Zusammenfassung
Aufgrund der hohen Wirksamkeit der Elektrokonvulsionstherapie (EKT) in der leitliniengerechten
Behandlung therapieresistenter depressiver Episoden und der klinischen Bedeutung kognitiver
Beeinträchtigungen ist eine Optimierung des Nebenwirkungsmanagements notwendig. Da
kognitive Nebenwirkungen des Verfahrens in Verbindung mit krankheitsbedingten Beeinträchtigungen
das soziale Funktionsniveau und das subjektive Wohlbefinden reduzieren können, sollten
eine umfassende Aufklärung und ein spezifisches Monitoring potenzieller kognitiver
Nebenwirkungen erfolgen. Diese Übersichtsarbeit stellt die klinische Relevanz und
die Messverfahren kognitiver Nebenwirkungen dar, die bei einer EKT-Behandlung auftreten
können. Es wird diskutiert, welche patientenindividuellen, technischen und pharmakologischen
Faktoren die Auswirkung der EKT auf die Kognition moderieren können. Ferner werden
die Empfehlungen hinsichtlich des Monitorings kognitiver Nebenwirkungen in nationalen
und internationalen Leitlinien zusammengefasst. Bei der EKT werden Beeinträchtigungen
der globalen Kognition sowie anterograde und retrograde Gedächtnisstörungen beobachtet.
In den ersten beiden Bereichen scheinen diese nur vorübergehend von Bedeutung zu sein,
wohingegen das Ausmaß der retrograden Gedächtnisdefizite, darunter vor allem das des
autobiografischen Gedächtnisses, nach aktuellem Kenntnisstand nicht klar definiert
ist und potenziell länger anhaltend beeinträchtigt sein kann. Ein kontroverses Thema
ist diesbezüglich auch die Frage nach geeigneten Testverfahren zur Erfassung dieser
Funktionen, um die Dauer möglicher Leistungsabfälle und den Schweregrad ermitteln
zu können. Im klinischen Kontext finden hierbei unterschiedliche Verfahren Verwendung,
teilweise wird eine Symptomgraduierung aufgrund von Zeitmangel oder methodischer Unsicherheit
nicht durchgeführt. Die vorliegenden nationalen und internationalen Leitlinien machen
sehr unterschiedliche Vorgaben, wie die kognitiven Beeinträchtigungen im Laufe der
Therapie beobachtet und dokumentiert werden sollen. Im deutschen Sprachraum werden
keine konkreten Handlungsempfehlungen zur Erfassung von kognitiven Nebenwirkungen
erteilt. In diesem Zusammenhang wird eine Überarbeitung der aktuellen Leitlinien empfohlen
sowie weiterer Forschungsbedarf identifiziert, um die Erfassung und das Monitoring
der Nebenwirkungen zu verbessern und Patienten mit einer erhöhten Anfälligkeit zu
identifizieren.
Abstract
Due to the efficacy of electroconvulsive therapy (ECT) in the guideline-based treatment
of therapy-resistant depressive episodes and the clinical significance of cognitive
impairments, it is necessary to optimize the management of potential side effects.
As cognitive side effects of the treatment combined with impairments resulting from
the depression may lead to a reduction in the ability to function in social contexts
and reduce subjective wellbeing, comprehensive information about and monitoring of
potential side effects is essential. In this review we present the clinical relevance
and measurement of cognitive side effects that may occur during electroconvulsive
therapy. The individual characteristics of the patient as well as the technical and
pharmacological parameters that influence the effect of ECT on cognition will be discussed.
Furthermore, the recommendations of national and international treatment guidelines
for the monitoring of cognitive side effects will be summarized.
After ECT, impairments of global cognition, and anterograde as well as retrograde
amnesia may occur. While the first two side effects appear to be transient, the extent
of retrograde amnesia, particularly for autobiographical information, is not yet well
understood and may potentially be present for a longer period. A controversial issue
in this context is the question whether there are appropriate instruments for the
monitoring of reduction in cognitive performance. In clinical context, a number of
different measures are used, and in many cases, monitoring is omitted due to lack
of time and methodological uncertainty. Current national and international guidelines
make very different suggestions about the monitoring of cognitive side effects during
ECT and in German-speaking regions no concrete recommendations are available. In this
context, we recommend a revision of current guidelines and identify future areas of
research that would further our understanding of the effects of ECT on cognition.
These may enable us to keep an eye on these deficiencies better as well as allow us
to identify patients that may have a higher risk of developing such impairments.
Schlüsselwörter
EKT - kognitive Funktionen - Nebenwirkungen - Testverfahren - Depression
Key words
ECT - depression - cognitive functions - side effects - tests