Klin Monbl Augenheilkd 1994; 205(7): 19-26
DOI: 10.1055/s-2008-1045485
© 1994 F. Enke Verlag Stuttgart

Systemische Komplikationen und Nebenwirkungen der Retrobulbäranästhesie bei Risikopatienten

Systemic Complications and Side-Effects of Retrobulbar Anesthesia in Risk PatientsBurkhard Dick, Thomas Kühnen, Volker Hessemer, Karl W. Jacobi
  • Universiläts-Augenklinik Gießen (Direktor: Prof. Dr. KW Jacobi)
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Manuskript erstmals eingereicht 18.3.1994

zur Publikation angenorninen am 12.4.1994

Publikationsdatum:
24. März 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Die Retrobulbäranästhcsie birgt neben den bekannten lokalen Komplikationen das Risiko systemischer Komplikationen mit potentiell letalem Ausgang. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es festzustellen, ob bei Risikopatienten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Komplikationen bei der Retrobulbär-anästhesie besteht.

Patienten und Methode Von 3000 Kataraktoperationen wurden 2.8% in Intubationsnarkose, 97,2% in Lokalanästhesie durchgeführt, davon 52,2% ohne und 45% mit Anästhesiebetreuung. 1000 Anästhesieprotokolle aus dieser Gruppe von Kataraktoperationen unter Anwendung der Retrobulbäranästhesie mit Anästhesiebetreuung bei ausschließlich Risikopatienten bildeten die Grundlage dieser retrospektiven Untersuchung. Nach Anlegen der Retrobulbäranästhesie führten wir einen modifizierten O'Brien-Fazialisblock durch. Die Patienten wurden aufgrund ihres internistischen Status mittels eines Punktesystems fünf verschiedenen Risikogruppen zugeteilt.

Ergebnisse Das Durchschnittsalter stieg mit der Risikogruppe von 60,4 auf fast 77,1 Jahre in der Risikogruppe 5 an. Die kardiovaskulären Risikofaktoren traten ausgehend von der Risikogruppe 1 nach 5 hin vermehrt auf. Die Häufigkeit kardiovaskulärer Komplikationen nahm in Abhängigkeit von der jeweiligen Risikogruppenzugehörigkeit zu. In Risikogruppe 2 bis 4 betrug die prozentuale Häufigkeit kardiovaskulärer Komplikationen 1,7 bis 2,6 Prozent und stieg in Risikogruppe 5 auf 7,7 Prozent. Herzfrequenz-/ Blutdruckabfälle, auch kombiniert auftretend, von jeweils mehr als 30%, bei denen medikamentöse Maßnahmen ergriffen werden mußten, stellten dabei absolut und relativ den größten Anteil. Im Mittel lag die Häufigkeit kardiovaskulärer Komplikationen bei 2,2%. Beatmungspflichtige, lebensbedrohliche Komplikationen und andere traten in jeweils 0,1% der Lokalanästhesien auf.

Schlußfolgerung Die relativ hohe Gesamthäufigkeit therapiebedürftiger, systemischer Komplikationen von im Mittel 2,4% legt nahe, dass systemische Komplikationen der retrobulbären Lokalanästhesie mit Fazialisblockade in Zusammenhang mit den Vorerkrankungen und dem Alter der Patienen stehen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie unterstreichen die Notwendigkeit von Anästhesie-Stand-by bei Risikopatienten mit den erforderlichen Voraussetzungen zur Behandlung typischer Komplikationen.

Summary

Background Serious systemic complications with possibly lethal exit after retrobulbar anesthesia have been reported. The present study was performed to evaluate the incidence of complications after anesthesia in risk patients with pre-existing diseases. 2.8% of 3000 cataract operations in our department during October 1991 to April 1993 were performed under general anesthesia. 97.2% under local anesthesia.

Patients and methods 1000 anesthesia protocols of these cataract operations under retrobulbar anesthesia and facial block with anesthesia stand-by were analyzed retrospectively. After retrobulbar injection in Atkinson technique we performed a modified O'Brien facial block. The patients were assigned to five different risk groups on the basis of a special point system.

Results The mean age of the patients increased with the risk group from 60.4 years in group 1 to 77.1 years in group 5. Cardiovascular, pulmonary and general risk factors appeared more frequently in the groups of higher risk. The frequency of cardiovascular complications was dependent on affilitation to risk group. The percentual frequency of cardiovascular complications increased from 1.7% in risk group 1 to 7.7% in risk group 5. Decrease of heart rate or blood pressure of more than 30%, or in combination, with the necessity of medical treatment occurred absolutely and relatively most frequently. The frequency of cardiovascular complications amounted 2.2% in the mean. Life-threatening complications with the need of endotracheal intubation or other occurred in 0.1%.

Conclusion The relatively high total frequency of systemic complications of 2.4% is related with age and preexisting diseases. The results underline the necessity of anesthesia stand-by in risk patients with the essential requirements for treatment of typical complications.

    >