Aktuelle Dermatologie 2019; 45(01/02): 32-39
DOI: 10.1055/a-0806-9034
Eine Klinik im Blickpunkt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pityriasis rubra pilaris – eine seltene entzündliche Dermatose mit vielen Facetten

Pityriasis rubra pilaris – A Rare Multifacetted Inflammatory Skin Disease
K. Kahlert
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg
,
H. Hamm
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg
,
M. Goebeler
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg
,
A. Kerstan
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg
› Author Affiliations
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Katrin Kahlert
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universitätsklinikum Würzburg
Josef-Schneider-Straße 2
97080 Würzburg

Publication History

Publication Date:
12 February 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Die Pityriasis rubra pilaris (PRP) ist eine seltene entzündliche, papulosquamöse Dermatose, die in 6 verschiedenen Manifestationsformen (Subtypen) sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen mit großer Variabilität auftreten kann. Bei allen Subtypen sind in den Anfangsstadien follikulär gebundene, keratotische Papeln zu beobachten, die nach variabler Latenz zu unterschiedlich großen, gut begrenzten Plaques mit krankheitstypischem, orange-rotem Farbton konfluieren. Dabei finden sich bei den ausgedehnteren Verlaufsformen charakteristischerweise innerhalb der Plaques Inseln gesunder Haut (nappes claires). Nicht selten entsteht eine palmare und plantare, wechselnd stark ausgeprägte Hyperkeratose. Die PRP bietet ein breites klinisches Spektrum, das von einem lokalisierten Befall der Extremitäten bis hin zu erythrodermatischen Formen reicht, die mitunter bereits im Säuglingsalter beginnen können.

Die vorliegende Arbeit gibt eine Übersicht über den aktuellen Kenntnisstand dieser bislang wenig verstandenen Dermatose.


Abstract

Pityriasis rubra pilaris (PRP) is a rare inflammatory skin disease. There are 6 distinct subtypes with striking clinical variation in both children and adults. Basic elements noted across all subtypes include follicular keratotic papules that evolve to distinct, well-demarcated, scaling plaques of various sizes with typical reddish-orange hue. More generalized subtypes tend to show intervening areas of unaffected skin, known as “islands of sparing” (nappes claires), which represent a characteristic feature. PRP shows a broad spectrum of presentations ranging from mild manifestations confined to extremities to severe disease developing into erythroderma.

The present review provides an overview of the current state of knowledge of this hitherto poorly understood dermatosis.


Einleitung

Auf den ersten Blick ähnelt die klassische Pityriasis rubra pilaris mit ihrem klinisch entzündlichen Aspekt der sehr viel häufigeren Psoriasis vulgaris. Diese Beobachtung führte bei der Erstbeschreibung 1835 zu der Annahme, es handele sich um eine Variante der Psoriasis [1]. 1856 wurde die Erkrankung erstmalig als Pityriasis rubra von der Psoriasis abgegrenzt [2], 1889 wurde der Begriff Pityriasis rubra pilaris (PRP) geprägt [3].

Der individuelle Verlauf, die weitgehend unklare Pathogenese und die Seltenheit der Dermatose stellt den Kliniker häufig vor diagnostische und therapeutische Herausforderungen. Die geringe Prävalenz um 1/400 000 ist ursächlich für die limitierte Datenlage zu Pathogenese, Klinik, Therapie und insbesondere zum longitudinalen Verlauf [4]. Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung des aktuellen Kenntnisstandes zur PRP mit besonderem Fokus auf eine 2016 veröffentlichte, multinationale Studie, die anhand der Untersuchung von 100 Patienten mit der Diagnose PRP die besten aktuell verfügbaren Daten zur Beschreibung der Erkrankung liefert [5].


Pathogenese

Die Pathogenese der PRP ist weitgehend unklar. Einzig die genetische Ursache von Typ V gilt als gesichert.

Die frühere Annahme, ein erniedrigter Vitamin-A-Spiegel spiele eine pathogenetische Rolle, ist umstritten [6] [7] [8]. Dies spiegelt sich u. a. im begrenzten Ansprechen der Erkrankung auf Retinoide wider. Diskutiert wird die Rolle einer überschießenden Aktivierung entzündlicher Signalwege und konsekutiv erhöhter Konzentrationen entzündlicher Zytokine, insbesondere TNF (Tumor-Nekrose-Faktor)-α und IL (Interleukin)-23. Neben der Überexpression dieser Zytokine in läsionaler Haut wird ihre mögliche Bedeutung durch Fallberichte über die erfolgreiche Therapie mit Biologika, z. B. Adalimumab [9] und Ustekinumab [10], gestärkt.

Einzelfallberichte über das Auftreten einer PRP nach Streptokokken- [11] und viralen Infekten [12] [13] sowie die Manifestation im Rahmen einer HIV-Infektion [14] stützen die Annahme einer Assoziation zu Infektionskrankheiten. Ferner wurden Fälle beobachtet, die im Rahmen von Tumorerkrankungen wie hepatozellulärem und Bronchialkarzinom auftraten [15] [16] [17]. Des Weiteren existieren Fallberichte über das Auftreten einer PRP nach Gabe verschiedener Medikamente, z. B. Insulin [18]. Ein kausaler Zusammenhang zu den beschriebenen Koinzidenzen konnte bisher jedoch nicht bestätigt werden.


Klinik

Verlauf und Klinik der PRP sind sehr individuell. Spontanremissionen innerhalb kurzer Zeit sowie protrahierte Verläufe über Jahre sind möglich. Das Alter bei Erstmanifestation zeigt eine bimodale Verteilung mit einem Gipfel in der 1. Lebensdekade (ca. 12 % aller Fälle) und einem Gipfel im 6. bis 7. Lebensjahrzehnt (ca. 60 % aller Fälle) [5].

Griffith unterteilte die Erkrankung 1980 nach Klinik, Alter und Prognose (Abheilung) in 5 Subtypen [4], seit 1995 wird ein weiterer Typ in Assoziation zur HIV-Infektion abgegrenzt [14] ([Tab. 1]). Insbesondere in Frühstadien ist die Erkrankung sehr variabel. Im Vergleich zur Psoriasis ist das Gesicht häufiger betroffen. Nach unterschiedlich langer Persistenz mündet die PRP nicht selten in eine Erythrodermie [5].

Tab. 1

Subtypen der Pityriasis rubra pilaris.

Typ

Manifestationsalter

Klinik

I
klassisch adult

Erwachsene

  • generalisiert

  • follikulär gebundene, orange-rote, keratotische, feinlamellär schuppende Papeln und Plaques, palmoplantares Keratoderm

II
atypisch adult

Erwachsene

  • generalisiert

  • Ichthyosis-artige Hautveränderungen, grobschuppende palmoplantare Hyperkeratose, spärliches Kopfhaar

III
klassisch juvenil

in den ersten Lebensjahren

  • wie Typ I

IV
atypisch juvenil

meist vor der Pubertät

  • fokal

  • follikulär gebundene, orange-rote Papeln und Plaques, vorwiegend an Ellenbogen und Knien

V
umschrieben juvenil

in den ersten Lebensjahren

  • generalisiert

  • follikulär gebundene, blass-erythematöse bis leicht braune, keratotische, feinlamellär schuppende Papeln und Plaques

  • gelegentlich an Sklerodermie erinnernde Veränderungen an Händen und Füßen

  • tritt familiär gehäuft auf (Mutationen in CARD14)

VI
HIV-assoziiert

Erwachsene

  • Überlappung mit Typ I

  • orange-rote, follikulär betonte Papeln, flächig verteilt

  • oft assoziiert mit Acne conglobata und Hidradenitis suppurativa (Acne inversa)

Unabhängig vom Subtyp treten bei 90 % der Patienten im Verlauf der Erkrankung flächige, erythematöse Plaques auf, in einem Fünftel der Fälle mit Betonung von Ellenbogen und Knien. In 28 % der Fälle sind diese Plaques hyperkeratotisch und durch eine Hautinduration oder Spannungsgefühl gekennzeichnet. Fast immer (90 %) kommt es zur Schuppung der Haut. Regelmäßig werden eine palmoplantare Keratodermie (78 %) und eine diffuse Alopezie (76 %) beobachtet. Der Großteil der Patienten (72 %) weist eine Nagelbeteiligung in Form von Pachyonychie, Dyschromasie oder Onycholyse auf. 80 % der Patienten beklagen Juckreiz, etwa die Hälfte leidet unter einem Brennen der Haut. Knapp die Hälfte der Patienten fühlt sich durch die Erkrankung psychisch stark beeinträchtigt [5].

Die korrekte Diagnose wird meist erst nach Jahren (im Mittel nach 29 Monaten) gestellt. In der 2016 veröffentlichten Studie von Ross et al. wurde die Sicherheit der korrekten Diagnose, beruhend auf klinischen und histopathologischen Kriterien, in 4 Wahrscheinlichkeitsgrade (Level 1 – 4) unterteilt. In nur 50 % der Fälle wurde die Diagnose als sehr wahrscheinlich angesehen (Level 1), was die Komplexität der Erkrankung verdeutlicht. Nur ein Viertel der Patienten mit hoher diagnostischer Sicherheit (Level-1-Fälle) wurde primär richtig diagnostiziert. Die wichtigste Differenzial- und Fehldiagnose war die Psoriasis (24 % der Level-1-Fälle), daneben wurde die PRP mit einem Kontaktekzem (10 %), mit Ekzemen unklarer Genese (8 %) und dem seborrhoischen Ekzem (6 %) verwechselt. Seltenere in Betracht gezogene Differenzialdiagnosen waren Arzneimittelreaktionen (4 %), atopisches Ekzem (4 %), Pityriasis rosea (4 %), psoriasiforme Dermatitis (2 %), Mycosis fungoides (2 %), Parapsoriasis (2 %), kutaner Lupus erythematodes (2 %), andere Dermatitiden (2 %) und Tinea (2 %) [5]. Interessanterweise fanden die Autoren eine Hypothyreose bei Patienten mit PRP deutlich häufiger (20 % der Level-1-Fälle) als in der Normalbevölkerung (um 5 %) [5]. In Einzelfällen wurde eine Besserung der PRP unter erfolgreicher Therapie der Hypothyreose beschrieben [19] [20]. Komorbiditäten wie Dyslipidämie (18 % der Level-1-Fälle), Diabetes (8 % der Level-1-Fälle) und maligne Erkrankungen (10 % der Level-1-Fälle) scheinen sich nicht signifikant von der Normalbevölkerung zu unterscheiden [5].

Aufgrund der beschriebenen Komorbiditäten und der Seltenheit der Erkrankung sollten bei klinischem Verdacht auf eine PRP immer eine Histologie gewonnen, eine HIV-Infektion ausgeschlossen und das Differenzialblutbild untersucht werden.


Subtypen

Typ I – klassischer adulter Typ

Der Typ I stellt mit etwa 50 % [4] [5] die häufigste PRP-Form mit Erstmanifestation im Erwachsenenalter dar. Die Hautveränderungen beginnen i. d. R. im Gesicht und breiten sich innerhalb von Wochen bis Monaten in kraniokaudaler Richtung aus. Typisch sind zu Beginn follikulär gebundene, hyperkeratotische Papeln, die relativ rasch zu orange-roten, fein schuppenden, großflächigen Plaques konfluieren, typischerweise unter Aussparung von Inseln unbetroffener Haut (nappes claires) ([Abb. 1]). Meistens entwickelt sich eine Erythrodermie. Palmoplantare Hyperkeratosen sind häufig, an den Nägeln können Pachyonychien, subunguale Hyperkeratosen und Splitterblutungen auftreten [21]. Früher nahm man an, dass es in etwa 80 % der Fälle innerhalb von 3 Jahren zu einer Spontanremission kommt.

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Abb. 1 Pityriasis rubra pilaris, Typ I (klassischer adulter Typ).

Typ II – atypische adulte Form

Der Typ II hat einen Anteil von etwa 5 % [4] [5] unter den PRP-Fällen. Ichthyosis-ähnliche Hautveränderungen, v. a. an den unteren Extremitäten, und palmoplantare Hyperkeratosen sind charakteristisch. Der überwiegend sehr chronische Verlauf über mindestens 20 Jahre führte zu der Bezeichnung atypische adulte Form. Nur bei etwa 20 % der Patienten trat innerhalb von 3 Jahren eine Remission ein [4].


Typ III – klassische juvenile Form

Dieser mit etwa 10 % [4] [5] der Fälle ebenfalls seltene Subtyp entspricht klinisch der adulten Variante Typ I. Zur Erstmanifestation kommt es meist schon im 1. bis 2. Lebensjahr [4]. Eine Spontanremission innerhalb eines Jahres ist möglich. Es wurden aber auch protrahierte Verläufe über Jahre beschrieben [22].


Typ IV – umschriebene juvenile Form

Der meist chronisch-rezidivierende Subtyp IV ist mit etwa 25 % der häufigste im Kindes- und Jugendalter. Er beginnt zumeist vor der Pubertät. Klinisch zeigen sich scharf begrenzte, follikulär gebundene, orange-rote, unterschiedlich große Plaques v. a. an Ellenbogen und Knien. Eine palmoplantare Hyperkeratose kann vorkommen ([Abb. 2]). Etwa 30 % der Fälle heilen innerhalb von 3 Jahren ab [4].

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Abb. 2 Pityriasis rubra pilaris, Typ IV (umschriebene juvenile Form).

Typ V – atypische juvenile Form

In 5 % der Fälle einer PRP findet sich eine chronisch verlaufende, familiär gehäufte Variante. Diese erstmals 1910 beschriebene [23] Form wird autosomal-dominant vererbt, wobei die klinische Penetranz variabel ist. Überwiegend kommt es bereits im Säuglingsalter zur Erstmanifestation [24] [25] [26] [27]. Follikulär gebundene Hyperkeratosen gehen in ein großflächiges Erythem mit Ichthyosis-artiger Schuppung über [4] ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Pityriasis rubra pilaris, Typ V (atypische juvenile Form).

Die Genanalyse von 4 an der autosomal-dominant vererbten Form der PRP erkrankten Familien zeigte, dass heterozygote gain-of-function-Mutationen im CARD14 (caspase recruitment domain family member 14)-Gen pathogenetisch bedeutsam sind. CARD14 kodiert für ein Protein, das letztendlich zur Aktivierung des nuclear factor κ-light-chain-enhancer in activated B cells (NFκB)-Signalwegs führt, der eine wichtige Rolle für die keratinozytäre Differenzierung und für Entzündungsvorgänge in der Haut spielt. Quantitative Analysen zeigten, dass CARD14 bei diesen Patienten in der Haut 5-mal höher als in anderen Geweben (z. B. Herz, Lunge, Lymphozyten) exprimiert wird. In läsionaler Haut wird CARD14 bis in das Stratum granulosum der Epidermis hinauf exprimiert, während es sich in gesunder Haut v. a. in tieferen Epidermisschichten (Stratum basale) findet [27]. Interessanterweise zeigte eine Studie mit 61 Patienten mit sporadischer PRP ohne familiäre Häufung, dass auch bei diesen Patienten CARD14 in läsionaler Haut bis in höhere Schichten exprimiert wird. Relevante CARD14-Mutationen ließen sich hier jedoch nicht finden [28].

Eine weitere Genomuntersuchung von 8 Patienten mit sporadischen Varianten der PRP (nicht Typ V) ergab verschiedenste Einzelnukleotid-Polymorphismen im CARD14-Gen, allerdings ohne pathogenetische Relevanz [29]. Demnach scheinen CARD14-Mutationen nicht die alleinige Ursache der PRP zu sein. Weitere z. B. genetische Prädispositionen oder Umwelteinflüsse führen möglicherweise zur Manifestation einer PRP.

Interessanterweise liegt auch der bekannte Psoriasis-Suszeptibilitäts-Locus 2 (PSORS2) auf Chromosom 17q25 und demselben Genabschnitt wie das CARD14-Gen. In Analogie zur PRP können auch Psoriatiker CARD14-Mutationen aufweisen, die zu einer gesteigerten Aktivierung des NFκB-Signalwegs führen [30] [31] [32].


Typ VI – HIV-assoziierte Form

Die PRP kann die Erstmanifestation einer HIV-Infektion darstellen. Auch hier finden sich großflächig die typischen orange-roten, entzündlichen, follikulär betonten Papeln und Plaques, Nagel- und palmoplantare Veränderungen sind variabel. Ein erythrodermatischer Verlauf soll gehäuft vorkommen [14] [33] [34].



Histologie

Die Histologie ist neben der Klinik von zentraler Bedeutung für die Diagnosestellung einer PRP. Jedoch reicht die einmalige Entnahme einer Probebiopsie oft nicht aus, um die Diagnose zu sichern.

Histopathologische Merkmale der PRP sind eine Orthohyperkeratose im Wechsel mit einer Parakeratose in vertikaler und horizontaler Richtung (Schachbrettmuster). Weiterhin finden sich um follikuläre Ostien eine Akanthose der Epidermis mit erhaltenem, intaktem Stratum granulosum. Hinzu tritt ein oft nur spärliches, oberflächliches, perivaskuläres, lymphozytäres Entzündungsinfiltrat ([Abb. 4]). Seltener ist eine geringe epidermale Spongiose anzutreffen. Munro’sche Mikroabszesse werden – in Abgrenzung zur Psoriasis – nicht angetroffen [35] [36].

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Abb. 4 Histologie bei Pityriasis rubra pilaris. Man erkennt eine Akanthose mit erhaltenem Stratum granulosum und einer alternierenden Ortho- und Parahyperkeratose in horizontaler und vertikaler Richtung. Daneben imponiert ein geringes oberflächliches lymphozytäres Infiltrat.

In der Arbeit von Ross et al. führten histopathologische Befunde nur in 44 % der Fälle zur Einordnung als PRP. Die Psoriasis (23 %), das kutane T-Zell-Lymphom (13 %), Ekzeme (8 %) und Arzneimittelreaktionen (6 %) waren histologische Differenzialdiagnosen [5].


Therapie

Leitlinien, kontrollierte Studien und zugelassene Medikamente existieren für die PRP nicht. Das therapeutische Regime beruht auf individuellen Erfahrungen und Empfehlungen. Zu einer Komplettremission der sicher als PRP diagnostizierten Fälle kommt es gemäß der Beobachtungen von Ross et al. nur in 28 % der Fälle, und wenn, dann im Mittel erst nach 7 Jahren [5].

Topisch werden rückfettende Externa, Glukokortikosteroide, harnstoffhaltige oder salizylhaltige Detergenzien sowie Calcineurininhibitoren eingesetzt. In Einzelfällen bewirkten Tazaroten [37] und Calcipotriol [38] eine Befundverbesserung. Topische Steroide zeigen oft nur eine limitierte Wirksamkeit. Für Patienten mit lokalisierten oder leichten Formen ist die Lokaltherapie oft ausreichend, um Juckreiz und andere Beschwerden zu reduzieren [5].

Orale Retinoide, insbesondere Acitretin, werden als Systemtherapie der ersten Wahl bei Erwachsenen und bei Kindern angesehen [5] [39] [40] [41] [42]. Die empfohlene Dosierung von Acitretin liegt bei 0,5 – 0,75 mg/kg Körpergewicht täglich. Auch Isotretinoin wird in höheren Dosen um 1 mg/kg Körpergewicht eingesetzt [41]. Ein Ansprechen ist im Mittel erst nach 3 – 6-monatiger Therapie zu erwarten [43]. Die für einen Therapieeffekt erforderlichen Dosen der Retinoide resultieren nicht selten in mukokutanen Nebenwirkungen oder Haarverlust, die zum frühzeitigen Abbruch der Therapie führen können. Einzelfallberichte verweisen auf eine mögliche Wirksamkeit auch des seit 2008 für die Behandlung des chronischen Handekzems zugelassenen Retinoids Alitretinoin [44].

Methotrexat stellt eine Alternative für Patienten dar, wenn Retinoide kontraindiziert sind, nicht ausreichend wirken oder nicht vertragen werden [5] [22] [45]. Eine kürzlich veröffentlichte systematische Analyse der Literatur der letzten 50 Jahre konnte ein relativ gutes Ansprechen auf Methotrexat bei überwiegend guter Verträglichkeit belegen [46]. Es werden Dosen zwischen 5 bis 25 mg wöchentlich (mit Folsäuresupplementation am Folgetag) eingesetzt [43].

Ciclosporin, der Phosphodiesterasehemmer Apremilast und Biologika wie anti-TNF-α-Inhibitoren, Ustekinumab und Secukinumab werden als Mittel dritter Wahl angesehen. Insbesondere Biologika werden zunehmend bei therapierefraktären Verläufen eingesetzt. Eine systematische Literaturanalyse der letzten 20 Jahre zeigte ein überwiegend gutes Ansprechen u. a. auf anti-TNF-α-, anti-IL12-/23- und anti-IL17-Antikörper [47]. Die meisten Fallberichte existieren zum Off-Label-Use von Adalimumab [48] [49], Ustekinumab [50] und Secukinumab [51] [52] [53].

Eine Lichttherapie (UVA1 oder Schmalspektrum-UVB) in Kombination mit Acitretin, hochdosierte intravenöse Immunglobuline (IvIg), die extrakorporale Photopherese (ECP) und Fumarsäureester sind weitere Therapeutika, die bei der PRP eingesetzt wurden. Eine positive Wirkung der Lichttherapie ist auf weniger als 10 % der Fälle begrenzt, in Einzelfällen wurde auch eine Verschlechterung der PRP berichtet [5] [54] [55] [56] [57] [58]. Insbesondere über die Therapie der HIV-assoziierten Form der PRP (Typ VI) ist wenig bekannt. Eine Befundbesserung nach isolierter antiretroviraler Therapie oder in Kombination mit Retinoiden wurde berichtet [33] [34] [53].

Festzuhalten ist, dass es bislang weder topische noch systemische Therapieansätze gibt, die regelhaft zu einer Verbesserung des Erkrankungsbildes führen.


Fazit

Die PRP ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung weitgehend unverstandener Ätiopathogenese, die von der Psoriasis abzugrenzen ist. Leitlinien zur Therapie existieren nicht, alle im klinischen Alltag verwendeten Medikamente werden off-label eingesetzt. Länderübergreifende Register und Studien sind wünschenswert, um Pathophysiologie, Verlauf und die Therapie der weiterhin rätselhaften PRP besser zu verstehen und zu optimieren.



Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. med. Katrin Kahlert
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universitätsklinikum Würzburg
Josef-Schneider-Straße 2
97080 Würzburg


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Abb. 1 Pityriasis rubra pilaris, Typ I (klassischer adulter Typ).
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Abb. 2 Pityriasis rubra pilaris, Typ IV (umschriebene juvenile Form).
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Abb. 3 Pityriasis rubra pilaris, Typ V (atypische juvenile Form).
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Abb. 4 Histologie bei Pityriasis rubra pilaris. Man erkennt eine Akanthose mit erhaltenem Stratum granulosum und einer alternierenden Ortho- und Parahyperkeratose in horizontaler und vertikaler Richtung. Daneben imponiert ein geringes oberflächliches lymphozytäres Infiltrat.