Phlebologie 2020; 49(02): 68
DOI: 10.1055/a-1036-7256
Literatur weltweit
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Geschlechtsunterschiede beim Rezidivrisiko von venösen Thrombembolien

Kearon C. et al.
Long-term risk of recurrence in patients with a first unprovoked venous thromboembolism managed according to d-dimer results; A cohort study.

J Thromb Haemost 2019;
17: 1144-1152
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Publication Date:
14 April 2020 (online)

 

Patienten mit unprovozierten venösen Thrombembolien (VTE) haben ein höheres Risiko für ein Rezidiv nach Beendigung der Antikoagulanzien-Therapie als Patienten, die eine VTE aufgrund von reversiblen Faktoren haben. Es existiert eine Debatte darüber, ob Patienten 3 oder 6 Monate lang einer Antikoagulanzien-Therapie unterzogen werden sollen oder gar auf unbestimmte Zeit, wenn eine unprovozierte TVE in den proximalen tiefen Venen auftritt oder sich als Lungenarterienembolie manifestiert, was auch ein Risikofaktor für ein Rezidiv im Vergleich zur isolierten distalen TVT ist.


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Kearon und Kollegen aus Hamilton, Ontario, untersuchten in ihrer prospektiven interventionellen Kohortenstudie (Multi-Center) an Patienten mit unprovozierten VTE das Rezidivrisiko. Die Antikoagulation wurde gestoppt, wenn das D-Dimer unter Therapie oder 1 Monat nach Beendigung der Therapie negativ war. Die anderen Patienten erhielten weiterhin Antikoagulanzien. Die aktuelle Arbeit berichtet über zusätzliche 3 Jahre Follow-up (vorheriges mittleres Follow-up 2,2 Jahre) bei 293 der genannten Patienten.

Ergebnisse

Während eines medianen Follow-ups von 5 Jahren lag die Rate der rekurrenten VTE nach Beendigung der Therapie aufgrund eines negativen D-Dimers bei 5,1 % (95 %-KI 3,6–6,5) pro Patientenjahr insgesamt, 7,5 % (95 %-KI 5,5–10,0) bei Männern, 3,8 % (95 %-KI 2,0–6,6) bei Frauen mit Nicht-Östrogen-assoziierter VTE. Bei Östrogen-assoziierter VTE lag der Anteil bei 0,4 % (p < 0,001 für den 3-Gruppen-Vergleich). Das Risiko eines Rezidivs nach 5 Jahren lag bei 21,5 % insgesamt, bei Männern bei 29,7 %, bei Frauen ohne Östrogen-Behandlung bei 17,0 %, bei Frauen mit Östrogen-Behandlung bei 2,3 %.

Fazit

Während des erweiterten Follow-ups zeigte sich ein hohes Rezidivrisiko für Männer mit einer ersten unprovozierten VTE, die ein negatives D-Dimer nach Antikoagulationstherapie hatten. Dieses Faktum, so die Autoren, spricht dafür, dass ein negatives D-Dimer nicht eine Beendigung der Antikoagulanzien-Therapie rechtfertigt. Bei Frauen jedoch scheint das Risiko bei negativem D-Dimer niedrig zu sein, insbesondere bei Frauen, die Östrogene einnehmen. Hier scheint eine Beendigung der Antikoagulation ohne D-Dimer-Test gerechtfertigt. Bei der Entscheidung müssen Kriterien wie Letalität durch Blutung bzw. Lungenarterienembolie, Behandlungskosten sowie Patientenpräferenzen berücksichtigt werden. Weitere Studien, so die Autoren, sind notwendig, um Patienten für eine Antikoagulanzien-Therapie auf Dauer zu identifizieren.

MOR Dr. med. Benedikt Lampl, Regensburg


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