Einleitung
Benigne Stimmlippenläsionen
Zur Gruppe der benignen Stimmlippenläsionen zählen Stimmlippenpolypen, Stimmlippenknötchen
und Reinke-Ödeme. Polypen sind zumeist einseitige oberflächliche Schwellungen der
Lamina propria, wohingegen Knötchen kleine beidseitige, symmetrische Läsionen sind,
die oft bei Sängern diagnostiziert werden [1]
[2]. Reinke-Ödeme sind eine Erkrankung des Stimmlippenrandes im Reinke-Raum, bei der
es zu einer dauerhaften ein- oder beidseitigen Schwellung der oberflächlichen Lamina
propria unterhalb des Stimmlippenepithels kommt [2]
[3].
Die größten Einflussfaktoren bei der Entstehung sind chronischer Stimmmissbrauch sowie
sekundär organische Veränderungen bei funktionellen Dysphonien [1]
[4]. Bei Reinke-Ödemen besteht zudem eine starke Assoziation zum Rauchen [3]
[5]
[6]. Die Symptome sind Heiserkeit, rasche Stimmermüdung sowie ein reduziertes Stimmvolumen,
was eine Beeinträchtigung der Lebensqualität nach sich zieht [4]
[7]. Eine Operation ist indiziert, wenn Patienten unter der Dysphonie leiden und nicht
ausreichend auf eine konservative Behandlung mit Stimmtherapie ansprechen [2]
[4].
Stimmumfangsmaß
Das in der klinischen Routinediagnostik noch nicht allgemein etablierte SUM wurde
besonders berücksichtigt, um Daten zu seiner Validität und Empfindlichkeit bereitzustellen
und seine Effizienz mit der etablierter Stimmparameter einschließlich des DSI zu vergleichen.
Dieser basiert auf einer gewichteten Kombination aus höchstmöglicher Frequenz, niedrigster
Intensität, maximaler Phonationszeit und Jitter, birgt dabei allerdings aufgrund der
Einbeziehung mehrerer objektiver Parameter das Risiko ungenauer Ergebnisse [8].
Das auf der Basis von Stimmfeldfläche und -umfang berechnete SUM wurde als eindimensionales,
auf einen Bereich von etwa 0 – 150 skaliertes, leicht anwendbares Maß zur objektiven
Evaluation des Stimmumfangprofils (voice range profile, VRP) und zur Quantifizierung
der stimmlichen Leistungsfähigkeit entwickelt [SUM ≈ Fläche (VRP)/rel. Umfang (VRP)]
[9]
[10]. Anders als bei der DSI-Berechnung wird das Ergebnis nicht durch extreme Messungen
wie F0_max und I_min beeinflusst, die vermutlich auch durch Alter oder Geschlecht
affektiert werden [11]. Eine große Stimmkapazität zeichnet sich durch ein hohes SUM aus.
Der Ton- und Dynamikumfang als Beschreibung der stimmlichen Leistungsfähigkeit wird
durch das VRP grafisch und durch das SUM numerisch dargestellt.
Studiendesign
Patienten
In einer prospektiven klinischen Studie wurden bei Patienten mit Polypen (n = 61),
Knötchen (n = 37) und Reinke-Ödemen (n = 60) die funktionellen Ergebnisse der mikrolaryngoskopischen
Abtragung untersucht, wofür die präoperative Stimmfunktionsdiagnostik mit den Daten
3 Monate postoperativ verglichen wurde [12]
[13]
[14]. Es wurde unterteilt nach Patienten, die ihre Stimme nicht professionell nutzten
(Nicht professionelle Stimmbenutzer NSB; z. B. Angestellte), und Patienten, die ihre
Stimme beruflich bedingt stark beanspruchten (Professionelle Stimmbenutzer PSB; z. B.
LehrerInnen).
Untersuchungsinstrumente
Die Befunde wurden anhand prä- und postoperativer Videolaryngostroboskopie (VLS) und
Stimmfunktionsdiagnostik dokumentiert und ausgewertet.
Die VLS erlaubte bei den Reinke-Ödemen die Klassifizierung nach Yonekawa:
-
Typ I: Schwellung der Stimmlippenoberseite bei weit offener Glottis,
-
Typ II: Ausdehnung der Schwellung auf Stimmlippenober- und -unterseite,
-
Typ III: Verbleib lediglich einer kleinen Restöffnung im hinteren Bereich der Glottis.
Gesondert klassifiziert wurden Patienten mit Randödemen, die zu klein waren, um unter
Typ I subsummiert zu werden.
Die auditiv-perzeptive Stimmbeurteilung erfolgte mittels RBH-Systematik [15], bei der die Rauigkeit, Behauchtheit und Gesamtheiserkeit auf einer Skala von 0 – 3
eingeordnet wird (0 = nicht vorhanden, 1 = mild, 2 = moderat, 3 = schwerwiegend).
Zur Quantifizierung des Einflusses der Stimmstörung auf die Lebensqualität sowie der
Selbstwahrnehmung der Stimmveränderung wurde der Voice Handicap Index VHI-9i verwendet
[16], der aus 9 Fragen mit einer Graduierung von 0 – 4 (0 = nie, 1 = fast nie, 2 = manchmal,
3 = fast immer, 4 = immer) besteht. Eine weitere Frage registrierte die gegenwärtig
selbst wahrgenommene Stimmbeeinträchtigung (VHIs) auf einer Skala von 0 – 3 (0 = normal,
1 = mild, 2 = moderat, 3 = schwerwiegend).
Dem Protokoll der Europäischen Laryngologischen Gesellschaft entsprechend [17] wurden folgende Parameter zur objektiven quantitativen Stimmbeurteilung aufgezeichnet
(DiVAS Software):
-
niedrigste Intensität (I_min)
-
höchster Ton (F0_max)
-
tiefster Ton (F0_min)
-
Stimmumfang (vocal range, VR)
-
mittlere Sprechstimmlage (MSL_dB(A), MSL_Hz)
-
Halbtöne bezogen auf die Hörschwelle von 16 Hz (ST_max, ST_min, ST_MSL)
-
maximale Phonationsdauer (MPT)
-
Jitter
-
DSI
-
SUM
Ergebnisse
Präoperatives Assessment
Unter den Polypen-Betroffenen gab es 37 NSB und 24 PSB. Präoperativ ergab die auditiv-perzeptive
Evaluation der Stimmen im Mittel R1B1H1. Im VHI-9i zeigte sich eine durchschnittliche
Punktzahl von 15 (Standardabweichung (SD) = 8), entsprechend moderaten, selbst wahrgenommenen
Beschwerden. Die objektiven akustischen und aerodynamischen Parameter zeigten ebenfalls
eine mäßige Beeinträchtigung (z. B. MPT = 12 Sek (SD = 4); DSI = 2,6 (SD = 2,1); SUM = 83
(SD = 28)).
Auch in der Knötchen-Gruppe (NSB n = 13, PSB n = 24) zeigte die subjektive und objektive
Analyse präoperativ eine leichte bis mäßige Beeinträchtigung (z. B. VHI-9i = 16 (SD = 7);
DSI = 4,0 (SD = 2,4); SUM = 95 (SD = 27); MPT = 12,3 Sek (SD = 5,6)).
Bei den Patienten mit Reinke-Ödemen war der Großteil Raucher. 19 Ödeme wurden als
Yonekawa Typ I (32 %), 29 als Typ II (48 %), 8 als Typ III (13 %), und 4 als Randödeme
(7 %) klassifiziert. Die präoperative Analyse deckte signifikante Unterschiede zwischen
den Untergruppen auf (p < 0,05) mit zunehmend schlechten Stimmparametern bei größerer
Ödemausprägung. Die moderaten selbst erlebten Beschwerden wurden durch die erhobenen
akustisch-aerodynamischen Parameter bestätigt (z. B. SUM = 64 (SD = 37); DSI = 0,5
(SD = 3,4); MPT = 9 Sek (SD = 5)).
Die Analyse der subjektiven und der objektiven akustischen und aerodynamischen Daten
zeigte präoperativ bei allen Läsionen eine leichte bis mäßige Beeinträchtigung.
Postoperatives Assessment
Alle laryngealen Läsionen konnten intraoperativ über direkte Mikrolaryngoskopie in
Intubationsnarkose schonend entfernt werden. Postoperativ wurde den Patienten eine
dreitägige Stimmruhe verordnet, gefolgt von Stimmrehabilitation und einer Beratung
zur Stimmhygiene. Innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes wurden keine relevanten
Nebenwirkungen oder Rezidive beobachtet.
Stimmlippenpolypen
VLS-Untersuchungen zeigten, dass während der Heilung ein stabiles Epithel auf der
erhaltenen Lamina propria wuchs, um den Defekt ohne Narbenbildung zu schließen.
Es konnten erhebliche Verbesserungen der Stimmfunktion beobachtet werden. Die auditiv-perzeptive
Evaluation mittels RBH-System zeigte, dass die Stimmen weniger rau (1,1 (SD = 0,8)
vs. 0,4 (SD = 0,5)), behaucht (0,8 (SD = 0,7) vs. 0,2 (SD = 0,4)) und heiser (1,1
(SD = 0,8) vs. 0,4 (SD = 0,5)) waren. Die subjektive Selbstbewertung der Stimme belegte
mittels VHI-9i einen signifikanten Abfall von 15 (SD = 8) auf 6 (SD = 7) und mittels
VHIs von 2 (SD = 1) auf 0 (SD = 1) Punkte.
Bei den objektiven Parametern verbesserten sich alle akustischen und aerodynamischen
Werte außer Jitter und MSL_dB(A) signifikant (p < 0,001). Die mittlere MPT verlängerte
sich von 12 (SD = 4) auf 16 (SD = 6) Sekunden. Der DSI stieg von 2,6 (SD = 2,1) auf
4,0 (SD = 2,2), das SUM von 83 (SD = 28) auf 107 (SD = 21). Der durchschnittliche
Stimmumfang weitete sich von 22,2 (SD = 6,6) auf 26,5 (SD = 5,8) Halbtöne aus.
Ausgewählte Stimmparameter vor und nach chirurgischer Exzision werden mittels Boxplots
und Kerndichtekurven in [Abb. 1] dargestellt.
Abb. 1 Ausgewählte subjektive und objektive Parameter vor und nach Entfernung von Stimmlippenpolypen
(präoperative [pre] vs. postoperativ [post]) im Vergleich via Boxplots (jeweils linksseitig,
mit Darstellung von Median, Quartilen, Wertebereich der Daten, Ausreißern) und Kerndichtekurven
(jeweils rechtsseitig, zur Darstellung unterschiedlicher Verteilungen). SUM: Stimmumfangsmaß;
DSI: Dysphonie-Schweregrad-Index; MPT: mittlere Phonationsdauer (in Sekunden); VR:
Stimmumfang (in Halbtönen).
Stimmlippenknötchen
3 Monate postoperativ zeigte sich eine narbenfreie Heilung mit stabilem Epithel auf
der erhaltenen Lamina propria. Dabei wurden signifikante Verbesserungen der Stimmfunktion
für alle subjektiven und objektiven Parameter, abgesehen von MSL_dB(A) und Jitter,
gefunden (p < 0,001). Die vergleichende RBH-Auswertung zeigte, dass die Stimmen weniger
rau, behaucht und heiser waren. Die subjektive Selbsteinschätzung zeigte eine Abnahme
der Beschwerden von mäßig auf mild. Das SUM stieg von 95 (SD = 27) auf 108 (SD = 23),
der DSI von 4,0 (SD = 2,4) auf 5,5 (SD = 2,4). Die MPT verlängerte sich um 3,5 (SD = 6,0)
Sekunden, die MSL_Hz sank um 0,5 (SD = 1,4) Halbtöne. Außerdem erweiterte sich der
Stimmumfang von 23,6 (SD = 7,9) auf 27,7 (SD = 5,5) Halbtöne.
Reinke-Ödeme
Alle Ödemtypen konnten abgetragen (39 /60) bzw. deutlich verkleinert (21 /60) werden.
Die Durchgängigkeit der Glottis und die phonatorische Stimmlippenbeweglichkeit zeigten
sich deutlich verbessert. Die Stimmlippenkante war bei den 39 Fällen mit vollständiger
Abtragung (65 %) gänzlich glatt. Alle 21 Fälle mit Restödem (35 %) zeigte eine signifikante
Verbesserung mit Yonekawa Typ I bei 18 (30 %) und Typ II bei 3 Patienten (5 %).
[Abb. 2] zeigt beispielhaft einen prä- und postoperativen VLS-, Videostrobokymografie- und
VRP-Befund. 3 Monate postoperativ waren alle Stimmfunktionsparameter außer MSL_dB(A)
signifikant verbessert (p < 0,001). In der auditiven Beurteilung waren die Stimmen
signifikant weniger rau (2,0 (SD = 0,8) vs. 1,3 (SD = 0,7)), behaucht (1,2 (SD = 0,6)
vs. 0,7 (SD = 0,6)) und heiser (2,0 (SD = 0,7) vs. 1,3 (SD = 0,7)). Im VHI-9i ergab
sich ein deutliches Absinken des Beschwerde-Scores von durchschnittlich 18 (SD = 8)
auf 12 (SD = 9) und im VHIs von 2 (SD = 1) auf 1 (SD = 1) Punkt. Der durchschnittliche
Gesamtstimmumfang erweiterte sich um 4 (SD = 7) Halbtöne, die MSL_Hz stieg im Mittel
um 2 (SD = 4) Halbtöne, sodass sich das Hauptmerkmal einer tiefen und heiseren Stimme
hin zu einer normaleren Phonation geändert hatte. Die MPT erhöhte sich von durchschnittlich
9 (SD = 5) auf 11 (SD = 4) Sekunden. Der DSI stieg von 0,5 (SD = 3,4) auf 2,9 (SD = 1,9),
das SUM von 64 (SD = 37) auf 88 (SD = 25).
Abb. 2 Videolaryngostroboskopie und Videostrobokymografie (obere Zeile), sowie Stimmumfangsprofilmessung
(VRP) mit separater Polygon-Darstellung (untere Zeile) bei einer 52-jährigen weiblichen
Büroangestellten mit Reinke-Ödemen.
Links: Die Befunde präoperativ zeigen ein bilaterales Stimmlippenödem (Yonekawa Typ
III). Die VRP-Hüllkurven des lautesten (schwarze Linie) und leisesten (blaue Linie)
Singens demonstrieren einen kleinen Dynamik- und Frequenzbereich. Die Polygon-Darstellung
(grüne Kästchen) bildet eine kleine VRP-Fläche ab (SUM = 60). Rechts: Die Befunde
3 Monate postoperativ zeigen eine komplette Abtragung der Ödeme, einen abgeschlossenen
Heilungsprozess (narbenfrei), glatte Stimmlippenränder, einen kompletten Glottisschluss
und normalisierte Stimmlippenoszillationen (reguläre und symmetrische Randkantenverschieblichkeit).
Das VRP weist einen verbesserten Dynamik- und Frequenzbereich mit größerer VRP-Fläche
und höherem Stimmumfangsmaß auf (SUM = 100).
Die Betrachtung der postoperativen Befunde für SUM, DSI und MSL_Hz nach Ödemsubtypen
zeigte eine Konvergenz der therapeutischen Ergebnisse, wobei der präoperative Status
das postoperative Outcome beeinflusste. Es zeigten sich signifikante Unterschiede
zwischen den Gruppen (p < 0,05), mit der größten mittleren Verbesserung bei Yonekawa
Typ III.
Unabhängig von der Art der abgetragenen Pathologie offenbarte die VLS 3 Monate postoperativ
einen vollständigen Glottisschluss und eine wiederhergestellte Randkantenverschieblichkeit
der Stimmlippen. Zudem zeigen die postoperativen Ergebnisse für alle untersuchten
Stimmlippenveränderungen eine bedeutende Verbesserung der Stimmfunktion mit effektiverer
Phonation, alle subjektiven und objektiven Parameter außer Jitter und MSL_dB(A) verbesserten
sich signifikant (p < 0,001).
Vergleich zwischen professionellen und nicht professionellen Stimmbenutzern
Insgesamt fanden sich weniger ausgeprägte Befunde bei SängerInnen bzw. Personen, die
in ihrem Beruf auf ihre Stimme angewiesen sind. Sie scheinen empfindlicher gegenüber
pathologischen Veränderungen zu sein und konsultieren daher früher als Laien einen
Phoniater. Präoperativ hatten PSB erwartungsgemäß eine signifikant bessere Stimmfunktion,
veranschaulicht durch SUM, VR und F0_max. Im Gegensatz dazu unterschieden sich die
VHI-9i-Scores nicht signifikant. Das bedeutet, dass PSB trotz besserer Stimmfunktion
einen genauso großen Leidensdruck wie NSB verspürten. Postoperativ gab es außer für
F0_max; ST_max und R keine signifikanten Unterschiede mehr und somit eine Konvergenz
der Therapieergebnisse. Offensichtlich hatte die Operation einen größeren Einfluss
auf die Stimmfunktion bei NSB. Für PSB verbesserten sich fast alle Parameter in Zahlen
ausgedrückt weniger, jedoch wurde durch den Eingriff bei ausgebildeten Vokalisten
die künstlerische Leistungsfähigkeit auf höchstem Niveau qualitativ wiederhergestellt.
Der präoperative Status beeinflusst das postoperative Ergebnis und führt zu einer
Konvergenz der therapeutischen Ergebnisse: Die Verbesserung der Stimmfunktion durch
die Operation ist quantitativ größer bei NSB und qualitativ größer bei PSB.
SUM versus DSI
Der Vergleich des neuen Parameters SUM mit dem DSI lässt die Schlussfolgerung zu,
dass sich diese beiden Parameter ergänzen. Beide Maße sowie auch ihre prä- und postoperativen
Differenzen korrelierten hoch signifikant miteinander (p < 0,001). Während aber der
DSI darauf abzielt, die Schwere der Dysphonie als negatives Kriterium zu beschreiben,
ermöglicht das SUM eine Klassifizierung der stimmlichen Leistungsfähigkeit als positives
Kriterium. Unsere Untersuchungen bestätigten auch Unterschiede zwischen beiden Parametern:
Einige Patienten hatten vergleichbare DSI-Werte, jedoch unterschiedliche Stimmumfangsprofile
mit unterschiedlichen SUM-Werten. Dies zeigt den signifikanten Einfluss der aufgezeichneten
akustischen und aerodynamische Parameter in der multidimensionalen DSI-Berechnung.
Aus diesem Grund war es sinnvoll, das SUM als objektiven und von diesen interagierenden
Faktoren unbeeinflussten Parameter prüfend zu untersuchen. Die SUM-Berechnung vermeidet
bewusst die Einbeziehung von störungsanfälligen Elementen wie Jitter und ist unabhängig
von Tonhöhe und Stimmintensität.
SUM und DSI können als vergleichbar geeignete, sich ergänzende Parameter gesehen werden.
Beide Parameter stiegen postoperativ an und korrelierten jeweils hoch signifikant
miteinander (p < 0,001). Dabei ist das SUM im Gegensatz zum DSI weniger störungsanfällig
und ermöglicht die Klassifizierung der stimmlichen Leistungsfähigkeit als positives
Kriterium.
Ausblick
Unsere Untersuchungen beschreiben das Ausmaß, in dem sich die Stimmparameter nach
mikrolaryngoskopischer Resektion benigner Stimmlippenläsionen verändern. Die berechneten
mittleren Differenzen zwischen prä- und postoperativen Werten sowie die 95 % Konfidenzintervalle
zeigen quantitativ den exakten Umfang des operationsassoziierten Nutzens an. [Tab. 1] zeigt diese Werte beispielhaft für die Patienten mit Knötchen. Der sich daraus ergebende
Bereich der Verbesserung von bspw. SUM, DSI, MPT, VR und VHI könnte als Referenzbereich
für subjektive und objektive Erwartungswerte verwendet werden. Weitere Studien müssen
zeigen, ob die Erweiterung dieser Datenbank mit prä- und postoperativen Werten zukünftiger
Patienten präzisere Vorhersagen für den Stimmoutcome erlaubt. Das postoperative Erreichen
präoperativ formulierter Erwartungswerte könnte zur Qualitätskontrolle nach phonomikrochirurgischer
Entfernung benigner Stimmlippenläsionen dienen.
Tab. 1
Änderungen der Stimmparameter nach Abtragung von Stimmlippenknötchen. Datendarstellung
als mittlere Differenzen der prä- und postoperativen Werte (linke Spalte) mit Angabe
der jeweiligen 95 % Konfidenzintervalle (rechte Spalte).
Stimmparameter
|
Gesamtgruppe (n = 37)
|
|
Mittelwert
|
95 % KI
|
SUM
|
13,5
|
7,3; 19,8
|
DSI
|
1,4
|
0,9; 2,0
|
MPT
|
3,5
|
1,5; 5,5
|
VR
|
4,1
|
2,4; 5,9
|
I_min
|
−1,9
|
−3,0; −0,8
|
F0_max
|
100,9
|
46,0; 155,7
|
F0_min
|
−6,4
|
−12,8; 0
|
ST_max
|
3,4
|
1,8; 5,0
|
ST_min
|
−0,8
|
−1,6; 0
|
ST_MSL
|
−0,5
|
−1,0; 0
|
MSL_Hz
|
−5,0
|
−10,2; 0,2
|
MSL_dB(A)
|
0
|
−1,3; 1,2
|
Jitter
|
0,1
|
0; 0,1
|
R
|
−0,3
|
−0,6; –0,1
|
B
|
−0,4
|
−0,6; − 0,2
|
H
|
−0,4
|
−0,6; −0,2
|
VHI
|
−8,4
|
−10,7; −6,1
|
VHIs
|
−1,2
|
−1,5; 0,9
|
SUM: Stimmumfangsmaß; DSI: Dysphonie-Schweregrad-Index; MPT: maximale Phonationsdauer
(maximum phonation time); VR: Stimmumfang (vocal range); I_min: niedrigste Intensität;
F0_max: höchster Ton; F0_min: tiefster Ton; ST: Halbtöne (semitones) bezogen auf die
Hörschwelle von 16 Hz (ST_max, ST_min, ST_MSL); MSL: mittlere Sprechstimmlage (MSL_dB(A),
MSL_Hz); R: Rauigkeit; B: Behauchtheit; H: Heiserkeit (Gesamteindruck); VHI: Voice-Handicap-Index;
VHIs: selbst wahrgenommene Stimmbeeinträchtigung (zum Befragungszeitpunkt).
Die Ergebnisse lassen schlussfolgern, dass die mikrolaryngoskopische Abtragung der
untersuchten benignen Stimmlippenläsionen bei korrekter Diagnosestellung, fachgemäßem
Vorgehen während der Operation sowie bei regelrechtem postoperativem Verlauf eine
sichere, quantifizierbare, subjektiv und objektiv höchst zufriedenstellende Therapie
zur Stimmverbesserung darstellt. Der Parameter SUM zeigt signifikante Veränderungen
bei phonomikrochirurgischer Behandlung und erweist sich als verständlicher und einfach
anzuwendender neuer Parameter. Er weist eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem DSI
auf und erscheint überaus geeignet, als Ergänzung zu anderen etablierten Stimmparametern
die stimmliche Leistungsfähigkeit objektiv zu quantifizieren.