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DOI: 10.1055/a-0828-1203
Lungenfunktionsmessung in der Neonatologie
Subject Editor: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Kai Martin Förster, München.
- Einleitung
- Entwicklungsbedingte Aspekte
- Die oberen Atemwege
- Einfluss der Vigilanz
- Testdauer und Priorisierung der Testverfahren
- Ausrüstungsanforderungen
- Leckage und Totraum
- Auswahl des Testverfahrens
- Allgemeine Messbedingungen
- Ruheatemanalyse
- Atemmechanik
- Bodyplethysmografie
- Auswaschverfahren
- Zusammenfassung
- Literatur
In diesem Artikel werden die Grundlagen der Säuglings-Lungenfunktionsmessung, Aspekte der Atemphysiologie beim Neonaten sowie deren Einfluss auf die Interpretation der Messergebnisse besprochen.
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Schlüsselwörter
Fluss-Volumen-Kurve - Hering-Breuer-Reflex - Compliance - Resistance - Funktionelle ResidualkapazitätAbkürzungen
Einleitung
Als Folge einer Frühgeburtlichkeit spielt die Entwicklung einer chronischen Lungenerkrankung, d. h. der Bronchopulmonalen Dysplasie (BPD), eine zunehmend große Rolle, vor allem, da immer unreifere Frühgeborene überleben. Um objektive Parameter für die Einschätzung der Schwere einer BPD zu bestimmen, stellt die Lungenfunktionsmessung zum Zeitpunkt des errechneten Geburtstermins einen wichtigen Baustein der Diagnostik dar [1] [2].
Die Charakteristika der Atemwegsanatomie und -physiologie beim Säugling haben Einfluss auf die Messmodalität der Lungenfunktion, bestimmen deren Ablauf und wirken sich schließlich auch auf die Interpretation der erhobenen Parameter in dieser speziellen Patientengruppe aus. Weitere Besonderheiten, im Gegensatz zu älteren Kindern, sind der durch eine optionale Sedierung eventuell herabgesetzte Vigilanzzustand während der Messung sowie die Notwendigkeit der Miniaturisierung der Messapparatur. Darüber hinaus sind Neonaten bevorzugte Nasenatmer und können außerdem nicht dazu aufgefordert werden, spezielle Atemmanöver durchzuführen.
Deshalb werden in dieser Altersgruppe verschiedene Verfahren angewendet, die keine Mitarbeit des Patienten erfordern und deren Kombination erst eine Beurteilung der Funktion des Organs Lunge in seiner Komplexität ermöglicht:
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Analyse der Ruheatmung:
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In- und Exspirationszeit,
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Tidalvolumen,
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Flowmessungen,
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Bestimmung atemmechanischer Parameter mittels Okklusionstechniken:
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Compliance,
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Resistance,
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Zeitkonstante,
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Bestimmung von FRC durch Bodyplethysmografie,
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Bestimmung von Atemwegswiderständen durch Bodyplethysmografie
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Anwendung von sogenannten Kompressionstechniken:
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RTC,
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raised-Volume RTC,
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FRC-Messung mit Gasverdünnungstechniken.
Trotz der weiten Anwendung von Lungenfunktionstestungen mit wissenschaftlichen Fragestellungen im Neugeborenenalter – in unserer Abteilung erhalten ehemalige sehr kleine Frühgeborene im Rahmen der AIRR-Studie (Attention to Infants at Respiratory Risks) nahe dem errechneten Entbindungstermin sowie Kinder mit pulmonalen Fehlbildungen eine Lungenfunktionsmessung – werden diese Verfahren wegen ihrer begrenzten klinischen Relevanz und individuellen prognostischen Wertigkeit bisher kaum in der täglichen Routine eingesetzt.
Referenzwerte für Parameter der Lungenfunktion können vor allem aufgrund des rasanten Körperwachstums und durch die sich auch postnatal noch in ihrer Entwicklung befindliche Lunge nur schwer erstellt werden. Eine Standardisierung der unterschiedlichen Methoden wird durch den Einsatz verschiedener Lungenfunktionsmessgeräte erschwert. Richtlinien für die unterschiedlichen Messmodalitäten wurden von der European Respiratory Society (ERS) und der American Thoracic Society (ATS) publiziert [3] [4].
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Entwicklungsbedingte Aspekte
Insbesondere entwicklungsbedingte Veränderungen der Atemphysiologie wirken sich beim Säugling auf die Durchführung und Bewertung der Lungenfunktionsmessung aus. Dabei reagieren Dehnungsrezeptoren in den Atemwegen und in der Lunge beim Säugling während des Atemzyklus sehr empfindlich auf Druckschwankungen. So wirkt z. B. während des 1. Lebensjahres der vagal vermittelte Hering-Breuer-Reflex (HBR) bei der Inspiration einer Überdehnung der Lunge entgegen. Hinsichtlich der Lungenfunktionstestung ermöglicht er die passive Messung der mechanischen Eigenschaften der Lunge während der Ruheatmung (s. unten). Auch die Exspiration wird über Dehnungsrezeptoren sensitiv beeinflusst. Sie tragen unter anderem dazu bei, dass unter Ruheatmung am Ende der Exspiration ein stabiles endexspiratorisches Residualvolumen aufrechterhalten wird.
Die noch sehr elastische und weiche Thoraxwand bei Säuglingen trägt im Rahmen der Ausatmung dazu bei, dass die Lunge die Tendenz hat zu kollabieren, woraus vor allem im 1. Lebensjahr eine bedeutsame Instabilität in Bezug auf die funktionelle Residualkapazität (FRC) sowie die Gefahr des Verschlusses der kleinen Atemwege bei der Ruheatmung durch den geringen transpulmonalen Druck zum Ende der Exspiration hin resultieren. Diesem Zustand wird teilweise durch die dynamische Erhöhung des endexspiratorischen Volumenlevels bei der Ruheatmung durch eine verlangsamte Ausatmung bzw. durch die Tendenz des Säuglings entgegengewirkt, den nächsten Atemzug zu beginnen, bevor das elastische Volumengleichgewicht zwischen In- und Exspiration während des Atemzyklus erreicht ist. Diese Fähigkeit zur dynamischen Erhöhung des Lungenvolumens bewirkt, dass die Lunge, z. B. im Rahmen einer verlängerten Exspiration, nicht kollabiert.
Während die Fähigkeit, das Atemruhevolumen derartig zu modulieren, für den Säugling vorteilhaft ist, kann es Lungenfunktionsmessungen und deren Interpretation erschweren. So mindert die damit verbundene Variabilität des endexspiratorischen Volumenlevels die Aussagekraft einer Messung und deren Interpretation. Dies gilt vor allem für volumenabhängige Parameter, wie z.B. bei der forcierten Exspiration.
Apnoeepisoden stellen darüber hinaus sowohl eine Gefahr für einen instabilen Volumenstatus der Ruhevolumina zum Ende der Exspiration hin dar, und sie beeinträchtigen ebenfalls die Interpretation einer Messung. Junge Säuglinge „seufzen“ deshalb regelmäßig, um eine stabile FRC zu gewährleisten. Im Rahmen der Interpretation einer Lungenfunktionsmessung fällt dieser Mechanismus wiederum immer dann auf, wenn die Inspiration plötzlich deutlich länger ausfällt als bei der normalen Ruheatmung. Als weiteres Beispiel für einen Fallstrick bei der Analyse können „Seufzer“ bei den Gasverdünnungsmethoden auch die Atemgasverteilung beeinflussen und so die Ergebnisse verfälschen.
Schließlich haben entwicklungsbedingte Veränderungen der Atemfrequenz und der Mechanik ebenfalls signifikante Auswirkungen auf die Interpretation von longitudinalen Parametern.
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Die oberen Atemwege
Säuglinge sind bevorzugte Nasenatmer, wobei der Atemwegswiderstand in diesem Bereich etwa 50 % des Gesamtatemwegswiderstandes ausmacht. Gerade Infekte haben hier einen bedeutenden Einfluss auf die Lungenfunktionsmessung, und es ist ratsam, nach einem solchen mindestens 2 Wochen bis zur nächsten Lungenfunktionstestung zu warten [5]. Da die Nase darüber hinaus auch als effizienter Filter fungiert, erreichen aerosolisierte Substanzen, als Therapie oder zur Provokation verwendet, bei einem Infekt den Zielort in der Lungenperipherie vergleichsweise weniger gut als bei einem vornehmlich durch den Mund atmenden Erwachsenen.
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Einfluss der Vigilanz
So ist beispielsweise ein stabiles endexspiratorisches Volumenlevel für reproduzierbare Messungen der FRC und der Atemmechanik essenziell. Dies kann am besten erreicht werden, wenn sich das Kind in einer Tiefschlafphase befindet. In den REM-Schlafphasen dagegen wird das Atemmuster unregelmäßig und beeinflusst so die Messung negativ.
Die Dauer der ruhigen Schlafphasen ist umgekehrt proportional zum postmenstruellen Alter und kann nach eigener Erfahrung insbesondere bei Frühgeborenen unter 10 Minuten betragen. Dies stellt bei der Messung der Lungenfunktion von sehr jungen oder unreifen Säuglingen eine Herausforderung dar.
Unserer Erfahrung nach können Messungen unter Ruheatmung im Spontanschlaf nach Fütterung bis zu einem Alter von ca. 44 Wochen (postmenstruelles Alter) erfolgreich durchgeführt werden. Sobald aber bei der Untersuchung der Lungenmechanik ein, wenn auch sehr kurzer, Verschluss der Atemwege durch einen Shutter (Ventilmechanismus) induziert wird, ist häufig eine Sedierung notwendig. Dies gilt insbesondere für eine Bodyplethysmografie zur FRC-Bestimmung sowie für forcierte Atemmanöver.
Mit Ausnahme eines kleinen Anteils von „Hochrisikokindern“, z. B. mit bekannter oder vermuteter Obstruktion der oberen Atemwege, hat sich Chloralhydrat (30–40 mg/kgKG nach unserem Standard) zur Schlafinduktion als sehr sicher erwiesen [6]. Die Verabreichung erfolgt am besten über eine Magensonde oder rektal, da Chloralhydrat bitter schmeckt. Der Beginn des Schlafes und seine Dauer sind interindividuell sehr unterschiedlich, sodass zur Untersuchung selten mehr Zeit als 45 Minuten bleiben. Eine Monitorüberwachung des Kindes ist während dieser Zeit unerlässlich.
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Testdauer und Priorisierung der Testverfahren
Für die Lungenfunktionsmessung eines Säuglings muss eine Gesamtdauer von 3–4 Stunden veranschlagt werden. Dazu gehören
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ein ausführliches Aufklärungsgespräch mit den Eltern,
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das Einholen der Untersuchungseinwilligung sowie
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die eigentliche Vorbereitung des Säuglings inklusive der Schlafinduktion.
Wiederholungsmessungen sind wichtig für eine longitudinale Beurteilung bzw. das Monitoring eines Kindes. Die lange Untersuchungsdauer ebenso wie die Sedierungsnotwendigkeit können allerdings dazu beitragen, dass die elterliche Bereitschaft dafür nicht erneut vorhanden ist.
Angesichts einer begrenzten Schlafdauer – selbst unter Sedierung – muss eine Priorisierung der Testverfahren erfolgen (s. u.). Bestimmte Tests, wie z. B. die plethysmografische Bestimmung von Lungenvolumina, sollten vor forcierten Atemmanövern durchgeführt werden.
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Ausrüstungsanforderungen
Die Lungenfunktionsmessplätze für Säuglinge sollten die von der ERS/ATS Task Force empfohlenen Anforderungen erfüllen [3] [4] [7] [8]. Angesichts des Zeitaufwandes für diese Untersuchungen und der Unmöglichkeit einer Wiederholung der Messungen bei einem Geräteausfall sollte besondere Aufmerksamkeit auf die sorgfältige Kalibrierung, die regelmäßige Wartung des Gerätes sowie eine ausreichende Ersatzteilversorgung gelegt werden.
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Leckage und Totraum
Für die Lungenfunktionsmessung beim spontanatmenden Säugling ist im Allgemeinen eine transparente und weiche oronasale Maske erforderlich. Diese vergrößert aber den Totraum, was zu einer Erhöhung des Tidalvolumens (VT) und einer möglichen Erhöhung des endexspiratorischen Volumenlevels der Lunge führt. Luftaustritt um die Gesichtsmaske herum ist zusätzlich eine häufige Fehlerquelle, kann aber schwer zu identifizieren sein und führt dazu, dass eine Messung nicht verwendet werden kann. Hinweise für ein Leck sind niedrige Tidalvolumina, die Drift des Volumensignals unter Ruheatemanalyse oder das Nicht-Zurückkehren eines stabilen endexspiratorischen Volumenstatus zum Ausgangsvolumen nach einem kurzen Atemwegsverschluss.
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Auswahl des Testverfahrens
In der Regel ist es besser, zunächst eine qualitativ hochwertige, leckagefreie Messung der Ruheatmung und der passiven Lungenmechanik durchzuführen, bevor man zu komplexeren Bewertungen wie der plethysmografischen Bestimmung der FRC oder von forcierten Exspirationsmanövern übergeht. Die Reihenfolge der Tests sollte durch die Untersuchungsindikation aufgrund der zugrundeliegenden Pathophysiologie bestimmt werden. Tests mit forcierten Exspirationsmanövern sollten idealerweise nach denen der passiven Mechanik oder der Ruheatmung durchgeführt werden, da die Anwendung einer thorakoabdominalen Druckerhöhung wie bei der rapid Thoracic Compression (RTC) die Atemmechanik und die FRC beeinträchtigen kann.
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Allgemeine Messbedingungen
Die Kinder werden im Spontanschlaf in Rückenlage untersucht, meistens ist aber eine milde Sedierung, z. B. mit Chloralhydrat, erforderlich. Dabei erfordert es Erfahrung, bei der Sedierung eine ausreichende Schlaftiefe zu erreichen, die es ermöglicht, dass der Säugling die Atemmaske toleriert, die luftdicht aufgesetzt werden muss. Andererseits dürfen durch die Medikation aber das Atemmuster und die -tiefe nicht derart beeinflusst werden, dass dies Auswirkungen auf die Messung hat.
Laut unserer DZL (Deutsches Zentrum für Lungenforschung)-internen SOP Neo_Lung Function Testing muss der Säugling während der Messung mittels eines Herz-Atem-Monitors überwacht werden, und es ist eine Notfallausrüstung vorzuhalten.
Tipp
Weiche Physiotherapieknetmasse, an den Rand der Atemmaske aufgebracht, kann eine Abdichtung zwischen Gesicht und Maske erleichtern und den Totraum minimieren. Alternativ dazu kann auch eine luftgefüllte, gepolsterte Maske verwendet werden.
Die Maske liegt über Mund und Nase des Kindes, und über einen Pneumotachografen werden kontinuierlich der Atemgasfluss und damit die Atemfrequenz und das Tidalvolumen gemessen ([Abb. 1]).


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Ruheatemanalyse
Die exakte Untersuchung der Ruheatmung mittels Fluss-Volumen-Kurven bildet die fundamentale Grundlage der Säuglingslungenfunktion.
Obwohl die Ruheatemanalyse oberflächlich betrachtet eine der einfachsten Untersuchungen zu sein scheint, sind die Messungen und deren Interpretation in der Tat sehr komplex. Durch die Messung des Atemgasflusses mit dem Pneumotachografen (PNT) oder einem Ultraschallsensor können die Volumina als Zeitintegrale berechnet werden. Dadurch lassen sich das Tidalvolumen, die Atemfrequenz sowie die In- und die Exspirationszeit bestimmen (s. [Abb. 2]).


Aufgrund der ausgeprägten Variabilität der Fluss-Volumen-Kurven, insbesondere im frühen Kindesalter, sollte die Interpretation nur zusammen mit der Klinik und optional weiteren Lungenfunktionstests erfolgen.
Versuche, die beschriebenen Muster ([Abb. 3]) zu evaluieren, haben unter anderem zur Beschreibung des Parameters tPTEF:tE , dem Verhältnis der Zeit bis zum Erreichen des Spitzenflusses in der Exspiration zur gesamten Exspirationszeit geführt. Dieser Index kann im Rahmen einer Atemwegsobstruktion verringert sein und hat sich in epidemiologischen Studien als wertvoller Parameter für eine frühe Determinante der Lungen- bzw. Atemwegsfunktion erwiesen [9].
Fluss-Volumen-Kurven
Fluss-Volumen-Kurven ([Abb. 3]) können bei der Ruheatemanalyse wichtige Informationen über die Lokalisation einer Obstruktion innerhalb der Atemwege liefern:
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Die Verengung der peripheren Atemwege erzeugt im Allgemeinen ein konkaves Muster des exspiratorischen Teils der Fluss-Volumen-Kurve, der Spitzenflow tritt dabei früh in der Exspiration auf ([Abb. 3, B]).
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Intrathorakale Obstruktion ([Abb. 3, C]).
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Eine Abflachung des Inspirationsteils deutet auf eine extrathorakale Atemwegsobstruktion hin ([Abb. 3, D]).
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„Steife“ Lunge mit einer niedrigen Compliance ([Abb. 3, E]).
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Exspiratorisches Stöhnen zur Verlängerung der Zeitkonstante (z. B. bei niedriger FRC) ([Abb. 3, F]).


tPTEF:tE vermittelt jedoch, wie die meisten Ruheatemparameter, vor allem gemischte Informationen über das Zusammenspiel zwischen zentraler Atemkontrolle und Atemwegsmechanik, was eine zurückhaltende Interpretation erfordert. So konnte er nicht zwischen Säuglingen mit Mukoviszidose oder solchen, die sich von einer BPD erholen, diskriminieren [10].
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Atemmechanik
Während der Neonatal- und Säuglingszeit sind die meisten Atemwegserkrankungen durch eine Atemwegsobstruktion gekennzeichnet. Eine Verringerung des Atemwegskalibers kann verschiedene Ursachen haben: Sekretobstruktion, Entzündungen, eine Verdickung der Atemwegswand, ein erhöhter Tonus glatter Muskelzellen innerhalb der Bronchien, eine verminderte Lungen- oder Brustwandelastizität oder eine Störung der alveolären Struktur. Insbesondere forcierte Exspirationsmanöver können die beschriebenen Veränderungen mit einem erhöhten Widerstand oder reduzierten Atemgasflüssen und -volumina demaskieren.
Die Messung der Atemmechanik kann Informationen über die Compliance der Lungen und/oder der Brustwand sowie über die Resistance der Atemwege und damit über den Durchmesser bzw. eine Obstruktion der Atemwege geben. Diese beiden Parameter bestimmen die zu leistende Atemarbeit, die erforderlich ist, um die Lunge zu belüften.
Dabei wird die Compliance (Crs) als die Änderung von Volumeneinheit (∆V) pro Änderung der Druckeinheit (∆p) berechnet:
Crs = ∆V/∆p
und gibt die „Steifheit“ der Lunge wieder.
Die Resistance (R), d. h. der Atemwegswiderstand, wird als Quotient aus der Druckänderung (∆p) und dem daraus resultierenden Atemgasfluss (∆V') berechnet:
R = ∆p/∆V'
Für die Beurteilung der Atemmechanik müssen deswegen Änderungen von Druck und Atemgasfluss aufgezeichnet werden, wobei man das Volumen durch Integration des Flusses (V = Fluss × Zeit) erhält. Während der Atemgasfluss und das Volumen in der Regel mit einem Strömungssensor, dem PNT, oder einem Ultraschallsensor an der Atemwegsöffnung gemessen werden, können Änderungen des Druckes auf verschiedene Weise abgeleitet werden.
Bei der Okklusionstechnik wird die Summe der Druckänderungen über der Brustwand, der Lunge und den Atemwegen gemessen, sodass der Widerstand und die Compliance des gesamten Atemapparates erfasst werden können.
Soll dagegen beispielsweise der Widerstand der Atemwege isoliert betrachtet werden, ist eine Messung der Druckänderungen zwischen den Alveolen und der Atemwegsöffnung mittels Plethysmografie erforderlich (s. u.).
Da die Compliance der Lunge mit zunehmendem Wachstum zunimmt (die Thoraxcompliance nimmt jedoch ab), während der Atemwegswiderstand abnimmt, müssen die Ergebnisse einer lungenmechanischen Messung an die Lungengröße angepasst werden, indem sie als spezifische Compliance (sC = C/FRC) oder spezifische Resistance (sR = R × FRC) auf die jeweilige FRC normiert werden.
Messungen der passiven Atemmechanik (Compliance, Widerstand und Zeitkonstante, τrs) sind möglich, wenn ein Zustand der Relaxation in den Atemwegen herbeigeführt werden kann. Bei Neugeborenen und Säuglingen unterliegt die Resistance des gesamten respiratorischen Systems (Rrs) im Rahmen von Atemwegserkrankungen signifikanten Schwankungen.
Das Hauptaugenmerk von Messungen der Lungenmechanik liegt deshalb auf der Beurteilung der Compliance.
Die Okklusionstechnik zur Messung der passiven Atemmechanik basiert auf der Fähigkeit, während der Ruheatmung den Hering-Breuer-Reflex durch einen kurzen endinspiratorischen Atemwegsverschluss mittels eines Ventilmechanismus (sog. Shutter) auszulösen. Die Aktivierung von vagal vermittelten pulmonalen Stretch-Rezeptoren durch einen Atemwegsverschluss oberhalb des Niveaus der funktionellen Residualkapazität führt zu einer Hemmung der weiteren Inspiration und einer Relaxierung der Atemmuskulatur.
Sofern keine Atemmuskelaktivität vorhanden ist und nach dem Atemwegsverschluss eine ausreichende Zeit für einen Druckausgleich über die Atemwege sowie die Möglichkeit zur passiven Ausatmung nach der Wiedereröffnung gewährleistet ist, repräsentiert der an der Atemwegsöffnung gemessene Druck am Ende der Okklusion den Alveolardruck. Ein stabiles und ausreichend langes Druckplateau (s. [Abb. 4]) stellt gleichzeitig ein Qualitätskriterium für die Messung dar, da es die Dichtigkeit der Atemmaske und damit des Systems sowie die Relaxierung der Atemmuskulatur anzeigt.
Durch die Zuordnung dieses Druckes zu dem anschließend exhalierten Volumen bzw. zu dem nach dem Lösen des Verschlusses auftretenden Atemgasstrom können Compliance und Resistance des respiratorischen Systems bestimmt werden.
Single-Breath oder Single-Occlusion Technique (SOT)
Beurteilung der passiven Atemmechanik durch die Single-Breath-Okklusionstechnik
Durch die Single-Breath-Okklusionstechnik kann mittels endinspiratorischem Atemwegsverschluss und Auslösung des Hering-Breuer-Reflexes die passive Atemmechanik beurteilt werden: Das Gasvolumen in der Lunge oberhalb des passiv bestimmten Volumenniveaus nach Exspiration unter Ruheatmung wird berechnet, indem der lineare Teil der absteigenden Fluss-Volumen-Kurve auf den Nullstrom bzw. bis zur passiven FRC extrapoliert wird. Zum Zeitpunkt ohne Atemgasstrom (d. h. bei Atemwegsverschluss) und bei vollständiger Entspannung der Atemmuskulatur, wie sie durch das Erreichen eines Druckplateaus angezeigt wird, können der Druckausgleich und der elastische Rückstoßdruck der Atemwege an der Atemwegsöffnung gemessen werden. Die Compliance des respiratorischen Systems kann dann als ΔV/ΔP berechnet werden. Der Quotient von ΔP mit ΔF ergibt die Resistance ([Abb. 4]).


Bei der Single-Breath- oder Single-Occlusion Technique (SOT) können die Resistance, die Compliance und die passive Zeitkonstante der Atemwege (τrs) aus einem einmaligen endinspiratorischen Atemwegsverschluss berechnet werden. Die Zeitkonstante τrs (= Volumen/Fluss) kann aus der Fluss-Volumen-Beziehung während einer passiven Ausatmung abgeleitet werden. Dabei werden auch die Parameter abgeleitet, die für die Compliance und Resistancebestimmung notwendig sind.
Da Säuglinge häufig dynamisch ihre FRC erhöhen, indem sie nach der Okklusion etwas früher als üblich einatmen, ist es notwendig, den linearen Teil der Fluss-Volumen-Kurve auf den Nullfluss zu extrapolieren, um die entsprechende Volumenänderung bei der Berechnung der Crs zu schätzen. Da τ = Rrs × Crs ist, kann der Atemwiderstand (Rrs) als τ/Crs abgeleitet werden, und die Compliance des gesamten Atmungssystems (Crs) lässt sich berechnen, indem das extrapolierte Volumen auf den während der Okklusion gemessenen Atemwegs- bzw. Alveolardruck bei Auslösen des Hering-Breuer-Reflexes (HBR) bezogen wird.
Gültige Messungen der Atemmechanik hängen also von den folgenden drei grundlegenden Annahmen ab:
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Es kommt zu einer vollständigen Entspannung der Atemwege sowohl während des Verschlusses als auch während des anschließenden Ausatmens.
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Der Druck an der Atemwegsöffnung/Gesichtsmaske gleicht sich schnell aus und stellt somit den Alveolardruck dar.
-
Sowohl die Compliance als auch die Resistance bleiben während der gesamten Exspirationsphase konstant, sodass die Lunge angenähert als ein Ein-Kammer-Modell mit einem einzelnen Wert für die Zeitkonstante τrs betrachtet werden kann.
Bei Säuglingen mit einer schweren Obstruktion der Atemwege oder einer hohen Atemfrequenz ist es schwierig, ausreichend schnell einen Druckausgleich in den Atemwegen zu erreichen. Infolge einer zusätzlichen inhomogenen Belüftungssituation kann bei diesen Kindern die Lungenmechanik nicht mittels einer einzelnen Zeitkonstante τrs beschrieben werden. Die Ergebnisse aus der SOT spiegeln die kombinierte Mechanik der gesamten Atemwege (Brustwand, Lunge und Atemwege) wider, was wiederum die Möglichkeit, subtile Veränderungen der Lungenfunkton zu erkennen, mindert.
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Multiple-Breath Occlusion Technique (MBOT)
Mit der Multiple-Breath Occlusion Technique (MBOT) wird der Atemgasstrom repetitiv, bezogen auf verschiedene Volumina, oberhalb des endexspiratorischen Volumenlevels unterbrochen. Zwischen den einzelnen Atemwegsverschlüssen sollte wieder eine stabile Atemmittellage erreicht werden. Die gemessenen Werte werden ebenfalls in einer Druck-Volumen-Kurve dargestellt, aus deren Steigung die Compliance berechnet werden kann.
Aufgrund der aktuellen Studienlage lässt sich noch nicht abschließend sagen, welche Methode die valideren Werte liefert. Unserer Erfahrung nach irritiert der wiederholte Verschluss bei der MBOT-Messung den Säugling eher und macht die Methode so anfälliger für Artefakte.
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Inspiratory Capacity at Inflation Hold
Inzwischen gibt es auch in verschiedenen Beatmungsgeräten bereits implementierte Lungenfunktionsmessprogramme, die über die Methode „Inspiratory Capacity at Inflation Hold“ eine unkomplizierte Messung im klinischen Alltag erlauben. Allerdings erfordert auch diese automatisierte Messung einen erfahrenen Blick auf die klinische Situation des Kindes und die davon abhängigen Beatmungsparameter, da diese z. B. durch einen mit Wasser benetzten Pneumotachografen verändert sein können und so das Resultat verfälschen.
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Bodyplethysmografie
Die Bodyplethysmografie erfasst spirometrisch nicht messbare Lungenvolumina und erlaubt die Bestimmung von Atemwegswiderständen. Messungen des Lungenvolumens sind für eine genaue Interpretation der Atemmechanik unerlässlich und können ein wertvolles Mittel zur Bestimmung des normalen Lungenwachstums sein [11] [12]. Dabei ist der wichtigste Parameter das am Ende einer Exspiration in Ruheatmung verbleibende Lungenvolumen, d. h. die funktionelle Residualkapazität (FRC). Die Beurteilung der plethysmografisch bestimmten FRC (FRCpleth) bei Säuglingen ist in der klinischen und epidemiologischen Forschung weit verbreitet [13]. Obwohl versucht wurde, weitere Parameter wie das Residualvolumen (RV) oder die gesamte Lungenkapazität (TLC) durch die Kombination der Bodyplethysmografie mit der raised Volume Technique zu bestimmen, ist diese Methode bisher nicht in die klinische Routine übernommen worden ([Abb. 5]).


Eine reduzierte FRC kann als Folge einer interstitiellen Lungenerkrankung [14] oder einer Lungenhypoplasie auftreten. Andererseits können sowohl eine Hyperinflation (aufgrund der dynamischen Erhöhung des Lungenvolumens in Gegenwart eines erhöhten Atemwegswiderstands und einer verlängerten τrs) als auch Gastrapping (z. B. aufgrund eines peripheren Atemwegsverschlusses) durch FRC-Messungen bei Säuglingen mit Wheezing oder einer zystischen Fibrose angezeigt werden [15].
Die plethysmografische Beurteilung der FRC basiert auf dem Gesetz von Boyle-Mariotte. Danach bleibt für eine vorgegebene Gasmasse bei einer bestimmten Temperatur das Produkt aus Druck und Volumen konstant:
p1 × V1 = p2 × V2
1 und 2 beziehen sich auf die Anfangs- und Endbedingungen des Gases.
Die Beurteilung von FRCpleth erfolgt, während das schlafende Kind im geschlossenen Plethysmografen liegt (einer relativ luftdichten Kammer, die durch kleinste Druckänderungen Veränderungen des Lungenvolumens des Säuglings erfassen kann).
Das Prinzip der Bodyplethysmografie bei Säuglingen zeigt [Abb. 6]). Der Plethysmograf wird vor der Messung auf das Volumen hin geeicht, sodass Veränderungen des Lungenvolumens während des Atemzyklus durch Atemanstrengungen gegen einen geschlossenen Ventilmechanismus aufgezeichnet werden können. Das Kind atmet durch eine Maske, die mit einem PNT verbunden ist, der wiederum den Atemgasfluss (und damit das Tidalvolumen) in die und aus der Lunge aufzeichnet. Der PNT enthält einen Druckaufnehmer, der Druckänderungen zum Zeitpunkt der Atemwegsöffnung (pao) detektiert, und ist mit einem Ballonshutter verbunden, der vorübergehend jeglichen Luftstrom verhindern kann. In der Abwesenheit eines Luftstroms gleichen sich die Drücke in den Atemwegen so aus, dass der Alveolardruck direkt an der Atemwegsöffnung gemessen werden kann.


Nach Etablierung eines stabilen endexspiratorischen Volumenlevels wird der Atemweg durch den Shutter verschlossen und grenzt so eine definierte Gasmasse in der Lunge ein. Deren Volumen kann nach dem Boyle-Gesetz berechnet werden. Während dieser Zeit unternimmt das Kind weiterhin Atemanstrengungen gegen den Verschluss. Dies führt zur zyklischen Expansion und Kompression des Gasvolumens in der Kammer. Da der Anfangsdruck (p1) in der Lunge zum Zeitpunkt der Okklusion als ungefährer atmosphärischer Druck bekannt ist und sowohl die Veränderungen des Lungenvolumens als auch die Veränderung des Alveolardruckes an der Atemwegsöffnung (∆pao) gemessen werden können (aus Veränderungen des Boxvolumens [∆VB] und Druckänderungen), kann das Anfangsvolumen (V1) berechnet werden. Nach Korrektur um den Totraum der Apparatur entspricht V1 der FRCpleth:
FRCpleth = (∆VB/∆pao) × Luftdruck
Plethysmografische Messung des Atemwegswiderstandes (sRaw)
Dieser Wert wird ebenfalls in Ruheatmung gemessen und gibt damit den Widerstand wieder, den der Gasfluss bei Spontanatmung überwinden muss. Da dieser Parameter durch die großen Atemwege entsteht, können zentrale Obstruktionen untersucht werden.
Am Mundstück wird dazu wieder kontinuierlich der Atemgasfluss gemessen. Gleichzeitig wird das durch die Thoraxbewegungen erzeugte Verschiebevolumen innerhalb der Plethysmografenkammer gemessen. Der Quotient aus Druckschwankung bzw. Verschiebevolumen und Atemstrom ergibt den spezifischen Atemwegswiderstand ([Abb. 7]).


Die sogenannten Widerstandsschleifen erhält man, wenn man den Atemstrom gegen das Verschiebevolumen aufträgt. Ihre Form liefert, ähnlich wie die Fluss-Volumen-Kurven unter Ruheatmung, wichtige Informationen über die Lokalisation einer Atemwegsobstruktion. Beim lungengesunden Säugling verläuft die Atemwegsschleife fast linear und steil, d. h. ein geringes Verschiebevolumen bzw. eine kleine Druckschwankung erzeugt einen hohen Atemgasstrom. Wird der Atemwegswiderstand größer, verläuft die Schleife flacher. Bei einer inhomogenen Atemwegsobstruktion öffnet sich die Schleife zudem, da Druckveränderungen und die konsekutive Atemstromveränderung zeitversetzt ablaufen.
Der spezifische Atemwegwiderstand (sRaw) entspricht der Steigung der Atemschleife. Er ist ein Maß für die aufzuwendende Atemarbeit und wenig abhängig von der Größe der Lunge. Eine kleine Lunge erfordert kleinere Verschiebevolumen, hat aber engere Atemwege mit höheren Widerständen ([Abb. 8]).


Bezieht man den sRaw auf das Lungenvolumen, erhält man den totalen Atemwegwiderstand (RAW):


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Rapid Thoracic Compression
Um eine Aussage über eine mögliche Obstruktion der kleinen Atemwege treffen zu können, bedarf es einer forcierten Exspiration. Das Problem der mangelnden Kooperation in der Patientengruppe der Neonaten wurde zunächst mittels der Rapid Thoracic Compression (RTC)-Methode überwunden. Dabei trägt der Säugling eine Weste, die durch ein schnelles Aufpumpmanöver am Beginn der Exspiration mit Luft gefüllt wird und dadurch den Thorax des Säuglings komprimiert. Bei der so induzierten passiven partiellen forcierten Exspiration lassen sich die Spitzenflüsse während der Ausatmung messen.
Die dabei generierten Fluss-Volumen-Kurven besitzen Ähnlichkeiten mit den forcierten Kurven bei älteren Kindern. Obstruktive Atemwegserkrankungen sind auch hier durch eine konkave Form der Fluss-Volumen-Kurve charakterisiert.
Die V’maxFRC beschreibt den forcierten Atemfluss in l/s beim Erreichen der FRC. Eine Weiterentwicklung der RTC stellt die raised Volume rapid thoracic Compression (RVRTC) dar. Dabei wird die maximale Inspiration vor der forcierten Exspiration herbeigeführt, indem mit der Weste am Ende einer Inspiration eine Kompression durchgeführt wird, bevor das eigentliche Squeeze-Manöver stattfindet. Dadurch wird eine konventionelle forcierte Exspiration, die von der totalen Lungenkapazität ausgeht, nahezu imitiert und die Reproduzierbarkeit der Messungen noch einmal erhöht.
Außerhalb von Studien wird die Säuglingsbodyplethsymografie praktisch kaum eingesetzt. Es gibt jedoch einige klinische Fragestellungen, bei denen eine Lungenfunktionsmessung beim Säugling eine zusätzliche Komponente in der Diagnostik darstellen kann. Dies gilt beispielsweise für:
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angeborene Lungenfehlbildungen,
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Z. n. Lungenteilresektion,
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Lungenhypoplasie,
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Zwerchfellparese oder Zwerchfellrelaxation.
So wurde bei Z. n. ausgeprägter Omphalozele im Alter von 19 Monaten eine Restriktion des Lungenvolumens nachgewiesen. Zudem traten häufiger eine Hyperreagibilität und eine positive Bronchospasmolyse auf [16]. Bei Kindern mit Herzvitien mit Links-rechts-Shunt konnte außerdem gezeigt werden, dass durch die Lungenüberflutung eine eingeschränkte Lungenfunktion induziert wird [17].
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Auswaschverfahren
Die FRC kann auch mithilfe der Gasverdünnungstechnik bestimmt werden. Bei den sogenannten Auswaschverfahren wird der Atemluft ein inertes Gas in einem geschlossenen System zugesetzt. Beim dem weit verbreiteten Stickstoff-Auswaschverfahren wird Sauerstoff zum Verdrängen des Stickstoffs aus der Lunge verwendet, wobei bei Säuglingen Apnoen induziert werden können. Außerdem ist die Messung an der natürlichen Ausgangskonzentration von Stickstoff in der Atemluft ausgerichtet, weswegen sie bei Patienten mit Supplementärsauerstoff, wie z. B. bei BPD (= Bronchopulmonale Dysplasie), nicht angewendet werden kann.
Bei Neonaten und Säuglingen sind daher alternative inerte Gase, wie z. B. Schwefelhexafluorid anzuwenden.
Nachdem ein Konzentrationsgleichgewicht erreicht ist, kann aus der Anfangs- und der Endkonzentration die FRCGas berechnet werden. Alle ventilierten Bezirke, aber auch nur diese, werden mit diesem Verfahren gleichmäßig abgebildet, sodass Ventilationsinhomogenitäten und insbesondere Veränderungen an den kleinen Atemwegen sehr sensitiv erfasst werden. Allerdings werden Regionen mit einer Überblähung nicht abgebildet, da bei der Gasverdünnung nur das an der Luftbewegung teilnehmende Gasvolumen einen Einfluss besitzt.
Bei den Auswaschverfahren unterscheidet man die Multiple-Breath-Washout-Methode (MBW), bei der Tidalvolumina mehrerer Atemzüge in Ruhe untersucht werden, von der sogenannten Single-Breath-Washout-Methode (SBW), wobei die gesamte Vitalkapazität eines einzelnen Atemzuges analysiert wird. Erstere ist für die Lungenfunktionsmessung in der Neonatologie geeignet, da sie in Ruheatmung durchgeführt werden kann, während die SBW eine gute Kooperation erfordert.
Multiple-Breath Washout (MBW)
Mit Hilfe der MBW können Informationen über die Homogenität der pulmonalen Luftverteilung gewonnen werden. Sogenannte Ventilationsinhomogenitäten spiegeln Veränderungen an den peripheren Atemwegen wider, die mit der Spirometrie nicht detektierbar sind. Dabei wird ein inertes Indikatorgas bis zum Erreichen eines Konzentrationsgleichgewichtes eingeatmet (sog. „wash in“). Anschließend wird die abnehmende Konzentration in der Ausatemluft gemessen (sog. „wash out“). In der gesunden Lunge erfolgt der Konzentrationsabfall rasch, in einer inhomogen belüfteten Lunge verzögert.
Der Konzentrationsabfall wird quantitativ durch den Lung-Clearance-Index (LCI) beschrieben, der Quotient aus der Menge des ausgeatmeten Gases und der FRC.
Tipp
Der LCI ist derzeit dabei der robusteste Parameter zur Quantifizierung von Ventilationsinhomogenitäten und eignet sich wegen der Konstanz über alle Altersstufen gut für Verlaufskontrollen [18].
Bei der Bestimmung der Moment Ratio wird der zeitliche Verlauf der Auswaschung genauer analysiert. Es müssen aber weitere Studien abgewartet werden, um eine Beurteilung dahingehend vornehmen zu können, welcher der beiden Werte letztlich die klinisch relevanteren Informationen liefert.
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Zusammenfassung
Die Ruheatemanalyse bildet die Grundlage der Säuglingslungenfunktionsuntersuchung. Die Okklusionstechnik zur Bestimmung der Compliance und der Resistance ist ein schon lang etabliertes Verfahren, das vom Anwender Kenntnisse in der Atemmechanik erfordert. Für den Einsatz in der Neonatologie ist es interessant, da es auch bettseitig auf der Intensivstation eingesetzt werden kann.
Die Bodyplethysmografie klassifiziert restriktive Ventilationsstörungen und erkennt Überblähungszustände, die besonders bei der BPD eine Rolle spielen.
Die Parameter der Ruheatemanalyse und der Lungenmechanik (Compliance und Resistance) wurden bei Säuglingen bisher vor allem im Rahmen von Studien mit verschiedenen Geräten und bei unterschiedlichen Grunderkrankungen ermittelt, weswegen belastbare Referenzwerte fehlen. Selbst in Kenntnis der Klinik ist es schwer zu entscheiden, ab wann ein bestimmter Messwert einen Krankheitswert besitzt, sodass Messungen im klinischen Alltag selten in Therapieentscheidungen mit einbezogen werden.
Bei den Auswaschverfahren scheint der Lung-Clearance-Index (LCI) vor allem bei der klinischen Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern mit Mukoviszidose von Bedeutung zu sein. Hierbei kommt es vor allem zu Ventilationsstörungen der kleinen Atemwege, die mit diesem Parameter sensitiv bestimmt werden, sodass dann direkt Therapieentscheidungen abgleitet werden können.
Diese Methode besitzt auch bei anderen Erkrankungen mit einer inhomogenen Belüftungssituation und Anteilen einer Ventilationsstörung ein großes Potenzial, das aber noch weiter evaluiert werden muss.
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Lungenfunktionsmessungen im Neonatenalter werden nicht regelmäßig in der klinischen Routine eingesetzt.
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Während der Lungenfunktionsmessung muss der Säugling mittels eines Herz-Atem-Monitors überwacht werden.
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Aufgrund der ausgeprägten Variabilität der Fluss-Volumen-Kurven bei der Ruheatemanalyse im frühen Kindesalter sollte die Interpretation nur zusammen mit der Klinik erfolgen.
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Messungen der passiven Atemmechanik (Compliance, Widerstand und Zeitkonstante) sind möglich, wenn ein Zustand der Relaxation in den Atemwegen herbeigeführt werden kann.
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Bei der Single-Occlusion-Technik wird die Lunge als ein Ein-Kammer-Modell mit einem einzelnen Wert für die Zeitkonstante behandelt.
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Der wichtigste Parameter der Bodyplethysmografie in der Säuglingszeit ist die funktionelle Residualkapazität (FRC). Die plethysmografische Beurteilung der FRC basiert auf dem Gesetz von Boyle-Mariotte.
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Ventilationsinhomogenitäten und insbesondere Veränderungen an den kleinen Atemwegen können mit den Auswaschverfahren sensitiv erfasst werden.
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Autorinnen/Autoren
Kai M. Förster


Dr. med. Jahrgang 1972, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt Neonatologie. 2007–2018 Universitätskinderklinik am Dr. v. Haunerschen Kinderspital, Klinikum der LMU München. 2013–2018 Comprehensive Pneumology Center (CPC) der LMU, Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL). 2017–2018 Physician Scientist am DZL. Seit 2018 Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin am Krankenhaus Agatharied. Forschungsschwerpunkte: Bronchopulmonale Dysplasie (Studie: Attention to Infants at Respiratory Risks [AIRR]), neonatale ECMO, Simulationstraining in der Neonatologie.
Franziska Sattler


Dr. med., Jahrgang 1984. 2003–2010 Studium der Humanmedizin an der LMU/TU München. 2012 Promotion. 2011–2017 Facharztausbildung Pädiatrie. 2017 Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Aktuell in der Weiterbildung Kinderpneumologie am Dr. von Haunerschen Kinderspital LMU München.
Andreas W. Flemmer


Prof. Dr. med. Prof. h.c., Jahrgang 1964, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Zusatzbezeichnung Neonatologie. Seit 2015 Leiter der Neonatologie der Universitätskinderklinik am Perinatalzentrum, seit 2016 Professur für Neonatologie an der LMU München. Forschungsschwerpunkt: pulmonale Erkrankungen in der Neugeborenenperiode.
Interessenkonflikt
Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma: nein.
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
* geteilte Letztautorenschaft
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Literatur
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Korrespondenzadresse
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Literatur
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