Psychiatr Prax 2020; 47(06): 326-331
DOI: 10.1055/a-1125-3183
Psychiatriegeschichte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Querulantenwahn in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts: Der Fall Elsa Asenijeff (1867–1941) und die deutschsprachige psychiatrische Literatur der Zeit

Paranoia Querulans in the First Half of the 20th Century: The Case of Elsa Asenijeff (1867–1941) and the German Psychiatric Literature of that Time
Philipp Kommol
Forschungsstelle für die Geschichte der Psychiatrie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Fakultät der Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
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Holger Steinberg
Forschungsstelle für die Geschichte der Psychiatrie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Fakultät der Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
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Publication Date:
08 April 2020 (online)

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Zusammenfassung

Anliegen Die Schriftstellerin Elsa Asenijeff wurde 1921 unter der Diagnose Querulantenwahn entmündigt. An diesen Fall soll erinnert und hinterfragt werden, was unter dem Krankheitsbild zu dieser Zeit verstanden wurde. Damit wird ein Beitrag zur Konzeptgeschichte dieser wenig historisch aufgearbeiteten wahnhaften Störung geleistet.

Methode Das Wesentliche der ärztlichen Gutachten über Elsa Asenijeff sowie der Konzepte zum Querulantenwahn in psychiatrischen Lehrbüchern des beginnenden 20. Jahrhunderts wird dargestellt.

Ergebnisse Es wird eine wahnhafte Störung beschrieben, deren Auslöser ein juristischer Streitfall war. Die Lehrbuchautoren unterscheiden sich in ihren Theorien zur Genese und Klassifikation.

Schlussfolgerungen Die in den Gutachten geschilderte Symptomatik stimmt im Kern mit der Lehrmeinung der Zeit überein. Gleichzeitig wird die Schwierigkeit einer klaren Differenzierung zwischen Gesundheit und Krankheit deutlich.

Abstract

Objective The writer Elsa Asenijeff was placed under guardianship based on the diagnosis paranoia querulans in 1921. The aim of this study was to commemorate her case and to question how this clinical picture was understood at the time in order to contribute to the history of this little researched disorder.

Methods We illustrate the essence of Asenijeffs forensic examinations and of the descriptions of paranoia querulans in selected German psychiatric literature of the beginning of the 20th century.

Results The literature describes paranoia querulans as a delusional disorder provoked by judicial conflict. The selected authors offer different theories of its genesis and classification.

Conclusions The symptoms described in the forensic examinations are in accordance with the doctrine of academic psychiatry of the time. The chosen literature also illustrates the difficulties of a clear distinction between mental health and illness.