzise, ausdauernd, fleißig, unprätentiös und im positivsten Sinne sehr gewissenhaft. In der Zusammenarbeit einfach wunderbar. Ich habe das Gefühl, dass wir durch unsere unterschiedlichen Charaktere uns optimal ergänzen.

Wie beenden Sie Ihren Tag?

Genau wie ich ihn begonnen habe, mit einem Cappuccino, nur dazu ein kleines „Betthupferl“ in Form einer guten Schokolade oder noch besser Marzipan.

Gibt es etwas, das Sie gern gefragt worden wären, aber noch nie gefragt worden sind?

Meine Lieblingsfrage bei Bewerbungsgesprächen bin ich in der Tat selbst noch nie gefragt worden. Sie lautet: Welches ist Ihre am meisten unterschätzte Stärke? Meine Antwort: Ausdauer.