Laryngorhinootologie 2019; 98(03): 143-144
DOI: 10.1055/a-0785-1003
Referiert & Diskutiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Supraglottiskarzinom: Erfahrungen mit der transoralen Roboter-Chirurgie

Markus Kapsreiter
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Publikationsdatum:
07. März 2019 (online)

 

Karabulut B et al. Comparison of functional and oncological treatment outcomes after transoral robotic surgery and open surgery for supraglottic laryngeal cancer. J Laryngol Otol 2018; 132: 832–836

Die Behandlungsmöglichkeiten eines Supraglottiskarzinoms umfassen offene Supraglottis-Laryngektomie, transorale Lasertherapie, transorale Roboterchirurgie und Chemotherapie. Ärzte der HNO-Klinik des Ümraniye-Krankenhauses in Istanbul verglichen die Behandlungsergebnisse bei Patienten mit supraglottischen Tumoren des Larynxkarzinoms, die mittels einer transoralen robotischen Laryngektomie und einer offenen Laryngektomie behandelt wurden.


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Zu diesem Zweck analysierten sie die Daten von Patienten mit Supraglottiskarzinom, die zwischen Mai 2010 und Juni 2014 operiert wurden. In diesem Zeitraum erfolgte bei 17 Patienten eine transorale Roboter-assistierte Laryngektomie und bei 20 Patienten eine supraglottische Laryngektomie.

Das mittlere Alter der Robotischen-Chirurgie-Gruppe betrug 62,2 (53–86) Jahre und das der offen operierten Gruppe 57,5 (39–78) Jahre. In jeder Gruppe betrug der Anteil weiblicher Patienten 2 %. Bei allen Patienten erfolgte eine selektive Neck-Dissection I–IV oder eine modifizierte beidseitige radikale Neck-Dissection. Tumorstadium oder Ausbreitung des Tumors war für beide Gruppen vergleichbar. Eine adjuvante Strahlentherapie erhielten 13 Patienten der Robotischen- Chirurgie-Gruppe und 15 Patienten der offen operierten Gruppe. Die Tumore wurden bei allen Patienten erfolgreich entfernt. In der Gruppe der transoralen Roboteroperationen war keine Tracheotomie oder längere Intubation erforderlich. In der Robotischen- Chirurgie-Gruppe konnte die Ernährungssonde nach 7 (0–12) Tagen entfernt werden, in der offen operierten Gruppe geschah dies nach 12,2 (7–53) Tagen. Der Unterschied war signifikant.

Der Krankenhausaufenthalt betrug in der Gruppe der transoralen Roboteroperationen 8,8 (0–14) Tage und in der offen operierten Gruppe 14,7 (7–35) Tage. Auch diese Differenz war statistisch signifikant. Es gab keinen Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich der Komplikationen. Die mittlere Nachbeobachtungsphase für die Robotische- Chirurgie-Gruppe betrug 25,8 Monate und 41 Monate in der Vergleichsgruppe. Die Gesamtüberlebensrate erreichte 88 % in der Gruppe der transoralen Roboteroperationen und 95 % in der offen operierten Gruppe. Die krankheitsspezifische Überlebensrate betrug 94 % in der Robotischen- Chirurgie-Gruppe und 95 % in der Vergleichsgruppe. Es gab demnach keine Unterschiede hinsichtlich Gesamtüberlebenszeit und krankheitsspezifischer Überlebenszeit zwischen den Gruppen.

FAZIT

Die transorale Roboterchirurgie zur Behandlung eines supraglottischen Larynxkarzinoms ist ein onkologisch sicheres Verfahren und führt zu den gleichen Ergebnissen wie eine herkömmliche offene Operation, so die Autoren. In Bezug auf funktionale Ergebnisse ist die Zeitdauer der Ernährung über eine Sonde und die Krankenhausaufenthaltsdauer signifikant kürzer.

Richard Kessing, Zeiskam

Studien-Kommentar

★★ Die Arbeitsgruppe um Karabulut et al. untersucht in ihrer Studie über die chirurgische Behandlung von supraglottischen Larynxkarzinomen grundsätzlich eine sehr interessante Patientengruppe, bei der die Behandlungstendenz in den letzten Jahren anhaltend stark zur primären Radiochemotherapie ging. Die guten Ergebnisse sowohl der transoralen Roboter-assistierten Chirurgie, als auch der transzervikalen Chirurgie decken sich mit bisher publizierten Daten und auch meiner persönlichen Erfahrung, und dürfen hier hervorgehoben werden.

In der vorliegenden Publikation werden chirurgische Zugangswege verglichen und abschließend dem Roboter-assistierten transoralen Vorgehen wegen schnellerer Erholung der Schluckfunktion und kürzerer Krankenhausliegedauer sowie Vermeidung einer Tracheotomie die besseren Ergebnisse zugeschrieben.

Im deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus ist das transorale Vorgehen bei supraglottischen Larynxkarzinomen seit der Einführung der mikroskopisch kontrollierten transoralen Laserchirurgie und Beschreibung ausgezeichneter Ergebnisse an einem großen Patientenkollektiv durch Wolfgang Steiner [1] ein absolutes Standardvorgehen.

Hierauf nimmt die retrospektive, nicht verblindete, nicht randomisierte Studie mit kleiner Fallzahl und unzureichender Nachbeobachtungszeit leider keinen Bezug.

Zur mäßiggradigen Bewertung der Studie trägt jedoch vor allem das methodische Vorgehen bei:

  • Das transorale Roboter-assistierte Vorgehen und dessen Bewertung beschränkt sich hier auf die alleinige Tumorresektion mit postoperativem Verlauf.

  • Die Behandlung der Vergleichsgruppe, die eine transzervikale Resektion erhielt, hingegen wurde mit einer gleichzeitigen, beidseitigen Neck Dissection sowie einer prinzipiell durchgeführten Tracheotomie kombiniert.

  • Die Auswirkungen einer beidseitigen Neck Dissection sowie einer Tracheotomie auf Krankenhausverweildauer, Komplikationen und möglicher Kompromittierung der Schluckfunktion sind hinreichend bekannt und lösen eine Vergleichbarkeit der Patientengruppen weitgehend auf.

  • An dieser Stelle sei betont, dass in der Entscheidung zur zweizeitig durchzuführenden Neck Dissection bei transoral reseziertem Primärtumor eine medizinisch-fachlich korrekte Vorgehensweise gewählt wurde. Ebenso unterliegt die Indikationsstellung zur Tracheotomie vorrangig der persönlichen Verantwortung des Operateurs. Hier soll ausschließlich die fehlende Vergleichbarkeit der Patientengruppen kritisch bemerkt werden.

  • Zur Bewertung der postoperativen Erholungszeit wäre zudem die Angabe der jeweiligen Operationsdauer aufschlussreich gewesen.

Zusammenfassend lässt die ausführlich beschreibende Studie von Karabulut et al. nach Meinung des Autors keinen Vergleich der angeführten Therapieformen zu.

Mittlerweile existiert eine große Anzahl publizierter Beschreibungen der onkologisch adäquaten Durchführbarkeit der transoralen Roboter-assistierten Kopf-Halschirurgie.

Der hierbei stets angeführte Vorteil im funktionellen Bereich muss sich jedoch weiterhin einem Vergleich mit der mikroskopischen Laserchirurgie stellen, um den Mehrwert der ökonomisch aufwändigen Technologie zu rechtfertigen. Hierzu sind prospektive Studien mit adäquater Fallzahl erforderlich.


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Dr. med. Markus Kapsreiter

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Klinik für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Universitätsklinikum Regensburg

  • Literatur

  • 1 Steiner W. Results of curative laser microsurgery of laryngeal carcinomas. Am J Otolaryngol 1993; 14: 116-21

  • Literatur

  • 1 Steiner W. Results of curative laser microsurgery of laryngeal carcinomas. Am J Otolaryngol 1993; 14: 116-21

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