Nervenheilkunde 2019; 38(07): 466-469
DOI: 10.1055/a-0876-9848
Schwerpunkt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ist Burnout eine Folge des Arbeitslebens?

Burnout - a consequence of modern work environment?
Florian Seemüller
1   kbo-Lech-Mangfall-Klinik, Garmisch-Partenkirchen
3   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Christine Allwang
2   Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
,
Anna Beraldi
1   kbo-Lech-Mangfall-Klinik, Garmisch-Partenkirchen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. Juli 2019 (online)

ZUSAMMENFASSUNG

In Literatur und Laienpresse kursieren Hunderte Definitionen zu Burnout. Obwohl sich die DGPPN bereits 2012 klar positioniert hat und eine enge Definition veröffentlicht hat, wird der Begriff teilweise immer noch inflationär gebraucht. Dabei gab es bereits mit dem Begriff der Neurasthenie vor über 100 Jahren den Versuch, arbeitsbezogene psychische Störungen nosologisch einzuordnen. Aktuell besteht in Deutschland weitgehender Konsens Burnout als Risikostadium zur Entwicklung einer seelischen Erkrankung aufzufassen. Ätiologisch ist vor dem Hintergrund eines biopsychosozialen multifaktoriellen Modells anzunehmen, dass eine mit dem Alter physiologisch abnehmende Belastbarkeit bei gleichbleibender oder teilweise sogar steigender seelischer Arbeitsbelastung über die Lebensspanne ein wesentlicher Faktor ist. Auf Symptomebene kommt es nach ausreichender Erholung und/oder Arbeitsabstinenz in der Regel relativ rasch zu einer deutlichen Besserung und teilweise sogar vollständigen Genesung. Um diesen Zustand zu erhalten und das Risiko einer nachfolgenden Erkrankung wie z. B. einer Depression oder einer Suchterkrankung zu reduzieren ist eine Modifikation der äußeren Bedingungen (z. B. Stärkung von Ressourcen, Reduktion der Arbeitslast) unumgänglich. Erfahrungsgemäß lässt sich dies nur über eine Änderung innerer aufrechterhaltender Faktoren wie individueller Stressverstärker oder fester Glaubengrundsätze erreichen. Einige zum Teil auch wissenschaftlich gut evaluierte Präventionsprogramme sind hierfür verfügbar.

ABSTRACT

An early approach about a 100 years ago in defining a stress related mental exhaustion syndrome was the concept of neurasthenia. To date there are numerous definitions and descriptions of the „Burnout Syndrome“. In 2012 the DGPPN has published a position paper defining burnout syndrome as risk state for the development of a severe mental or somatic illness. Against the background of a multifactorial biopsychosocial model of burnout the physiological age-dependent decreasing mental resilience in combination with a continuing high or even increasing workload may be a key aetiopathological factor. Symptoms usually alleviate quickly under work abstinence. However, in order to reach sustained mental health status a change of work conditions is often necessary. Experience shows that this can only be reached through change of individual internal factors such as personal stress intensifiers. On the other hand, the importance of satisfying working conditions for our mental health should not be underestimated.