Kardiologie up2date 2020; 16(01): 75-90
DOI: 10.1055/a-0674-6750
Spezialthemen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frauen und Arrhythmien

Isabel Deisenhofer
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Publication Date:
11 March 2020 (online)

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In den letzten Jahren wurde zunehmend erkannt: Bei der Inzidenz und Ätiologie von Herzrhythmusstörungen gibt es große geschlechtsspezifische Unterschiede – oft auch beim Therapieansprechen und dem Zugang zu einer Therapie. Dieser Beitrag zeigt, wie die geschlechtsbedingt unterschiedliche Ätiologie und Pathophysiologie bestimmter Herzrhythmusstörungen letztlich zu frauenspezifischen Behandlungsstrategien führen können.

Kernaussagen
  • Ausgehend von Unterschieden in der zellulären Elektrophysiologie, der Epidemiologie und wahrscheinlich auch in genetischen Komponenten bestehen für viele kardiale Arrhythmien geschlechtsspezifische Unterschiede.

  • Aufgrund eines signifikant längeren QTc sind Frauen sowohl bei genetisch gesichertem LQTS, aber auch bei erworbenem LQTS gefährdeter, ventrikuläre Arrhythmien zu entwickeln.

  • Im Kontrast dazu kommt es bei Frauen seltener zum plötzlichen Herztod und seltener zu ventrikulären Tachykardien aufgrund struktureller Herzerkrankungen als bei Männern.

  • Die AVNRT betrifft deutlich mehr Frauen als Männer. Bei der AVNRT und bei Vorhofflimmern, das bei Männern signifikant häufiger ist, sind arrhythmieinduzierte Einschränkungen der Lebensqualität bei Frauen erheblich ausgeprägter als bei Männern.

  • Auch das Risiko für mit Vorhofflimmern assoziierte Schlaganfälle ist bei Frauen größer als bei Männern. Eine OAK mit klassischen VKA hat bei Frauen ein signifikant höheres residuelles Schlaganfallrisiko – auch bei optimaler INR-Einstellung.

  • Bei Vorhofflimmern, aber auch bei ventrikulären Tachykardien, sind die betroffenen Patientinnen im Schnitt deutlich älter als betroffene Männer, was die Therapieergebnisse negativ beeinflusst.

  • Herzschrittmacher werden (fast) genauso häufig bei Frauen wie bei Männern implantiert und beide Geschlechter profitieren gleichermaßen von einer antibradykarden Therapie. Frauen sind bei Implantation älter und die Indikation ist häufiger ein Sick-Sinus-Syndrom.

  • Im Gegensatz dazu werden bei Frauen bei gleicher Indikation signifikant weniger ICD implantiert als bei Männern. Wegen ihrer geringen Repräsentation in Studien kann keine definitive Aussage zum Benefit einer ICD-Therapie bei Frauen getroffen werden.