Funktionsweise der optoakustischen Bildgebung
Funktionsweise der optoakustischen Bildgebung
Auf optischen Prinzipien beruhende Bildgebungsmethoden, etwa die konfokale Laserscanmikroskopie
(KLSM), die Multiphotonentomografie (MPT) oder die optische Kohärenztomografie (OCT),
sind in ihrer Eindringtiefe grundlegend durch die starke Lichtstreuung im Gewebe begrenzt,
welche eine Bildgebung tiefer als 300 µm (KLSM und MPT) bzw. 1 mm (OCT) massiv beeinträchtigt.
Ultraschall-basierte Methoden haben eine größere Eindringtiefe, sind allerdings fundamental
auf Unterschiede in der akustischen Impedanz der darzustellenden Strukturen angewiesen,
was zu schwachen Kontrasten innerhalb von akustisch weitgehend homogenen Geweben wie
der Dermis führt.
Optoakustische Bildgebung basiert auf der Aufzeichnung und Verarbeitung von Ultraschallwellen,
welche durch Beleuchtung des Gewebes mit gepulsten Lasern erzeugt werden, und kombiniert
damit die starke lichtabsorptionsbedingte Kontrastabbildung mit dem guten Auflösungs-
zu Eindringtiefe-Verhältnis der Ultraschallbildgebung. Das Laserlicht wird in Abhängigkeit
von der verwendeten Wellenlänge von verschiedenen Biomolekülen absorbiert, z. B. grünes
Laserlicht von Hämoglobin. Die Strukturen, die diese Absorber enthalten, wie z. B.
kleinste Blutgefäße, werden so lokal erwärmt, was zu einer kurzzeitigen Gewebeausdehnung
führt. Dieser Effekt nennt sich thermoelastische Expansion. Wenn sehr kurze Laserpulse
(meist wenige Nanosekunden) verwendet werden, entstehen durch die thermoelastische
Expansion Druckwellen im Ultraschallbereich. Dies wird als optoakustischer oder auch
photoakustischer Effekt bezeichnet. Die Ultraschallwellen können an der Körperoberfläche
aufgezeichnet und mittels tomografischen Rekonstruktionsalgorithmen zu 2- oder 3-dimensionalen
Bildern verarbeitet werden, welche die Verteilung der Absorber im Gewebe abbilden
[1].
Bei Beleuchtung mit Wellenlängen im sichtbaren Bereich des Lichtspektrums können Chromophore
wie Hämoglobin oder Melanin abgebildet werden, mit langwelligerem Licht im nahinfraroten
Bereich auch Lipide und Proteine. Unter Verwendung mehrerer Wellenlängen (Multispektralmodus)
kann mithilfe von sog. spectral unmixing-Algorithmen die Verteilung und relative Konzentration
der verschiedenen Absorber dargestellt werden. Somit können neben morphologischen
auch molekulare und funktionelle Informationen gewonnen werden [2]. Meist wird optoakustische Bildgebung kontrastmittelfrei eingesetzt, da endogene
Absorber wie Hämoglobin, Melanin oder Lipide verwendet werden. Zur Markierung und
Charakterisierung einzelner Strukturen (bspw. Krebszellen) können jedoch auch spezifische
Kontrastmittel wie Indocyaningrün oder Goldnanopartikel zum Einsatz kommen [3]
[4].
Optoakustik kann für mikro-, meso- oder makroskopische Bildgebung eingesetzt werden.
Diese verschiedenen Modalitäten unterscheiden sich technisch und in Bezug auf Eindringtiefe
und Auflösung.
In den letzten Jahren wurden eine Reihe verschiedener optoakustischer Modalitäten
hinsichtlich ihres Potenzials für einen Einsatz in der Klinik in verschiedenen Fachrichtungen
insbesondere der Dermatologie untersucht. [5] Im Folgenden gehen wir auf die technischen Grundlagen sowie einzelne Anwendungen
in der Makro-, Meso- und Mikroskopie näher ein.
Optoakustische Makroskopie
Optoakustische Makroskopie
Technische Grundlagen
Für die makroskopische optoakustische Bildgebung wird das Untersuchungsareal breit
beleuchtet. Ein Transducer-Array detektiert die Ultraschallwellen, die zu einem Bild
verrechnet werden, welches i. d. R. ein 2D-Schnitt durch das Gewebe repräsentiert.
[Abb. 1 b] zeigt eine schematische Darstellung eines optoakustischen Makroskopiegeräts. Die
optoakustische Makroskopie weist eine im Vergleich zu anderen optoakustischen Modalitäten
hohe Eindringtiefe (bis ca. 1 – 3 cm), aber nur eine mittlere Auflösung (ca. 100 – 300 µm)
auf [5]. Ein kommerziell erwerbbares und zu Forschungszwecken CE-zertifiziertes Verfahren
für makroskopische optoakustische Bildgebung ist die multispektrale optoakustische
Tomografie (MSOT). Dieses System arbeitet mit Wellenlängen im Bereich 680 – 980 Nanometer,
ermöglicht Bildgebung in Echtzeit und kann je nach Ausführung auch konventionelle
Ultraschallbilder parallel zu den optoakustischen Bildern aufnehmen [6].
Abb. 1 Anwendungsbeispiel für optoakustische makroskopische Bildgebung. a Schematische Darstellung einer Indocyaningrün-Injektion zur Markierung eines Wächterlymphknotens.
b Schemazeichnung eines optoakustischen Makroskopiegeräts: Schallkopf mit Ultraschalltransducer-Array
(schwarze Rechtecke) und breite Illumination des Gewebes mit Laserlicht (grüner Kegel,
Laser selbst nicht dargestellt). Vom Indocyaningrün-markierten Lymphknoten werden
Ultraschallwellen emittiert. c Overlay eines MSOT-Bildes eines mit Indocyaningrün markierten Lymphknotens mit Sonografiebild.
d MSOT-Bild eines Melanin (markiert durch Kreuz) und Indocyaningrün enthaltenden Lymphknotens.
Der Pfeil kennzeichnet das Melanin in der Kutis. Der Nachweis von Melanin im Wächterlymphknoten
weist auf eine Melanommetastase hin. Nachdruck der Panels a, c und d mit freundlicher Genehmigung von Klode J. Technik. In: Stolz W, Hänßle H, Sattler
E et al., Hrsg. Bildgebende Diagnostik in der Dermatologie. 1. Auflage. Stuttgart:
Thieme; 2018. doi:10.1055/b-006-149538.
Anwendungsbeispiele für MSOT in der Dermatologie
Auf MSOT-Bildern gesunder menschlicher Haut können die epikutane Melaninschicht ([Abb. 1]), das Hämoglobin in der gefäßreichen Dermis und Lipide des subkutanen Fettgewebes
abgegrenzt werden [7].
In mehreren Pilot-Studien wurde MSOT für die Bestimmung der Ausdehnung von non-melanoma
Skin Cancer verwendet. Zuletzt verglichen Chuah et al. (2019) MSOT-Messungen der Tumordicke
mit histologischen Messungen. Obgleich die gemessenen Werte der beiden Methoden in
vielen Fällen nicht exakt übereinstimmten, fanden die Autoren doch eine gute Korrelation
zwischen der optoakustischen und der histologischen Messung (r2 = 0,90, p < 0,0001).
In den Augen der Autoren zeigt MSOT das Potenzial, durch eine exaktere präoperative
Bestimmung der notwendigen Exzisionsgrenzen Nachexzisionen zu vermeiden [8].
Da MSOT eine Messung des Hämoglobingehalts des subkutanen Gewebes ermöglicht, wurde
es bei Erkrankungen, die mit vaskulärer Dysfunktion einhergehen, eingesetzt. Masthoff
et al. (2018) untersuchten Finger von Sklerodermie-Patienten (n = 8 von 7 Patienten)
im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe (n = 8) und zeigten signifikant geringere
Hämoglobinwerte bei den Patienten sowie signifikant geringere Werte bei Patienten
mit progressivem Verlauf gegenüber Patienten mit stabilem Verlauf. Die Autoren schlossen
daraus, dass die Messung der Gefäßdysfunktion mittels MSOT zur Quantifizierung der
Krankheitsaktivität beitragen könnte und MSOT Potenzial birgt, frühzeitig ein Therapieansprechen
zu beurteilen [6].
Eine sehr interessante dermatologische Anwendung der optoakustischen Technik am Menschen
stellt die Ortung und Untersuchung von Wächterlymphknoten bei Melanom-Patienten dar.
Aufgrund ihrer Eigenschaft, fast immer das endogene Chromophor Melanin zu exprimieren,
sind Melanome prädestiniert für den Einsatz der optoakustischen Technik. Nachdem vorangegangene
Studien in Ex-vivo-Untersuchungen und Tierexperimenten das Potenzial der Technik insbesondere
zur Untersuchung von Lymphknoten-Metastasen aufgezeigt hatten, demonstrierten Stoffels
et al. (2015) im Rahmen einer klinischen Studie, dass MSOT signifikante Verbesserungen
gegenüber den gegenwärtig verfügbaren Methoden aufweist. Derzeit werden Wächterlymphknoten
(Sentinel Lymph Nodes, SLN) durch Injektion eines radioaktiven Tracers, z. B. Technetium-99m
(99 mTc), im Areal des Primärtumors markiert, dann exstirpiert und hinsichtlich möglicher
Metastasen histologisch untersucht ([Abb. 1]). Die Autoren zeigten anhand von 506 SLNs von 214 Patienten mit Melanom zum einen,
dass MSOT ex vivo die Erkennungsrate von Metastasen in exzidierten SLN gegenüber dem
Standardprotokoll erhöhen kann (22,9 % gegenüber 14,2 %), wenn die Schnittführung
zur histologischen Untersuchung anhand der mittels MSOT-Bildgebung erfolgten Lokalisation
von Melanin-Signalen in den Lymphknoten gewählt wurde. Weiterhin konnten die SLN mittels
MSOT nach Injektion des Chromophors Indocyaningrün in bis zu 5 cm Tiefe (durch Kompression
des Gewebes mit dem Schallkopf) zuverlässig identifiziert werden. Dabei wurde eine
100 %ige Übereinstimmung mit der 99 mTc-basierten SLN-Lymphoszintigrafie erreicht,
welche im Unterschied zur Markierung mit Indocyaningrün eine radioaktive Belastung
für den Patienten bedeutet. Besonders vielversprechend ist zudem, dass auch ohne den
Einsatz eines Kontrastmittels mittels MSOT Lymphknotenmetastasen mit einer Sensitivität
von 100 % erkannt werden konnten, anhand des Nachweises von Melanin in den Lymphknoten.
Die Spezifität lag mit 48,6 % niedriger, da andere Chromophore wie Tätowierungspigmente
oder Melanophagen in den Lymphknoten nicht von den Tumorzellen unterschieden werden
konnten. Insgesamt könnten angesichts der sehr hohen Sensitivität evtl. zukünftig
bei fehlendem Melanin-Nachweis im MSOT SLN-Markierungen und -Exstirpationen und die
damit verbundenen Risiken und Kosten vermieden werden [9]
[10].
Limitationen des MSOT
Die Auswertung der MSOT-Daten ist derzeit noch recht zeitintensiv und erfordert ein
umfassendes Training. Eine technische Herausforderung stellt zudem die Beurteilung
tiefer gelegener Strukturen dar, da Lichtstreuung und Signalverlust hier die quantitative
Auswertung der Bildgebungsdaten mittels spectral unmixing erschweren. Hierfür befinden sich derzeit Korrekturalgorithmen in Entwicklung. Bez.
der Anwendung zur Detektion und Beurteilung der Sentinel-Lymphknoten ist zu beachten,
dass melaninfreie Mikrometastasen nicht nachgewiesen werden können.
Optoakustische Mesoskopie
Optoakustische Mesoskopie
Technische Grundlagen
Die in den letzten Jahren entwickelte mesoskopische Bildgebung nimmt in Bezug auf
Eindringtiefe und Auflösung eine Mittelstellung zwischen Mikro- und Makroskopie ein.
Optoakustische Rasterscan-Mesoskopie (RSOM) ist zur Zeit das Verfahren mit dem besten
Verhältnis von Auflösung zu Eindringtiefe aller kontrastmittelfreien dermatologischen
Bildgebungsmethoden [11]. Ihre Bildgebungstiefe beträgt etwa 1,5 mm (unter Verwendung von grünem Licht; bis
5 mm unter Verwendung von Infrarotlicht) und die laterale und axiale Auflösung liegen
im Bereich von 20 – 30 bzw. 5 – 10 Mikrometer, abhängig vom verwendeten Transducer.
RSOM arbeitet analog zur optoakustischen Makroskopie mit breiter Beleuchtung des Untersuchungsareals,
aber unterscheidet sich von dieser durch die Nutzung eines einzelnen fokussierten
Breitbandtransducers anstelle eines Transducer-Arrays. [Abb. 2 a] zeigt eine schematische Darstellung von RSOM. Das Untersuchungsareal wird von RSOM
in einem Raster abgetastet, weswegen keine Echtzeitbildgebung möglich ist. Durch die
große Detektionsbandbreite (10 – 180 MHz) des Transducers können sowohl die winzigen
Kapillarschlingen, welche sehr hochfrequente Signale erzeugen, als auch tieferliegende,
größere dermale Gefäße, die tiefe Frequenzen erzeugen, detektiert werden. Somit kann
u. a. der gesamte Mikrogefäßbaum der Haut hochauflösend und 3-dimensional abgebildet
und analysiert werden [11]
[12].
Abb. 2 Anwendungsbeispiele für optoakustische Mesoskopie. a Schemazeichnung der Funktionsweise von RSOM: Über 2 Glasfaserbündel wird die Haut
breit mit Laserlicht beleuchtet (grüne Fläche), durch den optoakustischen Effekt entstehen
Ultraschallwellen der Absorber enthaltenden Strukturen. Ein fokussierter Breitbandtransducer
(grauer Zylinder in Bildmitte) detektiert diese Ultraschallwellen. b RSOM-Bild (532 nm) gesunder Haut zeigt die melaninhaltige Epidermis (EP) und stellt
den gesamten Mikrogefäßbaum der Dermis (DM) dar. c RSOM-Bild (532 nm) der dermalen Gefäße gesunder Haut von oben betrachtet. d Kapillarschlingen des Nagelbetts in der Nagelfalzmikroskopie. e RSOM-Bild (532 nm) der Kapillaren der Nagelfalz. Die Spitzen der Kapillarschlingen
sind durch weiße Pfeile markiert. Der blaue Doppelpfeil zeigt die Kutikula. f Exemplarisches histologisches Bild (HE-Färbung) eines Psoriasis-Plaques. Man sieht
Akanthose und verlängerte Kapillarschlingen in den dermalen Papillen. g RSOM-Bild (532 nm) eines Psoriasis-Plaques. Es zeigen sich eine deutlich verbreiterte
Epidermis sowie verlängerte Kapillarschlingen (EP). Der weiße Pfeil markiert exemplarisch
die Spitze einer Kapillarschlinge. Der blaue Pfeil markiert ein Haar. Der dermale
Gefäßplexus zeigt eine erhöhte Gefäßdichte im Vergleich zu gesunder Haut. Die RSOM-Messung
wurde im gezeigten Bild nicht an derselben Stelle wie die histologische Untersuchung
durchgeführt, daher unterscheiden sich die Längen der Kapillarschlingen zwischen den
beiden Modalitäten in diesem Beispiel. In Untersuchungen der gleichen Stelle konnte
eine gute Übereinstimmung von Histologie und RSOM gezeigt werden [11]. h RSOM-Bild (Multispektralmodus) gesunder Haut, die melaninhaltige Epidermis stellt
sich in Grün dar, in der Dermis erkennt man Mikrogefäße mit unterschiedlichen Oxygenierungsstatus.
Nachdruck der Panels f mit freundlicher Genehmigung von Schwarz M. Anwendungsgebiete in der Dermatologie.
In: Stolz W, Hänßle H, Sattler E et al., Hrsg. Bildgebende Diagnostik in der Dermatologie.
1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. doi:10.1055/b-006-149538.Maßstabskala: Panels
b, c, e und g: 500 µm; Panel f: 100 µm; Panel h: 250 µmAbkürzungen: RSOM: Rasterscan Optoacoustic Mesoskopie, EP: Epidermis, DM:
Dermis, Hb: Hämoglobin, HbO2: oxygeniertes Hämoglobin, a. u.: Arbitrary Units
Anwendungsbeispiele für RSOM
Ihre im Vergleich zu anderen hochauflösenden Verfahren hohe Eindringtiefe, welche
eine Bildgebung durch die gesamte Tiefe der Haut erlaubt, und ihre Fähigkeit, Chromophore
wie Hämoglobin und Melanin in dieser hohen Auflösung darzustellen, prädisponiert die
optoakustische Mesoskopie für eine Anwendung in der Dermatologie. In den letzten Jahren
wurden bereits erste vielversprechende Ergebnisse klinischer dermatologischer Studien
publiziert. Ein typisches RSOM-Bild gesunder Haut ([Abb. 2 b]) zeigt unter Verwendung von grünem Laserlicht die Melanin-haltige Epidermis, die
Spitzen der in die dermalen Papillen ziehenden Kapillarschlingen, den subepidermalen
und den dermalen Gefäßplexus. Messwerte zur Epidermisdicke aus den RSOM-Bildern zeigten
eine gute Übereinstimmung mit histologischen Messungen [11]. Wird ein RSOM-Bild unter Verwendung mehrerer Laser-Wellenlängen erzeugt (mulitspektrales
RSOM), so kann u. a. die Verteilung von Wasser und Lipiden untersucht werden. Letzteres
ermöglicht z. B. die Darstellung von Talgdrüsen und des Unterhautfettgewebes [13]. Auch ermöglicht der Multipektralmodus die Bestimmung der relativen Konzentrationen
von Melanin, Oxy- und Desoxyhämoglobin und somit die Bestimmung des Oxygenierungsstatus
bis auf die Ebene einzelner Mikrogefäße [14]. Ein solches multispektrales RSOM-Bild ist in [Abb. 2], Panel h dargestellt. Vielversprechende zukünftige Einsatzgebiete, welche derzeit im Rahmen
von Studien untersucht werden, stellen Erkrankungen dar, die mit lokaler Hypoxie assoziiert
sind (z. B. Sklerodermie, chronische Wunden oder maligne Hauttumoren) [12]
[14].
Li et al. (2018) beschrieben nach der Untersuchung verschiedener Hauttypen nach Fitzpatrick,
dass die Intensität des Melaninsignals in der RSOM-Bildgebung annähernd linear mit
dem mittels Kolorimetrie bestimmten Melanin-Index korreliert ist [15].
Die Fähigkeit der optoakustischen Mesoskopie, die Morphologie und Funktionalität der
Mikrogefäße der Haut bis hinunter auf Kapillarebene abzubilden, hat weiterhin das
Potenzial, die Evaluation einer Vielzahl dermatologischer Krankheitsbilder zu verbessern.
Die objektive und genaue Quantifizierung der Schwere einer Psoriasiserkrankung etwa
ist von entscheidender Bedeutung für die Wahl der angemessenen Therapie, für das Therapiemonitoring
und nicht zuletzt auch für vergleichende Wirksamkeitsstudien während der Medikamentenentwicklung.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden zu diesem Zweck klinische Scores, v. a. der Psoriasis
Area and Severity Index (PASI), verwendet. Schwächen des PASI liegen in mangelnder
Objektivität und Präzision, Inter-Observer-Variabilität und der Tatsache, dass der
Score nur auf der oberflächlichen Erscheinung basiert und die innere Struktur der
Plaques nicht abbilden kann. Dabei sind Psoriasis-Plaques durch eine typische pathologische
Binnenstruktur und Gefäßarchitektur charakterisiert ([Abb. 2 f]), und die Angiogenese stellt einen wichtigen Marker für ein Fortschreiten der Erkrankung
dar. Aguirre et al. (2017) zeigten, dass RSOM in der Lage ist, wichtige Biomarker
der Psoriasis darzustellen und zu quantifizieren. Im Vergleich zu gesunder Haut lassen
sich ausgeprägte Akanthose, erweiterte und verlängerte Kapillarschlingen sowie ein
vergrößerter Durchmesser der Gefäße des dermalen Gefäßplexus klar abbilden ([Abb. 2 g]). Die gemessenen Werte zeigten eine gute Übereinstimmung mit histologischen Messungen
im untersuchten Areal. Die Autoren postulierten einen optoakustischen Index (OPIND)
zur objektiven Quantifizierung der Schwere der Erkrankung basierend auf quantitativen
Merkmalen aus optoakustischen Bildern – im Einzelnen die Dicke der Epidermis, das
gesamte Blutvolumen in der Dermis, die Fraktalzahl als Maß der Komplexität der Gefäßstruktur
sowie Dichte und mittlerer Durchmesser der Kapillarschleifen. Es zeigte sich eine
gute Korrelation zwischen dem OPIND und dem lokalen PASI. Durch das Potenzial einer
objektiven Quantifizierung der Krankheitsaktivität von Psoriasis-Plaques könnte RSOM
zukünftig im Monitoring einzelner Krankheitsverläufe oder des Therapieansprechens
eine Rolle spielen [11]
[12].
Analog zur psoriatischen Haut lassen sich auch bei Ekzemen charakteristische Biomarker
der Entzündungsaktivität mittels optoakustischer Mesoskopie darstellen und quantifizieren.
In von atopischem Ekzem oder allergischem Kontaktekzem betroffener Haut wurden Elongation
und Dilatation der Kapillarschlingen beschrieben [11]. Bei Kontaktekzemen zeigt sich die Verteilung der dilatierten Kapillarschlingen
weniger homogen als in Psoriasis-Plaques [12]. Yew et al. (2019) berichteten in einem Case Report über einen Patienten mit atopischem
Ekzem unter Therapie mit dem Interleukin-4/13-Inhibitor Dupilumab, welcher vor Beginn
und nach 4 Wochen Behandlung untersucht wurde. Während der den gesamten Körper miteinbeziehende
Eczema Area and Severity Index (EASI) des Patienten einen Rückgang von 12,9 auf 3,3
zeigte, hatte sich in diesem Zeitraum im Messareal am Unterarm klinisch noch keine
sichtbare Verbesserung ergeben. Mittels RSOM ließ sich demgegenüber eine Abnahme der
Epidermisdicke um 32 %, eine Abnahme des Gesamtblutvolumens um 10 % und des Durchmessers
dilatierter Gefäße um 26 % feststellen [16]. Zwar handelt es sich hier nur um eine Untersuchung an einem einzelnen Patienten
und es besteht Bedarf nach weitergehenden Studien, aber die genannte Untersuchung
zeigt das Potenzial der optoakustischen Mesoskopie, den Schweregrad von Ekzemen auch
an internen strukturellen Veränderungen der Haut zu beurteilen und hierdurch evtl.
subklinische Veränderungen messen zu können.
Veränderungen der Nagelfalzkapillaren sind wertvolle Marker zur frühzeitigen Diagnose
einer systemischen Sklerodermie, wofür die Hellfeldmikroskopie etabliert ist. Sie
erlaubt allerdings lediglich die Beurteilung der oberflächlichsten Kapillaren und
kann durch Trockenheit und Verdickung der Epidermis deutlich beeinträchtigt sein.
Mit RSOM kann der gesamte Mikrogefäßbaum der Nagelfalz, einschließlich der tief liegenden
Kapillaren 3-dimensional und unabhängig vom Zustand der Epidermis beurteilt werden
([Abb. 2 d, e]). RSOM-Messungen der Gefäßdichte und des Kapillardurchmessers der oberflächlichen
Kapillaren – 2 weit verbreitete Biomarker zur Evaluation der Sklerodermie – stimmten
sehr gut mit Messungen mittels konventioneller Mikroskopie überein. RSOM könnte somit
zur Untersuchung sonst nicht darstellbarer Gefäße eingesetzt werden und eine umfassendere
Untersuchung in der Frühphase der Erkrankung erlauben [17].
Die optoakustische Mesoskopie eröffnet durch ihre Fähigkeit, melanozytäre Strukturen
und Mikrogefäße mit hoher Auflösung 3-dimensional darzustellen, weiterhin neue Möglichkeiten
in der Melanomforschung. Nävuszellnävi erscheinen in der RSOM-Bildgebung als melaninreiche
Abschnitte der Epidermis ohne Auffälligkeiten im umgebenden Gefäßsystem [11]. Omar et al. (2015) zeigten im Mausmodell, dass RSOM die Angiogenese, die mit dem
Melanomwachstum innerhalb weniger Tage auftritt, mit hoher Präzision darstellen kann
[18].
Die optoakustische Mesoskopie eignet sich zudem zur funktionellen Diagnostik: Berezhnoi
et al. (2018) zeigten, dass RSOM als bis dato einziges Bildgebungsverfahren die Reaktivität
des dermalen Gefäßnetzes gegenüber lokaler Erwärmung unter bildlicher Auflösung einzelner
Mikrogefäße darstellen kann [19]. Damit eröffnen sich potenzielle Anwendungsfelder in der Untersuchung und Risikobewertung
u. a. von Pathologien, die sich in dermalen Gefäßen widerspiegeln, wie Sklerodermie
oder chronischen Wunden [12].
Limitationen von RSOM
Insbesondere in von Atembewegung betroffenen Körperregionen (z. B. Thorax und Rücken)
kann die Bildqualität durch Bewegungsartefakte deutlich reduziert sein. Deshalb werden
derzeit neue Algorithmen zur Bewegungskorrektur und neue Detektortechnologien mit
kürzeren Scanzeiten implementiert [12]
[20]. Bei Patienten mit dunkler Hautfarbe (v. a. Fitzpatrick-Hauttypen V und VI) kann
zudem aufgrund der starken Absorption des Melanins in der Epidermis die Darstellung
tiefer dermaler Gefäße erschwert sein [15].
Optical Resolution optoakustische Mikroskopie
Optical Resolution optoakustische Mikroskopie
Technische Grundlagen
Die optical Resolution optoakustische Mikroskopie arbeitet mit Beleuchtung der Probe
mit stark fokussiertem Laserlicht und Verwendung eines einzelnen (meistens fokussierten)
Ultraschalltransducers. [Abb. 3 a] zeigt eine schematische Darstellung eines optoakustischen Mikroskops. Die Fokussierung
des Laserlichts definiert die laterale Auflösung. Daher ist das Auflösungs- zu Eindringtiefe-Verhältnis
im Prinzip ähnlich zu dem von KLSM und MPT: Die Auflösung bewegt sich im Bereich von
einigen 100 Nanometern, bei einer Eindringtiefe von einigen 100 Mikrometern [12]. Dies ermöglicht die Darstellung von Kapillaren und z. T. auch von subzellulären
Strukturen. [Abb. 3 c] zeigt exemplarisch die Kapillaren eines Mausohrs mit optoakustischer Mikroskopie
und [Abb. 3 b] das entsprechende Areal in der Hellfeldmikroskopie.
Abb. 3 Anwendungsbeispiel der optoakustischen Mikroskopie. a Schemazeichnung des Prinzips der optical Resolution optoakustischen Mikroskopie:
Fokussiertes Laserlicht (grüner Strahl) regt Absorber im Untersuchungsareal (hier
schematisch ein Mausohr) an. Über thermoelastische Expansion entstehen Ultraschallwellen.
Diese werden vom Transducer (dargestellt in Grau) detektiert. Die Anordnung des Transducers
und der Lichtquelle unterscheiden sich zwischen verschiedenen optoakustischen Mikroskopen
deutlich, diese Schemazeichnung stellt den Licht-Transmissions-Typ da, es gibt auch
Systeme mit Beleuchtung von oben. b zeigt eine Hellfeldmikroskopie der Gefäße in einem Mausohr und c das entsprechende Bild mit optoakustischer Mikroskopie. Mit schwarzen Pfeilen sind
sehr feine Gefäße in der Hellfeldmikroskopie gekennzeichnet, die sich in der optoakustischen
Mikroskopie deutlich besser darstellen lassen (grüne Pfeile). Credits Panels b – c: Markus Seeger, Institut für Biologische Bildgebung, Technische Universität München.
Anwendungsbeispiele der optoakustischen Mikroskopie
Die optoakustische Mikroskopie wird derzeit hauptsächlich in Ex-vivo- oder Tier-Experimenten
angewandt und wurde hier v. a. im Bereich der Ophthalmologie, Neurowissenschaften
und Krebsforschung eingesetzt. Bspw. wurden Neoangiogenese in der Retina von Hasen
nach VEGF-Injektion [21], retinales Pigmentepithel [22], hochauflösende konturangepasste Darstellung der Kortex-Gefäße eines Mausgehirns
[23], Darstellung von Mikrogefäßen, Keratinozyten und Talgdrüsen in einem Mausohr [24], Veränderungen der Mikrogefäße in humanen Ovarialtumoren ex vivo [25] und der Effekt von Anti-Neoangiogenese-Therapien in einem Prostatakarzinom-Modell
untersucht [26]. Potenziell spannende Anwendungen der optoakustischen Mikroskopie in der Dermatologie
lassen sich aus der Arbeit von Jin et al. (2017) und der Arbeit von Moothanchery et
al. (2017) ableiten. Erstere stellten mit einem neu entwickelten handheld optoakustischen
Mikroskop Neoangiogenese in einem Tumormodell in Mäusen dar und zeigten, dass mit
ihrem Gerät die hochauflösende Darstellung der Mikrogefäße der Lippe und Zunge von
Menschen in vivo abgebildet werden können. Die Autoren sehen den Einsatzbereich dieses
neuen optoakustischen Mikroskops in der Früherkennung von oralen Karzinomen anhand
der tumorbedingten Neoangiogenese [27]. Moothanchery et al. (2017) untersuchten das Eindringen von Goldnanopartikeln durch
Microneedling in vivo an einem Mausohr als Modell für transdermale Medikamentenapplikation
durch Microneedling [28]. Sie konnten zeigen, dass die Goldnanopartikel bis zu einer Tiefe von ca. 150 µm
durch das Microneedling in die Haut eingebracht werden können und dass es ca. 90 min
dauerte, bis keine signifikante Signalreduktion durch Diffusion der Nanopartikel mehr
gemessen werden konnte.
Limitationen der optoakustischen Mikroskopie
Derzeit wird die optoakustische Mikroskopie hauptsächlich für präklinische Ex-vivo-
und In-vivo-(Tier-)Experimente eingesetzt, es gibt bis dato nur wenige Untersuchungen
zur Anwendung am Menschen [5]
[27]
[29]. Optoakustische Mikroskope sind meist noch große Systeme mit komplexer technischer
Konfiguration. In den letzten Jahren wurden zunehmend auch handheld Systeme vorgestellt.
Diese sind aber noch nicht kommerziell erhältlich oder CE-zertifiziert und weisen
teilweise noch technische Limitationen wie längere Scanzeiten auf [5].
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung und Ausblick
Die morphologische, molekulare und funktionelle Bildgebung mittels Optoakustik ermöglicht
neuartige Einblicke in Forschung und Klinik. Die Technik besitzt großes Potenzial
in vielen Bereichen der Medizin, insbesondere in der Dermatologie. Gegenwärtig handelt
es sich bei optoakustischer Bildgebung um ein experimentelles Verfahren, das noch
nicht routinemäßig in der Patientenversorgung eingesetzt wird, aber weltweit in einer
Vielzahl von klinischen Studien zur Anwendung kommt.
Die optoakustische Makroskopie, die eine hohe Eindringtiefe und Bildgebung in Echtzeit
bietet, ist derzeit das technisch am weitesten ausgereifte und in der Klinik am besten
untersuchte Verfahren. Sie kann als Hybridverfahren mit konventionellem Ultraschall
kombiniert werden und wird voraussichtlich in den kommenden Jahren Einzug in die Routine
der Patientenversorgung finden, etwa für das Auffinden und die Untersuchung von Sentinel-Lymphknoten
bei Melanom-Patienten.
Die optoakustische Mesoskopie kombiniert eine hohe Auflösung mit einer mittleren Eindringtiefe.
Ihr Potenzial, insbesondere für das Monitoring von chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen
sowie in der Früherkennung von Hautkrebs, wird derzeit umfassend untersucht. Erste
Ergebnisse sind vielversprechend.
Die optoakustische Mikroskopie wird derzeit hauptsächlich ex vivo und tierexperimentell
eingesetzt, aber die zunehmende Entwicklung neuer handheld Systeme bietet großes Potenzial
für mehr humane In-vivo-Studien.