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Chronische venöse Insuffizienz - Saphenareflux - Venenerhalt - CHIVA
Einleitung
Bis in die 80-er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es nur eine chirurgische Technik zur
Therapie von insuffizienten Stammvenen: das Stripping. Die strategische Überlegung
hinter dem Stripping ist, die erkrankten Venen zu entfernen. Dies Verfahren wurde
immer weiter verfeinert und durch das invaginierende Stripping und auch durch die
Einführung des stadiengerechten Ansatzes durchaus schonender [1]. Die Duplexsonographie als diagnostisches Medium
der Varikose änderte dann die Therapiemöglichkeiten der Taktik „Venenausschalten“,
weil es die intratherapeutische Kontrolle ermöglichte. Ohne Ultraschall wäre die
schallgesteuerte Sklerotherapie und die endoluminalen Wärmeverfahren nicht möglich
geworden, ebenso wenig wie die extraluminale Valvuloplastie.
Die Duplexsonographie änderte aber auch das Verständnis der Hämodynamik der Varikose,
ermöglichte Einblicke in Flussrichtung und die Analyse der Rezirkulationskreise, die
zwar theoretisch durch Trendelenburg und Hach erörtert worden waren aber niemals bis
ins Detail und an jedem Patienten individuell nachvollziehbar waren.
Diese Analyse ermöglichte es Dr. Claude Franceschi die Rezirkulationen entsprechend
des Ursprungs des Refluxes, seines Weges und seiner Drainage in so genannte Shunts
einzuteilen [2]. Seine Strategie war es dann, die
Rezirkulationen zu unterbrechen ohne die Venen zu entfernen – mit dem Ziel, die
Stammvenen funktionstüchtig zu erhalten und der Drainage des venösen Blutes aus der
Haut keine Abflusswege zu nehmen.
Seit 1988 hat sich der erste theoretische Ansatz durch Erkenntnisse aus der
praktischen Anwendung immer weiterentwickelt. Ursprünglich kamen nur chirurgische
Techniken zum Einsatz, im Lauf der Zeit wurden aber die anderen Techniken wie
Verödung und endoluminale Hitzeverfahren mit hinzugezogen, sofern sie die Stammvenen
nicht zerstörten [3].
In diesem Artikel sollen die Strategie und die möglichen chirurgischen Techniken zum
Umsetzen der Strategie erklärt werden.
Die Shunt Typen nach Franceschi
Die Shunt Typen nach Franceschi
Durch die Sonographie wurde es ersichtlich, dass die Stammvenen (V. saphena magna
und
parva) in einer Faszienloge verlaufen und sich dadurch von den anderen
oberflächlichen Beinvenen unterscheiden. Franceschi teilte die Beinvenen in Netze
ein – das tiefe Venennetz (N1), die Stammvenen als das so genannte interfasziale
Netz zwischen der Muskelfaszie und der Faszia saphena (N2) und die epifaszialen
Venen (N3) [2], [4]. Üblicherweise fließt das Blut bei der Drainage aus dem Bein von
oberflächlich nach tief, sprich, von einem hohen N (N3, oberflächliches Netz) zu
einem kleinen N (interfasziales Netz N2 oder tiefes Netz N1). Kehrt sich diese
Richtung um liegt ein Reflux vor.
Franceschi unterteilte die Shunts je nach den beteiligten Netzen und der Reihenfolge,
in der sie beteiligt sind, sprich nach Refluxquelle und Drainageweg. Als
Refluxquellen betrachtet er den Reflux N1 → N2 (Reflux aus der tiefen Beinvene in
die Stammvenen, s. [
Abb. 1
]) oder aus
anderen Quellen (Reflux aus einer Perforansvene in einen Seitenast (s. [
Abb. 2
]) und dann in die Stammvene (N1 → N3
→ N2) oder aus pelvinen Refluxquellen (zum Beispiel über Äste des Venensterns)
(s. [
Abb. 3
]). Als Drainageweg sah er
den Abfluss aus der Stammvene in die tiefe Beinvene über eine Perforansvene (N2 →
N1, s. [
Abb. 4a
]) oder den Abfluss des
Refluxes über einen Seitenast zur tiefen Beinvene (N2 → N3 → N1) (s. [
Abb. 4b
]). Um zwischen beiden Drainagewegen
zu unterscheiden, wurde von Cappelli und Franceschi der Reflux-Eliminations-Test
entwickelt (s. [
Abb. 4c
]) [5], [6].
Abb. 1 Refluxquellen aus dem tiefen Venensystem (N1) in die
Stammvenen, sei es über den sapheno-femoralen Übergang (a), über den
saphenopoplitealen Übergang (b), über eine Perforansvene in die
V. saphena magna (c) oder in die V. saphena parva (d).
Abb. 2 Refluxquellen aus dem Tiefen Venensystem in Seitenäste (N3)
über Perforansvenen, entweder isoliert, häufig zum Beispiel an der
Oberschenkelrückseite (a), oder über viele Perforansvenen an der Wade
(b). Dies erleben wir bei einem gesunden tiefen Venensystem nur
nach Traumata, wie z. B. Fußballspielen in der Jugend ohne Wadenschutz.
Abb. 3 Refluxquellen aus dem kleinen Becken bei inkompetentem pelvinen
Venennetz mit Refluxpunkten zum Bein wie der inguinale oder der perineale
Refluxpunkt (P). Sie füllen Seitenäste (N3), die im weiteren Verlauf auf die
Stammvenen stoßen können, entweder direkt in der Leiste über einen
Venensternast (a) oder weiter distal über einen meist unter der Haut
am Oberschenkel medial oder ventral sichtbaren Seitenast (b).
Abb. 4 a Drainageweg aus der Stammvene (N2) direkt über eine
Perforansvene zur tiefen Beinvene (N1). Meist ist es nur eine drainierende
Perforansvene (P, Doppeltpfeil), die das ganze Volumen der tiefen Beinvenen
zuführt, es können aber auch weitere gedehnt sein und als Re-Entry dienen
(P, einfacher Pfeil). Diese Situation entspricht dem Shunt Typ 1 mit Reflux
aus der tiefen Beinvene in die Stammvene und Drainage zurück in die tiefe
Beinvene. Es können auch nachgeschaltet refluxive Seitenäste vorliegen.
b Drainageweg aus der Stammvene über einen Seitenast. Auf der
Stammvene selbst finden wir keine gedehnte Perforansvene, die das
Refluxvolumen drainieren könnte. c Reflux Eliminationstest (RET) nach
Zamboni: oben Flusskurve in einer refluxiven Stammvene unter
Provokationsmanöver und ohne weiteren äußeren Einfluss (Zehen heben *, Zehen
wieder herab lassen **). Mitte: Digitale Kompression des Seitenastes ohne
die Stammvene dabei zu komprimieren. Schallkopf zwischen Leiste und
Seitenast. Auf der Stammvene liegt eine drainierende Perforansvene
(schwarzer Kreis mit roter Füllung #) vor. Die Flusskurve wird von der
Unterbrechung des Seitenastes nicht beeinflusst, die Drainage der Stammvene
geschieht unabhängig vom Seitenast – Shunt Typ 1. Unten: Unter digitaler
Kompression des Seitenastes stoppt der Reflux in der Stammvene, bis wir den
Seitenast wieder freigeben (***) – weil die Drainage des Refluxes aus der
Stammvene ohne diesen Seitenast nicht funktioniert – Shunt Typ 3.
Die häufigsten Shunts sind die, bei denen der Reflux von der tiefen Beinvene (N1)
direkt in die Stammvenen (N2) übertritt (N1 → N2), meist über den sapheno-femoralen
oder sapheno-poplitealen Übergang, seltener über Perforansvenen [5].
Beim Shunt Typ 1 drainiert das Blut dann auch direkt wieder aus der Stammvene direkt
zur tiefen Beinvene über eine Perforansvene (N2 → N1) (s. [
Abb. 4a
] und [
Abb. 4c
], sowie [
Abb.
5
] oben links). Beim Shunt Typ 3 liegt auch ein Reflux N1 → N2 vor,
jedoch ist finden wir keine drainierende Perforansvene auf der Stammvene. Der
Drainageweg benötigt einen Seitenast: N2 → N3 → N1 (s. [
Abb. 4b
] und [
Abb.
4c
], sowie [
Abb. 5
] oben
rechts).
Abb. 5 Selbe Strategie (Krossektomie und Seitenastunterbrechung) bei
unterschiedlicher präoperativer Hämodynamik: Shunt Typ 1 und 3. Daher wird
für den Shunt Typ 3 eine andere Therapiestrategie empfohlen.
Liegt ein Reflux aus einem Venensternast oder über eine Perforansvene und einen
Seitenast in die Stammvene vor, sprich, ist zwischen der Refluxquelle und der
Stammvene ein Seitenast geschaltet, sprechen wir von Shunt Typ 4 oder 5 – abhängig
vom Drainageweg: Läuft er direkt über eine Perforansvene auf der Stammvene zur
tiefen Vene (Typ 4, vgl. [
Abb. 3
]) oder
benötigt er einen drainieren den Seitenast (Typ 5, s. [
Abb. 7
])
Abb. 6 a Längsschnitt durch den medialen Oberschenkel mit Darstellung
einer refluxiven Perforansvene: Die PW Messung erfolgt in der Perforansvene,
der Fluss ist eindeutig auswärts gerichtet, von der tiefen Beinvene zur
Stammvene. b Querschnitt unterhalb des Knies an der Wadeninnenseite
mit Darstellung der Tibiakante am linken Bildrand. Rot angefärbt zeigt sich
ein Querschnitt durch die V. saphena magna, blau gefärbt die Perforansvene,
über die das Refluxvolumen zur tiefen Beinvene drainiert. c Selbe
Stelle im PW Modus. Messung in der Perforansvene, der Blutfluss ist
eindeutig drainierend, von oberflächlich nach tief. d Schräger
Anschnitt an der proximalen medialen Wade. Im Lumen der Perforansvene liegt
eine LASER Sonde (400 µm).
Abb. 7 a Situation nach der Unterbrechung der Krosse beim Shunt Typ 3
(vgl. [
Abb. 5
] oben rechts). Die
Stammvene wird ihr Kaliber reduzieren, aber sowohl die proximale Stammvene
wird den Seitenast retrograd füllen, als auch die distale Stammvene wird in
den Seitenast drainieren. Er wird zwar dünner, aber nicht kosmetisch
verschwinden. Klinisch bessert die alleinige Krossektomie in diesem Fall
schon die Situation des Patienten (vgl. Abb. b–e und f); b–e links
2 Bilder (b, c) vor und rechts 2 Bilder (d, e) 3 Monate nach
Krossektomie bei Shunt Typ 3 analog zu a. Weitestgehende Rückbildung
der Seitenastvarikose, der Patient wünschte keine weitere Therapie; f
so genannte „CHIVA 2“ Strategie mit Unterbrechung des Seitenastes an der
Stammvene ohne Behandlung der Krosse im ersten Schritt; g Flussumkehr
in der Stammvene nach 1 Jahr 42 %, nach 3 Jahren immer noch in 29 %
vorhanden; h Detailbild einer Seitenastunterbrechung an der
Stammvene: Die Unterbindung erfolgt ein Niveau – auch wenn das einen etwas
größeren Hautschnitt erfordert, um den Verlauf der V. saphena magna unter
der Faszia saphena sicher zu präparieren.
Behandlungsstrategie nach CHIVA
Behandlungsstrategie nach CHIVA
Bei CHIVA handelt es sich darum, den Rezirkulationskreislauf auszuschalten, ohne die
Stammvenen zu entfernen. Im Wesentlichen erreicht man dieses Ziel durch
Unterbrechung der Refluxquelle, bzw. des pathologischen Sprungs von einem kleinen
N
zu einem größeren N.
Behandlung der Krossen
Somit wäre bei einem refluxiven sapheno-femoralen Übergang die Krossenligatur der
therapeutische Schritt. Wie auch bei allen varizen-abladierenden Verfahren ist dies
die Region mit den meisten Rezidiven, daher wurden viele unterschiedliche Verfahren
und Techniken entwickelt, wie die isolierte Ligatur mit nicht resorbierbarem
Nahtmaterial, die Ligatur mit zusätzlicher Titanium-Clip-Anwendung, die klassische
Krossektomie ohne Stripping, der endoluminale thermische Verschluss von 7–10 cm im
Mündungsbereich [7], [8], [9], [10]. Im deutschen Raum kommt wegen der Möglichkeit der Kassenabrechnung
nach EBM (Einheitlicher Bemessungsmaßstab) nur die klassische Krossektomie an diesen
Punkten in Frage und alternativ der endoluminale Verschluss eines kurzen Segments
distal des Venensterns. Dies hat den für CHIVA sehr angenehmen Nebeneffekt im
Vergleich zur Krossektomie, dass es die Drainage der Venensternäste zur tiefen
Beinvene hin erlaubt. Liegen zusätzliche Seitenastrefluxe vor, können diese je nach
Situation gleichzeitig oder zeitversetzt direkt an ihrer Mündung in die Stammvenen
unterbrochen werden.
Allerdings ist dies nicht allein das Entscheidungskriterium. Die gleichzeitige
Krossektomie und Seitenastligatur ergibt beim Shunt Typ 1 sehr gute
Langzeitergebnisse [11], [12], [13], jedoch
nicht beim Shunt Typ 3, bei dem dann postoperativ oberflächliche Venenthrombosen,
Besenreiserentwicklung am Oberschenkel und eine nicht drainierte Situation
vorliegen, sodass wir dasselbe hämodynamische Ergebnis erreichen würden wie nach dem
Stripping (s. [
Abb. 5
]). Daher spielt die
Analyse des Reentry-Punktes eine wesentliche Rolle. Liegt eine drainierende
Perforansvene auf der Stammvene vor, wird die Krossektomie und Seitenastligatur zum
dauerhaften Erfolg führen. Liegt keine vor, sollte zunächst der Seitenast
unterbrochen werden, da die Krossektomie alleine zu persistierenden Seitenästen
führen wird. Alternativ kann die Krossektomie ausgeführt werden und nach
Kaliberreduktion die Seitenastligatur oder Verödung [14].
Behandlung insuffizienter Perforansvenen
Behandlung insuffizienter Perforansvenen
Zunächst muss definiert werden, dass Perforansvenen nur dann insuffizient im Sinne
einer Rezirkulation sind, wenn aus ihnen die Varize gefüllt wird. Dies können wir
im
Ultraschall durch Untersuchung der Perforansvene im PW Modus feststellen. In der
Diastole – das ist die Entspannungsphase nach dem Provokationsmanöver – muss der
Fluss in der Perforansvene auswärts gerichtet sein (s. [
Abb. 6a
]) [22]. Nur dann ist
sie refluxiv und „schuldig“ an der Rezirkulation [23]. Finden wir in einer gedehnten Perforansvene einen zur tiefen
Beinvene gerichteten Fluss vor, dient diese gedehnte Perforansvene der Drainage der
Rezirkulation und sollte nach CHIVA nicht berührt werden (s. [
Abb. 6b
] und [
Abb. 6c
]).
Liegt ein Reflux aus einer Perforansvene vor – sei es direkt in die Stammvene oder
in
einen Seitenast, wird die Unterbrechung der Perforansvene die Refluxquelle
verschließen. Diese Unterbrechung kann chirurgisch erfolgen, bei geradlinigem
Verlauf der Perforansvene mit Lasertechnik (s. [
Abb.
6d
]) [15] oder bei dünnen
Perforansvenen mit Schaumverödung [10], [14], [15].
Behandlung der Seitenäste
Behandlung der Seitenäste
Der Erhalt der Seitenäste ist nicht das Ziel von CHIVA. Daher wäre eine Exhairese
nicht im Widerspruch zum CHIVA Verfahren. Allerdings ist dies Trauma oft nicht
nötig, da die Seitenäste durch die Reduktion des Refluxes in der Stammvene oft
verschwinden. Beim Shunt Typ 1 ist die Therapiesituation optimal: Die Refluxquelle
der tiefen Beinvene in die Stammvene wird verschlossen (meist die Krosse) und man
kann alle refluxiven Seitenäste am Übergang zur Stammvene unterbrechen. Der
vorhandene Fluss in der Stammvene wird drainiert über die Re-entry Perforansvene,
die Seitenäste nicht mehr pathologisch gefüllt (s. [
Abb. 5
] links). Beim Shunt Typ 3 ist dies nicht die Lösung
(s. [
Abb. 5
] rechts). Wird hier die
Krosse und der Seitenast unterbrochen, wird die Stammvene dazwischen thrombosieren.
Daher gibt der Shunt Typ 3 mehr Probleme auf. Unterbricht man nur die Krosse und
belässt den Seitenast, wird die distale V. saphena magna den Seitenast füllen, der
sich zurückbilden, aber optisch nicht verschwinden wird (s. [
Abb. 7a
]–[
Abb. 7f
]). Man kann ihn dann meist später veröden, wenn dies
überhaupt noch gewünscht wird. Bei dünnem Kaliber der proximalen V. saphena magna
kann zunächst die Seitenastunterbrechung durchgeführt werden, in 42 % wird sich eine
Flussumkehr der Stammvene einstellen, die ein Jahr hält, in 29 % ist diese nach
3 Jahren noch vorhanden (s. [
Abb. 7f
])
[6]. Chirurgisch muss dabei sauber an der
Stammvene abgesetzt werden, sonst werden frühe Rezidive auftreten (s. [
Abb. 7g
]).
Die optimale Situation für die isolierte Seitenastligatur mit dem Ziel der
Flussumkehr in der Stammvene ist der so genannte Shunt Typ 5 – die terminale Klappe
ist suffizient und es liegt keine Perforansvene auf der Stammvene vor (s. [
Abb. 8a
]). Nach Unterbrechung des
Seitenastes „en niveau“ an der Stammvene wird eine dauerhaft stabile Flussumkehr in
97 % der Fälle auftreten (s. [
Abb.
8b
]).
Abb. 8 Shunt Typ 5 – Reflux aus dem kleinen Becken in die Stammvene
bei kompetenter terminaler Klappe (Stücker Typ 2). Drainage über einen
Seitenast (im RET kein Reflux, wenn ich den Seitenast unterbreche. a
präoperative Situation; b Situation nach der Seitenastligatur.
Rückbildung des Seitenastes. in 97 % nach 3 Jahren stabile Flussumkehr in
der V. saphena magna mit orthogradem Fluss. Der Reflux aus dem kleinen
Becken wird über die Mündung der V. saphena magna der tiefen Beinvene
zuführt.
Pelvine Refluxe
Inkontinente pelvine Netzwerke finden wir oft nach Schwangerschaft, nach Eingriffen
im kleinen Becken, oder auch bei einer Varikozele. Das pelvine Netzwerk wird von
Faszien umgeben – es gibt nur einzelne Verbindungen zum oberflächlichen Venensystem
der Beine. Eine über den Leistenkanal, eine weitere über perineale Venen, die an den
Labien oberflächlich werden und oft während der Schwangerschaften besonders stark
gedehnt sind. Delfrate und Franceschi haben besondere chirurgische Techniken
entwickelt um diese Punkte minimalinvasiv auf Faszienniveau chirurgisch zu
unterbrechen [16].
Ergebnisse
Immer wieder wird CHIVA nachgesagt, es gäbe keine Ergebnisse, keine Langzeitstudien.
Drei randomisierte Studien CHIVA vs. Stripping sind von einem Cochrane Review
erfasst, sie haben eine Nachbeobachtungszeit von 5–10 Jahren. Dies attestiert CHIVA
ein gleichwertiges Erstergebnis bei weniger Nebenwirkungen. Die Rezidivrate ist
eindeutig geringer im CHIVA Ast [11], [12], [17], [18].
Außerdem gibt es Studien zu einzelnen Situationen wie „CHIVA 2“ (sprich die
Seitenastunterbrechung) [6] oder zur
Kaliberreduktion der Stammvene und auch der tiefen Beinvene, sowie Verbesserung der
messbaren Parameter, wie Photoplethysmographie [8],
[13], [19].
Einen aktuellen Überblick über die Literatur gibt das Kapitel CHIVA: Results from
Literature [20].
Zusammenfassung
CHIVA ist eine chirurgische Strategie zum Erhalt der Stammvene als Drainageweg. Für
die häufigsten Situationen der Phlebologie – nämlich dem Reflux aus der tiefen
Beinvene über die terminale und präterminale Klappe (Stücker 3) mit Drainage über
eine Perforansvene (Shunt Typ 1, circa 35 % der Patienten mit OP Indikation) gibt
es
eine gute, über die Zeit stabile Lösung mit Krossektomie und Seitenastunterbrechung.
Für den Shunt Typ 5 (Reflux aus dem kleinen Becken mit kompetenter terminaler
Klappe) – den es immerhin in circa 20 % gibt [21] –
kann eine komplette Flussumkehr in der Stammvene erwirkt werden, wenn nur der
Seitenast unterbrochen wird. Das revolutioniert auch die Idee, dass refluxive
Stammvenen für immer „kaputt“ sind und daher nicht erhaltenswert, wie oft von vielen
Kollegen behauptet wird.
Die alleinige Krossektomie, auch der endoluminale Verschluss von 7–10 cm der
proximalen Vene in einzelnen Situationen kann die Klinik deutlich verbessern – das
ermöglicht die Behandlung von Patienten mit Komorbiditäten oder unter
Voll-Antikoagulation mit dem Ergebnis einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik
mit minimalen Nebenwirkungen (s. [
Abb.
9
]).
Abb. 9 Links: Abbildung vor der endoluminalen Therapie der
Stammveneninsuffizienz der V. saphena magna – die Braunüle ist bereits
angelegt. Klinisch liegt ein C4 mit Verfärbungen am Knöchel vor, sowie
Schmerzen und Schweregefühl trotz konsequenter Kompression. Rechts:
Kontrolluntersuchung nach 3 Monaten. Persistenz von vielen Besenreisern,
aber deutlicher Rückgang der Verfärbungen.
Die neuen chirurgischen Techniken haben das Verfahren noch schonender gemacht. Viele
Kollegen schrecken vor dem Erlernen der Shunt Typen zurück. Die Einteilung ist
eigentlich einfach – es werden 2 mögliche Refluxquellen und 2 mögliche Drainagewege
zu 4 Shunt Typen kombiniert – und daraufhin Spielregeln für die Therapie
aufgestellt. Es wäre wünschenswert, wenn zugunsten einer optimalen Versorgung aller
Patienten auch CHIVA bei immer mehr Ärzten in das Therapiespektrum aufgenommen
würde.
Alle Zeichnungen mit freundlicher Genehmigung des Arrien Verlages aus [5].