Zeitschrift für Palliativmedizin 2018; 19(05): 217-218
DOI: 10.1055/a-0640-8196
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gedanken zum 12. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin

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Publication Date:
20 August 2018 (online)

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Birgit Jaspers
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Friedemann Nauck

Der Kongress naht – und besser als Bernd-Oliver Maier im Doppelkopf der letzten Ausgabe der Zeitschrift für Palliativmedizin in Hinblick auf seine Rolle 2020 geschrieben hat, könnten wir es nicht formulieren: „Mit der Organisation betraut zu werden, ist ein Sahnehäubchen!“

Aber dort zu sein, als Mitglied oder Nichtmitglied der DGP, eingeladen zum Präsentieren eines oder mehrerer der unterschiedlichen Formate oder als Genießer*in des umfangreichen Programms, – das sollte auch als Sahnehäubchen empfunden werden. Gut tausend Teilnehmer*innen – inklusive uns selbst – werden bald wissen, ob das so sein wird.

Für die Plenarvorträge haben wir renommierte Redner*innen unterschiedlicher Disziplinen gewinnen können, die mit frischem Blick das Kongressmotto „Auf breiten Wegen: Integration, Innovation, Intuition“ aufgreifen. Dazu können die Kongressbesucher* innen wählen unter den bewährten Formaten Workshop, Meet the Expert, Problemorientiertes Lernen (Falldiskussionen) und insgesamt 35 thematisch strukturierten Parallelsitzungen mit Vorträgen. Neu auf diesem Kongress der DGP in Bremen sind dabei ein eigener Strang zu aktueller Forschung und ein Strang Information & Kultur. Damit möchten wir die Spannbreite von sehr speziellen, wissenschaftlichen Themen bis hin zu Grundkenntnissen in der Palliativversorgung anbieten. Wir hoffen, damit sowohl die Interessen der Erfahrenen in der Palliativ- und Hospizszene als auch die der sich neu für dieses Themenfeld Begeisternden abzudecken.

Der Weg bis zur Fertigstellung des Programms war zuweilen breit, manchmal eng, ging über Berge, Klippen und durch Täler, beschritten mit vielen Unterstützer*innen, immer mit dem gemeinsamen Endziel Buena Vista Bremen. Vorher und zwischendurch immer wieder die Fokussierung: Für wen sind solche Kongresse eigentlich gedacht? In welcher Form ergänzen sie am besten das üppige Angebot an Palliativveranstaltungen? Und was sind eigentlich die Kriterien, nach denen ein Kongress als Erfolg gewertet werden kann?

Jede Fachgesellschaft braucht Kongresse als Selbstvergewisserung und Darstellung ihrer Bedeutung; und je mehr (zahlende) Besucher*innen kommen, desto besser, denn die Ausrichtung ist trotz ehrenamtlichem Engagement vieler Personen nicht billig. Stimmt, ist als Argument aber vielleicht ein bisschen dünn und ohne Hinterfragen der Prämissen. In den Pionierjahren war es wichtig, an die Präsentationsmöglichkeiten anderer Fachgesellschaften „heranzukommen“. Das haben wir längst geschafft, auch wenn die Besucherzahlen nicht ganz so hoch sind, wie man es sich wünschen könnte. Aber wir zeigen ein hohes Maß an Tätigkeiten in den Bereichen Forschung, Praxisprojekten, Implementierung, Qualitätssicherung und ethischem Diskurs. Wir sind viele, aus vielfältigen Disziplinen, Berufen und Arbeitsfeldern, aus dem Haupt- und aus dem Ehrenamt. Dies muss sich im Programm spiegeln und wir hoffen, das ausgewogen erreicht zu haben. In der großen Gemeinde derer, die schon so lange dabei sind, ist die nächste, teilweise die übernächste Generation mittlerweile auch angekommen. Diese jungen Kolleg*innen sollen sich auch an prominenten Stellen zeigen können, neben ihren Beiträgen zu den einzelnen Formaten auch bei Vorsitzen oder bei Posterbegutachtungen. Die Gründung weiterer Sektionen auf dem Kongress wird uns nicht weiter aufsplitten, sondern die Vielfalt unter einem Dach stärken.

Jetzt, wo „Palliativ“ längst in der Regelversorgung angekommen ist, auch wenn wir an einigen Stellen noch politisch arbeiten müssen, zeigt sich doch wieder, wie zu den Anfangszeiten, eine exorbitante Belastung aller: durch Unterbesetzung bei großer Nachfrage, finanziellen Druck, Drittmittel- oder Spendenabhängigkeit und vieles mehr. Ein Kongress ist daher eine Möglichkeit zum Austausch, zum Lernen, zum Strategieentwickeln für den Umgang mit all diesen Herausforderungen und zum Bewahren der Haltung, mit der wir angetreten sind, als wir noch ein Nischendasein hatten.

Dazu ist es aber auch wichtig, dass der Kongress tanzt! Schöne Erlebnisse gemeinsam mit anderen, Baden in Musik, Kunst und Kultur als Selbstbelohnung und Stärkung des Wir-Gefühls. Die im letzten Jahr angekündigten Änderungen des FSA-Kodex zur Zusammenarbeit mit Fachkreisen (Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V.) hatten zur Folge, dass wir davon ausgehen mussten, jede Form von Industriebeteiligung schließt zukünftig das „Tanzen“ kategorisch aus. Ohne das großartige Engagement des Lokalen Komitees und die finanzielle Unterstützung des Fördervereins der Palliativstation am Klinikum Links der Weser e. V. wäre dies nicht trotzdem möglich geworden. Ob und wie Sponsoring weitergehen kann, wird sicher noch ein großes Thema folgender Kongresse werden. Doch diesen September mehr Evidenz zu haben und weniger Lametta – das wäre keine gute Kombination. Da haben die Bremer dem System ein kunterbuntes Schnippchen geschlagen.

Was wir uns wünschen? Eine Fachgesellschaft, in der alle Mitglieder sich als Teil eines großen Wir begreifen, das sie mitgestalten dürfen und können. Wir freuen uns, dabei sein zu dürfen!

Birgit Jaspers

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Friedemann Nauck