Nervenheilkunde 2019; 38(04): 157-168
DOI: 10.1055/a-0817-7741
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

E-Sport

Lobbyismus versus Gemeinnützigkeit und Gesundheit
Manfred Spitzer
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer
Universität Ulm
Abteilung für Psychiatrie
Leimgrubenweg 12–14
87054 Ulm

Publication History

Publication Date:
04 April 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Das organisierte Spielen von Video- und Computerspielen wird als E-Sport bezeichnet. Es gibt Bemühungen, den E-Sport dem Sport gleichzustellen und damit dessen Gemeinnützigkeit anzuerkennen. Vor diesem Hintergrund wird oft die Frage diskutiert, ob E-Sport als Sport gelten könne. Da Sport selbst jedoch nicht definiert ist, führt diese Diskussion in die Irre. E-Sport kann nicht gemeinnützig sein, weil er bei jungen Menschen zu Gesundheitsschäden und zu einer Beeinträchtigung der Bildungskarriere führt sowie die falschen gesellschaftlichen Werte (Gewalt, Anarchie, Sexismus) transportiert. Die Verlockungen eines Milliardenmarktes dürfen nicht dazu führen, dass wir die monetäre Ausbeutung vor allem junger Menschen zu deren Schaden mit Steuermitteln fördern.


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Mit „E-Sport“ werden Wettkämpfe bei Computerspielen im Mehrspielermodus bezeichnet, die von Wettkampfveranstaltern ausgetragen werden und bei denen es bis zu einer Million Euro Preisgeld zu verdienen gibt. E-Sport ist in einigen Ländern (z. B. Brasilien, China, Frankreich und USA) von den dortigen Sportverbänden als Sportart anerkannt. Hierzulande hingegen können die meisten Menschen (ca. 80 %) mit dem Wort „E-Sport“ nichts anfangen. 75 % der Spieler – man nennt sie „Gamer“ – sind unter 35 Jahren, fast alle sind männlich.[ 1 ]

Die Unbekanntheit von E-Sport wird – hoffentlich – einer breiten Diskussion weichen, denn im Koalitionsvertrag der gegenwärtigen Bundesregierung findet sich auf Seite 48 (Zeilen 2173 –2177) der folgende Absatz:

„Wir erkennen die wachsende Bedeutung der E-Sport-Landschaft in Deutschland an. Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen.“ [[18]]

Von denjenigen, die mit E-Sport schon jetzt viel Geld verdienen und künftig noch mehr Geld verdienen wollen, wird dies enthusiastisch kommentiert: „Die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD ist ein massiver Schritt nach vorne für den eSport in Deutschland. Mit dem Verhandlungsergebnis bekennen sich die Verhandlungspartner umfassend zum eSport als Teil der deutschen Sportgesellschaft und stellen lokale Förderung sowie internationale Beteiligung in Aussicht. Wir begrüßen die Entscheidung für diesen umfassenden Einstieg in den Anerkennungsprozess ausdrücklich,“ schreibt Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bund Deutschland (ESBD), am 7. Februar 2018 auf seiner Homepage [[13]].

Was aber genau ist E-Sport? Handelt es sich um Sport? Sollte das olympisch werden? Und – die bedeutsamste Frage, denn es geht um unsere Steuergelder – sollte E-Sport für gemeinnützig erklärt werden? Gehen wir diesen vier Fragen im Einzelnen nach.

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Abb. 1 Beispiele von Waffen aus dem Computerspiel Counter-Strike: Global Offensive, einschließlich einer Abbildung der jeweils realen Waffe, und ihrer Spieleigenschaften wie Durchschlagskraft, Munition, Reichweite, Zahl der möglichen Opfer, Preis „Abschussprämie“ und „Mann-stoppwirkung“ (Screenshots aus dem Wikipedia-Eintrag zu Counter-Strike: Global Offensive; die Tabelle im Original enthält 33 Einträge, von denen hier nur 4 beispielhaft wiedergegeben sind). Quelle: Wikipedia

Was ist E-Sport?

Es gibt in Deutschland immer mehr Menschen, die mittels elektronischer Bildschirmmedien (Computer, Spielekonsolen, Smartphones) entweder allein oder in einer Gruppe Wettkämpfe austragen, meistens in kommerziell von Spieleverlagen („Publishers“) angebotenen Spielen, in denen Gewaltausübung eine große Rolle spielt (▶Abb. [1] , ▶Abb. [2] , ▶Tab. [1] ).

In Deutschland haben sich mittlerweile in einer wechselvollen Geschichte Organisationsformen gebildet, die in Bezug auf ihre Namen dem Sport ähneln und Lobbyarbeit für E-Sport zur Aufgabe haben (▶Tab. [2] ): Der heute maßgebliche eSport-Bund Deutschland (ESBD), ein „Interessensverband zur Förderung von E-Sport“, wurde am 26. November 2017 in Frankfurt am Main gegründet (▶Abb. [3] ). Gründungsmitglieder waren die Hersteller und Anbieter digitaler Spiele, d. h. der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), der Turnierveranstalter Electronic Sports League (ESL) und sogenannte E-sport-Clans wie ALTERNATE aTTaX (seit 2003 spielte bzw. spielt man Counter-Strike, Warcraft-III, StarCraft II, und Counter-Strike: Global Offensive), Mysterious Monkeys (seit 2011; League of Legends, Counter-Strike: Global Offensive) oder Unicorns of Love (seit 2013; League of Legends), aber beispielsweise auch die damals schon existierende E-Sport-Abteilung der Frankfurter Basketballer Fraport Skyliners.[ 2 ]

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Abb. 2 Ausschnitt (Screenshot) der Mitteilung zur Gründung des eSport-Bund Deutschland (ESBD) am 26.11.2017. Man beachte die Illustration rechts, die inhaltlich von der künftigen Einführung eines neuen Spiels am 14.5.2019 handelt, und deren verwendete Bildsprache keinen größeren Kontrast zum Text links bilden könnte: Der Text spricht von „überparteilicher Instanz“, „sportpolitischer Anerkennung“ als olympische Disziplin“ und gipfelt in der Forderung nach „Gemeinnützigkeit“. Im Bild rechts imponiert der auf ein neues Ego-Shooter-Spiel verweisende Schriftzug „RAGE 2“ (das englische Wort „rage“ hat im Deutschen die Bedeutung von: Wut, Raserei, Zorn, Koller, Tobsucht, Erbitterung), geschrieben mit dem Symbol von Anarchie. Die „2“ meint offenbar nicht nur eine neue, zweite Auflage des Spiels, sondern impliziert auch einen Steigerungsmodus von Wut und Raserei. Diese Interpretation wird durch das „Kleingedruckte“ rechts unten gestützt: „Irre, irrer, RAGE 2“ [nach 11].

Warum sollte man nicht Computer als „Sportgeräte“ verwenden können?, wird von der E-Sport-Lobby gefragt (▶Tab. [3] ). Der Sport insgesamt habe ja auch nicht vor technischen Neuerungen Halt gemacht, wie beispielsweise die biegsame Stange aus glasfa serverstärktem Kunststoff (GFK, anstatt der starren Bambus-, Alu-, bzw. Stahlstange), die immer ausgetüftelteren Skier und Ruderboote, Schlitten und Messgeräte (z. B. der „Videobeweis“ im Fußball) bezeugen. Irgendwo zwischen Stabhochsprungstange und Spielekonsole lägen komplizierte Geräte, wie der Bogen oder das Segelboot, die zeigen, dass technisches Verständnis und technische Neuerungen durchaus Teil olympischer Sportarten sein könnten. Und zwischen Bogenschießen und „virtuellem Bogenschießen“, bei dem man auch eine Art Bogen in der Hand hat, dessen Sehne man spannt, zielt und dann loslässt (und der ganze Rest jedoch per Computer und Virtual-Reality Brille simuliert wird), gäbe es zwar noch einen Unterschied, der jedoch mit zunehmend besseren Simulationsgeräten abnehmen dürfte. Nicht anders beim Golf und „virtuellem Golf“ – sieht man einmal von der frischen Luft und vor allem von der Möglichkeit ab, unbelauscht mit Geschäftsfreunden Deals auszuhandeln. Das geht nur beim realen Golf und wird ihm daher auch langfristig die Existenz sichern.

Tab. 1

Beim E-Sport häufig verwendete Spiele zeigen deutlich, worum es dabei geht. Da die meisten Leser mit diesen Spielen nicht vertraut sein dürften, fällt die Tabelle etwas ausführlicher aus (alle Zitate sind den entsprechenden Einträgen der Wikipedia entnommen).

Name

Zeitraum

Beschreibung

Kommentar

Counter- Strike

seit 1999

„Inhalt des Spieles ist ein taktisch geprägter Kampf zwischen zwei Gruppen, den Terroristen („T“) und der Antiterroreinheit (engl. „Counter-Terrorists“, „CT“), einer polizeilichen Sondereinheit… […] Spieler, die die Runde überlebt haben, können ihre verbliebenen Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Munition in der nächsten Runde weiterverwenden. […]Die Waffen von Counter-Strike werden in 3 Kategorien eingeteilt: Primärwaffen (Shotguns, Maschinenpistolen, Sturmgewehre, Scharfschützengewehre und Maschinengewehre), Sekundärwaffen (Pistolen) und sonstige Ausrüstung (beispielsweise Granaten). Zusätzlich besitzt jeder Spieler ein Kampfmesser, das im Nahkampf gebraucht werden kann. […] Jeder Spieler startet zu Beginn einer Runde mit 100 Lebenspunkten. Sobald die Lebenspunkte auf Null reduziert wurden, bedeutet dies den Tod der Spielfigur. Lebenspunkte werden typischerweise durch Beschuss gesenkt, können aber auch durch den Fall aus großer Höhe, durch Explosionen oder durch sonstige Umweltgefahren […] beeinträchtigt werden. Der Schaden hängt von der verwendeten Waffe und der Hitbox1 ab. So verursacht ein Kopfschuss, der häufig schon tödlich ist, deutlich mehr Schaden als ein Treffer in die Beine.“

Meistgespieltes Spiel im E-Sport, oft als „Ego-Shooter“ oder „Killerspiel“ bezeichnet; freigegeben ab 16 Jahre (Deutschland und Europa)

World of Warcraft

In Europa seit 2005

WoW (wie es abgekürzt wird) ist ein Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiel (MMORPG) und ausschließlich über das Internet spielbar. Mehrere tausend Spieler bevölkern gleichzeitig eine virtuelle Welt. „Der Spieler muss sich bei der Erstellung seines Charakters für eine der beiden Fraktionen Allianz oder Horde entscheiden. Von ihrer Wahl ist es abhängig, auf welcher Seite sie kämpfen und welche Völker sie wählen können. Auf Seiten der Allianz kann man sich zwischen Menschen, Nachtelfen, Zwergen, Gnomen, Draenei, Worgen, Lichtgeschmiedete Draenei und Leerenelfen entscheiden, während man auf der Hordenseite Orcs, Tauren, Untote, Trolle, Blutelfen, Goblins, Nachtgeborene und Hochbergtauren wählen kann.“ Die Spieler kämpen auf Schlachtfeldern oder in Arenen gegeneinander und steigen dadurch auf. „Spieler können sich auf einem gemeinsamen Realm zu einer Gilde (engl. Guild) zusammenschließen. Zur Gründung einer Gilde wird eine Mindestanzahl von verschiedenen Avataren benötigt. Der Name der Gilde kann vor der Gründung frei gewählt werden. Eine Gilde kann mit einem Clan verglichen werden. Innerhalb einer Gilde werden Gegenstände oft günstig verkauft, getauscht oder verschenkt.“

Erfolgreichstes Spiel seiner Art. „Bis Juli 2012 generierte das Spiel über 10 Milliarden US-Dollar Umsatz.“

Geschäftsmodell: Monatliches Entgelt plus zusätzliche kostenpflichtige „Dienste“ wie seinen Charakter umbenennen, ändern oder auf eine höhere Stufe setzen lassen.

Ab 12 Jahre (Deutschland und Europa)

Counter- Strike: Global Offensive

seit 2012

Wie Counter-Strike; aber komplexer. Zum Kampfmesser findet man beispielsweise Folgendes: „Dieses kann für einen schnellen Hieb mit wenig Schaden, oder einen langsamen Hieb mit viel Schaden eingesetzt werden. Wird der Feind von hinten getroffen, wird der Schaden verdoppelt. Ein schwerer Hieb von Hinten ist bei voller Gesundheit immer tödlich.“

Nachfolger von Counter-Strike; ab 16 (Deutschland) bzw. ab 18 (Europa) freigegeben

League of Legends

Seit 2009

Meist spielen 5 gegen 5. Man gewinnt „durch das Töten von Vasallen, Monstern, gegnerischen Champions und das Zerstören von gegnerischen Türmen […] Ferner gibt es für einen Spieler, der den endgültigen, tödlichen Schlag auf eine feindliche Einheit ausführt, einen gewissen Betrag an Gold. Dieses kann genutzt werden, um in der eigenen Basis spezielle Gegenstände für den Champion zu kaufen, die die verschiedenen Attribute (zum Beispiel Lauftempo) verbessern… […]Manche Monster verbessern (buffen) nach dem Töten kurzzeitig einen Spieler oder das verbündete Team und heilen den Spieler, wenn der Beschwörerzauber Zerschmettern (smite) eingesetzt wird, der absoluten Schaden bei neutralen Monstern verursacht.“

Das Spiel ist kostenlos, finanziert sich durch Mikrozahlungen für virtuelle Spielgegenstände (Waffen); freigegeben ab 12 Jahre (Deutschland und Europa)

Warcraft-III

Seit 2002

Wie WoW. Neue Handlungen, Beispiel: „Während die Armeen der Menschen und der Orcs sowie ihre Verbündeten sich von den Kämpfen gegen die Brennende Legion erholten, schlachtete der zum Todesritter gewordene Arthas Menethil die Einwohner der östlichen Königreiche Azeroths im Namen der Geißel ab. Doch es bildeten sich neue Truppen, die Arthas und seine Handlanger besiegen wollten: die Banshee Sylvanas Windläufer rebellierte, um eine als „die Verlassenen“ bekannte Splitterfraktion der Untoten zu bilden, und der dämonisch verderbte Nachtelf Illidan Sturmgrimm schickte seine Truppen auf den eisigen Kontinent Nordend, um den Lichtkönig anzugreifen. Arthas eilte seinem Herrn zu Hilfe und besiegte Illidan, der nach einer schmachvollen Niederlage in die Scherbenwelt floh. Da er sich nun endlich in unmittelbarer Nähe des Machtzentrums der Geißel befand, tat Arthas das Unfassbare und verschmolz seinen Geist mit dem des Lichtkönigs.“ Weitere Spielkapitel heißen „Fluch der Blutelfen“ und „Erbe der Verdammten“. „Für jedes angelegte Benutzerkonto wird eine eigene Statistik erstellt, die die Spielstärke eines Spielers darstellt. Aus diesen gesamten Spielerdaten erstellt Blizzard eine Rangliste, die im Internet veröffentlicht und täglich aktualisiert wird. Ebenfalls dort zu finden sind detaillierte Statistiken eines jeden Spielers. Wer weit vorne in dieser Liste zu finden ist, kann sich gute Chancen ausrechnen, einen Sponsor oder bekannten Clan zu finden, der den Aufstieg zum Pro-Gamer ermöglicht.

Freigegeben ab 12 Jahre (Deutschland und Europa)

StarCraft II

2010, 2013, 2015

Einzelspieler und Multispieler-Modus. Man kämpft gegen Monster mit Fantasienamen und -eigenschaften. Aus der seitenlangen Beschreibung der Handlung sei beispielhaft ein Zitat wiedergegeben: „Auf Zerus versucht Kerrigan den ältesten lebenden Zwerg, Zurvan, zu erwecken, indem sie ihn füttert, was auch gelingt. Zurvan erzählt ihr, dass ein Xel’Naga namens Amon einen großen Teil der Ur-Zwerg aus Zerus entführt hat und diese an seinen Willen gebunden hat, sodass sie Sklaven von Amon sind. Außerdem erzählt Zurvan ihr, dass Amon die Zwerg und die Protoss auslöschen will, um seine eigene Welt zu erschaffen. Zurvan sagt Kerrigan aber auch, dass Amon tot sei. Kerrigan fragt Zurvan daraufhin, wie sie Amon aufhalten könnte, wenn er nicht tot, sondern leben würde. Zurvan antwortet daraufhin, dass Kerrigan in den ersten erschaffenen Brutschleimpool der Zwerg gehen und die dortige Energie aufsaugen muss. Kerrigan vertraut Zurvan und schließt sich in einen Kokon im Brutschleimpool ein, sodass sie, nach einer großen Schlacht mit dem Ur-Zwerg, als Ur-Königin der Klingen wieder erwacht. Kerrigan fühlt sich mächtiger denn je, hat aber noch die Kontrolle über sich selbst. Als Ur-Königin der Klingen tötet sie die 3 restlichen Anführer der Ur-Zwerg und absorbiert ihre Essenz, um die Macht über die Ur-Zwerge zu erlangen, was ihr auch gelingt.

„Die StarCraft-II-Spieletrilogie wurde speziell für den E-Sport entwickelt.“ Ranglisten der Spieler nach ihrem Können werden automatisch erstellt. Zudem „werden weltweit regelmäßig Turniere mit Preisgeldern“ abgehalten Freigabe in Deutschland ab 12, in Europa ab 16 Jahren

Rage 2

Geplant: 14. Mai 2019

ComputerBild2 beschreibt in der Ausgabe vom 31.1.2019 das Spiel wie folgt: „Freunde des gepflegten Geballers warten sehnsüchtig auf ,Rage 2‘ […] Lauter, brutaler, schneller – diese Tugenden beweist ,Rage 2‘ […]. ,Rage 2‘ spielt 30 Jahre nach den Geschehnissen des Vorgängers. Sie übernehmen den neuen Protagonisten Walker und entscheiden selbst, ob Ihr Avatar männlich oder weiblich sein soll. Walker ist der letzte Ranger des postnuklearen Vinelands und trachtet nach Rache an der dortigen Regierung.

Die Entwickler werten die Handlung mit skurrilen Charakteren und allerlei Verrücktheiten auf. In der Proberunde muss sich Walker etwa Zugang zur ,Winner‘s Lounge‘ eines Clubs in der futuristischen Siedlung Wellspring verschaffen. Doch der Türsteher lässt nur Berühmtheiten vorbei. Also nimmt Walker an der Reality-Show ,Mutant Bash TV‘ teil, in der die rothaarige Domina Desdemonya im Latex-Outfit durchs Programm führt.

Während sich der Ranger in blutigen Arena-Schlachten beweist, trällert im Hintergrund flotte Jazz-Musik. Abgefahren! […] Figuren, Aktionen und Gewalt wirken oft satirisch überzeichnet. ,Rage 2‘ ist zweifellos kein Kinderspiel, für Erwachsene, aber gelegentlich schrecklich-schön.“.

Nachfolger des 2010 erschienenen Ego-Shooters Rage. Rage 2 war bei Abfassung des Manuskripts noch nicht erschienen. Es ist ebenfalls ein Ego-Shooter.

1 „Eine Hitbox (auch Hit-Box; engl. für „Trefferkasten“) beschreibt einen vordefinierten, virtuellen, für den Anwender üblicherweise nicht sichtbaren Bereich um ein 3 D-Modell in einer 3 D-Engine (bzw. Game-Engine), welcher zur Berechnung von Kollisionen und/oder Trefferabfragen genutzt wird. Hitboxen dienen hierbei vorwiegend zur Vereinfachung von Berechnungen“ (wikipedia). 2 In der deutschen Wikipedia findet sich noch kein Eintrag zu diesem Spiel (der englische wurde offenbar teilweise für die Darstellung in Computerbild übersetzt), weswegen ich diese eher ungewöhnliche Quelle heranziehe.

Auch gab es schon lange Reitsport und Motorsport, bei dem die „Arbeit“ ja auch weniger vom Menschen und eher von Tieren oder Maschinen geleistet wird. Beides nennen wir „Sport“, auch wenn Motorsport nie olympisch war.[ 3 ] Reitsport war es von Anfang der modernen olympischen Spiele im Jahr 1896 an.

Schach – auch ein anerkannter Sport – kann man auch gegen einen Computer (oder am Computer gegeneinander!) spielen. Darf es deswegen kein Sport mehr sein? – Dass Computer prinzipiell keine Sportgeräte sind, ist also nicht so klar, wie man zunächst dächte. Aber was meinen wir überhaupt mit „Sport“?

Tab. 2

E-Sport: Organisationsformen und Interessenvertretungen (Zitate aus den entsprechenden Wikipedia-Einträgen)

Name

Gründung (wann/wo)

Wer

Aktivitäten

Kommentar

Deutsche Clanliga (DeCL)

1997

Ralf Reichert

Gewinnbringende Organisation von Spiele-Wettkämpfen

Aus ihr ging 3 Jahre später die Electronic Sports League (ESL) hervor

Electronic Sports League (ESL)

2000

Gehört als Marke dem Kölner E-Sport-Unternehmen Turtle Entertainment (gegründet im Jahr 2000 von Ralf Reichert; Umsatz im Jahr 2015: 27,3 Mio Euro)

„Veranstalter verschiedener Turniere und Ligen in über 50 Spielen“. Die ESL ist der größte Organisator von Ligen und Events für Computerspieler in Europa.

„Am 1. Juli 2015 gab die Turtle Entertainment GmbH 74 % ihrer Anteile für 78 Millionen € an den schwedischen Medienkonzern Modern Times Group ab“, der bis dahin als erste Firma in Skandinavien privates Fernsehen und Bezahlfernsehen betrieb.

Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU)

2005/Frankfurt, Sitz in Berlin, Auflösung 2018

Hersteller und Publisher von Computerspielen in Deutschland (repräsentieren „über 85 % des deutschen Computer- und Videospielmarkts“ und „knapp 50 % der Arbeitsplätze in der deutschen Games-Branche“

Von 2005–2008: Games Convention in Leipzig 2009–2018: Gamescom (Spielemesse in Köln) Öffentlichkeitsarbeit Kampf gegen Softwarepiraterie, Gesellschafter der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK)

Die freiwillige Selbstkontrolle der Spieleentwickler (USK) vergibt „in Kooperation mit den Landesjugendbehörden“ Kennzeichnungen für den deutschsprachigen Raum, die in Deutschland (nicht jedoch in Österreich und der Schweiz) bindend sind. Ihre Unabhängigkeit von finanziellen Interessen der Industrie muss bezweifelt werden.

eSport-Bund Deutschland (ESBD)

2017/Frankfurt, Sitz in Berlin

29 Organisationen

Interessenvertretung der organisierten Spieler elektronischer Spiele

Die Macht dieser Lobby-Institution zeigt sich im Koalitionsvertrag.


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Was ist Sport?

Wie bei anderen Wörtern wie beispielsweise „Liebe“, „Freiheit“, „Zeit“ oder „Spiel“, weiß man auch bei „Sport“ solange, was das ist, bis einen jemand danach fragt. Das hat einen Grund, wie hier kurz gezeigt wird. „Beim Sport wird geschwitzt“, könnte eine erste Antwort lauten, aber wir schwitzen auch in der Sauna oder beim Musizieren (kein Sport) und beim Schach (dabei vielleicht nicht immer). Sofern man den Aspekt des „Wettkampfs“ als wesentlich für jeglichen Sport ansieht, sind das alleinige Wandern oder Joggen im Wald, und jegliche allein ausgeführte körperliche Aktivität (und sei sie noch so gesund und/oder schweißtreibend) kein Sport. Es gibt also auch „Sport ohne Wettkampf“, weswegen der Wettkampf nicht zur Definition dessen, was Sport ist, geeignet ist.

Viele Menschen treiben für sich privat Sport, um letztlich gesund zu sterben. Das Merkmal der Gesundheit scheint also wesentlich zum Sport gehören. Das mag für den Breitensport oft zutreffen, aber selbst in der Drittliga mancher Mannschaftssportarten gehören Zerrungen, Bänderrisse und zuweilen Knochenbrüche mittlerweile zum Alltag. Beim Spitzensport lässt sich das Merkmal Gesundheit definitiv nicht anwenden. Dort gehören Verletzungen zum Alltag und dort ist auch die Redensart „Sport ist Mord“ zu verorten. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass Spitzensport dem Gladiatorentum der Römer nicht unähnlich ist, die den einfachen Leuten „Brot und (mitunter tödliche) Spiele“ gaben, um deren Gemüter zu beruhigen. Die in den letzten Jahren Fahrt aufnehmende Diskussion um spezifische gesundheitliche Risiken mancher Sport-arten macht zudem überdeutlich, dass beim Spitzensport Gesundheit und Sport zuweilen auch Gegenpole sein können. Man denke an die zunehmend ins Blickfeld der medizinischen Wissenschaft geratenen, durch Baseball, Rugby oder Boxen (und möglicherweise auch durch Kopfball beim Fußball) verursachten Enzephalopathien (Gehirnschäden), die zu chronischem Leid und Tod führen können.

Beim Sport geht es um Bewegung, nicht einfach Gezappel, sondern um die „sportartbestimmende eigenmotorische Aktivität“ eines Menschen. Diese Definition des Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) scheint zunächst plausibel und sinnvoll. Aber ist dann Schach überhaupt Sport? Weil beim Schach kaum Bewegungen stattfinden, verlor in der Folge dieser Definition der Deutsche Schachbund die Mitgliedschaft im Deutschen Olympischen Sportbund und damit die Gemeinnützigkeit. Dagegen klagte der Schachbund mit dem Argument, dass es beim Schach klare Vorgaben für die Bewegungen während der Partien gäbe. Mit den Worten eines Juristen: „Es darf nur mit einer Hand gezogen und eine gegnerische Figur geschlagen werden. Mit der gleichen Hand muss nach Beendigung des Zuges die Schachuhr betätigt werden, die die Bedenkzeit misst“ [[6], S. 6].

Die Auswirkungen dieser scheinbar äußerst nebensächlichen Definition für den Schachbund waren erheblich: „Die Regel hat vor allem für Blitzschach Bedeutung. Dabei hat jeder Spieler nur 5 Minuten Bedenkzeit für die gesamte Partie. Hier kommt es nicht selten auf Sekunden an. Wer seine Züge geschickter und schneller ausführt als sein Gegner, gewinnt dadurch vielleicht die entscheidende Zeit. Es kommt also vor, dass von 2 ebenbürtigen Schachspielern derjenige mit der besseren Motorik wegen Zeitüberschreitung des weniger fingerfertigen Gegners gewinnt.“ Dem Schachbund wurde aufgrund dieser Argumentation die Förderung gewährt. Und weiter erfährt man noch erstaunt: „Derzeit ist der deutsche Schachbund ebenso Mitglied im DOSB, wie der Deutsche Dart-Verband. Dagegen blieben Poker und Skat die Tür zum DOSB verschlossen, weil es sich jeweils um ein Karten-,Spiel‘ und nicht um ,Sport‘ handele“ [[6], S. 6].

Tab. 3

Die wichtigsten Hersteller von Computerspielen.

Firmenname

Zeit, Ort

Spiele

Mitarbeiter

Anmerkung

Activision

1979, Santa Monica, CA

Call of Duty (Ego-Shooter, der im 2. Weltkrieg spielt; in Deutschland ab 18 Jahren) Die Serie zählt zu den größten und erfolgreichsten Spielefranchises. Bis November 2009 wurden über 55 Millionen Spiele verkauft, wodurch die Serie Gesamteinkünfte von über 3 Milliarden US-Dollar erzielte. 2011 arbeiteten mehr als 500 Entwickler an der Call-of-Duty-Marke.“ Doom 3 (freigegeben ab 18 Jahren)

> 4000

„Ist heute ein Teilunternehmen des Spielepublishers Activision Blizzard mit Niederlassungen in Großbritannien, Kanada, Irland, Frankreich, Deutschland, Japan, Australien, Skandinavien und den Niederlanden. Die erste deutsche Niederlassung wurde 1985 in Hamburg von Greg Fishbach, gegründet und befindet sich heute in Ismaning bei München“

Blizzard Entertainment

seit 1991, Irvine, CA

WarCraft (WoW etc.); StarCraft, Overwatch

im Jahr 2012: 4700

Im Jahr 2008 Fusion von Vivendi Games und Activision zu Activision Blizzard

Electronic Arts

Seit 1982, Redwood City, CA;

Madden NFL (American-Football-Sportsimulationen für PCs und Spielkonsolen); FIFA

im Jahr 2013: 9300

„börsennotierter, weltweit operierender Hersteller und Publisher von Computer-und Videospielen“. War bis 2008 nach Umsatz Marktführer mit einem Jahresumsatz von 3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2007. Zehn Jahre später belief sich der Umsatz auf 4,8 Milliarden US-Dollar

Nintendo

1889; Kyoto, Japan (ursprünglich Hersteller von Spielkarten)

Super Mario (seit 1981) PokemonGo (2016)

Im Jahr 2018: 5869

Umsatz im Jahr 2018: 4,35 Milliarden Euro

Diese Diskussion zeigt deutlich, wie verfahren die Situation wird, wenn man ein Wort gar nicht definieren kann, weil es in unterschiedlichen Zusammenhängen mit je anderer Bedeutung verwendet wird. Nun gibt es Fälle, bei denen ist das klar – das „Schloss“ auf dem Berg und das an der Tür. Anders hingegen „Sport“ und vor allem auch „Spiel“, dessen „Fall“ von Ludwig Wittgenstein sehr genau unter die Lupe genommen wurde. Was klar schien, ist in Wahrheit unklar und kann viel Verwirrung anstiften. Genau dies tut der DOSB, wenn er in seiner Schrift Was ist Sport diesen – wie erwähnt – zum einen definiert („sportartbestimmende eigenmotorische Aktivität“), jedoch zuvor schon – in der gleichen Schrift (!) – begründet, warum sich Sport nicht definieren lässt:

„Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich Sport zu einem umgangssprachlichen, weltweit gebrauchten Begriff entwickelt. Eine präzise oder gar eindeutige begriffliche Abgrenzung lässt sich deshalb nicht vornehmen. Was im Allgemeinen unter Sport verstanden wird, ist weniger eine Frage wissenschaftlicher Dimensionsanalysen, sondern wird weit mehr vom alltagstheoretischen Gebrauch sowie von den historisch gewachsenen und tradierten Einbindungen in soziale, ökonomische, politische und rechtliche Gegebenheiten bestimmt. Darüber hinaus verändert, erweitert und differenziert das faktische Geschehen des Sporttreibens selbst das Begriffsverständnis von Sport“ [[27], S. 493].

Wenn ein einflussreicher Verband wie der DOSB Sport als nicht definierbar erklärt und ihn zugleich definiert, kann nur Unfug herauskommen, wie die juristischen Pirouetten mit dem Schachbund über dessen Gemeinnützigkeit verdeutlichen. Wenn man schon nicht sagen kann, was Sport ist, kann man wenigstens versuchen zu sagen, was Sport nicht ist. Genau dies tut Volker Schürmann, Professor an der Sporthochschule Köln, indem er feststellt: „Das Kerngeschäft des Sports besteht nicht darin, ein Geschäft zu sein.“ Dies schrieb er in einem sehr lesenswerten Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 3.11.2018 [[28]]. „Der Kern einer eigenen und eigensinnigen Kultur zerbröselt, wenn der sportliche Wettkampf nur noch ein Anlass wird, mit ihm Geschäfte zu ma-chen.“ Damit hat er sicher Recht, denn fast alles zerbröselt, wenn es nur noch ums Geld geht: wirkliche Freude, Familien, Liebe, Freundschaft, Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie und noch vieles mehr. Aber wirklich weiter gekommen sind wir damit im Hinblick auf die Frage der Einordnung von E-Sport als Sport nicht. Dieses Ergebnis ist wichtig, wie weiter unten noch diskutiert wird.


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Wird E-Sport olympisch?

Diese Frage stellt sich im Grunde nur dem DOSB, der sie bislang verneint. Diese klare Position wird beispielsweise wie folgt formuliert: „Auch wenn auf politischer und medialer Ebene zunehmend Druck erzeugt wird, wettkampfmäßige Computerspiele, den eSport, unter das Dach des organisierten Sports zu integrieren, gibt es für den DOSB und seine Mitgliedsverbände gute Gründe, eine solche Integration abzulehnen: Wettkampfmäßige Computerspiele zeichnen sich nicht durch eine sportartbestimmende motorische Aktivität aus, sie konterkarieren gesundheitliche und erzieherische Wirkungen des Sports und gefährden damit seine gesellschaftliche Legitimität, und sie weisen keine Organisationsstrukturen auf, die den Anforderungen des organisierten Sports genügen“ [[4], S. 447]. Der DOSB hat sich jedoch ein Hintertürchen offengelassen, denn die AG „eSport“ des DOSB formulierte kürzlich 4 „Szenarien für die Entwicklung von Empfehlungen zum Umgang mit ,eSport‘“ [[9]]. Man distanziert sich also sprachlich zunächst einmal weit weg vom eigentlichen Problem und vernebelt es dann mittels Formulierungsvorschlägen von Hinweisen für Einschätzungen von Bedingungen von Möglichkeiten.

Die Szenarien lauten:

  • „Aufnahme von ,eSport‘

  • Verbändeorientierung

  • Jugend- und alltagskulturelle Orientierung

  • Ablehnung von ,eSport‘” [[9]].

Szenario A würde bedeuten, dass man E-Sport-Verbände in den DOSB aufnimmt und damit den E-Sport behandelt wie Sport. Mit Szenario B ist gemeint, dass man bestimmte Formen des E-Sports wie beispielsweise E-Basketball oder E-Fußball (z. B. das Spiel-Fifa) unterstützt, indem man es den Verbänden wie dem Deutschen Basketball Bund (DBB) oder dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) überlässt, ob und wie sie sich auch darum kümmern möchten. Unter Szenario C würde E-Sport „Teil der außersportlichen Jugendarbeit und der Freizeitaktivitäten in Vereinen“ (S. 4). Wie das aussehen könnte, wird wie folgt beschrieben: „Der DOSB erkennt den Wert von ,eSport‘ als Teil einer modernen Jugend- und Alltagskultur an, nicht jedoch als eigenständige sportliche Aktivität. Von daher empfiehlt der DOSB seinen Mitgliedsorganisationen, pädagogische Konzepte für den Umgang mit ,eSport‘ in Vereinen zu entwickeln und entsprechende Qualifizierungen vorzuhalten“ (S. 4). Ob hier wirklich die Qualifizierung z. B. zum CounterStrike Trainer gemeint ist, wird nicht weiter ausgeführt.

Anstatt sich klar zu positionieren, hält sich der DOSB damit alle Optionen offen. Dies wundert kaum, denn als Teil der internationalen olympischen Organisationsformen muss er ein Auge auf die olympischen Spiele haben. Denn es wird auch künftig immer wieder olympische Spiele in Asien geben. Dort sind seit Jahren elektronische Spiele, in denen man entweder allein mit virtuellen Waffen und Monstern gegeneinander kämpft oder als Gruppe (Mann-schaft), fester Bestandteil der Kultur. Statt Bundesliga-Fußballern auf dem Rasen, schaut man in Korea samstags und sonntags am Fernseher zur besten Sendezeit Monster-killenden Ballerern in virtuellen Umgebungen zu. Da vom jeweiligen die olympischen Spiele ausrichtenden Land Vorschläge für neue Sportarten gemacht werden können, werden über kurz oder lang olympische Spiele in Asien mit Goldmedaillen in Killerspielen immer wahrscheinlicher.

Im „Leitbild des Deutschen Sports“ vom Deutschen Sportbund (DSB) aus dem Jahr 2000 steht zwar noch geschrieben „Olympia symbolisiert weltweit den Traum vom friedlichen Miteinander der Völker [[10]].“ Aber dieser Traum wurde längst durch eine andere Realität ersetzt. Machen wir uns nichts vor: Seitdem in den 1970erund 1980er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts der Amateurstatus der Olympiateilnehmer zunächst gelockert und dann praktisch ganz aufgegeben wurde und damit Profisportler bei Olympiaden teilnehmen dürfen, ist die Olympiade zu einem Kommerzspektakel verkommen.[ 4 ] Es geht um Sende- und Übertragungsrechte, und damit um Millionen bzw. mittlerweile um Milliarden. Olympischer Sport wurde damit zum Geschäft. E-Sport war nie etwas anderes. Damit steht zu erwarten, dass sich beides weiter annähert, weil es schon jetzt im Grunde das Gleiche ist.


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Ist E-Sport gemeinnützig?

In einer Stellungnahme zur Anhörung im Sportausschuss des Deutschen Bundestages am 28. November 2018 schreibt der E-Sport Bund Deutschland selbst: „Die steuerrechtlichen Vorschriften über die Gemeinnützigkeit stellen das zentrale staatliche Instrument zur Privilegierung von zivilgesellschaftlichem Zusammenwirken mit gesamtgesellschaftlichem Nutzen dar“ [[11], S. 10]. Dieser Nutzen wurde für den Sport im erwähnten „Leitbild des DSB im Jahr 2000, auf das der DOSB (seine Nachfolgeorganisation) explizit hinweist, wie folgt formuliert: „Würde und Freiheit der Person stehen im Mittelpunkt. Auf dieser Basis bekennen sich die Vereine und Verbände zu einem humanistisch geprägten Menschenbild […] Ihr Sportangebot dient dem Menschen zur bewegungs- und körperorientierten Persönlichkeit und strebt Gesundheit in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht an. Insbesondere für Kinder und Jugendliche […]. In Verantwortung für kommende Generationen und die Umwelt fördern die Vereine und Verbände des Sports eine nachhaltige Sportentwicklung.“

Gemäß diesem Leitbild des DSB kann E-Sport nicht gemeinnützig sein. Beim E-Sport geht es nicht um virtuelles Bogenschießen oder Golfspielen (▶Tab. [1] ), und nur am Rande um virtuellen Basketball oder Fußball, denn damit ist kein Geld zu verdienen. Vielmehr geht es um Emotionen wie Aggressivität, Zorn, Wut und um die Ausübung von Gewalt, wie schon ein flüchtiger Blick auf Abbildung 2 zeigt: Das Symbol von Anarchie im Schriftzug des Spiels Rage 2, das der ESDB in seinem Internetauftritt so prominent bewirbt, passt so gar nicht zur Förderung von „zivilgesellschaftlichem Zusammenwirken“, mit dem „staatliche Privilegierung“ und damit die Gemeinnützigkeit gerechtfertigt werden soll. Man kann an dieser Stelle im Grunde nur noch darüber debattieren, was skandalöser ist: der Aufruf zum virtuellen Praktizieren von Anarchie, Wut und Raserei mit sehr viel Waffengewalt an ein jugendliches männliches Publikum, oder die Frechheit, einen solchen Aufruf direkt neben der kühl formulierten politischen Forderungen an die demokratische Gemeinschaft nach Gemeinnützigkeit zu platzieren. Denken die Macher der Webseite wirklich gar nicht? Es handelt sich ja um clevere Geschäftsleute, denen man Ignoranz und Dummheit (zu deren Gunsten) kaum unterstellen kann.

Nicht nur die in Abbildung 2 verwendete Bildsprache kontrastiert eindrücklich mit dem erklärten Ziel der Anerkennung der Gemeinnützigkeit und damit der öffentlichen Förderung. Vielmehr sind es vor allem die bekannten und wissenschaftlich gut untersuchten negativen Folgen von Computerspielen für die Entwicklung der Persönlichkeit und Gesundheit in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht. Diese Entwicklung wird vom Sport gefördert, vom E-Sport aber beeinträchtigt. Computerspiele können nachweislich zur Sucht führen, denn nicht zuletzt sind sie so programmiert, um diesen Effekt zu erzeugen. Die Computer- und Internet-Sucht ist zudem seit Sommer 2018 offiziell von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Krankheit anerkannt und wird weltweit mittels standardisierter Erhebungsinstrumente diagnostiziert [[14], [22], [26], [29]]. Zudem führen Computerspiele auch deshalb zur Sucht, weil in ihnen (wie früher in Film und Fernsehen auch schon) für den Konsum von Alkohol, Nikotin und andere Drogen geworben wird [[15], [21], [24], ▶Abb. [3] ).

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Abb. 3 Illegale Drogen in Computerspielen [nach 2].
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Abb. 4 E-Sports – No Sports? War der Titel der vierten Ausgabe des von den Organisatoren des Stuttgarter Sportgesprächs herausgegebenen Magazins, aus dem in der vorliegenden Arbeit auch zitiert wird [nach 7]

Computerspiele führen zudem zu Kurzsichtigkeit, Haltungsschäden („Playstation-Daumen“, „Nintendinitis“ [[16], [31]] sowie zu Bewegungsarmut und Übergewicht, Aufmerksamkeitsstörungen, Schlafstörungen, Diabetes, sozialem Rückzug, Denkstörungen und Depression, vermehrter Aggressivität sowie verminderter Lebensqualität. Darüber hinaus bewirken Computerspiele Schulversagen und mangelnde Bildung, wodurch sich das Lebenseinkommen und damit die sozialen Aufstiegschancen vermindern [[30]]. Die – auch im Koalitionsvertrag behaupteten – positiven Wirkungen bestehen dagegen nicht, sondern sind das Resultat methodisch fragwürdiger Studien oder durch Fehlinterpretationen mancher Ergebnisse zustande gekommen [[30]].

Dass die weltweit bekannten und sehr gut publizierten negativen Folgen von Computerspielen im Koalitionsvertrag mit keinem Wort erwähnt werden, zeigt sehr deutlich an, wie gut die Lobbyarbeit der E-Sport- und Computerspielverbände funktioniert. Falschaussagen waren schon immer ein probates Mittel, Geschäfte zu machen. Man denke nur an die Tabak-Lobby und deren über Jahrzehnte wiederholten Falschaussagen zu Fehlen eines Zusammenhangs zwischen Rau-chen und Lungenkrebs. Computerspiele wurden in Anlehnung an die Begriffe Hardware und Software mit Recht auch als Exploitationware, d. h. als Instrument der Ausbeutung, bezeichnet [[3]].


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Diskussion in Stuttgart

Es gibt gegenwärtig eine lebhafte Diskussion zum E-Sport. Besonders lebhaft durfte ich das im Rahmen des 15. Stuttgarter Sport-gesprächs (▶Abb. [4] ) am 4.2.2019 erleben, einer seit Jahren von einem Juristenverein organisierten Veranstaltung in den Räumen der Sparda-Bank in Stuttgart unweit vom Bahnhof. Diese als „Informationsveranstaltung“ getarnte Werbe-Veranstaltung für den E-Sport war gut besucht. Vor der Podiumsdiskussion führten 2 Profi-Spieler das Spiel Fifa dem Publikum vor (▶Abb. [5] ), bei dem 2 Fuß-ballmannschaften computergesteuert auf dem virtuellen Rasen herumrennen und man jeweils einen „von Hand“ kontrollieren kann, um Tore zu schießen. Man sitzt dabei, nach Auskunft der Spieler ist das sehr anstrengend und ermüdend – wie Sport eben. Man müsse auch als Profi mindestens 6 Stunden täglich trainieren, vor allem dann, wenn sich das Spiel ändert.

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Abb. 5 Vorführung des Spiels Fifa währen des 15. Stuttgarter Sportgesprächs am 4.2.2019. die beiden Profispieler betrachten das Geschehen auf einem Bildschirm vor ihnen. Jeder kontrolliert jeweils einen von ihm ausgewählten Spieler seiner Mannschaft mit Hilfe des Controllers. Hinter den Spielern wurde das laufende Spiel für die Zuschauer angezeigt Fotoquelle: Autor, privat.
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Abb. 6 E-Sport-Wettbewerb (World Cyber Games in Singapur, 2005, © wiki commons
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Abb. 7 Die DreamHack vom 25. bis 28. November 2004 im schwedischen Jönköping war mit 5272 Teilnehmern und 5852 Computern, die durch ein einziges Local Area Network verbunden waren, damals die größte LAN-Party der Welt (Aufnahme in das Guinness-Buch der Rekorde). Der Name der Veranstaltung ist identisch mit dem Veranstalter (DreamHack), der mittlerweile europa-weit solche Veranstaltungen durchführt und seit 2015 der Modern Times Group (vgl. Tabelle 2, ESL) gehört.

Der Hintergrund der Änderungen? Profitmaximierung! (Kasten). Die Publisher der Spiele führen also aus Profitgründen immer neue Softwareentwicklungen in die Spiele ein. Dies bedeutet für den Spieleprofi, dass er „dranbleiben“ muss, zum einen finanziell und zum anderen mit dem Training.[ 5 ] Dies macht einmal mehr deutlich, dass Gewinnmaximierung die treibende Kraft darstellt, die hinter E-Sport steckt. Beim kommerziellen E-Sport geht es nicht um Bogenschießen oder Basketball, sondern um Games wie diejenigen, die beispielhaft in Tabelle 1 angeführt sind. Und es geht nicht um einzelne Spieler, die sich während des Spiels auch noch witzelnd unterhalten (wie das beim Event der Fall war; vgl. ▶Abb. [4] ), sondern es geht um sehr viele Spieler, die zumeist jeder für sich und gelegentlich auf großen Turnieren (▶Abb 6 – ▶Abb. [8] ) vereinzelt (und mit Kopfhörer) vor Bildschirmen sitzen.

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Abb. [8] Mittlerweile ziehen Großveranstaltungen (a: 2011; b: 2015) in den Messehalten von Leipzig oder Köln (oben: https://twistedsifter.com/2011/08/picture-of-the-day-the-worlds-largest-lan-party; abgerufen am 4.3.2019; unten: https://www.mtg.com press-releases/mtg-acquires-dreamhack/; Abgerufen am 4.3.2019) Zehntausende von Besuchern an. Auf der deutschen Gamescom 2018 in Köln, der weltweit größten Veranstaltung dieser Art, wurden 370000 Besucher verzeichnet [nach 19].

An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen die Präsidentin des DOSB Veronika Rücker, der Chef der E-Fußballmannschaft des VfB Stuttgart Christian Ruf, der Chef des SAP-Sponsoring in Europa und Asien Lars Lamadé, der Moderator und ich teil. Ich argumentierte gegen die Gemeinnützigkeit von E-Sport: Bildschirmmedien schaden nachweislich der kognitiven, psychosozialen und körperlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Mit Steuergeldern unseren Kindern schaden? Das wollen wir nicht! Interessant war die mediale Berichterstattung zu diesem „Event“, wie man heute sagt. So berichtete die Stuttgarter Zeitung am Tag danach, dass „es eine überraschende Annäherung zwischen dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und den sogenannten E-Sportlern gegeben“ habe. Im Regio-TV Stuttgart wurde ebenfalls darüber „berichtet“, allerdings ohne ein einziges Wort der Kritik: Stattdessen wurde E-Sport sehr positiv dargestellt, d. h. es wurde Meinungsmache betrieben anstatt Berichterstattung. Die Lobby hatte wieder einmal ganze Arbeit geleistet.


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Diskussion

Halten wir zunächst noch einmal fest: „Sport“ kann man nicht definieren – ebenso wenig wie „Spiel“. Daher bringt es auch wenig, die Frage beantworten zu wollen, ob E-Sport Sport sei. Dies geschieht jedoch in der Diskussion nicht selten, denn man kann dies in der Diskussion um E-Sport nutzen. Die Befürworter des E-Sport haben diese Chance längst erkannt und in der Diskussion kritischer Einwände zum E-Sport den Spieß einfach herumgedreht. Betrachten wir beispielsweise die ausführliche Stellungnahme der (Sport-)Professoren Wendeborn, Schulke und Schneider [[32]] zur ablehnenden Haltung des E-Sports von Borggrefe. Will man begründen, warum E-Sport kein Sport ist, ist Kontern leicht:

  • „E-Sport ist ungesund“ – „das ist fast jeder Spitzensport auch.“

  • „Beim E-Sport bewegt sich doch keiner“ – „beim Schach auch nicht.“

  • „Beim E-Sport geht es doch nur um Technik“ – „beim Motor-sport auch.“

  • „E-Sport transportiert die falschen Werte“ – „Boxen auch“.

  • „Bei E-Sport geht es um Gewalt“ – „In Fußballstadien ist mehr Gewalt als bei Games.“

Hier zeigt sich die Trageweite der formulierten Einsicht, dass man durch den Vergleich von E-Sport mit Sport (der sich nicht definieren lässt) nicht weiterkommt. Die Diskussion vernebeln lässt sich mit den Argumenten (a) bis (e) jedoch sehr leicht. Neben diesem „Verständnis von Sport und den daraus resultierenden Ableitungen“ – gemeint sind die Argumente (a) bis (e) – halten die Auto-ren die „Abgrenzung zwischen dem klassischen Sport und einer zunehmend technikinduzierten Gesellschaft“ für „tendenziell antimodernistisch“ und kritisieren die „ethisch eher einseitige Verortung von eSport“ im Sinne gewaltverherrlichender Shooting-Spiele. „Im Sinne einer alternativen Interpretationsofferte werden die Ausführungen von Borggrefe [[4]] zum Anlass genommen, eSport entlang der 3 genannten Problemfelder weniger sportapodiktisch denn -liberaler zu kontextualisieren“ [[32]].


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PROFIT MIT MMORPGS

In der Wikipedia findet man unter MMORPG (Massively Multiplayer Online Role-Playing Game; übersetzt Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiel) die folgenden Ausführungen zu deren Geschäftsmodel: „Üblicherweise werden MMORPGs ständig von den Betreiberfirmen weiterentwickelt und können sich mit der Zeit leicht, aber auch sehr stark, im Spieldesign verändern. Neue Inhalte (z. B. neue Kontinente der virtuellen Welt) werden in der Regel über kostenpflichtige Erweiterungen hinzugefügt, die nur Käufer der Erweite-rung betreten können. Die Kosten für Wartung und Betrieb der Server sowie für neue Entwicklungen werden in der Regel an die Kunden durch monatliche Gebühren weitergegeben. Diese variieren meistens nach Laufzeit des Abonnements und nach Spieltitel zwischen 10 und 15 Euro im Monat. Daneben gibt es andere Geschäftsmodelle, bei denen z. B. seltene Waffen oder Rüstungen kostenpflichtig sind“ [[33]; Hervorhebung durch den Autor].

Die „kostenpflichtigen Erweiterungen“ sind offenbar sehr profitabel: „Die Erweiterungen, die meist jährlich erscheinen, sind eine sichere Geldquelle für die Spielehersteller und -vertriebsfirmen, da sie in der Regel eine verbesserte Grafik, neue Spielelemente, eine Erweiterung der Level-Obergrenze der Spielcharaktere und mächtigere Gegenstände zur Verbesse-rung der Eigenschaften bieten, auf die die etablierten Spieler nicht verzichten wollen“ [[33]].

Ganz besonders profitabel sind die beim E-Sport gespielten Spiele, wie näher beschrieben wird: „Im Gegensatz zu Computerspielen für Einzelnutzer werden bei den meisten MMORPGs in der Regel neben dem einfachen Kaufpreis zusätzlich monatliche Entgelte fällig. Die großen kommerziellen Anbieter verlangen dabei monatlich zwischen 10 Euro und 22 Euro. Neben diesen Grundentgelten werden bei einzelnen Titeln auch für das Spielen mehrerer Charaktere […] oder die Nutzung von zusätzlichen Funktionen […] zusätzlich monatliche Entgelte berechnet. Während die Bezahlung meist mit einer Kreditkarte oder per Lastschriftverfahren funktioniert, gibt es immer mehr Spiele, die Game Cards – eine Art Prepaidkarte für MMORPGs – verkaufen oder andere unkonventionelle Bezahlmethoden anbieten [[33]].

Der Umsatz mit Computerspielen hat mittlerweile weltweit den Umsatz der Kino- und Filmbranche übertroffen, mit 27,6 Milliarden US-Dollar in China, 25,1 Milliarden in den USA, 12,6 Milliarden in Japan – gefolgt von Deutschland an vierter Stelle mit 4,4 Milliarden US-Dollar (Wikipedia, die Daten beziehen sich auf das Jahr 2017).

In dieser schwer erträglichen Diktion argumentieren die Auto-ren dann weiter: „eSport versteht sich nicht als zufällig präfigiertes lexikalisches Morphem des Sportbegriffs.[ 6 ] […] Ohne die DNA des Sports elektronisch zu verwässern, wird eine Anschlussfähigkeit der Diskussion zur gesellschaftlichen Bedeutung und Relevanz von Bewegung, Spiel und Sport in einer zunehmend von Digitalität (d. h. der Verschränkung analoger und digitaler Welten in eine Augmented Reality, z. B. durch 3 D-Brillen, Tracking durch Wearables und subkutane Chips, Bewegungssimulatoren, Hologramme) geprägten sportlichen Wirklichkeit ermöglicht.“[ 7 ] Und weiter: „An-hand der dargestellten Entwicklungen lassen sich Entgrenzungserscheinungen zwischen dem klassischen Sport und dem eSport identifizieren. Entgrenzung wird als soziologischer Terminus verstanden und als Chiffre gedeutet, um bedeutsame Wandlungstendenzen in Zivilgesellschaften bezüglich vielfältiger sozialer Phänomene zu beschreiben.“[ 8 ]

Letztlich gehe es darum, „ zu prüfen, ob sich die Verschränkung des Lebensraumes Schule mit dem eSport – als Teil der Kinder- und Jugend(sport)kultur – in neuen hybriden Strukturen der Ganztagsbildung sowie in einer neuen Qualität unterrichtlicher, unterrichtsaffiner und außerunterrichtlicher Angebote für alle Kinder und Jugendlichen etablieren kann.“ – Ballern in der Schule, entweder als Schulfach, oder wenigstens so halb und auf jeden Fall in der Jugend(sport)gruppe! Was könnten sich die Hersteller von Computerspielen mehr wünschen?

Glücklicherweise sehen das die meisten Sportler anders. In einem kürzlich publizierten Interview beispielsweise bezieht der weltbekannte deutsche Rodler Georg Hakl klar Stellung: „Sport ist für mich erst einmal Bewegung in irgendeiner Form – ob in Verbindung mit Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit oder einem hochgradig koordinativen Anspruch wie zum Beispiel auf einer Slackline. Aber es geht immer um eine Anforderung, der ich mich mit meinem Körper in meiner Umwelt stelle. Das eine ist also das Lösen von Bewegungsaufgaben, das andere die Wahrnehmung der Umwelt – zwei ganz wesentliche Bestandteile beim Sport. Und das fällt beim eSport beides weg“.


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Interessenkonflikt

Es bestehen keine Interessenkonflikte.

1 Diese Informationen entstammen zum einen der „Stellungnahme zur Anhörung im Sportausschuss des Deutschen Bundestages am 28. November 2018“ [[12]], wo man auf S. 6 lesen kann: „Insgesamt kennen 16,5 Millionen Deutsche die Bedeutung von eSport. Mehr als 3 Millionen Menschen in Deutschland schauen mindestens einmal im Monat eSport-Matches oder sind selbst im eSport in einer Amateurliga aktiv. 75 % dieser Menschen sind dabei unter 35.“ Dort ist durchweg von Gamer/Innen die Rede, auch wenn die Zahl der Gamerinnen sehr ge-ring ist. Das beste Beispiel: Der Spieleentwickler Blizzard verpflichtete für die Overwatch-Liga 100 neue Spieler – darunter war zunächst keine einzige Frau. „Mittlerweile wurde zwar Kim Se-Hyeyon, die beste Over-watch-Spielerin der Welt, nachträglich noch für ein Team nominiert. Das grundlegende Problem löst das allerdings nicht“ [[17]].


2 Mittlerweile haben sich die Fraport Skyliners bereits wieder aus dem E-Sport zurückgezogen [[25]], denn finanziell erwies sich diese Aktivität als Verlust. Sie waren damit als erste dabei und als erste nicht mehr dabei.


3 Im Gegensatz dazu hatte man für die Olympischen Spiele des Jahres 1908 in London Motorbootrennen über jeweils 40 Seemeilen (74 km) in 3 Boots-Größenklassen (A: unbegrenzt; B: bis 60 Fuß; C: bis 8 Meter) zugelassen. Die Wetterbedingungen an den beiden Wettkampftagen waren jedoch so schlecht (Regen, Sturm, hohe Wellen), dass jeweils nur ein einziges Boot (zweimal ein britisches und einmal ein französisches) das Ziel erreichte. Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrungen im britischen Sommer (28. und 29. August) 1908 blieben diese olympischen Motorbootrennen einmalig.


4 Im Jahr 1972 betrug das Vermögen des Internationalen Olympischen Komitees 2 Millionen US-Dollar, im Jahr 1980 waren es bereits 45 Millionen US-Dollar. In diesem Jahr übernahm Juan Antonio Samaranch die Präsidentschaft des IOC mit dem erklärten Ziel, die Finanzen deutlich zu verbessern. Vier Jahre später betrug der Überschuss bei den Olympischen Sommerspielen in Los Angeles durch Sponsoring und den Verkauf von Übertragungsrechten 225 Millionen US-Dollar, und heute geht es bei Olympia um Milliardenbeträge.


6 Dies wiederspricht übrigens direkt der Idee von einem olympischen Sport, der festgelegte Regeln hat, die sich gerade nicht ändern. Dies ist einer der Gründe, warum der DOSB bislang Computerspiele nicht für olympiafähig hält.


6 Hierzu muss man anmerken: Das „E“ in „E-Sport“ steht keineswegs „zufällig“ vor dem Sport. Warum wird dies von den Autoren behauptet?


7 Wenn dies nicht die DNA des Sports verwässert, was dann?


8 Wer etwas als Chiffre deutet, um etwas zu beschreiben oder zu verstehen, hat entweder nicht verstanden, was „Chiffre“ bedeutet (Zeichen einer Geheimschrift, das es zu deuten gilt) oder was „verstehen“, „beschreiben“ oder gar „bedeuten“ meint.



Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer
Universität Ulm
Abteilung für Psychiatrie
Leimgrubenweg 12–14
87054 Ulm


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Abb. 1 Beispiele von Waffen aus dem Computerspiel Counter-Strike: Global Offensive, einschließlich einer Abbildung der jeweils realen Waffe, und ihrer Spieleigenschaften wie Durchschlagskraft, Munition, Reichweite, Zahl der möglichen Opfer, Preis „Abschussprämie“ und „Mann-stoppwirkung“ (Screenshots aus dem Wikipedia-Eintrag zu Counter-Strike: Global Offensive; die Tabelle im Original enthält 33 Einträge, von denen hier nur 4 beispielhaft wiedergegeben sind). Quelle: Wikipedia
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Abb. 2 Ausschnitt (Screenshot) der Mitteilung zur Gründung des eSport-Bund Deutschland (ESBD) am 26.11.2017. Man beachte die Illustration rechts, die inhaltlich von der künftigen Einführung eines neuen Spiels am 14.5.2019 handelt, und deren verwendete Bildsprache keinen größeren Kontrast zum Text links bilden könnte: Der Text spricht von „überparteilicher Instanz“, „sportpolitischer Anerkennung“ als olympische Disziplin“ und gipfelt in der Forderung nach „Gemeinnützigkeit“. Im Bild rechts imponiert der auf ein neues Ego-Shooter-Spiel verweisende Schriftzug „RAGE 2“ (das englische Wort „rage“ hat im Deutschen die Bedeutung von: Wut, Raserei, Zorn, Koller, Tobsucht, Erbitterung), geschrieben mit dem Symbol von Anarchie. Die „2“ meint offenbar nicht nur eine neue, zweite Auflage des Spiels, sondern impliziert auch einen Steigerungsmodus von Wut und Raserei. Diese Interpretation wird durch das „Kleingedruckte“ rechts unten gestützt: „Irre, irrer, RAGE 2“ [nach 11].
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Abb. 3 Illegale Drogen in Computerspielen [nach 2].
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Abb. 4 E-Sports – No Sports? War der Titel der vierten Ausgabe des von den Organisatoren des Stuttgarter Sportgesprächs herausgegebenen Magazins, aus dem in der vorliegenden Arbeit auch zitiert wird [nach 7]
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Abb. 5 Vorführung des Spiels Fifa währen des 15. Stuttgarter Sportgesprächs am 4.2.2019. die beiden Profispieler betrachten das Geschehen auf einem Bildschirm vor ihnen. Jeder kontrolliert jeweils einen von ihm ausgewählten Spieler seiner Mannschaft mit Hilfe des Controllers. Hinter den Spielern wurde das laufende Spiel für die Zuschauer angezeigt Fotoquelle: Autor, privat.
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Abb. 6 E-Sport-Wettbewerb (World Cyber Games in Singapur, 2005, © wiki commons
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Abb. 7 Die DreamHack vom 25. bis 28. November 2004 im schwedischen Jönköping war mit 5272 Teilnehmern und 5852 Computern, die durch ein einziges Local Area Network verbunden waren, damals die größte LAN-Party der Welt (Aufnahme in das Guinness-Buch der Rekorde). Der Name der Veranstaltung ist identisch mit dem Veranstalter (DreamHack), der mittlerweile europa-weit solche Veranstaltungen durchführt und seit 2015 der Modern Times Group (vgl. Tabelle 2, ESL) gehört.
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Abb. [8] Mittlerweile ziehen Großveranstaltungen (a: 2011; b: 2015) in den Messehalten von Leipzig oder Köln (oben: https://twistedsifter.com/2011/08/picture-of-the-day-the-worlds-largest-lan-party; abgerufen am 4.3.2019; unten: https://www.mtg.com press-releases/mtg-acquires-dreamhack/; Abgerufen am 4.3.2019) Zehntausende von Besuchern an. Auf der deutschen Gamescom 2018 in Köln, der weltweit größten Veranstaltung dieser Art, wurden 370000 Besucher verzeichnet [nach 19].