Zusammenfassung
Innerhalb von 4 Jahren (2014–2017) haben wir 2 Neugeborene mit der
genetisch gesicherten Diagnose eines Kagami-Ogata-Syndroms (OMIM #608149)
betreut. Pränatal fielen bei beiden Föten ein Polyhydramnion und
in einem Fall eine Hepatomegalie auf. Beide Patienten litten postnatal unter
einer respiratorischen Insuffizienz und wiesen mit einer Muskelhypotonie, einem
vorspringenden Philtrum, vollen Wangen sowie einer breiten Nasenwurzel die
typischen phänotypischen Merkmale dieses Imprinting-Defekts auf.
Wegweisend für die Diagnosestellung waren die
kleiderbügelförmigen Rippen („coat-hanger ribs“)
und der glockenförmige Thorax (bell-shaped thorax) im
Röntgenbild. Das Kagami-Ogata-Syndrom ist auf eine Veränderung
der Genexpression auf dem Chromosom 14 zurückzuführen und wurde
erstmals im Jahr 1991 beschrieben. Als Ursachen werden eine paternale
uniparentale Disomie des Chromosoms 14 von Epimutationen sowie Mikrodeletionen
unterschieden. Bisher sind in der Literatur rund 70 Fälle beschrieben
worden. 34 Betroffene zählen zu der Kohorte der namensgebenden Forscher
M. Kagami und T. Ogata. Die Inzidenz der Erkrankung ist bis heute unbekannt. Die
Patienten zeigen oft eine verzögerte Entwicklung mit einer mentalen
Retardierung, wobei mittlerweile in der Literatur auch Kasuistiken mit milderen
Verläufen zu finden sind. 3 Kinder der Kohorte entwickelten im Verlauf
ein Hepatoblastom, sodass Schnittstellen zu anderen Imprintingdefekten wie dem
Beckwith-Wiedemann-Syndrom nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht
ausgeschlossen und bei den Nachuntersuchungen berücksichtigt werden
müssen.
Abstract
Within 4 years (2014–2017), we genetically diagnosed 2 newborns with
Kagami-Ogata syndrome (OMIM #608149). As fetuses they exhibited prenatal
polyhydramnios and in 1 case hepatomegaly. After birth, the newborns
suffered from respiratory distress. Typical phenotypic features, such as
muscular hypotonia, a protruding philtrum, full cheeks and a depressed nasal
bridge, were present. Chest X-rays revealed coat-hanger ribs and a
bell-shaped thorax, suggestive of the entity. Kagami-Ogata syndrome is
caused by an aberrant gene expression of chromosome 14 and was first
described in 1991. Possible causes are paternal uniparental disomy of
chromosome 14, epimutations and microdeletions. Approximately 70 cases have
been reported in the literature, with 34 comprising the original cohort of
M. Kagami and T. Ogata. The incidence of the disease is unknown. Patients
often manifest a developmental delay and an intellectual disability,
although in the meantime cases with milder clinical courses have been
described. In the cohort of Kagami and Ogata 3 patients developed
hepatoblastoma, which is a common feature in another imprinting disorder,
namely the Beckwith-Wiedemann syndrome. Therefore, hepatoblastoma should be
considered in follow-up examinations.
Schlüsselwörter
Kagami-Ogata-Syndrom - kleiderbügelförmige Rippen - glockenförmiger Thorax - respiratorische
Anpassungsstörung - Polyhydramnion
Key words
Kagami-Ogata syndrome - coat-hanger ribs - bell-shaped thorax - respiratory distress
- polyhydramnios