Radiopraxis 2018; 11(03): E20-E29
DOI: 10.1055/a-0648-2911
CPD–Fortbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aspekte der Qualitätssicherung bei der Kit-Präparation

Quality management in kit preparation
Franz Josef Gildehaus
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Publication Date:
11 September 2018 (online)

Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle

Die seit einigen Jahren geführte Diskussion um Qualitätsstandards in der Nuklearmedizin gewinnt auch vor dem Hintergrund der Änderung des AMG und der darin vorgenommenen Bewertung der Kit-Präparation als pharmazeutischer Herstellungsprozess und nicht mehr nur als eine einfache „Rekonstitution“ zunehmend an Brisanz [9], [10]. Diese neue behördliche Sichtweise birgt schwerwiegende organisatorische und ökonomische Folgen für die Nuklearmedizin. Formal hatte diese Änderung zur Folge, dass gemäß § 67 Abs. 1 AMG jeder Betrieb und jede Einrichtung, … „die Arzneimittel entwickeln, herstellen, klinisch prüfen, lagern, verpacken, in den Verkehr bringen, … dies vor der Aufnahme der Tätigkeiten der zuständigen Behörde … anzuzeigen“ haben. Die erlaubnisfreie Herstellung von 99 mTc-Radiopharmaka kann dann nach § 13 Abs. 2b AMG erfolgen. Nach § 64 Abs. 1 AMG unterliegt diese Herstellung aber auch der behördlichen Überwachung und muss unter Beachtung der einschlägigen pharmazeutischen Standards nach den Regeln der Good-Manufacturing-Practice“ (GMP) geschehen [9]. Aber die umfängliche Umsetzung der Vorgaben, wie sie z. B. in den Leitlinien der Europäischen Kommission, im Arzneibuch, durch Fachgesellschaften oder in Standardwerken der Pharmazeutischen Technologie beschrieben werden, würde die Herstellung von 99 mTc-Radiopharmaka unverhältnismäßig erschweren bzw. für kleinere Einrichtungen oder niedergelassene Ärzte nahezu unmöglich machen [10].

Die Richtlinie Strahlenschutz weist da einen einfachen und gangbaren Weg, da die Aufsichtsbehörden bisher von einer Überwachung der Kit-Herstellung absehen. Daher sollten die Betreiber im Sinne einer standardisierten Herstellung zumindest die in der Richtlinie beschriebenen Vorgaben zur Qualitätssicherung bei der Herstellung von kit-basierten Radiopharmaka konsequent befolgen.

Dabei stellt die routinemäßige Qualitätskontrolle von Radiopharmaka einen wesentlichen Teil des Qualitätssicherungssystems im nuklearmedizinischen Labor dar. In einem solchen System muss neben der Durchführung von Qualitätsprüfungen aber auch die Standardisierung der Arbeitsschritte bei der Präparation und die Dokumentation der Daten zur Herstellung und Qualität berücksichtigt werden. Damit lassen sich mögliche Fehlerquellen von vornherein ausschließen bzw. auftretende Fehler aufspüren und künftige vermeiden [6]. Ziel aller Qualitätsmaßnahmen ist es, den Anteil von Verunreinigungen in radioaktiven Arzneimitteln möglichst gering zu halten, um bei minimalem Strahlenrisiko für den Patienten eine optimale, diagnostische Aussage zu erbringen. Dies ist nur die logische Fortführung der Qualitätsansprüche, die in der Strahlenschutzverordnung und der Richtlinie Strahlenschutz erhoben werden [5]. Die Etablierung eines solchen Systems erfordert allerdings Kenntnisse über deren theoretische und praktische Aspekte und v. a. das Engagement der beteiligten Mitarbeiter [7].

Als Radiopharmaka werden Arzneimittel bezeichnet, die radioaktive Nuklide enthalten und ionisierende Strahlung aussenden und aufgrund dieser Strahlenwirkung als Radiotherapeutika in der Therapie oder als Radiodiagnostika in der Funktions- und Lokalisationsdiagnostik verwendet werden. Die Herstellung markierter Arzneimittel erfolgt dann durch Einbau von Radioisotopen in organische oder anorganische Moleküle. Die radioaktiven Nuklide wurden zuvor entweder im Reaktor, Beschleuniger (z. B. 18O→18F) hergestellt oder als Spaltprodukte isoliert. Radiopharmaka für die medizinische Anwendung müssen besondere Reinheitskriterien erfüllen, wie radiochemische und chemische Reinheit, Radionuklidreinheit, aber auch auf Sterilität und Pyrogenfreiheit ist zu achten, da nahezu alle Radiopharmaka intravenös verabreicht werden.

Grundlagen der Qualitätskontrolle


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Allgemeines

Für alle Substanzen, die am Menschen angewendet werden, sind strenge Qualitätskontrolluntersuchungen vorgeschrieben. Grundsätzlich sind diese Vorschriften auch auf Radiopharmaka anzuwenden, was jedoch wegen der Kurzlebigkeit dieser Substanzen Schwierigkeiten bereitet. Im Allgemeinen beinhaltet die Qualitätskontrolle einige spezifische Tests und Messungen, welche die Reinheit, Menge, Produktidentität und mikrobiologische Sicherheit des Radiopharmakons garantieren. Letztlich liegt die Verantwortung bez. der Qualitätssicherheit sowohl beim Hersteller als auch beim Anwender, d. h. dem Personal einer nuklearmedizinischen Abteilung. Dieses Personal muss gut ausgebildet und erfahren im Umgang mit Radiopharmaka sein, sodass es diese Verantwortung angemessen tragen kann. Es ist einleuchtend, dass die Verantwortung des Herstellers sich im Wesentlichen auf die gelieferten Produkte bezieht. Alle weiteren Handlungen, einschließlich Handhabung und Lagerung von Radiopharmaka und die Herstellung von markierten Verbindungen aus Generatoreluaten und Kits liegen in der Verantwortung der nuklearmedizinischen Abteilung [1], [8], [10].


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Radiopharmaka

Radiopharmaka werden lt. Richtlinie in 3 Gruppen eingeteilt: in gebrauchsfertige, radioaktive Arzneimittel, in radioaktive Arzneimittel, die mithilfe eines nach dem Arzneimittelrecht zugelassenen Markierungs-Kits vom Anwender selbst hergestellt werden und den sonstigen radioaktiven Arzneimitteln, einschließlich radioaktiv markierter, körpereigener Bestandteile, die vom Anwender selbst hergestellt werden [3].

Gebrauchsfertige, radioaktive Arzneimittel

Dies sind Fertigpräparate, die in genau der gleichen Form zur Anwendung am Patienten gelangen, wie sie vom Hersteller zubereitet werden. Gebrauchsfertige Präparate können als flüssige Arzneimittel (Injektionslösungen), feste Arzneimittel (Kapseln) oder gasförmige Arzneimittel (Inhalationsmittel) vorliegen. Die gesamte Verantwortung über die Qualitätskontrolle liegt dabei beim Hersteller. Demzufolge ist in aller Regel keine Überprüfung des Präparats durch den Anwender erforderlich. Zu beachten ist allerdings, dass die radiochemische Reinheit sich mit der Lagerdauer verändern kann. Hier können durch Radiolyse Veränderungen u. U. innerhalb von wenigen Tagen zu merklichen Qualitätsänderungen führen.


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Markierungsbestecke

Anders liegen die Verhältnisse bei den Nuklidgeneratoren und Kit-Produkten, denn hier kann der Hersteller das zur Anwendung gelangende Radiopharmakon selbst nicht prüfen, da es ja erst in der Klinik / Praxis zubereitet wird. Für Untersuchungen, bei denen das Eluat von Radionuklidgeneratoren nicht unmittelbar eingesetzt werden kann, werden entsprechende Substanzen mit 99 mTc markiert. Für die Markierung verwendet man Markierungsbestecke, die aufeinander abgestimmte, inaktive Substanzen enthalten und in Verbindung mit dem Generatoreluat zum gewünschten Radiopharmakon umgesetzt werden. Bei der inaktiven Abfüllung der Kits ist der Hersteller dafür verantwortlich, dass die Herstellung gemäß den arzneimittelrechtlichen Anforderungen erfolgt. Diese Prüfungen werden vom Hersteller an Mustergeneratoren und Muster-Kits vorgenommen. Das eigentliche Arzneimittel entsteht allerdings erst durch den Markierungsvorgang durch den Anwender vor Ort. Bei Markierung eines Kits mit 99 mTc sollte man sich deshalb bewusst sein, dass hier ein pharmazeutischer Herstellungsprozess durchlaufen wird.

Die beiden wichtigsten radiochemischen Verunreinigungen in 99 mTc-markierten Radiopharmaka sind freies Pertechnetat und hydrolysiertes, reduziertes Technetium (Kolloid), welche zu unerwünschter Aktivitätsanreicherung in verschiedenen Organen und damit zu erhöhter Untergrundaktivität führen können.


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Sonstige radioaktive Arzneimittel

Unter diesen werden alle Radiopharmaka (und radioaktiv markierte, körpereigene Bestandteile) zusammengefasst, die vom Anwender selbst hergestellt werden, in der Hauptsache PET-Tracer und einige Radiotherapeutika. Der Anwender ist in diesem Falle für die gesamte Qualitätssicherung, wie Radionuklidreinheit, radiochemische und chemische Reinheit, Sterilität, Pyrogenfreiheit etc. verantwortlich, die er gemäß den Anforderungen des Arzneimittelrechts durchzuführen hat.


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Kriterien der Qualitätskontrolle

Jedes Radiopharmakon, sowohl kommerziell als auch hausintern hergestellt, muss Qualitätskontrollen unterzogen werden. Diese Tests lassen sich in 2 Kategorien einteilen: physikalisch-chemische und biologische Tests. Die physikalisch-chemischen Tests ermitteln den Anteil an radionuklearen, radiochemischen und chemischen Verunreinigungen, den pH-Wert etc, während die biologischen Tests die Sterilität und die Pyrogenfreiheit des Präparats überprüfen [1], [2], [7].

Während die einzelnen Methoden zur Qualitätskontrolle der Radiopharmaka bez. Aktivitätsbestimmung, Radionuklidreinheit, chemischer Reinheit und mikrobiologischer Reinheit für verschiedene Radioisotope und entsprechende Radiopharmaka praktisch identisch sind, existieren im Gegensatz dazu zum Nachweis von radiochemischen Verunreinigungen, eine große Zahl analytischer Methoden [1], [8].

Bestimmung der Radioaktivität im Aktivimeter

Der Anwender ist verantwortlich für die Aktivitätsmenge, die dem Patienten verabreicht wird. Da die Radioaktivitätsmenge und die diagnostische Notwendigkeit die Strahlenexposition des Patienten bestimmen, muss ein genaues, zuverlässiges und kalibriertes Gerät benutzt werden. Neue Geräte sind vom Hersteller für die am meisten verwendeten Isotope geeicht. Isotopenkalibratoren arbeiten nach dem Prinzip der Gasionisationskammer und sind einfach in ihrer Handhabung, jedoch müssen vom Benutzer einige Tests wie Linearität, Untergrundstrahlung, Nulleffekt usw. durchgeführt werden [1].


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Radionuklidreinheit

Definition und Allgemeines

Die Radionuklidreinheit ist das in Prozent ausgedrückte Verhältnis der Aktivität des betreffenden Radionuklids zu der gesamten Aktivität der Strahlenquelle. Für die Prüfung der Radionuklidreinheit verwendet man die physikalischen Daten der betreffenden radioaktiven Nuklide und erfasst Verunreinigungen mit Fremdnukliden (radioaktive Isotope des gleichen Elements sowie radioaktive Fremdisotope anderer Elemente), die meist zu einer Erhöhung der Strahlenexposition des Patienten führen. Radionukleare Verunreinigungen werden in systemabhängige (Nebenreaktionen im Reaktor oder Zyklotron) und nichtsystemabhängige (Durchbruch des Mutternuklids in einem Generatorsystem, z. B. 99 Mo im Eluat des Tochternuklids 99 mTc) unterteilt.

Zum Nachweis von Gamma-Strahlung-emittierenden Verunreinigungen eignet sich die Gammaspektrometrie. Die Entscheidung, ob und bis zu welchem Gehalt Radionuklidverunreinigungen in den Präparaten vorliegen dürfen, hängt von der Art der jeweiligen Verunreinigung und dem Verwendungszweck des Präparats ab. Der Anwender wird häufig weder zeitlich noch apparativ in der Lage sein, geringe Mengen einer ihm unbekannten, radionuklearen Verunreinigung aufzuspüren. Bei Fertigpräparaten ist sie im Allgemeinen von geringerer Bedeutung, da das Präparat in genau der gleichen Form zur Anwendung gelangt, wie es auch vom Hersteller geprüft wurde [1], [2].


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99 Mo-Durchbruch

Anders liegen die Verhältnisse bei den Nuklidgeneratoren, denn hier kann der Hersteller das zur Anwendung am Patienten gelangende Radiopharmakon selbst nicht prüfen, weil es ja erst in der Klinik zubereitet wird. Der Anwender hat aber die Möglichkeit, mit einfachen Mitteln eine rasche Untersuchung von 99 mTc-Eluaten auf 99 Mo-Verunreinigungen durchzuführen. Unter 99 Mo-Durchbruch versteht man einen Übertritt von 99 Mo in das 99 mTc-Eluat. Er kann auftreten, durch Beschädigungen während des Transports oder bei Verwendung des Generators über das Verfalldatum hinaus.

Daher ist bei neuen Generatoren vor Verwendung des ersten Eluats eine entsprechende Prüfung vorzunehmen (diese muss bei einer Betriebsdauer des Generators > 14 Tage wiederholt werden). Das Eluat darf am Menschen nur angewendet werden, wenn zum Zeitpunkt der Anwendung die 99 Mo-Aktivität 0,1 % der 99 mTc-Aktivität nicht übersteigt. Zur Überprüfung ist lediglich ein Isotopenkalibrator und ein Bleibehälter von 4-6 mm Wandstärke notwendig.

Die Halbwertsdicke von Blei beträgt für 99 mTc ca. 0,3 mm und für 99 Mo etwa 7 mm. Durch ein Bleigefäß von 5 mm Wandstärke wird also die Technetium-Strahlung praktisch vollkommen abgeschirmt. Im Gegensatz dazu beträgt der Schwächungsfaktor für die 99 Mo-Strahlung nur etwa 1,6. Wird also ein Generatoreluat in einem verschlossenen Bleibehälter mit einer Wanddicke von 5 mm ausgemessen und man erhält noch eine deutlich über dem Nulleffekt liegende Aktivität, so kann der Anteil der 99 Mo-Aktivität an der Gesamtaktivität (Aktivität des Eluats in der Messung ohne Blei-Abschirmung) ermittelt werden [1].


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99Tc-Gehalt

Von besonderer Bedeutung bei der Verwendung eines 99 mTc-Eluats ist der jeweilige Gehalt an 99 mTc. Es entsteht zu einem geringen Anteil (ca. 13 %) direkt als Zerfallsprodukt aus dem 99 Mo, zum anderen ist es das Zerfallsprodukt des 99 mTc [ Abb. 1 ]. Dies führt dazu, dass selbst bei einem frischen Eluat, also dem Eluat, das aus einem regelmäßig eluierten Generator (in der Regel alle 24 h) gewonnen wird, der Anteil an 99Tc höher ist als die Teilchenmenge an 99 mTc. Dieses 99Tc konkurriert mit dem 99 mTc um das zur Verfügung stehende Reduktionsmittel (in den meisten Fällen Sn2+-Verbindungen) und um die entsprechenden Bindungen an den Komplexbildnern. Je länger so ein Eluat steht, desto höher wird der Anteil des 99Tc im Eluat. Auch nach längeren Elutionspausen, z. B. nach dem Wochenende, ist der Anteil des 99Tc in den Eluaten natürlich entsprechend höher. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn z. B. Kits mit einem geringen Zinngehalt markiert werden sollen.

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Abb. 1 Gewinnung und Zerfallschema von [99 Mo]Molybdän.

Radiochemische Reinheit


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Definition und Allgemeines

Die radiochemische Reinheit liefert eine Aussage über den prozentualen Anteil der Radioaktivität der deklarierten chemischen Verbindung an der Gesamtradioaktivität des Arzneimittels sowie über Art und prozentualen Anteil der radiochemischen Verunreinigungen. Anhand der Markierungsreaktion des 99 mTc-MAG3 soll exemplarisch aufgezeigt werden, dass die Markierung aus verschiedenen Schritten besteht und welche Einflussmöglichkeiten zur Bildung von unerwünschten Nebenprodukten (= radiochemische Verunreinigungen) führen können [ Abb. 2 ]. Ursachen für solche Verunreinigungen in den Präparaten können u. a. die mangelnde chemische Reinheit der inaktiven Ausgangsprodukte, eine ungenügende Ausbeute bei der Markierung durch zu hohe Radioaktivitätsmengen beim Ansatz, zu alte Eluate oder durch das Einbringen von Luftsauerstoff, die chemische Instabilität einer Verbindung und die Autoradiolyse sein. Sind in einem Radiopharmakon radiochemische Verunreinigungen enthalten, so führen sie zu einer unnötigen Strahlenexposition des Patienten und stören durch eine Erhöhung der Untergrundstrahlung aus anderen Körperbereichen die Messung am zu untersuchenden Organ.

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Abb. 2 Schematische Darstellung der Markierung von 99mTc-MAG3 unter Erwärmung. Eingekreist sind mögliche im Kit auftretende Verunreinigungen, die während des Markierungsvorgangs entstehen können.

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Stabilität von Radiopharmaka

Fast alle Radiopharmaka zeigen im Laufe weniger Tage Zersetzungserscheinungen durch Radiolyse. Allgemein kommt es durch Verunreinigungen zu abweichenden Verteilungen im Körper und damit zu falschen Interpretationen und Resultaten bei der Szintigrafie.

Zersetzungsprozesse von Arzneimitteln, wie Hydrolyse und Oxidation, sind häufig vorkommende Erscheinungen, welche durch den pH-Wert, Komplexierung und auch durch Zugabe von Stabilisatoren eingeschränkt werden können. Bei der Stabilitätsbeurteilung von Radiopharmaka muss man zusätzlich auch die Effekte durch die ionisierende Strahlung des Präparats in Betracht ziehen. Die chemische und radiochemische Reinheit der mit radioaktiven Nukliden markierten Präparate nimmt sowohl in fester als auch in gelöster Form mit der Zeit ab. Weiterhin beeinträchtigen auch chemische und mikrobiologische Effekte die Stabilität eines Radiopharmakons.

Der Einfluss auf die In-vitro-Stabilität durch Autoradiolyse lässt sich durch Zugabe von Reduktionsmitteln oder Radikalfängern, Aufbewahrung bei niedrigenTemperaturen oder durch Verdünnung des Präparats vermindern. Die mikrobiologische Zersetzung kann durch sachgemäße Handhabung der pyrogenfreien Lösungen nahezu ausgeschlossen werden, während die chemische Zersetzung durch geeignete Maßnahmen wie sachgemäße Lagerung im Kühlschrank oder unter Lichtausschluss weitestgehend verhindert werden kann.

Die Bestimmung der radiochemischen Reinheit gliedert sich in:

  • die Trennung des Radiopharmakons von seinen Verunreinigungen,

  • die Messung der Aktivitäten der getrennten Komponenten und

  • die Identifizierung der Verunreinigungen.

Im Folgenden sollen die einzelnen Schritte näher erläutert werden.


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Trennmethoden

Für die Bestimmung der radiochemischen Reinheit stehen heute Papier-, Dünnschicht-, Hochleistungs- oder Hochdruckflüssigkeitschromatografie (HPLC), sowie die Elektrophorese zur Verfügung. In der Praxis sind v. a. die Papier- (PC) und die Dünnschichtchromatografie (DC) verbreitet. Besonders die dünnschicht-chromatografischen Verfahren zeichnen sich durch eine große Trennkapazität aus und sind für die mikroanalytische Methode der radiochemischen Qualitätskontrolle sehr gut geeignet. Die Technik ist einfach zu handhaben und die Trennung erfordert in den meisten Fällen keinen allzu großen Zeitaufwand [ Abb. 3 ]. Grundprinzip aller chromatografischen Verfahren ist die Auftrennung von Stoffgemischen in die Einzelkomponenten durch eine unterschiedliche Verteilung der Komponenten zwischen 2 Phasen, die miteinander in Kontakt stehen. So ist z. B. eine von den beiden Phasen auf einen festen Träger (stationäre Phase) angeordnet und die andere wird kontinuierlich an der ersten vorbeibewegt (mobile Phase). Dabei können sich die Stoffkomponenten vielfach zwischen den beiden Phasen verteilen und werden aufgrund der unterschiedlichen Wechselwirkungen aufgetrennt [1], [8].

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Abb. 3 Schema zur Durchführung der Qualitätskontrolle mit der Dünnschichtchromatografie.

Als eine weitere Methode hat sich in den letzten Jahren die Kartuschen-Methode etabliert, die auf der Verwendung kleiner Säulen (1-2 cm Länge) beruht, die mit einem entsprechenden Trägermaterial gefüllt sind. Diese müssen vor Gebrauch konditioniert werden, d. h. sie werden in einem ersten Schritt mit einem organischen Lösungsmittel, meistens Ethanol, vorgespült und dann in einem zweiten Schritt mit einer wässrigen Phase nachgespült. Danach wird die zu untersuchende Probe aufgebracht und die einzelnen Komponenten können mit verschiedenen Eluenten nacheinander von der Kartusche eluiert und getrennt gesammelt werden [ Abb. 4 ]. Der Vorteil der Kartuschen-Methode liegt v. a. darin, dass sie sehr schnell und einfach in der Durchführung ist.

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Abb. 4 Schema zur Durchführung der Qualitätskontrolle mit der Kartuschen-Methode.

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Messsysteme zur Auswertung

Die Auswertung der chromatografisch aufgetrennten Substanzen erfolgt durch quantitative Bestimmung der Radioaktivität. Dabei wird entweder die stationäre Phase mit einem Dünnschichtscanner abgetastet oder das Trägermaterial in schmale Streifen zerschnitten und im Aktivimeter bzw. Bohrloch oder Probenwechsler ausgezählt. Als schnelle und praktikable Alternative kann sich auch eine Aufnahme mit der Gammakamera anbieten. Im Falle der Kartuschen-Methode werden die einzelnen flüssigen Fraktionen in den Reagenzgläsern und die Kartuschen mit unlöslichen Bestandteilen (z. B. Kolloid) einfach im Aktivimeter ausgemessen.


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Identifizierung von Verunreinigungen

Im Gegensatz zu radionuklearen oder chemischen Verunreinigungen, deren Natur oft bekannt ist, besteht z. T. keine genaue Kenntnis über die chemische Identität radiochemischer Verunreinigungen [4]. Die Identifizierung radiochemischer Verunreinigungen erfolgt meist durch Vergleich der erhaltenen Ergebnisse mit entsprechenden Herstellerangaben, die genauere Auskunft über die chemische Natur der Verunreinigung geben.

Chemische Reinheit

Die chemische Reinheit ist das in Prozent ausgedrückte Verhältnis der Masse einer in der deklarierten chemischen Form vorliegenden Substanz zur gesamten in der Strahlenquelle enthaltenen Masse ohne Berücksichtigung irgendwelcher Zusatzstoffe oder Lösungsmittel. Die chemische Reinheit eines Präparats hängt zum einen von der chemischen Reinheit der Ausgangskomponenten, zum anderen von der Bildung unerwünschter Begleitsubstanzen während der Herstellung ab. Die Konzentrationen dieser Verunreinigungen liegen im Allgemeinen weit unter der Toxizitätsgrenze, es kann jedoch die Bindungsreaktion des Radionuklids mit dem zu markierenden Molekül beeinträchtigt werden. Als Methoden für die Bestimmung der chemischen Verunreinigungen in Radiopharmaka werden verschiedene analytische Verfahren angewendet, die in der klinischen Routine allerdings wegen ihres Zeitaufwands und den Kosten keine Rolle spielen.


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Pharmazeutische Reinheit

Radiopharmaka müssen den Vorschriften der Pharmacopoe für parenteral zu applizierende Substanzen entsprechen. Das bedeutet, dass die verwendeten Präparate steril und pyrogenfrei sein müssen. In der Herstellungspraxis wird diese Forderung meist so erfüllt, dass vom Hersteller garantierte, sterile und pyrogenfreie Ausgangsstoffe (Kits und Generatoren) verwendet werden und die weitere Verarbeitung weitestgehend unter sterilen Bedingungen erfolgen sollte. Dies kann aber nach den einschlägigen pharmazeutischen Standards nur in speziellen Reinräumen erfolgen. Da dies aber nur in den seltensten Fällen gegeben sein dürfte, ist auch hier wieder das „Machbare“ gefragt. In der Praxis bedeutet dies: aufgeräumte, leicht zu reinigende Arbeitsplätze, in der Hygiene geschulte Mitarbeiter, Öffnung der Verpackung von sterilem Einmalmaterial wie Spritzen und Kanülen erst unmittelbar vor Gebrauch, vor der Kit- und Spritzenbereitung Desinfektion der Vial-Septen, unmittelbares Entfernen aller Materialien nach Gebrauch und Beachtung der vorgegebenen Lagerbedingungen. Alle diese Maßnahmen beziehen sich auf den Umgang mit den Kits während der Präparation und Arzneimittelentnahme, deshalb ist es notwendig, neben den oben angesprochenen Qualitätskontrollen auch den Herstellungsprozess kontinuierlich zu überwachen und diese Abläufe in entsprechenden Arbeitsanweisungen festzulegen [7], [9].


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  • Literatur

  • 1 Brandau W, Hotze L-A, Meyer G-J. Radiochemie. In: Büll U, Schicha H, Biersack H-J. et al. (Hrsg.) Nuklearmedizin. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag; 1994: 79-113
  • 2 Coenen HH. Radiopharmazeutische Chemie: Grundlagen zur in vivo Untersuchung molekularer Vorgänge mit PET. Der Nuklearmediziner 1994; 17: 203-214
  • 3 Deutsches Arzneibuch 10. Ausgabe. Stuttgart: Deutscher Apotheker Verlag; 1991. 2.Nachtrag 1993
  • 4 Hammermeier A, Reich E, Bögl E. Qualitätskontrolle von invivo Radiopharmaka. Ein Handbuch für das nuklearmedizinische Labor zur Analytik radiochemischer Verunreinigungen ISH-Heft 94, Forschungsbericht des Instituts für Strahlenhygiene des Bundesgesundheitsamtes BGA-Hausdruckerei; 1986
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  • 6 Meyer G-J, Coenen HH, Waters SL. et al. Quality assurance and quality control of short-lived radiopharmaceuticals for PET. In: Stöcklin G, Pike VW. (Hrsg.) Radiopharmaceuticals for Positron Emission Tomography. Methodological Aspects. Dordrecht, Boston, London: Kluwer Academic Publishers; 1993: 91-150
  • 7 Saha GB. Fundamentals of Nuclear Pharmacy. 3. Auflage New York, Berlin, Heidelberg: Springer Verlag; 1993
  • 8 Stöcklin G. Spezielle Syntheseverfahren mit kurzlebigen Radionukliden und Qualitätskontrolle. Band XV / 1B In: Diethelm L, Heuck F, Olsson O. et al. (Hrsg.) Handbuch der medizinischen Radiologie. Berlin, Heidelberg, New York: Springer Verlag; 1988: 31-117
  • 9 Walte A. Rechtliche Anforderungen an die Qualität von Radiopharmaka. Der Nuklearmediziner 2013; 36: 19-26
  • 10 Wester H-J, Solbach C. Neue gesetzliche Regelungen in der Nuklearmedizin. Der Nuklearmediziner 2013; 36: 33-37