Einleitung
Die Manifestation einer primären Arthrose im Bereich der kleinen Gelenke, wie Schulter-,
Ellenbogen-, Hand-, Finger- und Sprunggelenken, ist im Vergleich mit den großen Gelenken
(Knie- und Hüfte) recht selten. Im Bereich des Schultergelenkes liegt die Prävalenz
einer rein degenerativen Destruktion bei etwa nur 3%, am Sprunggelenk und Ellenbogengelenk
ist der Anteil primärer Arthrosen sogar marginal.
Gründe für Zerstörungen der kleineren Gelenke sind insgesamt sehr vielfältig:
Im Bereich der oberen Extremität kommt es häufig zu sekundären Arthrosen, die nicht
auf dem Boden einer entzündlichen Systemerkrankung entstehen. So ist die avaskuläre
Nekrose des Humeruskopfes ist nach der Femurkopfnekrose die zweithäufigste Knochennekrose
des Erwachsenen [1]. Auch eine Fraktur kann zu irreparablen Schäden im Bereich der Gelenkflächen führen,
so am Schultergelenk, z. B. nach Humeruskopffrakturen, mit der Entwicklung einer Omarthrose.
Am Ellenbogengelenk stellen Traumata die häufigste Ätiologie einer sekundären Cubarthrose
dar. Knochenbrüche mit signifikanter Gelenkverletzung am Ellenbogengelenk führen in
bis zu 75% zu einer schmerzhaft bewegungseingeschränkten Artikulation [2]. Insgesamt weniger mechanisch oder genetisch induzierte „sekundäre“ Gelenkzerstörungen
sind Folge von immunologisch induzierten entzündlichen Ganzkörpererkrankungen, wie
z. B. der rheumatoiden Arthritis. Hierbei sind zunächst v. a. die Finger- und Handgelenke
betroffen. Im weiteren Krankheitsverlauf liegt bei dieser Diagnose die Befallsrate
des Ellenbogengelenkes bei 20–70%, für das Schultergelenk finden sich sogar 85% [3]. Grundsätzlich besteht im Bereich der oberen Extremität, im Gegensatz zu Knie- und
Hüftgelenk, die Möglichkeit, Lastübertragung und Bewegungsausmaß besser zu dosieren.
Durch Ausgleichsbewegungen angrenzender Gelenkpartner können so Bewegungsdefizite
und Schmerzen in einem arthrotischen Gelenk reduziert werden. Dadurch kann es zu einer
Verschleierung der Symptome auch bei bereits fortgeschrittenen Destruktionen im Rahmen
von einer orthopädischen Erstvorstellung kommen [4].
Obwohl das obere Sprunggelenk (OSG) sogar höhere Belastungen als das Hüft- und das
Kniegelenk aufweist, entstehen hier kaum primäre Arthrosen. Dazu gesellen sich Besonderheiten
des Knorpels (Architektur, Kongruenz) und u. a. eine vergleichsweise straffe syndesmale
Bandführung der Malleolengabel. In etwa 70–80% der Fälle entstehen OSG-Arthrosen posttraumatisch,
v. a. nach Distorsionen und Frakturen. Eine weitere Ursache besteht in degenerativen
Rückfußdeformitäten, dabei ist eine Varusdeformität häufig arthroseassoziiert. Rheumatisch
induzierte Zerstörungen mit direkter enzymatischer Schädigung des Knorpels oder der
entzündlichen Ergussbildung mit Distension des Kapsel-Bandapparates und nachfolgender
Instabilität ergeben vielfach eine massive Valgusfehlstellung in den Gelenken des
unteren Sprunggelenkes [5]
[6] bis hin zu dem Verlust der medialen Längswölbung des Fußes und dem tiefertretenden,
medial prominenten Taluskopf .
Dieser Beitrag soll einen Überblick über die Möglichkeiten der endoprothetischen Versorgung
der sog. „kleinen“ Gelenke nach erfolgloser konservativer und operativ-gelenkerhaltender
Therapie skizzieren. Insgesamt ist die Patientengruppe mit Gelenkdestruktionen von
Artikulationen außerhalb des Hüft- und Kniegelenkes deutlich jünger, als dies in derjenigen
mit Bedarf an Knie- und Hüft-TEPs der Fall ist. Standzeiten, Fallzahlen, Patientenzufriedenheit
und Erfahrungen der einzelnen endoprothetischen Verfahren variieren an den „kleineren“
Gelenken sehr stark. Eine Indikation zu der Versorgung mit Kunstgelenken kann nicht
generalisiert ausgesprochen werden, es gilt, immer eine individuelle Abschätzung der
Situation vorzunehmen. Wir empfehlen die endoprothetische Versorgung in entsprechend
ausgewiesenen Zentren durchzuführen, in denen durch ausreichende Fallzahlen eine gewisse
Routine gewährleistet ist und ansonsten bei Bedarf auch die Expertise im Umgang mit
besonderen Situationen und Erkrankungs-Charakteristika, wie bei rheumatisch-entzündlich
destruierten Gelenken, besteht.
Endoprothetik des Schultergelenks
Die Endoprothetik des Schultergelenkes findet in den letzten Jahrzehnten zunehmende
Anwendung und zählt mittlerweile zu den etablierten operativen Verfahren. Einerseits
kommt es durch die oben genannten Faktoren zum glenohumeralen Knorpelverschleiß, andererseits
ist das Schultergelenk in der heutigen Zeit zunehmenden Belastungen ausgesetzt. Neben
der Humeruskopfnekrose, rheumatisch entzündlichen Prozessen, akuten traumatischen
Knorpelverletzungen führen auch eine längere berufliche Lebensbelastung, zunehmende
sportliche (Überkopf-) Aktivität und Extremsportarten bei jungen Patienten zu einer
zunehmenden Inzidenz von Knorpeldefekten und Omarthrosen. Des Weiteren werden rezidivierende
Instabilitäten, arthroskopische Eingriffe mit iatrogener Knorpelschädigung oder postoperative
Kapselfibrosen sowie die Verwendung von Schmerzpumpen als mögliche Genese einer Arthrose
diskutiert [7].
Anamnese und Diagnostik
Eine strukturierte Anamnese sowie eine zielgerichtete klinische Untersuchung und adäquate
Bildgebung stehen vor der Abwägung aller operativer Maßnahmen, besonders vor der Entscheidung
eines endoprothetischen Eingriffes – am Beispiel Schultergelenk wird dies im Folgenden
erläutert:
Die Erfragung von Ruhe- und Nachtschmerz, Schmerzausstrahlung, Schmerzverstärkung,
Schmerzdauer und Schmerzmittelbedarf gibt wichtige Hinweise, auch über den Leidensdruck
der Patienten. Es sollten mitursächliche Pathologien der Halswirbelsäule von lokalen
Schulterbeschwerden klar differenziert werden, dabei ist beidseitigem Auftreten von
Beschwerden, einer radikulären Symptomatik und einer möglichen Hyposensibilität besondere
Aufmerksamkeit zu widmen. Weiter sollte vor jeglicher endoprothetischen Versorgung
immer gezielt nach Voroperationen und besonders am Schultergelenk nach intraartikulären
oder subakromialen Injektionen gefragt werden. Wir empfehlen, nach intraartikulären
Infiltrationen (z. B. mit Cortison) – im Einklang mit der entsprechenden AWMF-Leitlinie
„Intraartikuläre Punktionen und Injektionen: Hygienemaßmahmen“ – eine OP mit Einbringen
einer Endoprothese frühestens nach 3–6 Monaten durchzuführen, um eine bakterielle
Infektgefahr zu minimieren. Auch andere Risikofaktoren wie systemische Steroid- oder
Immunsuppressiva-Behandlung, Diabetes mellitus, maligne Grunderkrankung in der Anamnese,
sollten sorgfältige Beachtung finden.
Anschließend sollte ein standardisierter klinischer Untersuchungsgang durchgeführt
werden, der über die geeignete weitere apparative (z. B. bildgebende) Diagnostik zunehmend
ausdifferenziert wird. Bei der klinischen Untersuchung der Schulter sollte mit Blick
auf die Verdachtsdiagnose einer Omarthrose die Inspektion der Schulter am entkleideten
Patienten von vorne und hinten durchgeführt werden, um Schulterasymmetrien, Muskelatrophien,
Rötungen oder Schwellungen zu detektieren. Nach Palpation der anatomischen „Landmarken“
wird präoperativ die Prüfung der Schulterbeweglichkeit akkurat mittels Neutral-Null-Methode
dokumentiert. Weiter folgen Funktionstests der Rotatorenmanschette, Provokationstests
von AC-Gelenk und langer Bizepssehne, Impingementtests, sowie die Überprüfung der
Schulterstabilität.
Neben der klinischen Untersuchung gibt die bildgebende Diagnostik entscheidende Informationen
und ist damit für die Therapieplanung richtungsweisend. Als kostengünstiges und direkt
in der Sprechstunde verfügbares Diagnostiktool bietet sich bei diesem weitgehend muskulär
geführten Schultergelenk die Arthro-Sonografie an. Direkt und dynamisch können Gelenkerguss,
Synovialitis, Bursitiden, die lange Bizepssehne und die Rotatorenmanschette beurteilt
werden. Eine weitere Standarduntersuchung – zur Darstellung der knöchernen Strukturen
– ist das konventionelle Röntgenbild in 3 Ebenen (true a.-p., outletview, axial);
bei hochgradiger Destruktion erfolgt ggf. sofort zusätzlich eine a.-p.-Aufnahme der
Gegenseite mit Messkugel für Planungszwecke. So lassen sich das Ausmaß der Arthrose,
die Zentrierung des Kopfes, eine Retroversion oder Dysplasie der Pfanne, Gelenkspalt,
Zysten, Verkalkungen, Erosionen, und Sklerosierungen recht einfach erkennen. Anhand
des Röntgenbildes wird eine Arthrose nach Kellgren und Lawrence (KL) in die Stadien
I–IV oder im Falle einer sekundären Destruktion bei entzündlich rheumatischer Arthritis
nach Larsen, Dale und Eek (LDE) in die Stadien 0–V eingeteilt. Auch schulterspezifische
Einteilungen, wie die Einteilung nach Samilson (Einteilung nach Größe der kaudalen
Osteophyten) werden im klinischen Alltag häufig verwendet. In der streng anterior-posterioren
Aufnahme dient u. a. der sog. „kritische Schulterwinkel“ (critical shoulder angle:
CSA) als radiologischer Parameter der klinischen Evaluation und gibt Hinweise auf
das Risiko von Rotatorenmanschettenrupturen und Omarthrose.
Zusätzlich zu dem Röntgen-Ausgangsbefund ist eine MRT-Untersuchung für die Planung
einer operativen Therapie unentbehrlich. Neben der Beurteilung der periartikulären
Weichteile sowie der intraartikulären/-ossären Binnenstrukturen dient die Magnetresonanztherapie
als Standardverfahren zur Abbildung der Rotatorenmanschette, sodass Defektgröße, Retraktion,
Muskelatrophie beurteilt werden können. Bei fortgeschrittener Destruktion wird zur
OP-Planung ggf. eine 3D-Darstellung durch Computertomografie angeschlossen. Die CT-Untersuchung
gibt wichtige Hinweise über Pfannenkonfiguration, Zysten und die Knochenqualität.
Eine 3D-Rekonstruktion einzelner Kompartimente kann die OP-Planung zusätzlich erleichtern.
Die „richtige“ Indikation
Unkenntnis bezüglich der optimalen Indikation und des am besten geeigneten OP-Zeitpunkts
in Bezug auf eine endoprothetische Versorgung stellt v. a. schulterchirurgisch unerfahrene
Kollegen vor erhebliche Entscheidungsprobleme. Das Hinauszögern einer operativen Versorgung
kann v. a. am Schultergelenk negative Folgen für den Gesamtverlauf haben, da eine
schlechte präoperative Beweglichkeit, Muskeldystrophie und -verkürzungen, Weichteilkontrakturen
und v. a. Knochenverluste im Bereich der Pfanne die Ausgangssituation erschweren.
Dies führt zu einem erhöhten OP-Risiko, außerdem kann auch eine technisch hochwertige
endoprothetische Versorgung nicht alle langständig existenten Defizite korrigieren.
Vor allem Bewegungseinschränkungen, selbst bei nur mäßiger Schmerzsymptomatik, sind
kritisch zu bewerten, da sie das postoperative Ergebnis negativ beeinflussen. Weichteilkontrakturen
und Rotatorenmanschettenrupturen sind Spätfolgen einer Omarthrose und v. a. beim jungen
aktiven Patienten – im Hinblick auf ein gutes OP-Outcome – möglichst zu vermeiden
[8].
Habermeyer P, Lichtenberg S, Magosch (2013) sehen folgende klinische und radiologische
Kriterien für die absolute Indikation zur Prothesenimplantation bei bestehender Omarthrose:
-
Ruhe-/Belastungsschmerz
-
Regelmäßiger Schmerzmittelbedarf
-
Kritische Bewegungseinschränkung (Abduktion<90°, Außenrotation<20°)
-
Gelenkspaltbreite unter 3 mm
-
Hintere Pfannenabflachung [9].
Neben den bereits angesprochenen Untersuchungen sind die individuellen Vorstellungen
des Patienten bei der Indikationsstellung und Wahl der Prothese zu berücksichtigen.
Folgende Verfahren stehen zur Auswahl.
Prothesentypen am Schultergelenk
Eine der ersten Schulterprothesen, die eine weitere Verbreitung erfuhren, wurde im
Jahr 1971 von Charles Neer inauguriert. Seither schritt die Entwicklung der Schulterendoprothetik
stetig voran, aktuell erreichen Prothesen an diesem Gelenk Standzeiten ähnlich der
Knie- und Hüftendoprothetik.
Oberflächenersatz des Humeruskopfes/Hemiprothese
Bei jungen Patienten mit gut erhaltener Pfanne und Rotatorenmanschette kann der Ersatz
eines zerstörten Humeruskopfes mittels anatomischer Schulterprothese ohne Glenoidersatz
erfolgen, denn Komplikationen der Glenoidkomponente sind ein häufiger Revisionsgrund
([Abb 1].). Der Verzicht auf den Ersatz des Glenoids ergibt im Verlauf jedoch häufiger Schmerzen.
Abb. 1 Oberflächenersatz an der Schulter (Typ Eclipse® – Fa. Arthrex)
Neuere Entwicklungen erlauben es, fokale chondrale Läsionen am Humerus (bis 3,5 cm)
mittels partiellem Oberflächenersatz zu therapieren.
Anatomische Schulterprothese mit Glenoidersatz
Der aktuelle Goldstandard ist die Hybrid-Totalendoprothese (mit zementfreier humeralen
Komponente und zementierter Glenoidkomponente), die im Blick auf Patientenzufriedenheit
und Schmerzreduktion der Hemiprothese überlegen ist. Es kommt hier im Gegensatz zur
Hemiprothese nicht zu schmerzhaften Pfannenarrosionen. Noch stellen Schulterprothesen
der „4. Generation“ mit Schaftkomponente den aktuellen Standard dar. Der Knochenverlust
bei Schaftentfernung im Revisionsfall stellt jedoch ein chirurgisches Problem dar,
sodass bei guter Knochenqualität schaftlose Schulterprothesen eingesetzt werden können.
Neben operationstechnischer Vorteile (geringer Blutverlust, kurze OP-Dauer, schaftunabhängige
Positionierung) zeigen sich bei diesen, seit 2005 vermehrt verwendeten Prothesen („5.
Generation“), keine Nachteile bezüglich der Standzeit – sodass der aktuelle Trend
eindeutig in Richtung dieser schaftlosen Prothesen zeigt [10].
Insgesamt beträgt die Revisionsrate auf humeraler Seite lediglich 2%, sodass der Implantation
der Glenoidkomponente eine besondere Bedeutung zukommt. Die Glenoidkomponente sollte
nach heutigen Erkenntnissen zementiert werden und das am besten unter Verwendung aller
Mittel moderner Zementiertechnik (Jet-Lavage, Trocknung, hochvisköser Zement, Vermeidung
von Zementdefekten).
Revisionsgründe bestehen in der Instabilität und Dislokation, Insuffzienz der Rotatorenmanschette
und aseptischer Lockerung, meist der Glenoid-Komponente.
Inverse Schulter-TEP
Bei Patienten im Alter über 70 Jahren mit Rotatorenmanschettendefektarthropatie und
Acetabularisierung des Acromions oder irreparabler Rotatorenmanschettenruptur sowie
bei nicht rekonstruierbarer Humeruskopffraktur besteht die Möglichkeit einer Implantation
einer inversen Prothese ([Abb. 2]). Durch umgekehrte Konstruktion von Pfanne und Kopf wird das Gelenkzentrum nach
kaudal und medial verschoben, sodass der M. deltoideus über seine Zugrichtung die
Insuffizienz der Rotatorenmanschette kompensiert. Die Standzeit (80%) liegt aktuell
bei etwa 15 Jahren. Die Implantation bei jungen Patienten ist tendentiell kritisch
zu bewerten – der Erhalt der Rotatorenmanschette wird stets angestrebt. Bei Frakturversorgungen,
der meist geriatrischen Patienten, ist die inverse Prothese bezüglich der Revisionsrate
der anatomischen überlegen [11].
Abb. 2 Inverse Schulterprothese (Typ Delta Xtend® – Fa. De Puy)
Hauptkomplikationen sind Prothesenlockerungen, meist durch das sog. „scapularnotching“
(Kontakt zwischen Inlay oder Humerusmetaphyse mit dem Skapulahals) und Luxationen,
z. B. durch eine zu niedrige Rotatorenmanschettenvorspannung, gefolgt von Infekten
und Frakturen von Skapula, Akromion oder Korakoid [12].
Als letzte Rückzugsmöglichkeit kann über die Implantation eines Megakopfes nachgedacht
werden.
Endoprothetik des Ellenbogengelenks
Fortgeschrittene Cubarthritiden entstehen oft durch rheumatisch-entzündliche Prozesse
und werden von diesen Patienten oft lange kompensiert, da Beschwerden von stärker
belasteten Gelenken und Funktionsdefizite der Hand und des Schultergelenkes oft im
Vordergrund stehen. Es liegen deshalb bei Erstvorstellung oft erhebliche Gelenkdestruktionen
und/oder Instabilitäten vor, die eine endoprothetische Versorgung notwendig machen
([Abb. 3]).
Abb. 3 Cubarthritis LDE Stadium V: Röntgen Ellenbogengelenk a.p. und seitl. präoperativ
Die gängigen Prothesen unterscheiden sich in Kopplungsgrad (semi-gekoppelt/ungekoppelt)
Kongruenz und Komponentenzahl ([Abb. 4]). Semi-gekoppelte Prothesen weisen meist eine Beweglichkeit um eine Hauptachse auf
und weitere Freiheitsgrade in Varus- und Valgusrichtung, während ungekoppelte Prothesen
intramedullär verankerte Oberflächenersatzprothesen sind. Für die Verwendung des reinen
Oberflächenersatzes sollte die Indikation sehr streng gestellt werden – eine gute
Knochenqualität und unversehrte Bandstrukturen sind essentiell. Die Luxationssicherheit
kann vom erfahrenen Operateur u. a. durch Inkaufnahme eines funktionellen Streckdefizits
erhöht werden. Aufgrund der relativ flachen Lernkurve und geringer Fallzahlen empfiehlt
sich die Durchführung nur in entsprechenden Zentren und nach sorgfältiger Abwägung.
Abb. 4 Gekoppelte Ellenbogen-TEP (Typ Coonrad-Morray®– Fa. Zimmer)
Vorteile der endoprothetischen Versorgung sind eine rasche Schmerzreduktion und ein
oft deutlicher Bewegungs- und Stabilitätsgewinn. Eine Belastung des Ellenbogengelenkes
empfiehlt sich dauerhaft lediglich zwischen 2–5 kg, sodass sich die Prothese nicht
für Patienten eignet, deren Lebensstil mit hohen Belastungen einhergeht (z. B. Beruf,
Sport). Auch bei guter Compliance bestehen oft Komplikationsraten bis über 30 % mit
entsprechend hohen Revisionsraten, sodass eine sorgfältige Patientenselektion und
eine entsprechende Patientenaufklärung erfolgen sollte[13]. Die besten Ergebnisse haben Patienten mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.
Im Gegensatz zu fortgeschrittenen Cubarthritiden entstehen isolierte Knorpelschädigungen
der radialen Säule des Ellenbogengelenkes meist durch Traumata. Bei schweren Knorpelschäden
mit ggf. instabilen Ellenbogen oder schlechten Erfolgsaussichten für osteosynthetische
Maßnahmen am Radiuskopf bietet die Radiuskopfprothese eine mögliche Therapieoption,
da diese die longitudinale Stabilität im Gelenk (im Gegensatz zur Radiuskopf-Resektion)
erhält. Bei jungen Patienten gilt es, die endoprothetische Versorgung möglichst hinaus
zu zögern, da auch bei der Radiuskopfprothese trotz Wiederherstellung der physiologischen
Kraftübertragungswege keine höheren Gewichtsbelastungen sinnvoll sind.
Ein zweizeitiges Vorgehen nach Radiuskopffraktur mit Implantation einer Radiuskopfprothese
nach z. B. frustraner Osteosynthese ist möglich [29].
Komplikationen nach Implantation einer Radiuskopfprothese sind Lockerungen, Luxationen,
periprothetische Frakturen. Zudem ist die korrekte OP-Durchführung essentiell – ein
sog. „overlengthening“ sollte vermieden werden, da es zu einer sekundären Schädigung
des Gelenkpartners (Capitulum humeri) durch Reibungskräfte kommen kann. Sollte bereits
die primäre Situation eine Knorpelschädigung im Bereich des Capitulum zeigen, besteht
die Indikation für einen radiocapitellaren Ersatz – hier existiert jedoch lediglich
ein System auf dem Markt, für das keine aussagekräftige Studien existieren.
Endoprothetik an der Hand
Die Hand ist Hauptmanifestationsort polyarthritischer rheumatischer Erkrankungen.
Eine endoprothetische Behandlung unterschiedlicher Gelenkregionen ist in diesem Patientengut
gut möglich – oft stellen andere Verfahren (wie die Arthrodese) aufgrund von Fehlstellungen
und Weichteilaffektionen eine geeignetere Alternative (oder eine Rückzugsmöglichkeit)
dar. Im Folgenden werden die Möglichkeiten einer endoprothetischen Versorgung an der
Hand erörtert.
Silikonplatzhalter
Goldstandard der endoprothetischen Versorgung von Fingergrund- und Fingermittelgelenken
ist die seit den 1960iger Jahren verwendete Silastic-Prothese nach Swanson ([Abb. 5]). Dieser dynamische Silikonplatzhalter wächst nicht ossär ein. Stattdessen erfolgt
die Stabilisierung des Gelenkes durch eine postoperative „encapsulation“: Es bildet
sich innerhalb von Wochen eine sog. Neo-Gelenkkapsel, die die Prothese in den Markhöhlen
der Phalangen fixiert und gleichzeitig deren Beweglichkeit einschränkt (vor Luxationen
schützt). In den ersten 4 Wochen postoperativ ist eine konsequente Beübung und Schienung
notwendig, um eine gute Stellung und eine mittel- bis langfristige Beweglichkeit von
bis zu 60° zu erreichen [14]. Der sog. „Piston“-Effekt – eine intramedulläre Gleitbewegung der Silastikprothese
– verhindert Belastungsspitzen im Knochen. Trotz gewisser Rezidivraten (Fehlstellungen)
und mäßigen objektiven funktionellen Ergebnissen ist die Patientenzufriedenheit nach
Implantation von Swanson-TEPs enorm hoch [15], Revisionen mit Implantataustausch sind erfahrungsgemäß bis zu 1–3 Mal bei Bedarf
möglich, anschließend kann immer noch eine Arthrodese -ggf. mit Spongiosaplastik-
ausgeführt werden.
Abb. 5 a Fehlstellungen an der Hand aufgrund fortgeschrittener Rheumatoider Arthritis b postoperatives Ergebnis nach Implantation von Swanson-TEPs Fingergrundgelenke D2–5,
Z. n. Arthrodese MCP-1 und radiolunärer Arthrodese
Oberflächenersatzimplantate
Bei degenerativen Veränderungen im Rahmen der Fingerpolyarthrose oder posttraumatisch
bei sonst regelrechten anatomischen Verhältnissen werden in Zukunft möglicherweise
Oberfächenersatzimplantate die Alternative zu Silikonplatzhaltern darstellen und könnten
diese langfristig ablösen. Dies müssen jedoch Langzeitstudien erst noch bestätigen.
Die neueste Generation dieser Prothesen ist seit 5–10 Jahren im Einsatz. Für die Verwendung
am Fingermittelgelenk zeigen Studien bisher im mittelfristigen Verlauf vielversprechende
Ergebnisse in Bezug auf die Revisionsraten und werden in einigen Kliniken bereits
regelmäßig verwendet [16].
Exkurs Daumensattelgelenk
Das Daumensattelgelenk ist nach den distalen Interphalangealgelenken das am zweithäufigsten
von Arthrose betroffene Gelenk an der Hand (im Rahmen der Fingerpolyarthrose). Gegenüber
der Trapeziumresektions-Suspensions-Arthroplastik zeigen einige Daumensattelgelenkendoprothesen
aufgrund der schnelleren Rehabilitation und der besseren Kraftentwicklung bei erhaltener
Daumenlänge einen kurzzeitigen Vorteil der Endoprothetik gegenüber der Trapeziumresektion.
Nach heutigem Kenntnisstand erscheint es jedoch zweifelhaft, ob Prothesen an diesem
Gelenk in der Lage sind, den Bedarf an Krafttransmission und Stabilität im zeitlichen
Verlauf zu gewährleisten. Die aktuelle Studienlage lässt eine Beurteilung nicht sicher
zu [17].
Handgelenkendoprothetik
Nach aktueller Studienlage bleibt die Handgelenkendoprothetik nur individuellen Fällen
– Patienten mit geringer Beanspruchung und hoher Compliance, möglichst an der nicht-dominanten
Hand – vorbehalten. Die Komplikationsrate ist relativ hoch und die Fallzahl in Studien
meist niedrig. Erstaunlicherweise ist, bei zuvor deutlich eingeschränkter Funktion,
die postoperative subjektive Zufriedenheit der Patienten hoch und Schmerzen werden
als deutlich gebessert angegeben. Hauptproblem nach Implantation einer Handgelenkendoprothese
ist die Prothesenlockerung, aufgrund der enormen Kraftübertragung im Handgelenk[18]. Die Arthrodese stellt eine sinnvolle Alternative mit niedrigerer Komplikationsrate
dar.
Endoprothetik des oberen Sprunggelenks
Die Arthrose im oberen Sprunggelenk tritt in der Regel posttraumatisch auf, eine weitere
Gruppe mit entsprechenden Zerstörungen ist die mit rheumatischen Erkrankungen. Besonders
bei RA-Patienten können Funktionsdefizite im Rahmen der Schwellung und Bewegungs-,
bzw. Belastungsschmerzen durch gleichzeitig betroffene Nachbargelenke oft kaum kompensiert
werden [19]. Als Therapie der fortgeschrittenen Gelenkdestruktion galt lange Zeit die Arthrodese
als Goldstandard. In vielen Studien wurden jedoch zahlreiche, im Verlauf auftretende,
Probleme aufgezeigt. Hier sind insbesondere eine lange Rekonvaleszenz und ein hohes
Pseudarthroserisiko von bis zu 35% zu nennen. Zudem besteht durch die erhöhte Belastung
von Nachbargelenken das Risiko der Transferarthrosen [20]. Eine therapeutische Alternative ist die endoprothetische Versorgung des tibio-talaren
Gelenks (OSG), sofern die Knochen-Weichteilverhältnisse, die Stabilität und akzeptable
Achsabweichungen eine solche rekonstruktive Versorgung zulassen. Patienten können
hierbei von einer schnelleren Mobilisation mit deutlich früherer Belastungsstabilität
profitieren [21]
[22].
Prothesen der neusten Generation
Die Ergebnisse der ersten Generation der OSG-Prothesen in den 1970er und -80er Jahren
waren eher frustrierend. Prothesenmodelle der aktuellen dritten Generation imitieren
durch ihren 3-komponentigen Aufbau mit einer tibialen Basisplatte, einer anatomisch
geformten Taluskappe und einem dazwischen gelagerten, frei beweglichen PE-Gleitkern
das mobile-bearing Prinzip der Knie-Endoprothetik ([Abb.6]). Sie erlauben damit physiologischere Bewegungen und den Erhalt eines physiologischen
Gangbildes. Beinverkürzungen und Transferarthrosen können im Rahmen der Prothesenversorgung
vermieden werden. Die verschiedenen Modelle unterscheiden sich im Wesentlichen durch
das spezifische Design der Verankerungsmechansmen, der Schnelligkeit bei dem operativen
Vorgehen und unterschiedlicher Taluskomponenten sowie dem Ausmaß des Oberflächenersatzes
mit teilweise zusätzlichem Ersatz der Malleolarfacetten.
Abb. 6 Sprunggelenkprothese (TypTaric®– Fa. Implantcast)
Indikation
Indikation für eine OSG-TEP sind zum einen die ausgeprägte Arthrose KL Stadium 4,
bzw. endgradige Destruktion des Sprunggelenks (LDE 4–5), mit der Voraussetzung einer
ausreichenden ligamentären Stabilität sowie ein geeignetes Knochenlager mit allenfalls
geringen nekrotischen Veränderungen, insbesondere im Talus. Eine sorgfältige klinische
Untersuchung in Kombination mit einer präoperativen MRT-Aufnahme sichert die optimale
Indikationsstellung. Neben individuellen Indikationskriterien (Alter, Bedarf, usw.)
sollte auch hier die Compliance des Patienten berücksichtigt werden, da diese für
den Erfolg der Operation und ein gutes Outcome wichtig sind [23].
Durch verbesserte Prothesendesigns und Einführung der Hydroxylapatit-Beschichtung
der dritten Prothesengeneration konnten die Standzeiten im Vergleich zu den Vorgängermodellen
verlängert und v. a. Sinterungsraten reduziert werden [24]. Optimierte Instrumente reduzieren heute die Knochenresektion bei den aktuellen
Modellen auf ein Minimum, was Revisionsoperationen, bzw. später etwaig nötige Prothesenwechsel
erleichtert. Somit kann die endoprothetische Versorgung am OSG auch für jüngere Patienten
eine Therapieoption als Alternative zur Arthrodese darstellen [25]. Dennoch bleiben die endoprothetische Versorgung am OSG und insbesondere Revisionseingriffe
anspruchsvoll und stellen hohe technische Anforderungen an den Operateur. Sie sollten
daher aus unserer Sicht in speziellen Zentren erfolgen. Mittelfristige Ergebnisse
werden in der Literatur unabhängig vom Prothesenmodell mit 78–94% im 5-Jahres follow-up
beziffert. Da allerdings viele Studien nur kleine Fallzahlen (< 50 Patienten) einschließen
und viele oft nur ein niedriges Evidenzlevel haben, sind zukünftig Langzeituntersuchungen
abzuwarten [26].
Endoprothetik am Fuß
Die häufigste Arthrose am Fuß betrifft das Großzehengrundgelenk meist älterer Menschen.
Der Hallux rigidus tritt bei etwa 2,5 % der über 50-Jährigen auf [27]. Der endoprothetische Ersatz als operative Therapieoption ist umstritten.
Die kleinen Gelenkflächen des MTP-I Gelenks sind großen Translationskräften und Scherkräften
ausgesetzt bei gleichzeitig relativ geringer Kompression. Prothesenlockerungen und
hohe Infektquoten sind potentielle Folgen und führen dazu, dass die meisten existierenden
Prothesen kaum noch verwendet werden. Es gibt viele verschiedene Modelle unterschiedlicher
Hersteller, die sich differenzieren in Anzahl der Komponenten, in Aufbau gekoppelt
und ungekoppelte, in Hemiprothese/Totalendoprothese sowie in den Gleitpaarungen. Im
Falle eines Misserfolgs sollte eine „second line of defense“ gewährleistet sein und
der Patient ist über die aktuelle Datenlage zu informieren.
Im Einzelfall nutzen wir den Silastik-Swanson-Spacer bei rheumatischen Destruktionen
ohne Fehlstellung (um zuletzt nicht alle Gelenke versteift zu haben) und bei Großzehengrundgelenkarthrosen
im hohen Alter ohne wahrscheinlichen Revisionsbedarf für den Erhalt des Gangbildes.
Eine Alternative zur Prothese stellt die Arthrodese dar [28].
-
Trotz werkstofflicher Fortschritte und neuen Erkenntnissen im Bereich biomechanischer
Besonderheiten stellt die Endoprothetik der kleinen Gelenke weiterhin eine große Herausforderung
bezüglich Standzeiten, Beweglichkeit und resultierender Patientenzufriedenheit dar.
-
Hohe Belastbarkeit innerhalb kleiner anatomischer Dimensionen stellen Entwickler und
Anwender neuer Implantate vor die Aufgabe der Weiterentwicklung.
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Die Endoprothetik des Schultergelenkes erzielt trotz deutlich niedrigerer Fallzahlen
ähnlich gute Ergebnisse, wie die endoprothetischen Spitzenreiter Hüftgelenk und Kniegelenk.
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Die Durchführung endoprothetischer Eingriffe an den kleinen Gelenken sollte möglichst
an entsprechenden spezialisierten Zentren erfolgen.
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Optimale Indikationskriterien und eine ausführliche Aufklärung des Patienten zur Steigerung
der Compliance und damit der Haltbarkeit sind zu empfehlen.
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Bei Erstimplantation v. a. von Implantaten deren Langzeitergebnisse im Einzelfall
nicht sicher beurteilt werden können, sollte die primäre OP-Technik so gewählt werden,
dass eine spätere Revision möglich bleibt (z. B. durch sparsame Knochenresektion usw.).
-
Um die Qualität der Endoprothetik der kleinen Gelenke zu verbessern, wäre die Entwicklung
eines europäischen anwenderfreundlichen Endoprothesenregisters wünschenswert, da aussagekräftige
Langzeitresultate vielfach notwendig sind. In Deutschland sind bereits einige Register
dazu von den jeweiligen Fachgesellschaften (unter dem Dach der DGOU) inauguriert.