Handchirurgie Scan 2018; 07(03): 195-196
DOI: 10.1055/a-0644-8918
Aktuell
Mittelhand
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Retrograde intramedulläre Verschraubung von Metakarpalefrakturen

Jann D. et al.
Retrograde fixation of metacarpal fractures with intramedullary cannulated headless compression screws.

Hand Surg Rehabil 2018;
37: 99-103
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 January 2019 (online)

 

    Bei Frakturen der Metacarpalia gilt die osteosynthetische Versorgung mit Platten oder Drähten als Methode der Wahl. Für die Plattenosteosynthese ist allerdings ein ausgedehnter operativer Zugang notwendig und das Material muss oft in einem 2. Schritt wieder entfernt werden. Die Fixierung mit Kirschner-Drähten wiederum geht relativ häufig mit Komplikationen wie Infektionen oder sekundären Dislokationen einher.


    #

    Jann et al. von der Universitätsklinik Zürich schildern nun eine Vorgehensweise aus ihrer Abteilung.

    Zwischen September 2014 und April 2016 haben die Mediziner 15 konsekutiv aufgenommene Patienten (Durchschnittsalter 38 Jahre) mit insgesamt 20 Frakturen der Metacarpalia behandelt. Die Dauer zwischen Verletzung und operativer Versorgung betrug durchschnittlich 7 Tage. Ausgeschlossen waren lange Schrägfrakturen und Spiralfrakturen des Schaftes sowie Mehrfragmentfrakturen.

    Bei den Patienten war nach Reposition der Fragmente – unter Sicht bei offenen Frakturen, ansonsten unter Durchleuchtungskontrolle – retrograd über einen Führungsdraht eine intramedulläre kanülierte Kompressionsschraube (CCS Speedtip mit langem Gewinde, Fa. Medartis, Basel) eingebracht worden. Der Schraubendurchmesser richtete sich nach der Breite des Isthmus des Markkanals und betrug 2,2 mm bei einer Isthmusbreite < 3 mm (n = 8), bei breiterem Isthmus 3 mm. Ein Aufbohren des Markkanals war nur bei 2 Frakturen notwendig. Distal endeten die Schrauben unter dem Niveau der Kopfkortikalis, proximal im Metakarpaleschaft.

    Die OP-Dauer lag bei im Mittel 21 min (Streubreite 5 – 45 min). Eine postoperative Ruhigstellung erfolgte nicht, die vollständige Belastung war nach 6 Wochen gestattet. Bei der letzten Nachuntersuchung, im Mittel 3,5 Monate nach der Operation, beurteilten die Wissenschaftler den Bewegungsumfang in den betroffenen Fingergrundgelenken und die grobe Kraft und dokumentierten Komplikationen.

    Dabei fanden sie bei allen Patienten eine knöcherne Heilung der Fraktur, im Mittel 4 Wochen postoperativ. Bei 17 Fingern (13 Patienten) war die Beweglichkeit der operierten Gelenke vollständig wiederhergestellt. Bei einem Patienten mit Fraktur des 2. Metakarpalekopfes bestand ein Streckdefizit von 25°, eine Tenolyse lehnte der Patient aber ab. Bei 1 weiteren Patienten mit ursprünglichem Polytrauma, das eine sofortige Mobilisation nach der OP verhindert hatte, lag in 2 Grundgelenken ein deutliches Flexionsdefizit vor. Nach Tenoarthrolyse kam es jedoch in beiden Gelenken zu einer guten Funktionalität und einer Flexionsfähigkeit von 80°.

    Die grobe Kraft betrug im Durchschnitt 93 % im Vergleich zur gesunden Gegenseite. Infektionen, Heilungen in Fehlstellung oder Pseudarthrosen und Rotationsfehlstellungen wurden nicht beobachtet. Bei 2 Patienten wurden die Schrauben in einem sekundären Eingriff entfernt, in einem Fall auf Wunsch des Patienten. Bei dem 2. Patienten war es zu einer geringfügigen Migration der Schraube nach proximal gekommen, sodass sie prophylaktisch entfernt wurde, um eventuelle Knorpelschäden im Gelenk zu verhindern. Beschwerden hatten nicht bestanden.

    Fazit

    Ihr Vorgehen führt bei konservativ nicht stabilisierbaren Metakarpalefrakturen zu guten Ergebnissen, so die Autoren. Vorteile sind dabei die kurze Operationsdauer, die sofortige postoperative Beweglichkeit und die im Allgemeinen fehlende Notwendigkeit einer Metallentfernung. Allerdings ließ sich in dieser Gruppe nicht beurteilen, inwieweit die Verschraubung langfristig Schäden am Gelenkknorpel des Metakarpalekopfes verursachen kann – das müssten Studien mit längerer Nachbeobachtungszeit klären.

    Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim


    #