Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 2020; 48(02): 77
DOI: 10.1055/a-1085-3657
Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser, …

Michael Pees

Ein Schwerpunktheft zu den „Exoten“ – Fortschritte und Herausforderungen in einem breiten Feld

Der Begriff „Exoten“, wie er immer wieder für verschiedenste Tierarten von Vögeln, Reptilien über Nager bis hin zu Fischen verwendet wird, ist taxonomisch ebenso unklar wie undefinierbar. Die Alternative, von Heimtieren zu sprechen, ist ebenfalls nicht korrekt. Auch die entsprechenden Vereinigungen, wie das European College of Zoological Medicine und die DVG-Fachgruppe für Zier-, Zoo und Wildvögel, Reptilien, Amphibien und Fische, haben sich schwergetan, ihr Arbeitsgebiet griffig zu umreißen. Letztlich besteht der exotische Anteil dieser Tierarten wohl vor allem darin, dass sie nicht der Routine der Kleintierpraxis entsprechen und dass sie sowohl in ihren Bedürfnissen als auch in den Anforderungen an den Tierarzt eben etwas Besonderes darstellen. Unumstritten ist dagegen, dass dieser Bereich in der tierärztlichen Praxis boomt und es einen kontinuierlichen und relevanten wissenschaftlichen Fortschritt hinsichtlich Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen bei diesen Tiergruppen gibt. Deshalb freue ich mich sehr, Ihnen im Rahmen dieses Schwerpunktheftes insgesamt 4 Publikationen vorstellen zu dürfen, die sich mit aktuellen Entwicklungen bei Vögeln, Reptilien und Zierfischen beschäftigen.

Virusinfektionen sind bei Reptilien ein sehr aktuelles und expandierendes Thema, das in den letzten Jahren zu erheblichen Herausforderungen an die Diagnostik geführt hat. Frau Marschang gibt in einem Reviewartikel eine detaillierte Übersicht über die klinisch relevanten Virusinfektionen bei Reptilien und legt dabei einen besonderen Fokus auf die diagnostischen Optionen.

Die richtige Auswahl und der gezielte Einsatz von Antibiotika spielen auch bei den exotischeren Tierspezies eine große Rolle und sind in der politischen Diskussion. Schon deshalb und natürlich auch im Hinblick auf eine effiziente Therapie sind gezielte Untersuchungen und Erkenntnisse zum Keimnachweis und zur Resistenzsituation dringend erforderlich. Frau Brockmann und Koautoren haben diese Untersuchungen bei Proben aus Hautveränderungen von zahlreichen Reptilien durchgeführt und die Ergebnisse übersichtlich zusammengestellt.

Für die Gesundheit von Zierfischen und ebenso für eine Therapie dieser Tiere hat die Wasserqualität bekanntermaßen entscheidende Bedeutung. Allerdings ist nur wenig darüber bekannt, wie sich Störungen im Management von Aquarien auf den Sauerstoffgehalt des Wassers und damit dessen Qualität auswirken. Die Kollegen Mieske und Hetz haben dieses Thema in definierten Versuchen untersucht und präsentieren die sehr eindrucksvollen Folgen in ihrem Artikel.

Schließlich freut es mich besonders, auch einen Artikel zu einem immer relevanteren Thema vorstellen zu dürfen: „backyard poultry“ – oder Hobbyhühner –, womit wir jeden definierten Bereich „exotischer“ Spezies endgültig verlassen. Für diese Tiere suchen die Halter zunehmend tierärztliche Expertise und sind auch bereit, die entsprechend aufwendige Diagnostik zu vergüten. Erkrankungen des Reproduktionstrakts spielen gerade bei den Tieren aus Legelinien eine enorme Rolle. Über die Herausforderungen bei der bildgebenden Diagnostik und auch der Behandlung berichten Frau Konicek und Kollegen.

Wie nicht anders zu erwarten deckt ein Schwerpunktheft zu „Exoten“ eine große Bandbreite verschiedener Themen ab. Ich hoffe, es ist für jeden viel Interessantes und Hilfreiches dabei, und wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!

Michael Pees



Publication History

Article published online:
23 April 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York