Erfahrungsheilkunde 2018; 67(05): 249
DOI: 10.1055/a-0602-0423
Editorial
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„Oh welche Lust, in freier Luft den Atem leicht zu heben.“

Ludwig van Beethoven, Fidelio
Peter W. Gündling
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Publication Date:
22 October 2018 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Leserinnen, liebe Leser,

angesichts der jüngsten Dieselskandale, Waldrodungen für den Braunkohlebergbau, Bildern von Städten, die im Smog versinken und stetig steigenden Werten für Feinstaubbelastungen, klingt dieser Satz fast schon wie ein Abgesang aus einer längst vergangenen Zeit.

Doch trotz der zweifellos dringend nötigen Aufgabe, diese Art von Umweltbelastung zu reduzieren, wird oftmals vergessen, dass für die Betroffenen, belastender als alle Feinstaubquellen der Umwelt zusammen, das Rauchen von Zigaretten ist. Dabei kann – oder vielleicht besser „könnte“ – gerade diese Art von Belastung jeder selbst beenden.

Schätzungen zufolge leiden in Deutschland 12 % der Erwachsenen über 40 Jahre an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Und eine Heilung ist nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht möglich. Therapieziel ist es somit, das Fortschreiten der Krankheit zu bremsen, die Beschwerden der Betroffenen zu lindern sowie ihre körperliche Belastbarkeit und ihren allgemeinen Gesundheitszustand zu bessern. Zudem sollen Exazerbationen, Komplikationen und Begleiterkrankungen möglichst vermieden werden, um den Patienten eine bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten.

Etwas günstiger sieht es beim Asthma aus: Hier sind es „nur“ etwa 6 % der Erwachsenen, allerdings rund 10 % der Kinder, die in Deutschland an dieser Krankheit leiden. Damit ist das Asthma bronchiale die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter, die vor allem in höher entwickelten Ländern vorkommt. Interessant ist, dass Asthma (im Gegensatz zur COPD) zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung in den östlichen Bundesländern wesentlich seltener war als in den westlichen. Doch bereits 5 Jahre später hatten sich die neuen Bundesländer an das westliche Niveau weitgehend adaptiert.

Beiden obstruktiven Atemwegserkrankungen gemeinsam ist, dass neben einer vorwiegend symptomatisch ausgerichteten Pharmakotherapie Naturheilverfahren und komplementäre Therapien einen hohen Stellenwert haben (bzw. haben sollten). In den ganz aktuell erschienenen deutschen Leitlinien wird explizit darauf hingewiesen, wie wichtig – neben der Vermeidung relevanter Noxen wie dem Zigarettenrauch – besonders die körperliche Aktivität der Betroffenen ist. So sollen in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung und je nach individuellen Möglichkeiten Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination trainiert werden: Beim Ausdauertraining mit einer Belastung von 60–80 % des symptomlimitierten Maximums, mindestens einmal, besser drei- bis siebenmal pro Woche jeweils 10–90 Minuten. Grundlage hierfür ist der aktuelle Cochrane Review, der die körperliche Aktivität als hocheffektiven Baustein für Lungenpatienten bekräftigt, der nicht nur die Luftnot reduzieren kann, sondern teilweise auch der medikamentösen Therapie überlegen ist [1].

Doch auch andere Bereiche wie die Hydro-Thermo-Therapie, die Phytotherapie, die Orthomolekulare Medizin, die Neuraltherapie oder auch der Ayurveda können bei obstruktiven Atemwegserkrankungen wertvolle Unterstützung leisten. Wie und was genau, erfahren Sie bei der Lektüre dieses Heftes. Dazu wünsche ich Ihnen wieder viel Freude und neue Erkenntnis.

Herzlichst

Ihr
Peter W. Gündling

 
  • Literatur

  • 1 McCarthy B, Casey D, Devane D. et al. Pulmonary rehabilitation for chronic obstructive pulmonary disease. Cochrane Database Syst Rev. 02/2015; 23 (02) CD003793 doi: 10.1002/14651858.CD003793.pub3