PPH 2020; 26(02): 102
DOI: 10.1055/a-1083-3471
Rund um die Psychiatrie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
09 April 2020 (online)

Hintergrund: Menschen können moralischen Stolz empfinden, wenn sie sich in einer bestimmten Situation besonders moralisch verhalten. Studien belegen, dass dieses Erlebnis das moralische Verhalten anschließend auch im Alltag verstärkt. Wie moralischer Stolz konkret empfunden wird, ist jedoch in weiten Bereichen noch unerforscht.

Es wird angenommen, dass moralischer Stolz einerseits eine „mächtige“ Emotion ist – sich aber andererseits auch „schwach“ auswirken kann, wenn er am dringendsten benötigt wird. Ein Beispiel hierfür wären Jugendliche in einer Gruppe, die sich aufgrund ihres moralischen Verhaltens entweder gegen die gesamte Gruppe oder Gruppenmehrheiten gerichtet haben und deshalb einen geringen moralischen Stolz empfanden.

Die Studie untersuchte, ob dieser Effekt ein spezifisches Merkmal der Jugendmoral widerspiegelt oder eine relativ stabile Schwäche in der moralischen Funktionsweise bei Menschen darstellt.

Methode: Die Stichprobe bestand aus 152 jungen Erwachsenen (78 Frauen und 74 Männer). Alle Probanden erhielten 8 verschiedene Szenarien, in denen jeweils ein Mensch Hilfe benötigte, jedoch diese Unterstützung entweder von einer Gruppe kritisch gesehen wurde oder mit persönlichen Unannehmlichkeiten einherging, zum Beispiel Aufwand von Zeit. Anschließend wurden die Probanden gefragt, wie stolz sie gewesen wären, wenn sie trotz der damit verbundenen persönlichen Nachteile geholfen hätten.

Ergebnis: Die Ergebnisse zeigten keine Korrelation zwischen der Bereitschaft, anderen Menschen zu helfen und der Variable „Alter der Probanden“. Das bedeutet, dass die moralischen Funktionsweisen und das Empfinden von Stolz bei Menschen altersunabhängig und kein reiner Jugendeffekt sind.

Interessanterweise konnte festgestellt werden, dass das Empfinden von moralischem Stolz stieg, wenn das Risiko, durch die Hilfsbereitschaft persönliche Unannehmlichkeiten zu erfahren, ebenfalls stieg.

Fazit: Moralischer Stolz entsteht, wenn Menschen trotz des Risikos von persönlichen negativen Folgen anderen Menschen helfen. Je höher das Risiko, desto stärker das Empfinden von moralischem Stolz.

Dr. Jörg Kußmaul

Hintergrund: Eine Vielzahl von empirischen Arbeiten hat gezeigt, dass Glücksgefühle das Empfinden von Traurigkeit lindern können. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Forschung zunehmend mit dem Thema der Emotionsregulation befasst. Die Hypothese dieser Studie basiert auf der Annahme, dass Glück, Mitgefühl und Wut sich positiv auf die Traurigkeit eines Menschen auswirken können.

Methode: Die Teilnehmenden waren 184 Studierende im Durchschnittsalter von 19 Jahren (53 % Frauen und 47 % Männer). Den Probanden wurden emotionale Szenarien geschildert, die Traurigkeit, Anteilnahme und Fröhlichkeit auslösten. Diese Emotionen und Empfindungen der Probanden wurde anschließend durch einen Selbstberichtsfragebogen mit jeweils 24 verschiedenen Emotionsbegriffen bewertet.

Ergebnis: Die Studie untersuchte, wie stark sich die Gefühle Wut, Anteilnahme und Glück positiv auf das Empfinden von Traurigkeit auswirken. Alle 3 Emotionen reduzierten das Ausmaß der Traurigkeit, allerdings wirkte sich das Glücksgefühl am stärksten aus.

Fazit: Glücksgefühle wirken als starker Regulator, um die Traurigkeit eines Menschen zu reduzieren.

Dr. Jörg Kußmaul

 
  • 1 Aitziber P, Conejero S, Etxebarria I. Moral Pride: A Paradoxical Effect Also Present in Young Adults?. The Journal of Psychology 2020; 154 (01) 94-110
  • 2 Demorest AP. Anger, Compassion, and Happiness as Antidotes for Sadness. The American Journal of Psychology 2019; 132 (02) 227-236