Laryngorhinootologie 2018; 97(07): 509-510
DOI: 10.1055/a-0589-3262
Facharztfragen
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Fragen für die Facharztprüfung


Subject Editor: Dr. med. Gerlind Schneider, Jena
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Publication Date:
09 July 2018 (online)

Mittelohr

Was besagt die Diagnose Otalgie, wodurch – außer vom Mittelohr selbst – kann eine Otalgie ausgelöst werden?

Antwort: Der Begriff Otalgie wird in der Literatur unterschiedlich benutzt. Häufig versteht man unter Otalgie den Sammelbegriff für das Symptom Ohrenschmerz. Einige Autoren trennen Otalgie von der Otodynie. Letzteres beschreibt dann Ohrenschmerz, der durch Prozesse an Ohrstrukturen entsteht. Dagegen wird die Otalgie durch Prozesse an ohrfernen Strukturen ausgelöst, wobei der Betroffene den Schmerz im Ohr empfindet. Grundlage für beides ist die sensible Innervation. Das Außenohr wird vom N. auriculotemporalis des N. trigeminus, vom Ramus auricularis posterior und N. intermedius des N. facialis, den R. auricularis des N. vagus und den Rr. auriculares aus dem Plexus cervicalis innerviert. Das Mittelohr erhält sensible Innervation über den N. glossopharyngeus und N. vagus.

Infektionen, Verletzungen, Verbrennung, Verätzung oder Tumore können durch direkte Reizung dieser sensiblen Innervation im Außen- und Mittelohr eine Otodynie verursachen. Schmerzauslösende Erkrankungen wie z.B. Otitis externa, Gehörgangsfurunkel, Chondrodermatitis nodularis helicis, akute oder akut exacerbierte chronische Mittelohrentzündungen sind durch Ohrmikroskopie zu diagnostizieren. Im Gegensatz dazu sind Erkrankungen mit Schmerzprojektion in das Ohr meist ohne pathologischen Ohrmikroskopiebefund. Der Schmerz heißt dann auch Irradiationsschmerz. Ursächlich sind vor allem Kiefergelenkserkrankungen, z.B. das Costen-Syndrom, Myoarthropathien, Bruxismus und andere dentogene Prozesse, kraniozervikale und vertebragene Prozesse, Arteriitis temporalis, Ohrfisteln und -zysten, Erkrankungen in Mundhöhle, Nasennebenhöhle, Pharynx, Larynx und Sialadenitiden der großen Kopfspeicheldrüsen.

Die Otalgie ist häufig ein erstes Symptom bei einem Malignom des Oro- oder Hypopharynx und dann nicht selten mit dem Schluckakt assoziiert. Eine solche unklare Otalgie verpflichtet zur erweiterten Anamnese, Befunderhebung ggf. mit Probeentnahme und Bildgebung (CT/NMR) zum Tumorausschluss.

Die Otalgie wird auch bei Formen der Neuralgie und anderen neurologischen Krankheitsbildern als Symptom angegeben. Hierzu zählen neben der Neuralgie des N. auriculotemporalis, N. glossopharyngeus, N. vagus und des Ganglion geniculi (Hunt) und pterygopalatinum (Sluder), der cervicale vertegrogene Schmerz, der vasomotorische Kopfschmerz und die psychogene Otalgie. Neuralgien werden meist als plötzlich auftretende, „einschießende“ Schmerzen von kurzer Dauer beschrieben, die u.U. durch äußere Einflüsse („Trigger“) auslösbar sind.

Selten sind Otalgien als Begleitsymptom bei Intoxikationen z.B. Blei, Quecksilber und bei Allgemeinerkrankungen wie Diabetes, Gicht, Arteriosklerose zu beobachten.