Zusammenfassung
Hintergrund Bei Patienten mit normakkommodativem Konvergenzexzess (akk KE) läßt sich die übermäßige
Konvergenzreaktion durch Verordnung eines Nahzusatzes (NZS) reduzieren. Durch die
resultierende Nahschielwinkelreduk-tion wird oftmals eine Verbesserung des Binokularsehens
bzw. die Kompensation der in der Nähe dekompensierten Esophorie erreicht. Ziel der
folgenden retrospektiven Studie war die Beantwortung der Fragen, ob sich der akk KE
während die NZS-Verordnung zurückbildet, ob es dabei Unterschiede zwischen den verschiedenen
Schielformen gibt und wie lange der NZS getragen werden muß.
Material und Methoden Die Krankenblattaufzeichnungen von 91 Patienten (davon 13 mit in der Nähe dekompensierter
Esophorie, 32 mit Mikrostrabismus convergens ohne und 46 mit phorischer Komponente)
wurden ausgewertet. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 5,6 Jahre (±2,4 Jahre). Bei
den Patienten wurde in regelmäßigen Abständen der Sehschulstatus erhoben und insbesondere
regelmäßig die Abschwächbarkeit des NZS überprüft.
Ergebnisse Das Durchschnittsalter bei Schielbeginn betrug 2,5 Jahre (± 1,7 Jahre) und die Bifokalkorrektur
erfolgte im Durchschnitt 3,4 Jahre (±1,9 Jahre) später. Bei 40 von 91 Patienten konnte
die Therapie im Beobachtungszeitraum abgeschlossen werden. Bei allen Patienten mit
Esophorie und Mikrostrabismus convergens ging der akk KE während der NZS-Tragezeit
zurück und der NZS konnte stufenweise abgeschwächt werden. Bei den Patienten mit Esophorie
konnte der NZS im Durchschnitt nach 6,4 (3,5-8,4) Jahren ganz weggelassen werden,
bei den Patienten mit Mikrostrabismus convergens sogar schon nach 5,0 (2,6-8,1) Jahren.
Bei den Patienten mit Mikrostrabismus convergens mit phorischer Komponente war der
Verlauf wesentlich variabler. Bei 27 der Patienten vergrößerte sich die phorische
Komponente während der NZS-Tragezeit. Bei 14 dieser Patienten wurde der Basiswinkel
inzwischen durch eine bulbusumlagernde, einseitig kombinierte OP reduziert. Danach
konnte der NZS relativ schnell abgeschwächt und nach 4,4 (3,4-7,4) Jahren ganz weggelassen
werden. Bei den nichtoperierten 19 Patienten gelang es bei 8 den NZS abzubauen und
die Gesamttragedauer betrug im Durchschnitt 8,1 (4,1-9,3) Jahre. Bei den übrigen 11
wurde eine Fadenoperation vorgeschlagen oder der Verlauf noch abgewartet.
Diskussion Bei Patienten mit einer in der Nähe dekompensierten Esophorie und mit Mikrostrabismus
convergens gelingt es sehr gut, den akkommodativen Konvergenzexzess ausschließlich
mit einer Bifokalkorrektur zu beeinflussen, wobei eine zumutbare Tragedauer über wenige
Jahre hinweg ausreicht. Weniger zugänglich ist der Mikrostrabismus convergens mit
phorischer Komponente. Eine Operation der phorischen Komponente (durch konventionelle
buibusum lagernde Augenmuskeichirurgie) scheint einen guten EinfluB zu haben. Eine
Fadenoperation nach Cuppers bleibt nur wenigen Fallen vorbehalten.
Summary
Background In patients with normaccommodative convergence excess it is possible to reduce or
eliminate the excess of accommodative convergence by adding plus lenses. The resulting
reduction of near deviation can lead to an improvement in the quality of binocular
vision at near, and also to a better compensation of an esophoria at near. The aim
of the paper was to study long term results in patients with small angle esotropia
and esophoria and accommodative convergence excess treated by bifocals.
Methodes Clinical data of 91 patients were analysed retrospectively. Among them were 13 patientes
with esophoria, 32 patients with microesotropia and 46 with microesotropia and a phoric
component. An orthoptic status was performed every three months and at every examination
it was tried to reduce the added plus lenses. The mean follow up was 5,6 ±2,4 years
(range: 1.1-13.2).
Results The mean onset of strabismus was similar in all groups: i.e. 2.5 (± 1.7) years. The
patients received their first bifocals on average 3.4 (± 1.9) years later. In 40 of
the 91 patients the near addition could be stopped because of sufficient decrease
of accommodative convergence excess during the follow-up period. The convergence excess
decreased continuously in all patients with esophoria and microesotropia and the additional
plus lenses could be stopped on average after 6.4 (3.5-8.4) years (esophoria) and
5.0 (2.6-8.1) years (microesotropia) respectively. In patients with microesotropia
and an additional phoric deviation bifocals were only partly successful to reduce
the convergence excess. The basic angle decompensated in more than half of the patients
(27 out of 46) and was operated in 14 cases by unilateral resection/ recession procedure.
After the operation the convergence excess decreased rapidly and the bifocals could
be stopped after 4,4 (3.4-7.4) years. In the remaining 19 cases it was possible to
reduced the convergence excess with bifocals in 8 patients after about 8,1 (4.1-9.3)
years and in some of the remaining 11 cases a Fadenoperation has been suggested.
Conclusion While wearing bifocals the accommodative convergence excess decreased completely
in patients with esophoria and microesotropia. In the condition with markedly reduced
binocular vision and a large phoric component at far and near, the convergence excess
decreased only in some of the patients while wearing bifocals. Conventional strabismus
surgery to reduce the basic angle has a positive influence. A Fadenoperation is only
necessary in a few cases.
Schlüsselwörter
akkommodativer Konvergenzexzess - Bifokaibrille - Esophorie - Mikrostrabismus convergens
- Langzeitverlauf
Key words
bifocals - convergence excess - esophoria - microesotropia - long-term follow-up