Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2019; 13(04): 295-313
DOI: 10.1055/a-0892-1186
Unterer Gastrointestinaltrakt, Koloproktologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Anastomoseninsuffizienz am unteren Gastrointestinaltrakt

Martin Wolff
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Publication Date:
31 July 2019 (online)

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Die Anastomoseninsuffizienz ist die am meisten gefürchtete, potenziell lebensbedrohliche Komplikation nach kolorektalen Resektionen. Der normale stationäre Verlauf wird durch Revisionseingriffe, Intensivstationsaufenthalt mit verlängerter Rekonvaleszenz und ungewissem Ausgang erheblich verlängert und verunsichert Patient wie Angehörige. Der Artikel stellt die Risiken, Ursachen, Diagnostik, Vermeidungsstrategien und Therapie dar.

Kernaussagen
  • Eine Anastomoseninsuffizienz ist ein Defekt der Darmwand an der Anastomose (eingeschlossen Nähte und Klammernahtreihen von Reservoir-Bildungen), der zu einer Kommunikation zwischen intra- und extraluminalem Raum führt.

  • Die am meisten gefürchtete, potenziell lebensbedrohliche Komplikation nach kolorektalen Resektionen ist die Anastomoseninsuffizienz, sind doch rund 50% aller postoperativen Todesfälle nach kolorektalen Resektionen mit Anastomoseninsuffizienz assoziiert. Auch die längerfristige onkologische Prognose wird verschlechtert.

  • Die Kenntnis von Risikofaktoren ist bedeutsam, weil ein großer Teil davon vermeidbar oder zumindest optimierbar ist.

  • Anastomoseninsuffizienzen können auch bei optimaler standardisierter Technik und bei erfahrenen Operateuren auftreten.

  • Die Frage der intraperitonealen Drainage nach kolorektalen Resektionen muss individuell entschieden werden, wobei die Risiko-Nutzen-Relation eher für eine Drainage spricht. Bei Rektumresektionen sollten Drainagen ins kleine Becken gelegt werden.

  • Empfohlen werden folgende Maßnahmen:

    • die Vorbereitung mittels mechanischer Darmreinigung,

    • eine präoperative Antibiotikaprophylaxe,

    • Ausspülen des Rektums vor dem Durchtrennen oder Abstapeln zur Reduzierung von abgeschilferten Tumorzellen,

    • ggf. die Anlage eines protektiven Stomas.

  • Intraoperativ müssen die Dichtigkeit der Anastomose und die Darmperfusion überprüft werden.

  • Die Diagnose einer Anastomoseninsuffizienz ergibt sich zunächst als klinischer Verdacht und wird dann durch Bildgebung oder operative Revision bestätigt.

  • Die Therapie hängt wesentlich von der Lokalisation der Anastomoseninsuffizienz ab und kann konservativ, endoskopisch oder als Relaparotomie durchgeführt werden.

  • Folgen von Anastomoseninsuffizienz sind u. a. Revisionseingriffe, Intensivstationsaufenthalt mit verlängerter Rekonvaleszenz und ungewissem Ausgang, reduzierte Lebensqualität für den Patienten und schlechteres onkologisches Outcome.

  • Der Faktor Anastomoseninsuffizienz wird bei Zertifizierungen von Darmkrebszentren als wichtiger Qualitätsindikator erfasst und variiert erheblich zwischen den beteiligten Zentren.